Hier liegt in Liebessachen eine Frage vor, die einen gründlicheren und besseren Redner verdiente als mich, nämlich: was verleiht beim Liebesgenuß mehr Befriedigung, das Gefühl, d. h. die Berührung, das Wort oder der Anblick? Herr Pasquier, der in der Jurisprudenz, seinem Beruf, wie in anderen schönen und humanistischen Wissenschaften eine sehr bedeutende Persönlichkeit ist, spricht über dieses Thema in den Briefen,66 die er uns handschriftlich hinterlassen hat; er hat sich aber allzu kurz gefaßt und hätte als ein so großer Mann, wie er war, seine schönen Worte darüber nicht allzusehr sparen dürfen; denn wenn er sich etwas darüber hätte aussprechen wollen und wahr und natürlich gesagt hätte, was er wohl darüber hätte sagen können, so wäre der Brief, den er darüber schrieb, hundertmal erfreulicher und lustiger gewesen. Er gründet seine Abhandlung vornehmlich auf ein paar alte Reime, vom Grafen Thibaud de Champaigne, die mir nie vor Augen gekommen sind außer jenem kleinen Fragment, das Herr Pasquier dort anführte. Er findet, daß es jener tüchtige und tapfre alte Ritter sehr gut sagte, nicht in so guten Ausdrücken, wie unsere galanten Poeten von heute, aber trotzdem höchst sinnvoll und begründet: er hatte auch einen sehr schönen und würdigen Gegenstand, weshalb er so gut sprach, nämlich über die Königin Bianca von Castilien, die Mutter des heiligen Ludwig, in die er einigermaßen und sogar sehr verliebt war und die er sich zur Herrin erkoren hatte. Aber was für ein Unheil und welcher Vorwurf entstand daraus für jene Königin? Wenn sie auch sehr sittsam und tugendhaft war, konnte sie der Welt verbieten, sie zu lieben, in der feurigen Begeisterung für ihre Schönheit und ihre Tugenden zu verbrennen, da es doch die Eigentümlichkeit der Tugend und Vollkommenheit ist, Liebe zu erwecken? Die Hauptsache ist, daß man dem nicht zu Willen ist, der einen liebt.

Man darf daher jene Königin nicht wunderlich finden und sie auch nicht schelten, daß sie so sehr geliebt wurde, und daß es während ihrer Regierung und Herrschaft in Frankreich Spaltungen, Aufstände und Kriege gab; denn wie ich eine sehr große Persönlichkeit sagen hörte, Spaltungen entstehen ebensosehr der Liebe wegen wie wegen staatlicher Umtriebe, und zur Zeit unserer Väter gab es ein altes Sprichwort: »Alle Welt trachtet nach dem L… der närrischen Königin.«

Ich weiß nicht, auf welche Königin jenes Sprichwort gemünzt war, vielleicht ging es von jenem Grafen Thibaud aus, der möglicherweise, weil er nicht von ihr behandelt wurde, wie er wünschte, oder weil er verschmäht wurde, oder weil sie einen andern mehr liebte als ihn, von jenem Ärger und Verdruß gepackt wurde, die ihn in jene Kriege und Unruhen stürzten und zugrunde richteten; wie es oft passiert, wenn eine schöne oder große Königin oder Dame oder Fürstin einen Staat zu regieren unternimmt, dann wünscht ein jeder, ihr zu dienen, seine Achtung zu erweisen und sie zu ehren, ebenso um das Glück zu haben, bei ihr willkommen zu sein und in Gnaden zu stehn, als auch sich zu rühmen, er regiere und beherrsche mit ihr den Staat, und Gewinn daraus zu ziehen. Ich könnte ein paar Beispiele dazu anführen, aber ich will es wohl sein lassen.

Wie dem auch sei, jener Graf Thibaud wurde von diesem schönen Gegenstand so ergriffen, daß er die Bitte hinschrieb und möglicherweise auch stellte, die uns Herr Pasquier vor Augen führt; auf diesen verweise ich den neugierigen Leser, mit Reimen will ich mich hier nicht befassen, das wäre bloß überflüssig. Hier wird es genügen, wenn ich sage, was mich darum bedünkt, meine Ansicht wie die Ansicht von Leuten, die galanter sind als ich.

Über die Berührung in der Liebe

Was nun die Berührung anlangt, so muss man sicherlich zugeben, daß sie sehr ergötzlich ist, weil die Vollkommenheit der Liebe im Genuß besteht und dieser Genuß ohne die Berührung nicht eintreten kann; denn genau wie Hunger und Durst sich nicht stillen lassen, es sei denn, man ißt und trinkt, genau so befriedigt sich die Liebe nicht mit dem Anhören und Ansehn; sondern indem man sich berührt, sich umarmt und Frau Venus walten läßt. Dem begegnete der Geck und Herr Diogenes der Cyniker auf schäkernde, doch dabei unflätige Weise, als er wünschte, er könnte seinen Hunger bekämpfen, indem er sich den Bauch reibe, genau wie er seine Liebeswut befriedige, indem er seine Rute reibe. Ich hätte das gern in feineren Worten hergesetzt, man muß aber nur leicht darüber hinlesen; ähnlich machte es jener Liebhaber der Lamia;67 er hatte allzu maßlos von ihr den Genuß ihrer Liebe gefordert, aber sie konnte oder wollte ihn nicht erhören; daher machte er’s so, er dachte an sie, befleckte sich und befriedigte seine Begierde in seiner Einbildung. Als sie das erfuhr, ließ sie ihn vor den Richter laden, er solle ihr Genugtuung leisten und sie bezahlen; der bestimmte, daß sie mit dem Klang des Silbers, das er ihr zeigen sollte, bezahlt wäre, und daß sie darin ihre Begierde ebenso zu befriedigen habe, wie der andre in Traum und Phantasie es mit der seinigen getan hätte.

