Die alte Grubenstadt.

Freitag, 29. April.

Nirgends in Schweden hielt sich der Rabe Bataki so gern auf wie in Falun. Sobald man im Frühling die schwarze Erde wieder sehen konnte, reiste er da hinauf und blieb viele Wochen in der Nähe der alten Grubenstadt.

Falun liegt in einer Talsenkung, die von einem kurzen Bach durchströmt wird. Am nördlichen Ende des Tales liegt ein schöner, klarer kleiner See mit grünen, hineingeschnittenen Ufern, der Varpan heißt. Am südlichen Ende liegt eine seeähnliche Bucht des Runn, die niedriges, trübes Wasser und häßliche, sumpfige, mit allem möglichen Abfall übersäte Ufer hat; die heißt Tisken. Östlich von dem Tal erstreckt sich ein schöner Höhenzug, auf dessen Gipfel ein prachtvoller Föhrenwald und laubreiche Birken wachsen, und dessen ganze Abhänge mit schattigen Gärten bedeckt sind. Westlich von der Stadt zieht sich ebenfalls ein Bergrücken hin, der ist ganz oben nur mit spärlichem Tannenwald bewachsen, und der ganze Abhang ist kahl und ohne Bäume und Gras, ganz wie eine Wüste. Das einzige, was die Erde bedeckt, sind große, runde Steinblöcke, die überall zerstreut liegen.

Die Stadt Falun, die in der Talsenkung zu beiden Seiten des Baches liegt, sieht so aus, als habe sie Gestalt nach dem Erdboden angenommen, auf dem sie gebaut ist. Auf der grünen Seite des Tals liegen alle die Gebäude, die ein zierliches oder ansehnliches Äußere haben. Da liegen zwei Kirchen, das Rathaus, die Wohnung des Landeshauptmanns, das Bergwerkkontor, zwei Banken, die Hotels, die vielen Schulen, das Krankenhaus und alle die schönen Villen und Häuser. Auf der schwarzen Seite dahingegen liegen Straße auf und Straße ab kleine, rotgemalte, einstöckige Häuser, lange, trübselige Bretterzäune und große, schwere Fabrikgebäude. Und jenseits der Straßen, mitten in der großen Steinwüste, liegt die Grube von Falun mit Grubenwinde und Kränen und Pumpenwerken, mit altmodischen Gebäuden, die auf dem untergrabenen Erdboden stehen und einzustürzen drohen, mit großen, steilen Schlackenbergen und langen Reihen von Schmelzöfen ringsumher.

Bataki pflegte nie einen Blick auf den östlichen Teil der Stadt zu werfen und auch nie auf den schönen See Varpan. Um so inniger aber liebte er den westlichen Teil und den kleinen See Tisken.

Der Rabe liebte alles, was geheimnisvoll war, alles, was ihm Gelegenheit gab, zu grübeln und zu sinnen und seine Gedanken in Bewegung zu setzen, und auf der schwarzen Seite der Stadt fand er das zur Genüge. So war es ein großes Vergnügen für ihn gewesen, den Versuch zu machen, zu ergründen, warum diese alte, rote, hölzerne Stadt nicht abgebrannt war so wie alle die anderen roten, hölzernen Städte im Lande. Ebenso hatte er sich selbst gefragt, wie lange die dem Einsturz nahen Häuser am Rande der Grube wohl noch stehenbleiben konnten. Er hatte über die mächtige Öffnung in der Erde, mitten auf dem Grubenfeld nachgegrübelt und war ganz bis auf ihren Grund hinabgeflogen, um zu untersuchen, wie dieser ungeheure, leere Raum entstanden sein mochte. Er war in Erstaunen geraten über die hohen Schlackenhaufen, die rings um diese Öffnung und die Grubengebäude lagen und sie wie Mauern umgaben. Er hatte versucht, ausfindig zu machen, was die kleine Signalglocke, die das ganze Jahr hindurch kurze, unheimliche Glockenschläge mit bestimmten Zwischenräumen schlägt, zu bedeuten hatte, und zuerst und zuletzt hatte er darüber nachgesonnen, wie es wohl unter der Erde aussah, da, wo man seit vielen hundert Jahren Kupfererz gebrochen hatte, und wo die Erde so voll von Gängen war wie ein Ameisenhaufen. Als es Bataki endlich gelungen war, sich einigermaßen Klarheit über dies alles zu verschaffen, schwebte er über der unheimlichen Steinwüste hin, um darüber nachzudenken, warum kein Gras zwischen den großen Steinen wuchs, oder auch er flog nach dem Tisken hinab. Dieser See erschien ihm der wunderbarste, den er jemals gesehen hatte. Wie konnte es zugehen, daß er ganz ohne Fische war, und daß sein Wasser zuweilen, wenn der Sturm es aufpeitschte, ganz rot wurde? Das war um so wunderbarer, als ein großer Grubenbach, der aus dem See entsprang, schimmernd gelbes Wasser hatte. Er grübelte über die Ruinen der zerstörten Gebäude nach, die noch am Ufer lagen, und über das kleine Gehöft Tiskmöllen, das von grünen Gärten umgeben und im Schatten großer Bäume zwischen der öden Steinwüste und dem merkwürdigen See lag.

