Eines Abends, da ich beim Brunnen Azmeh saß, belauschte ich die Unterhaltung zweier junger Mädchen. Die eine sagte zur andern:

»Ich kann mir wirklich nicht erklären, weshalb mir meine Mutter immer rät, mich von den Männern fernzuhalten, die mich anschauen. Kannst du mir sagen, was ich eigentlich von denen zu fürchten habe?«

Ihre Freundin gab zur Antwort:

»Meine Mutter rät mir Gleiches. Nur sagt sie, ich soll die Männer vermeiden, die mich nicht anschauen. So wenig wie du weiß ich einen Grund dafür.«

Ich erhob mich und sagte zu den jungen Mädchen:

»Ich hatte mich entschlossen, euch nicht näher zu kommen … Nun ist’s aber doch nötig, daß ich mich euch nähere, denn der Schmetterling gräbt sich in den Kelch der Rose ein, wenn er ihr von der Liebe sprechen will.«

»Wir hören dich«, sagten die beiden und lachten.

Die eine hatte kleine, sehr schöne Brüste, und die andere allzuvollendete Beine, und zum ersten Male zauderte mein Wort. Aber da die Nacht herannahte und eines der beiden Mädchen sich anschickte, die heiligen Waschungen vorzunehmen, zog ich die andere auf mein Knie und sagte:

»Deine Mutter hat dir nur empfohlen, dich von den Männern fernzuhalten, die dich anschauen … Dir das Warum zu erklären, wäre eine lange Geschichte. Der weiseste Weise und der am wenigsten Geschwätzige würde damit nicht fertig, bevor deine Freundin aus dem Wasser steigt. Aber du mußt doch zugeben, daß es mir nicht möglich ist, dein Gesicht zu sehen, und daß du daher deiner Mutter gehorchst.«

»Das gebe ich zu«, sagte das Kind.

Darauf war ein süßes Schweigen. Bloß des Mädchens leises Seufzen war hörbar in der stillen Nacht der Liebe …

Als sie sich meinen Armen entwand, rief sie ihrer Freundin zu:

»Du kannst bedauern, daß deine Mutter dir befohlen hat, die Männer zu meiden, die dich nicht anschauen! Die Nacht ist dunkel heute abend, und morgen früh wird Saadi nicht mehr hier am Brunnen sein …«

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