Man wird mir freilich eine Menge Arten von Venusdiensten anführen, die die alten Philosophen kennen, was aber das anlangt, beziehe ich mich auf sie und auf die feineren Köpfe, die darüber reden wollen. Wie dem auch sei, da die Frucht der weltlichen Liebe kein ander Ding ist wie der Genuß, braucht man keineswegs zu meinen, man hätte ihn, wenn man sich berühre und umarme. So waren verschiedene der Meinung, dieses Vergnügen wäre ohne das Sehen und das Sprechen sehr dürre; und darüber finden wir als schönes Beispiel in den Hundert Erzählungen der Königin von Navarra eine Geschichte, die von jenem ehrbaren Edelmann handelt, der mehrmals nächtlicherweile, während sie sich mit ihrem Tüchlein vermummt hatte (Masken waren noch nicht im Gebrauch), in einer düstern und dunkeln Galerie die Gunst dieser Dame genoß, obgleich er an der Berührung wohl erkannte, daß er nur etwas Leckeres und Köstliches vor sich hatte, gab er sich mit solcher Gunst nicht zufrieden, sondern wollte wissen, mit wem er zu tun hatte. Daher machte er ihr, als er sie eines Tages umarmt hielt, mit Kreide ein Zeichen auf den Rücken ihres Kleides, eines schwarzen Samtkleides; am Abend darauf, nach dem Essen (denn ihre Einladungen geschahen zu einer bestimmten Stunde), als die Frauen in den Ballsaal traten, stellte er sich hinter die Tür; indem er sie aufmerksam betrachtete, wie sie vorübergingen, sah er die seine mit dem Zeichen auf der Schulter eintreten, an diese hätte er aber nie gedacht; denn nach ihren Manieren, ihren Reden und nach ihrem Anstand hätte man sie für die salomonische Weisheit genommen, so wie auch die Königin sie beschrieb.

Wer war erstaunt? Der Edelmann, wegen des Glücks, das ihm aus einer Frau erblühte, von der er nie weniger gehalten hätte als von allen Frauen am Hofe. Er wollte freilich darüber hinausgehen und dabei nicht stehen bleiben, er wollte ihr alles entdecken und von ihr erfahren, warum sie sich so vor ihm versteckte und sich dermaßen im geheimen und verborgenen von ihm bedienen ließ; sie aber, höchst schlau, verneinte und leugnete es völlig, schwur bei ihrer Seligkeit und bei der Verdammnis ihrer Seele, wie es die Damen zu tun pflegen, wenn man ihnen ihre sauberen Geschichten vorhält, die sie nicht wissen lassen wollen, auch wenn man seiner Sache sehr sicher ist und die Geschichten nicht anzweifeln zu lassen braucht.

Sie ärgerte sich darüber, und also verdarb sich jener Edelmann die Frauengunst. Ein gutes Glück war’s sicherlich; denn die Dame war vornehm und war’s wert, noch mehr aber deshalb, weil sie die Süße, die Keusche, die Spröde, die Verschlagene spielte; er konnte darin ein doppeltes Vergnügen haben: einmal wegen jenes süßen, guten und köstlichen Genusses, dann weil er sie oft vor der Welt mit ihrer gemischten, ruhigen, kalten und sittsamen Miene beobachten konnte, während sie ganz keusch, streng und mürrisch redete, wobei er dann selbst an ihre geile Gebärde, an ihre Schäkerei und Unzucht während ihres Beisammenseins denken konnte. Daher hatte jener Edelmann sehr unrecht, daß er davon redete, er hätte vielmehr durchaus damit fortfahren und sein Fleisch weiter essen sollen, ebensogut ohne Leuchter wie mit allen Kerzen seines Zimmers. Er mußte wohl erfahren, wer sie war, und seine Neugierde ist darum zu loben, weil er, wie die Erzählung besagt, Furcht hatte, daß er es mit einer Art Teufel zu tun hätte; denn diese Teufel verwandeln sich gern und nehmen die Gestalt von Weibern an, um bei den Männern zu schlafen und sie so zu täuschen; es ist ihnen indessen, soweit ich von ein paar klugen Magiern hörte, leichter, Gestalt und Gesicht eines Weibes anzunehmen als ihre Redeweise.

Daher hatte jener Edelmann recht, sie sehen und erkennen zu wollen; nach seiner eignen Aussage bereitete ihm ihr Schweigen mehr Furcht, als daß er sie nicht sah, und das ließ ihn an den Herrn Teufel denken, womit er auch zeigte, daß er Gott fürchtete.