In dem Jahr, als Niels Holgersen mit den Wildgänsen durch das Land zog, lag am Ufer des Tisken, eine Strecke vor der Stadt, ein altes Haus, das die Schwefelsiederei genannt wurde, weil dort in jedem zweiten Jahr ein paar Monate Schwefel gekocht wurde. Es war ein verfallenes Haus, das einstmals rot gewesen, allmählich aber graubraun geworden war. Es hatte keine Fenster, sondern nur eine Reihe Luken mit schwarzen Läden davor, und es stand fast immer fest verschlossen. Niemals hatte Bataki einen Blick in dies Haus werfen können, und deswegen grübelte er über nichts soviel nach. Er hüpfte auf dem Dach herum, in der Hoffnung ein Loch zu finden, durch das er hineingucken konnte, und er saß oft oben auf dem hohen Schornstein und guckte in die schwarze Öffnung hinein.

Eines Tages erging es Bataki sehr übel. Ein starker Sturm hatte gehaust und eine Luke in der alten Schwefelsiederei aufgeweht. Bataki hatte die Gelegenheit benutzt und war in die Luke hineingeflogen, um sich im Hause umzusehen. Aber kaum war er hineingelangt, als die Luke hinter ihm zugeschlagen wurde, so daß er eingeschlossen war. Er hoffte, der Wind könne die Luke wieder aufwehen, aber es schien gar nicht, als wenn er die Absicht habe.

Durch die Ritzen in den Wänden fiel eine Menge Licht, und Bataki hatte wenigstens das Vergnügen, zu erfahren, wie es da drinnen aussah. Da war nichts weiter als ein großer Ofen mit einigen eingemauerten Kesseln und daran sah er sich bald satt. Aber als er wieder hinaus wollte, erwies sich das noch immer als unmöglich. Der Wind wollte die Luke nicht wieder aufwehen. Auch nicht eine einzige Tür oder Luke stand offen. Der Rabe war ganz einfach im Gefängnis.

Bataki begann um Hilfe zu schreien und schrie den ganzen Tag. Es gibt gewiß kein Tier, das einen so unaufhörlichen Lärm machen kann wie die Raben, und bald verlautete es in der Umgegend, daß er gefangen sei. Der graugestreifte Kater aus Tiskmöllen war der erste, der von dem Unglück hörte. Er erzählte es den Hühnern, und die riefen es den vorüberfliegenden Vögeln zu. Bald wußten alle Dohlen und Tauben und Krähen und Spatzen in ganz Falun, was geschehen war. Sie flogen sofort nach der alten Schwefelsiederei, um die Sache näher zu untersuchen. Sie hatten großes Mitleid mit dem Raben, niemand aber konnte ausfindig machen, was zu tun sei, um ihm zu helfen.

Plötzlich aber rief Bataki mit seiner scharfen, bissigen Stimme: »Schweigt alle still da draußen und hört mich an! Da ihr sagt, daß ihr mir gerne helfen wollt, so fliegt aus und sucht die alte Wildgans Akka von Krebnekajse und ihre Schar. Ich vermute, sie sind zu dieser Jahreszeit in Dalarna. Erzählt Akka, wie es mit mir steht. Ich glaube, die einzige, die mir helfen kann, ist sie und ihre Schar.«

Die Brieftaube Agar, die der beste Sendbote im Lande war, traf die Wildgänse am Ufer des Dalelfs, und als es dunkelte, kamen sie und Akka und ließen sich auf dem Dach der Schwefelsiederei nieder. Däumeling saß auf Akkas Rücken, aber die anderen Reisekameraden waren auf einem Werder im Runn zurückgeblieben, da Akka meinte, sie würden mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften, falls sie mit nach Falun kämen.

Als sich Akka mit Bataki beraten hatte, nahm sie Däumeling auf den Rücken und flog mit ihm nach einem Gehöft, das ganz in der Nähe der Schwefelsiederei lag. Sie flog ganz langsam über den Garten und die Birkenhaine, die den kleinen Hof umgaben, und sie wie auch der Junge starrten auf die Erde nieder. Es war leicht zu sehen, daß hier Kinder waren, die im Freien spielten, und es währte auch nicht lange, bis sie fanden, was sie suchten. In einem kleinen munteren Bach klapperten eine Menge kleiner Mühlenwerke, und in der Nähe davon fand der Junge ein Stemmeisen. Auf zwei Böcken lag ein halbfertiges Kanu, und daneben entdeckte er einen kleinen Knäuel Bindfaden.

Mit diesen Gegenständen flogen sie nach der Schwefelsiederei zurück. Der Junge befestigte den Bindfaden am Schornstein, ließ es in das tiefe Loch hineinfallen und enterte daran hinab. Als er Bataki guten Tag gesagt hatte, der ihm mit vielen hübschen Worten dankte, daß er gekommen war, machte er sich daran, mit dem Stemmeisen ein Loch in die Wand zu schlagen.

