Wieder auf dem Marsch mit Alan

Es mochte zwischen ein und zwei Uhr sein; der Mond war, wie gesagt, untergegangen; ein starker Wind, der schwere Wolkenmassen vor sich hertrieb, sprang plötzlich im Westen auf, und wir traten unseren Marsch in einer so finsteren Nacht an, als sie ein Flüchtling oder Mörder sich nur wünschen könnte. Der weiße Schimmer der Landstraße geleitete uns nach dem schlafenden Städtchen Broughton und von dort über Picardy, vorbei an meinem alten Bekannten, dem Galgen mit den beiden Dieben. Kurz danach, in Lochend, gewahrten wir in einem Fenster ein Licht, das uns als willkommenes Leuchtfeuer diente. Mit ihm als Wegweiser ging es, immer noch ziemlich auf gut Glück, vorwärts, mitunter über volle Erntefelder, dann wieder stolpernd und gleitend über Brachacker, quer durch das Land, bis wir schließlich die wellige, sumpfige Heidelandschaft von Figgate Whins erreichten. Hier unter einem Ginsterbusch legten wir uns nieder, um den Rest der Nacht zu verschlafen. Etwa um fünf Uhr weckte uns der Tag. Es war ein wunderschöner Morgen, immer noch blies aus Westen ein kräftiger Wind, aber die Wolken waren alle nach dem Kontinent gezogen. Alan hatte sich schon lächelnd aufgerichtet. Es war das erstemal seit unserer Trennung, daß ich meines Freundes Gesicht sah, und ich betrachtete es mit frohem Herzen. Er trug immer noch den gleichen schweren Mantel; neu war nur ein Paar gestrickte Gamaschen, die ihm bis über die Knie reichten. Zweifellos sollten sie eine Art Verkleidung sein; da es jedoch ein warmer Tag zu werden versprach, machte Alan eine äußerst auffallende Figur. »Nun, David,« sagte er, »ist das nicht ein schöner Morgen? Heute ist ein Tag, wie er sein sollte. Das nenn ich mir eine Abwechslung nach dem Aufenthalt im Bauche des Heus; und während du hier schliefst und dich rekeltest, habe ich etwas getan, das ich vielleicht nur allzu selten tue.«

»Was denn?« fragte ich.

»Ach, nur so ’n bißchen gebetet.«

» Und wo sind meine ›Herrschaften‹, wie du sie nennst?«

»Das weiß allein der liebe Gott«, antwortete er.

»Mit einem Wort, wir müssen uns auf unser Glück verlassen. Munter, David! Auf die Beine! Fortuna sei uns noch einmal hold! Es scheint, wir sollen einen wundervollen Spaziergang haben.«

So ging es in östlicher Richtung weiter am Meere entlang bis an die Mündung des Esk, wo die Salzgruben dampften. Ohne Zweifel schien die Morgensonne strahlender als sonst auf Arthurs Sitz und auf die grünen Hügel von Pentland, aber der Zauber des Tages schien Alan gegen den Strich zu gehen.

»Ich komme mir vor wie ein Holzklotz, an einem Tage wie heute Schottland zu verlassen«, bemerkte er. »Es will mir nicht aus dem Schädel; lieber, glaub ich, bleibe ich hier und lass mich henken.«

»Es würde dir doch nicht gefallen, Alan«, sagte ich. »In Frankreich ist es ja auch ganz schön,« erklärte er, »aber es ist nicht dasselbe. Es ist, glaube ich, sogar schöner als hier, aber es ist nicht Schottland. Es gefällt mir großartig, wenn ich erst drüben bin; und doch bang ich mich nach schottischen Strohdächern und schottischem Torfgeruch.«

»Wenn dich nichts anderes drückt, Alan, so ist es ja weiter nicht schlimm«, sagte ich.

»Ich hab auch kein Recht, mich zu beklagen,« meinte er, »gerade jetzt, da ich eben erst aus dem verdammten Heu heraus bin.«

»Du hattest deinen Heuschober also gründlich satt?« erkundigte ich mich.