Nachdem er aber alles entdeckt hatte, durfte er nichts sagen. Was aber! mag nun einer sagen, Freundschaft und Liebe sind durchaus nicht vollkommen, wenn man sie nicht mit Herz und Mund erklären kann, der Edelmann wollte es ihr daher zu verstehen geben, aber er gewann dabei nichts, er verlor alles. Wem seine Gemütsverfassung bekannt war, der mußte ihn auch entschuldigen, denn er war nicht so kalt und nicht so diskret, um solch ein Spiel zu treiben und die Maske der Verschwiegenheit vor dem Gesicht zu tragen; wie ich meine Mutter sagen hörte, die bei der Königin von Navarra war, und die ein paar Geheimnisse von ihren Erzählungen wußte, in denen sie selbst mitplauderte, war es mein seliger Onkel de la Chataigneraye, ein jäher, hitziger und etwas flatterhafter Mann.

Die Geschichte ist indessen zur besseren Wahrung des Geheimnisses verändert, denn dieser mein Onkel stand niemals im Dienst der großen Prinzessin, der Herrin jener Dame, dagegen in denen ihres königlichen Bruders, und es wurde nichts weiter daraus, denn er war sowohl beim König wie bei der Prinzessin sehr beliebt. Die Dame will ich nicht nennen, sie war verwitwet und Ehrendame einer sehr großen Fürstin, die es ihrerseits verstand, sich noch prüder zu stellen als irgendeine Dame am Hofe.

Von einer Hofdame unserer letzten Könige, die ich kannte, hörte ich folgendes: Sie war in einen sehr ehrbaren Edelmann am Hofe verliebt und wollte die Art und Weise nachmachen, in der die eben erwähnte Dame liebte; aber so oft sie von ihrem Treffpunkt und Rendezvous zurückkam, begab sie sich in ihr Zimmer und ließ sich von einer ihrer Kammerzofen oder Kammerfrauen auf allen Seiten betrachten, ob sie nicht gezeichnet wäre; durch dieses Mittel behütete sie sich davor, erkannt und verachtet zu werden. Sie wurde auch erst beim neunten Zusammentreffen gezeichnet, und das Zeichen wurde alsbald von ihren Frauen entdeckt und gefunden. Aus Furcht vor einem Skandal und vor der Schande brach sie hier ab und führte niemals wieder eine Zusammenkunft herbei.

Es wäre besser gewesen, sagte einer, sie hätte ihn diese Zeichen machen lassen, soviel es ihr beliebte, sie brauchte sie nur ebensooft zu beseitigen und auszuwischen; das hätte ihr ein doppeltes Vergnügen verschafft, einmal das Vergnügen an der Befriedigung ihrer Verliebtheit, das andre Mal, daß sie ihren Liebhaber auslachen konnte, der so sehr an jenem Stein der Weisen herumarbeitete, sie zu erkennen und zu entlarven, und es doch niemals fertig bringen konnte.

Ich hörte auch die Geschichte einer andern Dame aus der Zeit des Königs Franz mit dem schönen Stallmeister Gruffy, der zum Marstall jenes Königs gehörte und während der Reise des Herrn de Lautrec zu Neapel starb; die sehr vornehme Hofdame verliebte sich stark in ihn: auch war er sehr schön, und man nannte ihn gewöhnlich nur den schönen Gruffy; ich habe sein Bild gesehen, und das bewies es mir auch.

Sie berief eines Tages ihren Kammerdiener, auf den sie vertraute, zu sich ins Zimmer, ungesehen jedoch und ohne jemandes Vorwissen; von diesem wurde Gruffy eines Tages besucht, in bester Kleidung, damit er wie ein Edelmann aussah, und bekam gesagt, eine sehr ehrbare und schöne Dame empfehle sich ihm und sei so in ihn verliebt, daß sie seinen vertrauten Umgang mehr wünsche als den irgendeines Herrn vom Hofe, aber um alles in der Welt wolle sie nicht, daß er sie sehe oder erkenne, sondern zur Schlafenszeit, wenn sich jedermann am Hofe zurückgezogen hätte, würde er ihn von einem bestimmten Orte, den er ihm nennen würde, abholen und mitnehmen; er würde ihn von da zum Schlafen bei jener Dame geleiten, aber ebenfalls unter der Bedingung, daß er ihm mit einem schönen weißen Taschentuch die Augen verbände, wie einem Trompeter, der in eine feindliche Stadt geführt wird, damit er den Ort und die Kammer, wohin er ihn führen würde, weder sehen noch erkennen könne; und er würde ihn stets an den Händen halten, damit er das besagte Taschentuch nicht abtun könne; denn so habe ihm seine Herrin befohlen, ihre Bedingungen zu stellen, weil sie erst nach einer gewissen und vorbestimmten Zeit von ihm erkannt sein wolle, die er ihm sage und verspreche; er möge es also bedenken und sich’s wohl überlegen, ob er unter dieser Bedingung kommen wolle, damit er ihm am nächsten Tag ihre Antwort sagen könne; denn er würde ihn von einem zu bezeichnenden Orte holen und mitnehmen, besonders solle er allein sein, er würde an einen so guten Ort geführt, daß er es durchaus nicht bereuen würde, hingegangen zu sein.