Es waren keine dicken Wände in der Schwefelsiederei, aber mit jedem Hieb schlug der Junge nicht mehr los als einen Span, der so klein und dünn war, daß eine Maus ihn ebensogut mit ihren Vorderzähnen hätte abnagen können. Es war klar, daß er die ganze Nacht werde arbeiten müssen und vielleicht noch länger, ehe er das Loch so groß gemacht hatte, daß der Rabe hindurchschlüpfen konnte.

Bataki hatte eine solche Sehnsucht, hinauszukommen, daß er nicht schlafen konnte, sondern neben Däumeling saß, der arbeitete. Anfangs war der Junge sehr fleißig, als aber eine kleine Weile vergangen war, bemerkte der Rabe, daß die Schläge in immer größeren Zwischenräumen kamen, und schließlich hörten sie ganz auf.

»Du bist gewiß müde,« sagte der Rabe. »Du kannst es vielleicht nicht mehr aushalten, weiter zu arbeiten?« – »Nein, müde bin ich nicht,« sagte der Junge und begann von neuem mit dem Eisen zu arbeiten, »aber ich weiß wirklich nicht, wie lange es her ist, seit ich eine Nacht ordentlich geschlafen habe. Ich weiß nicht, wie ich mich wachhalten soll.«

Nun ging ihm die Arbeit eine Weile schnell von der Hand, dann aber fielen die Schläge langsamer und langsamer. Der Rabe weckte den Jungen abermals, aber er sah bald ein, daß wenn er nichts ersinnen konnte, womit er den Jungen wach zu halten vermochte, er nicht nur diese Nacht, sondern auch den ganzen nächsten Tag bleiben mußte, wo er war.

»Vielleicht geht dir die Arbeit besser von der Hand, wenn ich dir eine Geschichte erzähle,« sagte er. – »Das ist ja nicht unmöglich,« erwiderte der Junge, aber im selben Augenblick gähnte er und war so schläfrig, daß er kaum das Werkzeug zu halten vermochte.

Die Geschichte von der Faluner Grube.

»Ich will dir etwas sagen, Däumeling,« begann Bataki, »ich habe lange auf der Erde gelebt. Ich habe gute und böse Tage kennen gelernt, und mehrmals ist es geschehen, daß mich die Menschen gefangen gehalten haben. Dadurch habe ich nicht nur gelernt, ihre Sprache zu verstehen, sondern ich habe auch viel von ihrer Gelehrsamkeit aufgeschnappt. Ich kann wohl sagen, daß es im ganzen Lande keinen Vogel gibt, der mit deinen Stammverwandten so gut Bescheid weiß wie ich.

Einmal saß ich viele Jahre hintereinander im Käfig bei einem Bergmeister hier in Falun, und in seinem Hause hörte ich das, was ich dir nun erzählen will.

Vor vielen, vielen Jahren wohnte hier in Dalarna ein Riese, der hatte zwei Töchter. Als der Riese alt wurde und fühlte, daß er sterben sollte, rief er die Töchter zu sich, um seinen Besitz zwischen sie zu teilen.

Sein größter Reichtum bestand in einigen Bergen voller Kupfer, und die wollte er seinen Töchtern geben. ›Ehe ich euch aber dies Erbe hinterlasse,‹ sagte er, ›müßt ihr mir geloben, daß, falls ein Fremder eure Kupferberge entdecken sollte, ihr ihn totschlagen wollt, ehe er irgend jemand seinen Fund zeigen kann.‹ Die älteste von den Töchtern des Riesen war wild und grausam, und sie versprach, ohne Besinnen, dem Vater zu gehorchen. Die andere hatte einen sanfteren Sinn, und der Vater sah, daß sie überlegte, ehe sie ihr Versprechen gab. Daher hinterließ er ihr nur ein Drittel des Erbes, während die ältere genau doppelt soviel bekam wie sie. ›Auf dich kann ich mich verlassen, als seiest du ein Mann,‹ sagte der Riese, ›und darum sollst du das Bruderteil haben.‹

Bald darauf starb der alte Riese, und lange Zeit hielten die beiden Töchter ihr Versprechen ganz gewissenhaft. Es geschah, daß mehr als ein armer Holzhauer oder Jäger das Kupfererz erblickte, das an mehreren Stellen oben auf der Oberfläche des Berges lag, aber kaum war er nach Hause gekommen und hatte erzählt, was er gesehen, als ihn ein Unglück traf. Entweder stürzte eine ausgegangene Tanne auf ihn herab, oder auch er wurde unter einem Bergrutsch begraben. Er fand nie Zeit, irgend jemand zu zeigen, wo der Schatz in der Wildnis zu finden war.