»Satt ist gar nicht der richtige Ausdruck«, entgegnete er. »Ich lass mich nicht so leicht entmutigen; aber ich fühl mich wohler an der frischen Luft mit dem Himmel über mir. Ich bin wie der alte schwarze Douglas (so hieß er doch?), der lieber die Lerche trillern als die Mäuse piepsen hörte. Und in dem Schober, David – der sich ja, wie ich zugeben muß, vorzüglich als Versteck eignete – war es stockfinster von morgens bis abends, weißt du. Es gab Tage (oder auch Nächte, wie sollte ich das wissen?) die mir so lang wie ein langer Winter erschienen.«

»Wie wußtest du die Stunde für unser Stelldichein?« fragte ich.

»Der Hausvater brachte mir so um elf mein Abendbrot und einen Tropfen Schnaps und ein Endchen Talglicht, um mir zu leuchten«, sagte er. »Wenn ich dann einen Bissen gegessen hatte, wußte ich, es war ungefähr Zeit, in den Wald zu gehen. Dort lag ich und bangte mich arg nach dir, David,« fuhr er fort, seine Hand auf meine Schulter legend, »und erriet aus dem Gefühl, wann die zwei Stunden vorbei waren – wenn nicht Charlie Stuart kam und es mir an seiner Uhr bewies, – und zurück ging’s in meinen Schober. Ja, ja, das war kein kurzweiliger Aufenthalt, und dem Himmel sei Dank, daß ich mich durchgeschunden habe.«

»Wie vertriebst du dir die Zeit?« erkundigte ich mich.

»So gut ich konnte!« antwortete er. »Manchmal spielte ich das Knöchelspiel. Ich bin großartig im Knöchelspiel, aber es ist eine langweilige Geschichte, wenn keiner da ist, um einen zu bewundern. Und manchmal hab ich auch gedichtet.«

»Wovon handeln denn deine Gedichte?« forschte ich weiter.

»Oh, so von Hirschen und von der Heide und von den alten Häuptlingen, die längst gestorben sind – na, wovon Gedichte im allgemeinen handeln – und manchmal redete ich mir auch ein, ich hätte einen Dudelsack und spielte darauf. Großartige Melodien hab ich gespielt, und mir kam’s vor, ganz meisterhaft; ich schwöre, mitunter hab ich’s direkt schrillen hören! Aber die Hauptsache ist doch, daß es nun hinter mir liegt.«

Danach brachte er das Gespräch wieder auf meine Abenteuer, die er sich ganz von vorne, aber ausführlicher erzählen ließ, und denen er mit außerordentlichem Beifall lauschte. Von Zeit zu Zeit erklärte er, ich sei doch »ein sonderbares Exemplar von einem Burschen«.

»Du hattest also Angst vor Simon Fraser?« fragte er das eine Mal.

»Große Angst!« rief ich.

»Das hätte ich auch gehabt, Davie. Er ist, weiß Gott, ein furchtbarer Mensch. Aber selbst dem Teufel soll man zahlen, was ihm gebührt, und ich sage dir, Fraser ist auf dem Schlachtfeld ungemein zu respektieren.«

»Ist er so tapfer?« fragte ich.

»Tapfer?« wiederholte er. »So tapfer wie meine Klinge hier.«

Die Geschichte meines Duells brachte ihn außer sich. »Wer hätte das gedacht!« rief er. »Nachdem ich dir obendrein in Corrynakiegh gezeigt habe, wie man’s macht! Dreimal – dreimal hintereinander entwaffnet! ’s ist eine Schande für mich, der ich dich unterrichtet habe! Hier, stell dich mal in Positur, heraus mit deinem Eisen! Du kommst mir nicht vom Fleck, bis du nicht mir und dir mehr Ehre machst.«

»Alan,« erwiderte ich, »das ist doch hellster Wahnsinn. Jetzt ist nicht die Zeit für Fechtunterricht.«

»Eigentlich hast du recht«, gab er zu. »Aber dreimal hintereinander, Junge! Und sich wie ein Holzklotz hinzustellen und dann wegzulaufen und sein eigenes Schwert aufzulesen, wie ’n Hündchen ein Taschentuch! David, dieser Duncansby muß ein Phänomen sein! Er muß ein Wunder an Fechtkunst sein! Hätt ich die Zeit, ich kehrte um, mich selber mal mit ihm zu messen. Der Mann müßte Profos werden.«

»Du dummer Kerl,« erwiderte ich, »du vergißt, er hatte ja nur mich als Gegner.«

»Aber dreimal hintereinander!«

»Aber du weißt doch selbst genau, daß ich kaum fechten kann!«

»Nein, so was ist mir noch nicht vorgekommen.«

»Ich will dir eines versprechen, Alan«, fügte ich hinzu. »Wenn wir uns das nächste Mal treffen, werde ich es besser verstehen. Du sollst in Zukunft nicht die Schmach erdulden, einen Freund zu haben, der keinen Hieb austeilen kann.«