Das nenne ich eine lustige Einladung, und noch dazu unter so seltsamen Bedingungen. Ebenso lieb ist mir die einer spanischen Dame, die einen zu einer Zusammenkunft entbot, aber er solle drei S. S. S. mitbringen, nämlich sabio, solo, segreto; klug, allein, geheim. Der andre entbot ihr, er käme, aber sie solle sich nicht mit drei F. F. F. ausstatten und rüsten, nämlich fea, flaca oder fria; nicht häßlich, schlapp oder kalt sein.

Mit diesem Vorschlag verabschiedete sich der Bote von Gruffy. Wer war in Gedanken und Unruhe? Gruffy, denn er hatte starken Grund zu denken, daß ihm da irgendein Feind am Hofe einen bösen Streich spiele, daß er ihm etwas antäte, etwas Tödliches oder etwas, das der Rachsucht gegen den König entspränge. Er überlegte sich auch, welche Dame es sein konnte, ob groß, ob mittelgroß, ob klein; ob schön, ob häßlich, was ihn am meisten ärgern konnte; freilich sind, wie man sagt, bei der Nacht alle Katzen grau, und bleibt auch im Dunkeln eine F… eine F… Nachdem er sich also mit einem seiner vertrautesten Freunde beraten hatte, entschloß er sich, den Versuch zu wagen; von der Liebe einer Großen, wie er sie dahinter vermutete, brauchte er ja nichts zu befürchten oder zu besorgen. Als daher am andern Tag der König, die Königin, die Damen und alle Leute vom Hofe sich zurückgezogen hatten, um sich schlafen zu legen, verfehlte er nicht, sich an dem Ort einzufinden, den ihm der Bote bestimmt hatte; der versäumte ebenfalls nicht, ihn sogleich mit einem zweiten einzuholen, der ihm aufpassen half, ob Gruffy kein Page, kein Lakai, kein Kammerdiener, kein Edelmann folgte. Sobald er ihn sah, sagte er bloß: »Voran, mein Herr, Madame erwartet Euch.« Sogleich verband er ihn und führte ihn durch dunkle enge Orte und unbekannte Durchgänge, so daß der andre ihm offen sagte, er wüßte nicht, wohin er geführt würde; dann brachte er ihn ins Zimmer der Dame, das so düster und dunkel war, daß er nichts darin sehen oder erkennen konnte, genau wie in einem Backofen. Er fand es freilich so wohlriechend und vorzüglich parfümiert, daß es ihm Hoffnung auf etwas Gutes machte; er mußte sich also sofort auskleiden, und der Begleiter half ihm dabei; dann nahm er ihm das Taschentuch ab und führte ihn an der Hand zu dem Bett der Dame, die ihn voller Hingabe erwartete; er legte sich an ihre Seite, befühlte, umarmte und liebkoste sie und fand nur das Beste und Köstlichste an ihr, sowohl an ihrer Haut, wie an ihrem Linnen, wie an ihrem ausgezeichneten Bett, das er mit den Händen betastete; so brachte er denn mit dieser schönen Dame, deren Name mir wohlbekannt ist, eine fröhliche Nacht zu. Kurz, es befriedigte ihn alles auf jegliche Art; er erkannte wohl, daß er für diese Nacht vortrefflich beherbergt war; nichts aber ärgerte ihn, sagte er, als daß er kein Wort aus ihr herausbringen konnte. Sie nahm sich in acht; denn er sprach tagsüber ziemlich häufig mit ihr wie mit den anderen Damen, und er hätte sie daher sogleich erkannt. An Schäkereien, Schmeicheleien, Liebkosungen, Berührungen, an Liebesbeweisen und Unzüchten jeder Art, an nichts ließ sie es fehlen: wie dem auch sei, er befand sich sehr wohl dabei. Am andern Morgen, bei Tagesgrauen, verfehlte der Bote nicht, ihn aufzuwecken, aus dem Bett zu bringen und anzukleiden, ihn zu verbinden, wieder an den Ort zurückzugeleiten, woher er ihn mitgenommen hatte, und Gott bis zur Rückkehr zu empfehlen, die bald stattfinden würde. Dabei fragte er ihn auch, ob er nicht die Wahrheit gesagt habe, und ob es ihm nicht gut bekommen sei, ihm geglaubt zu haben; und was ihn darum bedünke, daß er ihm als Furier gedient, und ob er ihm nicht ein gutes Unterkommen ausgemacht habe.