Zu jener Zeit war es Sitte im Lande, daß alle Bauern im Sommer ihr Vieh tief in die Wälder hinein auf die Weide trieben. Die Hirtenmädchen gingen mit, um zu melken und Butter und Käse zu bereiten. Um den Hirten und dem Vieh eine Zufluchtsstätte in der Wildnis zu schaffen, rodeten die Bauern einen kleinen Fleck im Walde und bauten dort kleine Häuser, die sie Sennhütten nannten. Nun geschah es, daß ein Bauer, der am Dalelf in der Torsånger Gemeinde wohnte, seine Sennhütte an dem See Runn hatte, wo die Erde so steinig war, daß niemand versucht hatte, sie zu bebauen. Einmal im Herbst zog der Bauer mit ein Paar Lastpferden nach der Sennhütte hinauf, um behilflich zu sein, das Vieh, die Butterkübel und die Käse nach Hause zu schaffen. Als er die Herde zählte, entdeckte er, daß einer der Böcke an den Hörnern ganz rot war. ›Was für Hörner sind das, die der Ziegenbock Kåre hat?‹ fragte der Bauer die Sennerin. – ›Das weiß ich nicht,‹ antwortete das Mädchen. ›Er ist den ganzen Sommer jeden Abend mit den roten Hörnern heimgekommen. Er findet wohl, daß das hübsch ist.‹ – ›Meinst du?‹ fragte der Bauer. – ›Der Bock hat seinen eigenen Kopf, und ich kann die roten Hörner scheuern, soviel ich will, er läuft gleich hin und macht sie wieder rot.‹ – ›Scheure du die rote Farbe nur noch einmal ab,‹ sagte der Bauer, ›dann will ich sehen, wie er das anstellt.‹

Kaum waren dem Ziegenbock die Hörner gescheuert, als er schleunigst in den Wald lief. Der Bauer folgte ihm, und als er den Bock einholte, stand der und rieb die Hörner gegen ein paar Steine, die rot waren. Der Bauer nahm die Steine in die Hand und roch daran. Er glaubte bestimmt, daß das, was er gefunden hatte, Erz sei.

Wie er noch dastand und in Gedanken versunken war, kam ein Felsblock dicht neben ihm den Abhang hinabgerollt. Der Bauer sprang zur Seite und rettete sein Leben, der Ziegenbock Kåre aber geriet unter den Felsblock und wurde getötet. Als der Bauer den Abhang hinaufsah, erblickte er ein großes, starkes Riesenweib, das im Begriff war, noch einen Felsblock auf ihn herabzuwälzen, ›Was fällt dir ein!‹ rief der Bauer. ›Ich habe weder dir noch deiner Sippe je ein Leid getan.‹ – ›Nein, das weiß ich wohl,‹ erwiderte das Riesenweib. ›Aber ich muß dich totschlagen, weil du meinen Kupferberg entdeckt hast.‹ Diese Worte sagte sie mit trauriger Stimme, als wenn sie ihn sehr gegen ihren Willen töten müsse, und das machte dem Bauer Mut, sich in eine Unterhaltung mit ihr einzulassen. Dann erzählte sie ihm von dem alten Riesen und dem Versprechen, das sie gegeben, und von der Schwester, die das Bruderteil bekommen hatte. ›Ich habe es so herzlich satt, alle diese armen, unglücklichen Menschen zu töten, die meinen Kupferberg entdecken,‹ sagte sie, ›daß ich wollte, ich hätte die Erbschaft niemals angetreten. Aber was ich versprochen habe, muß ich halten!‹ Und dann begann sie wieder, einen Felsblock loszubrechen. ›Übereile dich nicht,‹ sagte der Bauer, ›Du brauchst mich um des Versprechens willen nicht zu töten. Ich habe ja das Kupfer nicht gefunden, sondern der Ziegenbock, und den hast du schon totgeschlagen.‹ – ›Glaubst du, daß ich mich damit begnügen kann?‹ fragte das Riesenweib ein wenig unschlüssig. – ›Ja, das glaube ich ganz bestimmt!‹ antwortete der Bauer. ›Du hast dein Versprechen so treu gehalten, wie es nur irgend jemand verlangen kann.‹ Und er sprach so vernünftig mit ihr, daß sie ihn am Leben ließ.

Der Bauer zog nun zu allererst mit den Kühen heim. Dann ging er in das Bergdistrikt hinab und mietete Knechte, die sich auf Bergwerksarbeit verstanden. Die halfen ihm, an der Stelle, wo der Ziegenbock sein Leben gelassen hatte, eine Grube brechen. Anfangs fürchtete er, totgeschlagen zu werden, aber das Riesenweib hatte es offenbar satt, ihren Kupferberg zu bewachen. Sie fügte ihm nie ein Leid zu.

Die Erzader, die der Bauer entdeckt hatte, reichte ganz bis an die Oberfläche des Berges, so daß es weder mühselig noch schwer war, das Erz zu brechen. Er und die Knechte holten Brennholz aus dem Walde, errichteten große Scheiterhaufen auf dem Erzberge und zündeten sie an. Da wurde der Fels von der Hitze gesprengt, so daß sie zu dem Erz gelangen konnten. Dann ließen sie die Erzstücke durch ein Feuer nach dem anderen gehen, bis sie das reine Kupfer gewannen und die Schlacken ganz ausgeschieden wurden.