»Das nächste Mal?« wiederholte er. »Wann wird das sein? Ich wollte, ich wüßte es.«

»Nun, Alan, ich habe auch darüber nachgedacht,« sagte ich, »und mein Plan ist: ich will Advokat werden.«

»Ein langweiliges Geschäft,« meinte Alan, »und ein schuftiges obendrein. Da stäkest du schon besser in des Königs Rock.«

»Das wäre zweifellos die richtige Art, uns wieder zu treffen«, rief ich. »Du in König Louis‘ Rock und ich in König Geordies. Eine reizende Zusammenkunft!«

»Du hast nicht so ganz unrecht«, stimmte er zu.

»Also muß es schon bei dem Advokaten bleiben,« fuhr ich fort, »ich glaube auch, der Beruf paßt besser für einen Gentleman, der dreimal hintereinander entwaffnet worden ist. Aber das Schöne ist: eine der besten Fakultäten für diese Wissenschaft – bei der auch mein Verwandter Pilrig gehört hat – befindet sich zu Leyden in Holland. Was sagst du dazu, Alan? Könnte nicht ein Fähnrich der Royal Ecossais gelegentlich Urlaub bekommen, um über die Marsch zu eilen und einen Leydener Studenten zu besuchen?« »Das will ich meinen!« rief er. »Schau, ich steh mich gut mit meinem Obristen, dem Grafen Drumond-Belfort; und was noch wichtiger ist, ein Vetter von mir ist Obristleutnant in einem schottischen Regiment in Holland. Nichts könnte passender sein, als daß ich Urlaub nehme, um Obristleutnant Stuart von Halkett zu besuchen. Und Lord Melfort, der so eine Art Gelehrter ist und Bücher nach der Manier Cäsars schreibt, wird sich meine Beobachtungen sicherlich mit Freuden zunutze machen.« »Ist Lord Melfort ein Autor?« fragte ich, denn ob auch Alan viel von den Militärs hielt, mir standen Edelleute, die Bücher schrieben, höher.

»Freilich, Davie«, antwortete er. »Man sollte meinen, ein Obrist hätte Besseres zu tun. Aber was soll ich dazu sagen, der ich Gedichte schreibe?«