Nachdem ihm der schöne Gruffy hundertmal gedankt hatte, sagte er ihm adieu, und er wäre stets bereit, zu einem so billigen Handel wiederzukommen, zurückzufliegen, wann er wolle; das tat er, und das Fest dauerte einen guten Monat; nach Ablauf desselben mußte Gruffy seine Reise nach Neapel antreten, er nahm Urlaub von seiner Dame und sagte ihr unter großem Bedauern Lebewohl, ohne daß er ihr nur ein einziges Wort entlocken konnte, es sei denn Seufzer und Tränen, die er aus ihren Augen rinnen fühlte. Wie dem auch sei, er trennte sich von ihr, ohne sie irgendwie erkannt oder in Erfahrung gebracht zu haben. Später sagte man, die Dame trieb dieses Spiel mit zwei oder drei anderen auf dieselbe Weise, indem sie sich’s wohl sein ließ. Man sagte auch, sie bediente sich dieser List, weil sie sehr geizig wäre, und daher sparte sie das Ihre und war nicht gehalten, ihren Liebhabern Geschenke zu geben; denn schließlich muß jede große Dame ihrer Ehre halber zahlen, sei es wenig oder viel, Geld, Ringe oder Juwelen, oder seien es reiche Gunstbezeigungen. Somit beköstigte also die galante Dame ihre Lust und sparte ihre Börse, indem sie nur nicht entdeckte, wer sie war; daher brauchte sie sich nicht in ihre beiden Börsen greifen zu lassen, indem sie sich nicht zu erkennen gab. Das nenne ich doch eine schreckliche Laune von einer großen Dame.

Manche werden ihre Art gut finden, andre sie tadeln, dritte werden sie für sehr verworfen halten; manche werden sie als gute Wirtschafterin schätzen; darüber können aber andere besser urteilen; dennoch verdiente sie keinen solchen Tadel wie jene Königin, die sich auf dem Schloß von Nesle bei Paris aufhielt und den Reisenden auflauerte; jene, die ihr am besten paßten und am angenehmsten waren, was für eine Art von Leuten es auch sein mochte, ließ sie rufen und zu sich kommen; nachdem sie aus ihnen herausgezogen, was sie von ihnen verlangte, ließ sie sie von der Spitze des Turms, der noch steht, hinunter ins Wasser stürzen und ertränken.68

Ich kann nicht sagen, ob das wahr ist; das niedere Volk jedoch, mindestens die Menge von Paris, versichert es; wenn man einem bloß den Turm zeigt und ihn darum befragt, wird es einem gewöhnlich von selbst erzählt.

Lassen wir diese Liebschaften, die viel mehr Mißgeburten sind als Liebschaften und die heute die Mehrzahl unserer Damen verabscheut, woran sie recht tun; sie wollen mit ihren Liebhabern Verkehr haben, nicht wie mit Felsen oder Marmorsteinen: haben sie sich einen auserwählt, verstehn sie es, sich tapfer und fein von ihm bedienen und lieben zu lassen. In der Erkenntnis seiner Treue und seiner rechtschaffenen Ausdauer geben sie sich ihm dann hin mit einer brünstigen Liebe, nicht vermummt belustigen sie sich mit ihm, auch nicht schweigend oder stumm oder nächtlicherweile im Dunkeln, sondern am vollen hellen Tag lassen sie sich sehn, berühren, befühlen, umarmen, und unterhalten ihn mit schönen und schlüpfrigen Gesprächen, mit schäkernden Worten und geilen Reden. Zuweilen indessen nehmen sie ihre Zuflucht auch zu Masken; denn es gibt verschiedene Damen, die manchmal dazu gezwungen sind, sie dabei zu gebrauchen, wenn es recht schwül dabei ist, oder wenn sie fürchten, sich den Teint zu verderben oder anderswie, damit man, wenn sie sich allzusehr erhitzt haben und überrascht worden sind, weder ihre Röte, auch nicht ihre betretene Haltung bemerke, wie ich es sah; die Maske verdeckt alles und so täuschen sie die Welt.

Über das Wort in der Liebe

Ich hörte von verschiedenen Damen und Rittern, die der Liebe huldigten, daß sie ohne das Sehen und Sprechen nichts weiter wie wilde Tiere sein würden, die, einer natürlichen und sinnlichen Begierde folgend, keine andre Sorge, kein andres Gefallen haben, als ihre Brunst und ihre Wut zu befriedigen.

Ich hörte auch verschiedene Edelleute und feine Herren, die bei großen Damen geschlafen haben, sagen, sie fänden sie hundertmal üppiger und in Worten ausschweifender als gewöhnliche Frauen und andre. Sie verstehen es schlau zu machen, da es dem Manne, so kräftig er auch sei, unmöglich ist, immer am Strick zu ziehen, immer zu pflügen; kommt er aber dazu, sich zu setzen und auszuruhen, findet er es reizend und appetitlich, wenn ihn seine Dame mit schlüpfrigen Reden und schäkerhaften Worten unterhält, daß Frau Venus, wenn sie im tiefsten Schlafe läge, rasch erwachen würde; ja, manche Damen, die ihre Liebhaber öffentlich unterhielten, sei es in den Zimmern der Königinnen und Prinzessinnen oder anderswo, fingen sie sogar mit der Lockpfeife; denn sie führten mit ihnen so schlüpfrige und lüsterne Reden, daß sie sich zusammen wie in einem Bett aufregten: wir sahen ihnen zu und meinten, sie sprächen von andern Dingen.

Aus diesem Grunde liebte Markus Antonius die Kleopatra so sehr und zog sie seiner Frau Oktavia vor, die hundertmal schöner und liebenswürdiger war als die Kleopatra; aber Kleopatra wußte so geziert zu reden und das Wort so gewandt zu setzen, solche Manieren und schlüpfrige Grazie zu zeigen, daß Antonius über der Liebe zu ihr alles vergaß.

