608. Die Jenaische Christnacht

Zu Jena hat sich’s zugetragen, daß ein Student des Namens Weber aus Zwickau, der bereits in Leipzig studiert hatte, sich mit noch einigen Gesellen und einem Schäfer verband, in einem Weinbergshäuslein, allwo sich eine weiße Jungfer zum öftern blicken ließ und ein Schatz liegen sollte, den Teufel zu zitieren und Schätze oder Brutpfennige von ihm zu gewinnen. Es ging aber selbiges Kunststück gar übel aus, denn obschon sie sich Doktor Fausts Höllenzwang nebst anderem Zaubergerät verschafft und in der Christnacht des Jahres 1715 in dem Häuslein sich zusammenfanden, so sind sie doch am andern Morgen nicht in die Stadt zurückgekommen und nachmittags der Student ganz betäubt und sinnlos, der Schäfer und noch ein Bauer aber tot in dem Häuschen gefunden worden. Als nun solches Ereignis der Obrigkeit angezeigt wurde, geschah Verordnung, daß zu den Leichnamen, nachdem der Student in den Gasthof zum gelben Engel herabgeschafft worden war, drei Wächter bestellt wurden, zu denen sich noch zwei andere Personen freiwillig gesellten, die aber in der späten Nacht wieder herab in die Stadt gingen. Da nun die drei Gesellen beisammensaßen und wachten, hat es gar arg an die Türe des Häuschens gekratzt, und es ist ein Geist in Größe eines Knaben eingetreten, der sich her- und hinbewegte und dann die Türe mit einem Krachen zuwarf, als sei sie in tausend Stücke gefahren. Am andern Morgen lagen diese Wächter für tot bei den Leichnamen, und zwei davon blieben auch tot. Alle aber hatten blaue Flecken und Striemen auf der Haut. Diese Geschichte machte ringsum vieles Aufsehen und wurde viel darüber geschrieben und in Druck gegeben. Man nannte sie nicht anders als die Jenaische Christnachttragödie.

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