In alten Zeiten verwendeten die Leute fast noch mehr Kupfer zum täglichen Gebrauch als heutzutage. Es war eine begehrte und nützliche Ware, und der Bauer, dem die Grube gehörte, wurde bald steinreich. Er baute sich ein großes prachtvolles Haus in der Nähe der Grube und nannte es Kåreerbe nach dem Ziegenbock. Wenn er zur Kirche nach Torsång ritt, war sein Pferd mit Silber beschlagen, und als seine Tochter Hochzeit feierte, ließ er Bier aus zwanzig Tonnen Malz brauen und zehn große Ochsen am Spieß braten.

Aber eines Abends geschah es, daß vier schneidige Kerle mit der Bergmannshacke auf dem Rücken nach Kåreerbe gewandert kamen. Sie wurden gut empfangen wie alle anderen, aber als der Bauer fragte, ob sie bei ihm arbeiten wollten, sagten sie rein heraus nein. ›Wir wollen auf eigene Rechnung Erz brechen.‹ – ›Ihr wißt doch, daß der Erzberg mir gehört?‹ entgegnete der Bauer. – ›Es ist nicht unsere Absicht, Erz in Eurer Grube zu brechen.‹ sagten die Fremden. ›Der Berg ist groß, und was offen und uneingefriedigt in der Wildnis liegt, können wir mit gleich gutem Recht wie du nehmen.‹

Mehr wurde nicht über die Sache geredet, und der Bauer erwies den Neuangekommenen nach wie vor Gastfreundschaft. Früh am nächsten Morgen gingen sie auf Arbeit, fanden eine Strecke weiter entfernt Kupfererz und begannen, es zu brechen. Als sie einige Tage gearbeitet hatten, kam der Bauer zu ihnen hinaus. ›Es ist viel Erz hier im Berge,‹ sagte er. – ›Ja, es gehört die Arbeit von vielen Menschen dazu, bis dieser Schatz gehoben ist,‹ erwiderte einer von den Fremden. – ›Das weiß ich wohl,‹ sagte der Bauer, ›aber ich finde doch, ihr solltet mir Steuern von dem Erz entrichten, das ihr brecht, da es doch mein Verdienst ist, daß hier im Berge gearbeitet werden kann.‹ – ‹Wir verstehen nicht, was du sagst,‹ entgegneten die Männer. – ›Ja, ich habe den Berg durch meine Klugheit ausgelöst,‹ sagte der Bauer und erzählte ihnen von den beiden Riesenweibern und von dem Bruderteil.

Die Männer hörten sehr aufmerksam zu, aber worauf es ihnen in der Erzählung ankam, war etwas ganz anderes, als der Bauer erwartet hatte. ›Ist es sicher, daß das andere Riesenweib schlimmer ist, als die Riesin, die du getroffen hast?‹ fragten sie. – ›Ich glaube nicht, daß sie euch schonen würde,‹ sagte der Bauer. Damit verließen sie ihn, aber er verlor sie nicht aus den Augen, und nach einer Weile sah er, daß sie mit der Arbeit innehielten und in den Wald gingen.

Als die Leute in Kåreerbe an jenem Tage beim Abendbrot saßen, hörten sie ein schreckliches Wolfsgeheul aus dem Walde. Und zwischen dem Heulen der wilden Tiere ertönte Menschengeschrei. Der Bauer stand sofort vom Tische auf, aber die Knechte schienen nicht Lust zu haben, ihn zu begleiten. ›Es ist diesem Diebespack ganz recht, daß es von den Wölfen zerrissen wird,‹ sagten die Leute. – ›Wir müssen denen helfen, die in Not sind,‹ entgegnete der Bauer und ging mit allen seinen fünfzig Knechten in den Wald hinaus.

Sie gewahrten sofort ein schrecklich großes Rudel von Wölfen, die an ihrer Beute rissen und zerrten. Die Knechte trieben sie in die Flucht und fanden dann vier menschliche Körper an der Erde, die so übel zugerichtet waren, daß sie sie nicht erkannt haben würden, wenn da nicht vier Grubenhacken neben ihnen gelegen hätten.

Danach blieb der Kupferberg bis an den Tod des Bauern im Besitz eines Mannes. Dann übernahmen die Söhne ihn. Sie arbeiteten zusammen in der Grube, aber all das Erz, das sie im Laufe eines Jahres gefördert hatten, legten sie in Haufen, warfen das Los darum und schmolzen dann ein jeder in seinem Ofen das Kupfer heraus. Sie wurden alle mächtige Bergleute und bauten sich große, ansehnliche Häuser. Und nach ihnen übernahmen ihre Erben die Arbeit, sie erschlossen neue Grubenschächte und brachen noch mehr Erz. Jahr für Jahr nahm die Grube an Umfang zu, und immer mehr Bergleute erhielten Anteil daran. Einige wohnten ganz in der Nähe, andere hatten ihre Häuser und Schmelzöfen ringsumher in der Gegend. Es entstanden eine Menge Dörfer, und die Gegend erhielt den Namen Stora Kopparbergs Bergslag.

