aus Waadt getroffen hätte, sagte er. Waadt und Wallis wären gute Nachbarkantone. Er sprach seine Freude so aufrichtig und ungeheuchelt aus, dass es Babetten durchaus notwendig erschien, ihm dafür die Hand zu drücken. Sie gingen fast wie alte Bekannte nebeneinander, und drollig war sie, das kleine, allerliebste Menschenkind. Es stand ihr in Rudis Augenso niedlich, auf das Lächerliche und Übertriebene in der Kleidung und den Moden aufmerksam zu machen, welche die fremden Damen zur Schau trugen. Es geschah übrigens durchaus nicht , um sich über sie lustig zu machen, denn es konnten sehr rechtschaffene, ja gute und liebenswürdige Menschen sein, wie Babette sehr wohl wusste, hatte sie doch eine solche vornehme englische Dame zur Patin. Vor achtzehn Jahren befand sie sich, als Babette getauft wurde, gerade in Bex; sie hatte Babetten die kostbare Nadel geschenkt, die sie an der Brust trug. Zweimal hätte ihre Patin bereits geschrieben, und in diesem Jahr hätte sie mit ihr und ihren Töchtern, alten Jungfern an die Dreißig heran, wie sich Babette ausdrückte
– sie selbst war ja nur achtzehn – hier in Interlaken zusammentreffen sollen.
Der süße kleine Mund stand nicht einen Augenblick still, und alles, was Babette sagte, klang Rudi wie Dinge von der größten Wichtigkeit, und er erzählte wieder, was er zu erzählen hatte, erzählte, wie oft er in Bex gewesen wäre, wie gut er die Mühle kenne, wie oft er Babetten gesehen, sie ihn dagegen wahrscheinlich nie bemerkt hätte. Als er nun das letztemal zur Mühle gekommen, und zwar mit allerlei Gedanken, die er ihr nicht sagen könnte, wäre sie und ihr Vater fortgewesen, weit fort, aber doch nicht so weit, dass man nicht hätte die Mauer überspringen können, die den Weg weit machte.
Ja, das sagte er, und er sagte so vieles. Er sagte, wie lieb er sie hätte, und dass er nur um ihretwillen und nicht wegen des Schützenfestes gekommen wäre.
Babette wurde ganz still; es war fast zu viel, was er ihr zu tragen anvertraute.
Und während sie gingen, sank die Sonne hinter die hohe Felsenwand, die Jungfrau erhob sich in Pracht und Glanz, umgeben vom waldgrünen Kranze der nahen Berge. Die vielen Menschen blieben stehen und schauten dorthin; auch Rudi und Babette weideten ihre Augen an der erhabenen Pracht.
»Nirgends ist es schöner als hier!« sagte Babette
»Nirgends!« wiederholte Rudi und sah Babette dabei an.
»Morgen muß ich fort!« fügte er kurz darauf hinzu.