Plutarch beglaubigt uns auch ein paar Sticheleien und Spöttereien, die sie so hübsch sagte, daß Markus Antonius, der’s ihr nachmachen wollte, im Vergleich mit ihr und ihrer schönen Art zu reden, in seinen Gesprächen bloß einem Soldaten und groben Gendarm glich, so sehr er sich Mühe gab, den galanten Mann zu spielen.

Plinius erzählt eine Geschichte von ihr, die ich sehr gut finde, und die ich daher hier kurz wiederholen will. Eines Tags, als sie die fröhlichste Laune hatte und auf’s einnehmendste und vorteilhafteste gekleidet war – besonders war sie am Haupt geschmückt mit einem bunten Blumengewinde, das zu jeder Üppigkeit paßte –, und als sie bei Tische saßen und Markus Antonius trinken wollte, belustigte sie ihn mit einem feinen Gespräch; und während sie redete, zupfte sie nach und nach ihre schönen Blüten aus dem Gewinde, die aber sämtlich mit vergiftetem Pulver bestäubt waren, und warf sie nacheinander in die Schale, die Markus Antonius in der Hand hielt, um zu trinken; nachdem sie fertig war und Markus Antonius die Schale an den Mund führen wollte, um zu trinken, hält ihn Kleopatra ganz plötzlich an der Hand fest und läßt einen Sklaven oder Verbrecher, den sie in der Nähe aufgestellt hatte, herantreten und gibt ihm zu trinken, was Markus Antonius hinunterschlucken wollte; er starb sofort daran, dann wendete sie sich zu Antonius und sagte zu ihm: »Wenn ich dich nicht liebte, wie ich’s tue, hätte ich mich jetzt deiner entledigt, und ich hätte die Tat frei getan, wenn ich nicht sähe, daß mein Leben ohne das deinige nicht sein kann.« Diese Erfindung und diese Rede konnten Markus Antonius in seiner Freundschaft sehr bestärken, so daß er sie nachher nur noch mehr liebte.

So machte sich Kleopatra ihre Beredsamheit zunutze, die Geschichtsschreiber beschrieben sie uns auch als eine sehr gute Sprecherin: Antonius nannte sie auch zur größeren Ehre nur einfach die Königin, genau wie er Oktavianus Cäsar schrieb, bevor sie erklärte Feinde wurden. »Warum zürnst du mir,« sagte er, »daß ich die Königin umarme? Sie ist meine Frau. Habe ich denn erst in diesem Augenblick angefangen? Du umarmst Drusilla, Tortalis, Leontifa, oder Rufila, oder Saluris Litisema, oder alle: was liegt dir daran, über wem du liegst, wenn dich die Lust danach packt?«

Hiermit rühmte Markus Antonius seine Beständigkeit und tadelte die Wandelbarkeit des andern, daß er so viele zu gleicher Zeit liebte, während er nur seine Königin liebte; es wundert mich, daß Oktavianus sie nach dem Tod des Antonius nicht liebte. Möglicherweise besaß er sie, als er sie sah und allein in seine Kammer treten ließ und als sie ihn zur Rede setzte; möglicherweise fand er an ihr nicht, was er meinte, oder er verachtete sie aus irgendeinem andern Grund und er wollte sie zu seinem Triumph in Rom brauchen und im Aufzug zur Schau stellen; davor bewahrte sie sich durch ihren vorzeitigen Tod.

Um aber wieder auf unsern ersten Gegenstand zurückzukommen, gibt es, wenn sich eine Frau auf die Liebe werfen will oder wenn sie sich einmal damit befaßt hat, keinen Redner in der Welt, der besser redete als sie. Man sehe, wie uns Sophonisbe von Titus, Livius, Apian und andern beschrieben worden ist, Sophonisbe, die so vorzüglich zu Massinissa redete, als sie zu ihm kam, um ihn zu lieben, zu gewinnen und auf ihre Seite zu ziehn, und als sie nachher das Gift trinken mußte. Kurz, wenn eine Frau sehr geliebt sein will, muß sie gut reden; und man sieht gewöhnlich nur wenige, die nicht gut reden und keine Worte haben, um Himmel und Erde zu erregen, und lägen sie im winterlichsten Eise.

Besonders sind jene, die der Liebe pflegen, wenn sie nichts sagen können, so ungenießbar, daß der Bissen, den sie euch reichen, nicht schmeckt und nicht riecht; und wenn Herr du Bellay von seiner Kurtisane redet und ihre Sitten schildert:

Von der Tugend wüßt‘ ich zu erzählen,
Solchermaßen ich zu reden hätte,
Daß nur Ehrenvolles meinem Mund entspringt;
Kluger Rede, Schäkerin im Bette.
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und sagt, sie sei »klug im Reden und schäkerhaft im Bette«, so heißt das voller Anstand, wenn man in Gesellschaft einander unterhält; wenn man jedoch allein ist mit seinem Freund, dann will jede galante Dame in ihren Reden frei sein und sagen, was ihr gefällt, um Venus um so mehr zu erregen. Ich hörte von verschiedenen erzählen, die schöne und große Damen besaßen und die danach begierig waren, sie mit andern im Bette reden zu hören, sie waren in ihren Reden ebenso frei und toll wie irgendwelche Kurtisanen; das ist eine erstaunliche Sache: sie sind so daran gewöhnt, ihre Gatten oder ihre Freunde mit schmutzigen und schlüpfrigen Worten, Reden und Gesprächen zu unterhalten, daß sie sogar ganz offen sagen, was sie in ihrem Beutel drin haben, ohne jegliche Beschönigung; trotzdem reden sie, wenn sie plaudern, niemals ausschweifendes Zeug und nehmen auch keins jener schmutzigen Worte in den Mund: man muß wohl sagen, sie wissen sich sehr gut zu beherrschen und zu verstellen; denn es gibt nichts, das so sehr zappelte, wie die Zunge einer Dame oder eines Freudenmädchens.