Nun muß man wissen, daß es bald ein Ende hatte mit dem Erz, das so lag, daß man es von oben brechen konnte, wie man Steine in einem Steinbruch bricht. Die Grubenarbeiter mußten das Erz tief unter der Erde suchen. Durch enge Schächte und lange, gewundene Gänge mußten sie sich in das dunkle Innere der Erde hineinarbeiten, um ihren Holzhaufen anzuzünden und den Berg zu sprengen. Es ist immer eine mühselige und schwere Arbeit, Steine zu brechen, dazu kam aber noch die Plage, die ihnen der Rauch verursachte, der nicht ins Freie hinausgelangen konnte, und die Mühe, auf steilen Leitern das Erz an die Oberfläche der Erde zu fördern. Und je weiter in die Tiefe hinab sie kamen, um so gefährlicher wurde die Arbeit. Oft brachen große Ströme brausend in die Grube ein, oft geschah es, daß die Decke des Grubenganges auf die Arbeiter herabstürzte. Dies bewirkte, daß die Arbeit in der großen Grube so gefürchtet wurde, daß niemand gutwillig daran ging. Da bot man zum Tode verurteilten Verbrechern und Leuten, die geächtet im Walde herumstreiften, Vergebung für ihre Schuld an, wenn sie Grubenarbeiter in Falun werden wollten.

Lange Jahre hatte niemand daran gedacht, nach dem Bruderteil zu suchen. Aber unter den gesetzlosen Männern, die nach dem großen Kupferberg kamen, waren mehrere, die größeren Wert auf Abenteuer legten als auf ihr Leben, und sie durchstreiften die Gegend, in der Hoffnung, es zu finden.

Wie es allen den Suchenden erging, das weiß niemand, aber wir haben eine Erzählung von zwei Grubenarbeitern, die eines Abends spät zu ihrem Herrn heimkehrten und erzählten, sie hätten eine große Erzader im Walde gefunden. Sie hatten den Weg dahin bezeichnet, und am nächsten Tage wollten sie ihrem Herrn den Fund zeigen. Aber der nächste Tag war ein Sonntag, und der Herr wollte an dem Tage nicht in den Wald gehen und nach Erz suchen, statt dessen ging er mit seinem ganzen Hausstand zur Kirche. Es war im Winter, und sie gingen über den See Barpan zur Kirche. Auf dem Hinwege ging alles gut, auf dem Heimwege aber fielen die beiden Knechte in eine Wake und ertranken. Da mußten die Leute wieder an die alte Sage von dem Bruderteil denken, und sie sagten, es sei gewiß das, was die Knechte gefunden hatten.

Um die Schwierigkeiten in der Grube zu überwinden, kamen die Bergleute auf den Gedanken, Ausländer, die der Grubenarbeit kundig waren, ins Land zu berufen, und diese ausländischen Meister lehrten sie, Grubenwinden zu bauen, die das Wasser herauspumpten und das Erz heraufwanden. Die Fremden schenkten der Sage von den Riesenweibern keinen rechten Glauben, aber sie fanden es höchst wahrscheinlich, daß sich irgendwo in der Nähe eine mächtige Erzader befand, und sie suchten eifrig danach. Und eines Abends kam ein deutscher Grubenvogt in das Wirtshaus zur Grube und erzählte, er habe das Bruderteil gefunden. Aber der Gedanke an die großen Reichtümer, die ihm jetzt zufallen würden, machte ihn ganz wild und verwirrt. Er veranstaltete noch am selben Abend ein großes Gastmahl, trank und tanzte und würfelte; schließlich geriet er in Streit und Prügelei, und einer seiner Zechgenossen jagte ihm ein Messer in den Leib.

In den großen Kupferberg wurde immer soviel Erz gegraben, daß die Grube für die reichste Kupfergrube in aller Welt Ländern galt. Nicht nur die nächste Umgegend zog Vorteil aus ihren großen Reichtümern, sondern die Schätze, die man dort förderte, wurden in schwerer Zeit zu einer großen Hilfe für das Land Schweden. Die Grube war schuld daran, daß die ganze Stadt Falun gebaut wurde, und man betrachtete die Grube als so merkwürdig und von so hohem Nutzen, daß alle Könige nach Falun reisten, um sie zu sehen, und sie nannten sie Schwedens Glück und die Schatzkammer des Svea-Reiches.

Wenn man bedenkt, wie große Reichtümer die alte Grube ans Tageslicht gefördert hatte, kann man sich nicht wundern, daß diejenigen, die glaubten, daß sich ganz in der Nähe ein doppelt so großer Kupferschatz befinde, sich darüber grämen mußten, daß sie seiner nicht habhaft werden konnten. Viele setzten ihr Leben aufs Spiel, um danach zu suchen, erreichten aber nichts dadurch.

Einer der letzten, die den Schatz sahen, war ein junger Bergmann aus Falun aus guter, reicher Familie. Er verliebte sich in ein schönes Bauermädchen aus Leksand und ging hin, um sie zu freien, aber sie lehnte es ab, ihn zu heiraten, weil sie nicht in Falun wohnen wollte, wo der Rauch aus Röstöfen und Schmelzhütten so schwer drückend über der Stadt lag, daß ihr schon ganz unheimlich zumute wurde, wenn sie nur daran dachte.