»Ja, dann brauchst du mir nur noch eine Adresse in Frankreich anzugeben, an die ich dir schreiben kann, und sowie ich in Leyden bin, schicke ich dir die meine.« »Das Beste ist, du schreibst mir an die Adresse meines Häuptlings, Charles Stuart, Herrn von Ardshiel, in der Stadt Melons, Isle de France. Es kann lang dauern, und es kann auch nicht lang dauern, aber zum Schluß kommt es doch in meine Hände.« Zum Frühstück in Musselburgh verspeisten wir einen Schellfisch, und es war ungemein belustigend, dabei Alan zuzuhören. Sein schwerer Mantel und die Wollgamaschen mußten an diesem warmen Morgen jedem auffallen, und vielleicht war eine vorsichtige Erklärung in der Tat ganz angebracht. Alan jedoch machte sich an diese Angelegenheit wie an ein Geschäfl oder, besser noch, Vergnügen. Er eroberte das Herz der Hausfrau mit einigen Komplimenten über die Zubereitung des Fisches, und den Rest unseres Aufenthaltes verwickelte er sie in ein Gespräch über eine Unterleibserkältung, die er sich zugezogen hätte, wobei er ihr todernst alle möglichen Symptome auseinandersetzte und mit scheinbar ungeheurem Interesse der Aufzählung der Altweibermittel lauschte, die sie ihm anpries. Wir verließen Musselburgh noch vor Eintreffen der Neun-Pence-Postkutsche aus Edinburg, denn das wäre eine Begegnung, meinte Alan, der wir am besten aus dem Wege gingen. Der Wind war zwar noch kräftig, aber sehr mild, die Sonne brannte, und Alan begann unter seinem schweren Anzug zu leiden. Bei Prestonpans führte er mich vom Wege ab nach dem Schlachtfeld von Gladsmuir, wo er sich weit mehr als nötig anstrengte, um mir den Verlauf der Schlacht zu schildern. Dann ging es in unserem altbekannten, scharfen Wanderschritt weiter nach Cockenzie. Dort bauten sie bei Cadells Heringsboote, aber das Ganze machte den Eindruck eines verlassenen, rückschrittlichen Städtchens, zur Hälfte voll verfallener Häuser. Allein das Wirtshaus war sauber, und Alan, der mittlerweile die Hitze kaum ertragen konnte, mußte sich durchaus eine Flasche Ale leisten und der neuen Wirtin seine alte Geschichte von dem Unterleibsleiden aufbinden, nur waren die Symptome diesmal ganz andere. Ich saß und lauschte, und mir fiel ein, ich hätte ihn noch niemals in meinem Leben im Ernst drei Worte mit einer Frau sprechen hören; immer trieb er Scherz und Spott mit ihnen und machte sich im Stillen über sie lustig, und doch verwandte er auf dieses Geschäft eine erstaunliche Menge Energie und Interesse. Das ungefähr sagte ich ihm auch, als die Gevatterin zufällig abgerufen wurde. »Was willst du mehr?« fragte er. »Ein Mann sollte sich mit dem Weibervolk stets auf möglichst guten Fuß stellen; er muß ihnen immer irgendeine Geschichte zum besten geben, arme Schäfchen, die sie sind! Das solltest du auch lernen, David; du müßtest wenigstens die Grundbegriffe zu erfassen suchen. Es gehört nun mal zum Geschäft. Zum Beispiel, wäre unsere Freundin hier ein junges Mädchen oder auch nur ein bißchen hübsch, niemals hätt ich ihr von meinem Bauch erzählt, Davie. Sind sie aber fürs Hofieren zu alt geworden, dann werden sie alle Quacksalberinnen. Warum? Weiß ich es! Sie sind nun mal so, wie der Herrgott sie erschaffen hat. Aber ein Mann, der sich nicht mit ihnen abgibt, ist in meinen Augen ein Dummkopf.« Und als in diesem Augenblick die alte Dame zurückkehrte, wandte er sich, wie ungeduldig, von neuem das Gespräch aufzunehmen, von mir weg. Die gute Frau war schon früher von dem Thema, Alans Bauch, abgekommen, um ihm den Fall eines Gevatters in Aberlady zu erklären, dessen Siechtum und Tod sie mit großer Ausführlichkeit beschrieb. Mitunter war die Geschichte nur langweilig, mitunter aber auch grausig, und die Frau sprach mit sichtlichem Wohlbehagen. Die Folge war, daß ich in tiefes Nachsinnen versank und zum Fenster auf die Landstraße hinaussah, ohne indes das meiste wirklich wahrzunehmen. Würde man mich jedoch beachtet haben, man hätte mich nach einer Weile zusammenzucken sehen. »Wir machten ihm einen warmen Umschlag für die Füße«, erzählte die Gevatterin gerade, »und legten ihm einen heißen Stein auf den Leib, und wir gaben ihm einen Trank aus Eisenkraut und Poleiminze, und schönen, sauberen Schwefelbalsam gegen den Husten –.« »Sir,« unterbrach ich sie sehr ruhig, »ein Freund von mir ist eben am Haus vorbeigegangen.« »Wahrhaftig«, entgegnete Alan vollkommen gleichgültig, und die lästige Klatschbase fuhr mit ihrer Geschichte fort. Bald jedoch gab er ihr als Bezahlung eine halbe Krone, und sie mußte zum Wechseln das Zimmer verlassen. »War es der Rothaarige?« fragte Alan. »Jawohl«, entgegnete ich. »Was hab ich dir im Walde gesagt?« rief er. »Und doch ist’s sonderbar, daß er hier ist. War er allein?« »Mutterseelenallein, soweit ich sehen konnte.«

»Ging er vorüber?« »Geradeswegs vorüber, ohne nach rechts oder links zu schauen.«

»Das ist noch sonderbarer«, meinte Alan. »Ich glaube, Davie, es ist an der Zeit, daß wir uns aus dem Staube machen. Aber wohin? Der Teufel hol es! Jetzt ist tatsächlich die alte Zeit zurückgekehrt.«

»Mit einem großen Unterschied«, erwiderte ich. »Diesmal haben wir Geld in der Tasche.« »Da ist noch ein zweiter, wichtiger Unterschied, Mr. Balfour«, sagte er. »Heute sind uns die Spürhunde auf den Fersen. Sie haben die Fährte aufgenommen; die Meute ist uns hart auf der Spur, David, ’s ist ein elendes Geschäft, hol es der Henker.« Er dachte angestrengt nach, und ein Ausdruck trat auf sein Gesicht, den ich gut kannte. »Sagt einmal, Frau Wirtin,« fragte er, als die Hausfrau zurückkehrte, »hat dieses Gasthaus noch einen rückwärtigen Ausgang?« Sie bejahte und erklärte ihm, wohin er führe.