So kannte ich auch eine sehr schöne und ehrbare Dame von da und da, die mit einem ehrbaren Edelmann vom Hofe während der bürgerlichen Unruhen über Kriegsereignisse plauderte und zu ihm sagte: »Ich hörte, der König hat in jenem Lande alle F….. sprengen lassen.« Sie wollte sagen: Brücken. Man stelle sich vor, sie kam von ihrem Gemahl oder dachte an ihren Liebhaber und hatte jenes Wort noch frisch im Munde; der Edelmann war dieses Wortes wegen ganz liebestoll.

Eine andere hohe Dame, die ich kannte, unterhielt eine andere noch vornehmere Dame; sie wollte ihre Schönheiten recht preisen und loben und sagte zu ihr: »Nein, Madame, was ich Euch darüber sage, das geschieht aber nicht um Euch ehezubrechen«; sie wollte aber sagen: »lobzuhudeln«, wie sie es verbesserte; man stelle sich vor, sie dachte an Ehebruch und ans Ehebrechen.

Kurz, das Wort ist in Liebessachen ganz bedeutend wirksam; wo es fehlt, ist die Lust unvollkommen: und wahrhaftig, wenn ein schöner Körper keine schöne Seele hat, gleicht er mehr einem Götzenbild als einem menschlichen Körper; und wenn er sich hohe Liebe erwerben will, falls er auch noch so schön ist, muß er von einer schönen Seele begleitet sein; hat er sie nicht von Natur, gilt es sie künstlich zu erzeugen.

Die Kurtisanen von Rom machen sich über die feinen römischen Damen sehr lustig, die im Sprechen nicht so geschickt sind wie sie; sie sagen chiavano come cani, ma che sono quiete della bocca come sassi.

In dieser Hinsicht kannte ich viele ehrbare Edelleute, die den vertrauten Umgang mit mehreren, ich sage euch, sehr schönen Damen zurückwiesen, weil sie einfältig waren, keine Seele, keinen Geist, keine Worte hatten, und sie verließen sie ganz und gar; sie sagten, sie wollten ebenso gern mit einer schönen Statue aus schönem weißen Marmor zu tun haben, wie jener, der in Athen eine liebte, bis er sie sogar genoß. Aus diesem Grund pflegen sich die Fremden, die durch die Länder reisen, mit den Frauen im Ausland kaum abzugeben; sie verlieben sich auch gewöhnlich nicht in sie, weil sie sich nicht verstehen und weil ihnen ihre Worte durchaus nicht ans Herz dringen; ich meine die Leute, die ihre Sprache nicht verstehen; und wenn sie sich zu ihnen gesellen, geschieht es nur, um ihre Natur damit zu befriedigen, das natürliche Feuer auf tierische Weise zu ersticken und dann andar in barca, wie einmal ein Italiener sagte, der sich auf dem Wege nach Spanien in Marseille ausschiffte und fragte, wo es Frauen gäbe. Man zeigte ihm einen Ort, wo ein paar Hochzeitstänze stattfanden, und als sich eine Dame zu ihm gesellte und auf ihn einredete, sagte er zu ihr: V. S. miperdona, non poglio parlave, voglio salamente chiavare, e poi me n’andar in barca70

Der Franzose empfindet mit einer Deutschen, einer Schweizerin, einer Flämin, einer Engländerin, einer Schottin oder Slavin oder anderen Ausländerin kein großes Vergnügen und schwatzte sie auch noch so gut, wenn er es nicht versteht; er gefällt sich aber höchlich mit seiner Französin, seiner Italienerin oder Spanierin, denn gewöhnlich können heutzutage die meisten Franzosen, mindestens jene, die etwas herumgekommen sind, diese Sprachen sprechen oder verstehen; und Gott weiß, ob sie zierlich und für die Liebe geschaffen ist, denn wer nur immer mit einer französischen, italienischen, spanischen oder griechischen Dame zu tun hat und sie beredt ist, der soll nur dreist sagen, er sei gefangen und besiegt.

Früher war unsere französische Sprache nicht so schön und so reich wie heute, aber die italienische, spanische und griechische waren es schon lange; und ich habe gewöhnlich kaum eine Dame dieser Sprache gesehen, die nicht vorzüglich reden konnte, wenn sie das Metier der Liebe übte, so kurze Zeit es auch erst sein mochte. Ich berufe mich dabei auf jene, die mit dergleichen zu tun hatten. So viel ist gewiß, eine schöne Dame, die von süßen Worten erfüllt ist, befriedigt doppelt.