Der Bergmann liebte sie glühend, und als er heimkehrte, war er tief betrübt. Er hatte sein ganzes Leben in Falun gewohnt, und es war ihm niemals eingefallen, daß es schwer sein könne, dort zu wohnen. Aber als er sich jetzt der Stadt näherte, erschrak er. Aus der großen Grubenöffnung, aus den Hunderten von Röstöfen rings um sie herum stieg der dicke, erstickende Schwefelrauch auf und hüllte die ganze Stadt in Nebel. Der Rauch hinderte die Pflanzen zu gedeihen, so daß die Erde in weitem Umkreis kahl und nackend dalag. Die Schmelzhütten, in denen das Feuer glühte, und die von schwarzen Schlackenhaufen umgeben waren, sah er überall, nicht nur in der Stadt und ihrer nächsten Umgebung, sondern über die ganze Gegend zerstreut. Sie lagen bei Grycksbro, bei Bengtsarc, bei Bjerggaarden, bei Stennässek, bei Kovsnäs, in Vita und ganz weit hin bis Aspeboda. Er sah ein, daß wer gewohnt war, am blanken Siljen, im Sonnenschein und zwischen grünen Bäumen zu leben, hier nicht gedeihen konnte.

Der Anblick der Stadt machte ihm das Herz noch schwerer, als es schon im voraus war. Er hatte keine Lust, gleich nach Hause zu gehen, sondern bog vom Wege ab und ging in den Wald hinein. Da wanderte er den ganzen Tag umher, ohne acht zu geben, wohin er kam.

Als es abend wurde, erblickte er plötzlich einen Berg, der wie Gold schimmerte. Als er genauer zusah, entdeckte er eine mächtige Ader aus Kupfererz. Anfänglich freute er sich über seine Entdeckung, aber dann fiel ihm ein, daß dies vielleicht das Bruderteil sei, das so viele ins Verderben gestürzt hatte, und da wurde er bange. ›Heute bin ich wirklich vom Unglück verfolgt,‹ sagte er. ›Vielleicht wird es mir nun das Leben kosten, daß ich diesen Reichtum gefunden habe.‹ Er kehrte sofort um und begab sich auf den Heimweg. Als er eine Strecke gegangen war, begegnete ihm eine große, starke Frau. Sie glich einer gebieterischen Bergmannsgattin, aber er konnte sich nicht entsinnen, sie je zuvor gesehen zu hüben.

›Ich möchte wohl wissen, was du im Walde gemacht hast!‹ sagte die Frau. ›Ich habe dich den ganzen Tag hier umherstreifen sehen.‹ – ›Ich habe mich nach einem Bauplatz umgesehen,‹ sagte der Bergmann,›denn das Mädchen, das ich lieb habe, will nicht in Falun wohnen.‹ – ›Ist es nicht deine Absicht, Erz in dem Kupferberg zu brechen, den du vorhin gefunden hast?‹ fragte sie weiter. ›Nein,‹ sagte der Bergmann, ›ich bin gezwungen, den Bergbau aufzugeben, sonst kann ich die nicht bekommen, die ich lieb habe.‹ – ›Ja, bleibe du nur dabei,‹ sagte die Frau, ›dann wird dir kein Leid geschehen.‹

Mit diesen Worten verließ sie ihn. Er aber beeilte sich, das zur Wahrheit zu machen, was er notgedrungen gesagt hatte. Er gab den Bergbau auf und baute sich einen Hof weit von Falun entfernt. Und dann hatte die, die er lieb hatte, nichts dagegen, zu ihm zu ziehen.«

Hiermit endete der Rabe seine Geschichte. Der Junge hatte sich wirklich die ganze Zeit wachgehalten, aber er hatte das Werkzeug nicht sonderlich fleißig gebraucht.

»Und wie ging es denn später?« fragte er, als der Rabe zu sprechen aufhörte. »Ja, seit der Zeit ging es mit dem Kupferwerk zurück. Die Stadt Falun ist ja noch da, aber alle die alten Schmelzöfen sind weg. Die ganze Gegend ist übersät mit alten Bergmannshöfen, aber die Bewohner sind gezwungen, Landleute oder Waldbesitzer zu werden. In der Grube Falun ist fast kein Erz mehr. Es ist wirklich dringender denn je nötig, daß man das Bruderteil findet.«

»Ich möchte wohl wissen, ob jener Bergmann der letzte war, der es gesehen hat,« sagte der Junge.

»Sobald du ein Loch in die Wand gehauen und mich hinausgelassen hast, will ich dir erzählen, wer es zuletzt gesehen hat,« sagte Bataki.

Das versetzte dem Jungen einen Anstoß und sofort ging er eifriger an die Arbeit. Es war ihm, als habe Bataki es in einem wunderlichen, bedeutungsvollen Ton gesagt. Es klang fast, als wenn er dem Jungen zu verstehen geben wollte, daß er, der Rabe, den großen Kupferberg gesehen habe. Sollte es eine Bedeutung haben, daß er ihm die Geschichte erzählt hatte?

