725. Vom Grimmental

Wo sich vom Dorf Einhausen das von der Hasel durchflossen Tal über Ellingshausen nach Schwarza hin zieht, nannte man es ehedem das grüne Tal wegen seiner Grüne. Dort hat am Ausgang des grünen Tales in das Tal der Werra ein alter Bet- und Opferstock mit dem Bilde der Jungfrau Maria gestanden, unter einer mächtig großen Linde, vom Gestrüpp umwachsen und fast ganz vergessen. Nun trug sich’s zu, daß ein Rittersmann, Heinz Teufel, der in Obermaßfeld wohnte, auf einem Jagdritt von schwerer Leibesschwachheit überfallen wurde, sich zu dem Bilde schleppte und dort um Hülfe flehte. Und da sein Gebrest alsbald ein Ende nahm, schrieb er es dem Bilde zu, verkündete dessen Wunderkraft, machte eine fromme Stiftung und baute eine Kapelle über das Holzbild. Darauf erhob sich eine große Wallfahrt, und der Ruf des wundertätigen Marienbildes breitete sich nach allen Seiten aus, so daß die Menschen aus allen Landen scharenweise gezogen kamen. Lahme, Blinde, Taube, Preßhafte aller Art, davon es vielen im Traum vorgekommen war, sie würden im Grimmental, wie man die Wunderstätte im grünen Tal hernach nannte. Hülfe und Genesung finden. Und vielen half der feste Glaube. Darum baute hernach der Fürstgraf Wilhelm von Henneberg an den Ort eine prächtige Wallfahrtkirche. Viele Wunder tat die Mutter Gottes im Grimmental, davon nur eins. In Meiningen saßen drei Gefangene in harter Verstrickung im großen Burgturm, die riefen die Maria vom Grimmental an, und siehe, sie erschien ihnen und erledigte sie ihres Gefängnisses, daß sie ohne menschliche Hülfe frei und ledig gingen, diese nahmen alsbald ihren Weg nach Grimmenthal, priesen und dankten. Es sind in Grimmenthal in einem Jahr vierundvierzigtausend Waller gewesen, und es klingt wunderbar, wenn man liest, daß 1503 zur Pfingstzeit auch gegen dreihundert mohrische Ritter, welche durch Schlesien hergezogen kamen, dort ihre Andacht verrichteten. Doktor Luther eiferte sehr gegen diese Wallfahrt, sprach und schrieb von ihr: Daher ist kommen der große Betrug des Teufels mit dem Wallfahrten in das Grimmental, da die Leute verblendet, als wären sie toll und töricht, Knechte und Mägde, Hirten, Weiber, ihren Beruf ließen anstehen und liefen dahin. Ist recht Grimmental, vallis furoris. – Und bald nach der Reformation nahm die Wallfahrt ein Ende. Jetzt steht an der alten Wallfahrtstätte ein schönes Hospital, und die Grimmentalslinde, darunter das Muttergottesbild stand, grünt und blüht noch in jedem Sommer. Sie mißt sechsunddreißig Fuß im Umfang.

*