975. Münchner Haussagen

An mehr als ein Haus zu München knüpfen sich Sagen, wie zumeist in alten Städten, und ließen sich deren allein Bücher voll sammeln. Mehrere sind aber insonderheit darum hervorzuheben, weil sie Wiederholungen von Sagen bilden, die weit von dieser Stadt im deutschen Norden lebendig sind. So steht auf einem Hause eine Dohle als Dachfahne, die einen Ring im Schnabel hält, an den sich die Sage von einem durch eine Dohle entwendeten Ring knüpft, die, wenn sie der vom Raben zu Merseburg auch nicht gleicht, so doch an sie erinnert.

Auf dem alten Hofgebäude stand ein Turm, darauf war ein steinern Affenbild zu erschauen, und die Sage wußte von einem Prinzchen zu erzählen, das ein im Schlosse gehaltener zahmer Affe geraubt, auf die Turmzinne getragen, aber endlich, da er sich nicht mehr verfolgt sah, gutwillig wieder heruntertrug und in des Prinzchens Wiege legte. Danach ward des Affen Bild in Stein ausgehauen, gerade wie jenes des Affen zu Dhaun, und auf den Turm gesetzt.

Am Schrannenplatz, nahe dem Wurmeck, allwo die Gestalt eines Lindwurms in Stein gehauen zu ersehen, der die Pest über München ausgehaucht und mit einer von den Kanonen, die vor der Hauptwache auf selbem Platz stehen, erschossen worden sein soll, war unter den Bögen Doktor Luthers Bild und seiner Kathi, wohl mehr zum Hohn als zum Ruhm, wie das zu München nicht anders sein konnte; und in der Sendlinger Gasse im Haus beim Koch in der Hölle, da sollte der Luther auf seiner Flucht – doch wohl auf der von Augsburg nach Hohenaschau, denn nur auf dieser einen Flucht könnte Luther München berührt haben – eilend getrunken und Bratwurst gegessen haben, letztere aber eben auch schuldig geblieben sein, just wie zu Wertheim am Main. Hernach haben sie zu München Spottbilder auf Luther ausgehen lassen, wie er mit der Bratwurst auf einer Sau davonreitet, ganz so wie der Reiter auf alten Spielkartenblättern unter der Eichelsieben.

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