569. Das dienstfertige Licht

Bei Schleiz, zwischen Neundorf und Görkwitz, führt der Weg an einem beträchtlichen Sumpfe vorüber, und gefahrvoll war es bei der Nachtzeit, dorthin zu reisen, bevor die jetzige Kunststraße gebaut worden war. Doch ließ sich alldort zun: öftern ein Licht sehen und suchte vor Verirrung und Unglück die Reisenden zu behüten. Einst kam ein Fuhrmann diesen Weg des Nachts und warf an jener sumpfigen Stelle seinen Wagen um. Schon war er im Begriff, nach Neundorf zurückzulaufen, um Hülfe zu holen, weil er bei der großen Dunkelheit sich nicht allein zu helfen wußte, als er eine Laterne gewahrte, die schnell sich näherte. Bald war sie hinter seinem Wagen angekommen. Der Fuhrmann wollte sehen, wer sich ihm so dienstfertig beweise, zu seiner großen Verwunderung sah er aber auch kein menschliches Wesen, sondern nur ein Licht, das in der Luft schwebte und einen hellen Schein um sich verbreitete. Gleichwohl war ihm in seiner bedrängten Lage dieses dienstfertige Licht hochwillkommen, er hub bei dessen hellem Scheine den Wagen auf, richtete sein Fuhrwerk zum Weiterfahren her und begab sich dann zu dem Lichte hinter dem Wagen, sich bei ihm für die geleistete Hülfe bestens zu bedanken. Kaum hatte jedoch der Fuhrmann das Wort Dank ausgesprochen, so rief das seltsamliche Licht mit sanfter, aber hellklingender Stimme:

Hab du Dank für deinen Dank!
Nun bin ich erlöset sonder Wank! –

schwebte mit diesen Worten empor und verschwand in den Wolken.

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