»Du bist gewiß viel hier in der Gegend umhergereist,« sagte der Junge, um Klarheit über die Sache zu erlangen. »Du hast sicher allerlei gefunden, wenn du hier so über die Wälder und Berge dahingeschwebt bist.«

»Ja, ich könnte dir merkwürdige Dinge zeigen, sobald du mit deiner Arbeit fertig bist,« antwortete der Rabe.

Der Junge begann so eifrig zu hauen, daß die Späne um ihn herumflogen. Jetzt war er ganz sicher, daß der Rabe das Bruderteil gefunden hatte. »Es ist wirklich ein Jammer, daß ein Rabe wie du keine Freude von dem Reichtum haben kann, den du gefunden hast,« sagte er.

»Ich will nicht mehr über die Sache reden, bis ich sehe, daß du ein Loch in die Wand hauen und mir hinaus helfen kannst,« sagte der Rabe.

Der Junge arbeitete, so daß das Eisen brennend heiß wurde. Batakis Worte waren nicht mißzuverstehen. Der Rabe konnte ja nicht selbst Erz brechen, und daher war es gewiß seine Absicht, Niels Holgersen die Entdeckung zu überlassen. Das war ja das Wahrscheinlichste wie auch das Vernünftigste. Aber wenn er nun das Geheimnis erfuhr, so wollte er, sobald er wieder Mensch wurde, hierher zurückkehren und den großen Schatz heben. Und wenn er Geld genug verdient hatte, wollte er ganz Vestre Vemmenhöy kaufen und dort ein Schloß, so groß wie Vittskövle erbauen, und dann wollte er eines Tages dem Häusler Holger Nielsen und seiner Frau eine Einladung senden, zu kommen, und das Schloß zu besehen. Und wenn sie dann dahergegangen kamen, wollte er auf der Treppe stehen und sagen: »Bitte schön! Tretet näher und tut, als wenn ihr zu Hause seid!« Und sie erkannten ihn natürlich nicht und wunderten sich, was für ein feiner Herr das sein könne, der sie eingeladen hatte. »Möchtet ihr nicht gern in so einem Hause wohnen?« wollte er dann sagen. – »Ja, natürlich, aber das ist nichts für uns,« würden sie antworten. »Freilich ist es etwas für euch; ihr sollt ja dies Gute haben als Zahlung für den weißen Gänserich, der euch im vergangenen Jahr weggeflogen ist,« würde er dann sagen. – Der Junge gebrauchte das Eisen schneller und schneller. Das nächste, wozu er sein Geld gebrauchen würde, war, ein neues Haus auf der Heide in Sunnerbo für das Gänsemädchen Aase und den kleinen Mads zu bauen. Viel schöner und größer als das alte, natürlich. Und dann würde er den ganzen Tåkern kaufen und ihn den Enten geben, und dann …

»Jetzt muß ich sagen, daß es dir schnell von der Hand geht,« sagte der Rabe. »Ich glaube, das Loch ist schon groß genug.«

Es gelang dem Raben wirklich, sich hindurchzuklemmen. Der Junge folgte ihm und sah Bataki in einer Entfernung von wenigen Schritten auf einem Stein sitzen.

»Nun will ich mein Versprechen dir gegenüber einlösen, Däumling,« sagte Bataki sehr feierlich, »indem ich dir erzähle, daß ich das Bruderteil gesehen habe. Aber ich will dir nicht raten, danach zu suchen, denn es hat mir jahrelange Arbeit gekostet, ehe ich es entdeckte.«

»Ich glaubte, du wolltest mir erzählen, wo es ist, als Lohn dafür, daß ich dich aus der Gefangenschaft befreit habe,« sagte der Junge.

»Du mußt sehr schläfrig gewesen sein, wahrend ich von dem Bruderteil erzählte,« sagte Bataki. »Sonst hättest du dir keine solche Hoffnungen machen können. Hast du denn nicht beachtet, daß alle, die etwas darüber aussagten, wo das Bruderteil zu finden sei, ins Unglück gerieten? Nein, mein Freund, Bataki hat lange genug auf der Erde gelebt, um zu lernen, daß man seinen Mund halten muß.«

Damit erhob er die Flügel und flog davon.

Akka stand dicht bei der Schwefelsiederei auf dem Felde, aber es währte ziemlich lange, bis der Junge rief, daß sie kommen und ihn holen solle. Er war mißmutig und niedergeschlagen, weil er um die großen Reichtümer betrogen war. Er fand, er habe gar keinen Grund, fröhlich zu sein. »Ich glaube, die Geschichte mit den Riesenweibern ist nicht wahr,« sagte er zu sich selbst, »und ich glaube auch nicht an die Wölfe und an die Waken, aber ich glaube, wenn arme Grubenarbeiter die große Erzader mitten in dem wilden Walde fanden, so wurden sie so verwirrt vor Freude, daß sie sie hinterher nicht wiederfinden konnten. Und ich glaube, die Enttäuschung ist so schwer für sie gewesen, daß sie das Leben nicht zu ertragen vermochten. So, glaube ich, verhält sich die Sache.«