»Dann, Sir,« meinte er, zu mir gewandt, »ist das, meines Erachtens, für uns der kürzeste Weg. Lebt recht wohl, gute Frau, und das Zimtwasserrezept werde ich mir merken.« Wir verließen das Haus durch der Wirtin Kohlgarten und bogen in einen Wiesenpfad ein. Alan spähte scharf nach allen Seiten und ließ sich, da wir uns in einer kleinen Erdsenke außer Sichtweite befanden, am Wege nieder. »Und jetzt zu unserm Kriegsrat, Davie«, sagte er. »Zuvor aber einen Wink. War ich nun wie du gewesen, was hätte sich die Alte an uns gemerkt? Nichts weiter, als daß wir durch die Hintertür das Haus verließen. Und an was erinnert sie sich jetzt? An einen netten, gemütlichen, freundlichen, gesprächigen Mann, der – armer Kerl – an Leibschmerzen litt und ungemein von ihres Gevatters Schicksal mitgenommen war! Ach, Davie, Mann, versuch doch ein wenig klüger zu werden.« »Ich will’s versuchen, Alan«, versprach ich.

»Und jetzt zu dem Fuchskopf«, fuhr er fort; »ging er schnell oder langsam?«

»So halb und halb«, entgegnete ich.

»Also keine große Eile?«

»Keineswegs.« »Hm,« sagte Alan, »das sieht merkwürdig aus. Heute morgen in Whins war keine Spur von ihnen zu entdecken; er überholt uns, er scheint nicht nach uns auszuschauen, und doch bleibt er uns auf der Spur! Potz Donner, Davie, ich glaube, ich hab’s! Ich glaube, sie sind gar nicht hinter dir her, mich wollen sie fangen. Und ich glaube, sie wissen genau, was sie tun.« »Sie wissen?« fragte ich, »Ich glaube, Andie Scougal hat mich verkauft – er oder sein Maat, der zum Teil Bescheid weiß – oder Charlies Schreiberbursche, was ja ein Jammer wäre«; bemerkte Alan, »und wenn du mich nach meiner ganz persönlichen Ansicht fragst, bin ich der Meinung: auf Gillane Sands wird’s einige geborstene Schädel geben.« »Alan,« rief ich, »wenn du nur annähernd recht hast, werden ihrer mehr als genug dort sein! Es wird uns aber wenig nützen, ihnen die Schädel einzuschlagen.« »Es wäre aber eine Art Genugtuung«, meinte Alan. »Doch wart ein Weilchen, wart ein Weilchen; laß mich mal überlegen – ich glaube, ich hab noch eine Chance, durchzukommen, dank dieses prächtigen Westwinds. Auf folgende Weise, Davie: ich habe mich mit diesem Kerl Scougal erst gegen Dunkelwerden verabredet. ›Aber,‹ sagte er, ›schnapp ich von Westen her ’ne Handvoll Wind auf, bin ich viel früher dort,‹ – das hat er gesagt – ›und dann warte ich auf Euch hinter der Insel Fidra.‹ Wenn nun deine Herrschaften den Treffpunkt kennen, wissen sie auch die Zeit. Siehst du, worauf ich hinaus will, Davie? Dank Johnnie Copes und der übrigen schafsköpfigen Rotröcke kenn ich diese Gegend wie meine Tasche; und bist du bereit, wieder mal einen kleinen Eilmarsch mit Alan Breck zu unternehmen, so könnten wir uns ein Stückchen landeinwärts schlagen und bei Dirleton wieder zur Küste stoßen. Finden wir dort mein Schiff, so werden wir versuchen, an Bord zu gehen. Ist es nicht dort, muß ich wohl oder übel in meinen verdammten Heuschober zurück. Auf jeden Fall aber werden unsere Herrschaften vergeblich nach uns pfeifen.« »Vielleicht ist die Sache durchführbar«, sagte ich. »Also los, Alan!«