Vom Sehen in der Liebe

Wir wollen jetzt vom Sehen reden. Da es die Augen sind, die zuerst zum Liebeskampfe schreiten, so gewähren sie uns sicherlich eine sehr hohe Befriedigung, wenn sie uns etwas Schönes und Auserlesenes erblicken lassen. Und was in der Welt wäre schöner anzusehen als eine schöne Frau, sei es nun in Kleidung und Schmuck oder nackt zwischen zwei Leintüchern? Bei der Bekleideten sieht man freilich bloß das Antlitz nackt; aber gibt es in der Welt einen schöneren Anblick und eine lieblichere Schau, als wenn sich uns ein Körper mit den köstlichsten Reizen, im Schmucke eines schönen Leibes, mit Haltung und Anmut und stolzer Majestät voll darbietet? Und dann, wenn man ein so verhülltes und prachtvoll gekleidetes Weib genießt, dann verdoppelt sich die Begierde und der Genuß, wenn man auch von allen übrigen Körperteilen bloß das Antlitz sieht; denn schwerlich kann man eine große Dame in aller Bequemlichkeit genießen, wie man sich’s wohl wünschte; außer es geschieht in einem Zimmer mit Muße und am geheimen Ort oder sehr vergnüglicher Weise in einem Bette, denn sie wird so sehr genau beobachtet!

Aus diesem Grunde nahm eine große Dame, von der ich hörte, wenn sie ihrem Liebhaber am rechten Ort und zur rechten Zeit begegnete und keine Gefahr war, gesehen und entdeckt zu werden, alsogleich die Gelegenheit wahr, sich so rasch und so kurz, als sie nur konnte, zu befriedigen; dabei sagte sie eines Tages zu ihm: »Das waren früher die Dummen, die sich an ihrer Liebe und ihrem Vergnügen allzusehr lustieren wollten und sich einschlossen, entweder in ihre Kabinette oder in andere versteckte Orte, und hier ihre Spiele und Belustigungen so lange dauern ließen, daß sie alsbald entdeckt und verraten wurden. Heutzutage muß man die Zeit ergreifen und den kürzesten Verzug, den man nur nehmen kann, benutzen; man wird berannt und ist im Augenblick fertig; so können wir nicht ins Ärgernis gebracht werden.«

Ich finde, diese Dame hatte recht; denn wer sich dem Stand der Liebe widmete, hielt stets an der Maxime fest, daß ein schneller heimlicher Genuß das beste ist. Schaut man dazu auch die goldnen Gewänder, die silbernen Gewebe, die Flitter, preßt und drückt man sie zusammen, zerreißt man die seidenen Stoffe mit den Perlen und Edelsteinen, wirft sie nieder und schleift sie auf den Boden, so vergrößert sich die Brunst und Befriedigung noch viel mehr, sicherlich mehr, wie man sie an einer Schäferin oder an einer anderen Frau von ähnlicher Qualität hat, mag sie noch so schön sein. Das ist auch der Grund, weshalb Venus vormals so schön gefunden und so sehr begehrt wurde, weil sie bei ihrer Schönheit stets hübsch gekleidet war und weil ihr Leib immer einen so süßen Duft ausatmete, so daß sie schon hundert Schritte weit roch! Auch sollte man meinen, daß die Wohlgerüche die Liebe sehr befeuern. Daher bedienten sich die römischen Kaiserinnen und großen römischen Damen derselben so stark, wie es auch unsre großen Damen in Frankreich tun, und besonders die spanischen und italienischen, die zu allen Zeiten noch begieriger und wählerischer gewesen sind als die unsrigen, sowohl dem Wohlgeruche nach, wie dem Schmuck schöner Kleider nach, deren Muster und gute Erfindungen seitdem auch von unsern Damen angenommen wurden: jene ersten hatten sie von den antiken Medaillen und Statuen der römischen Damen gelernt, die man noch unter verschiedenen Altertümern in Spanien und Italien sieht; wer diese Medaillen und Statuen recht betrachtet, der wird ihre Haartracht und ihre Gewänder vollkommen finden und sie für sehr geeignet halten, zur Liebe anzureizen. Heutzutage aber übertreffen unsere französischen Damen alles. Sie sind der Königin von Navarra darum besondern Dank schuldig.

Es ist also ein Genuß, mit diesen schönen Damen, die so wohl imstande, so reich und prächtig geschmückt sind, zu tun zu haben, so daß ich etwelche Höflinge, meine Kollegen, wie wir zusammen plauderten, sagen hörte, so wär’s ihnen lieber, als wenn sie ungeschmückt und nackt zwischen zwei Leintüchern in einem Bett lägen, und wäre es auch mit den reichsten Stickereien verziert. Andere sagten, sie zögen die natürliche Beschaffenheit ohne irgendeine Schminke oder ein Kunstmittel vor; so ein großer Fürst, den ich kenne, der indessen seine Kurtisanen oder Damen vollkommen nackt in schwarztaftne Bettücher legen ließ, damit ihre Weiße und die Köstlichkeit ihres Fleisches besser aus dem Schwarzen hervorleuchte und mehr Kurzweil gewähre.71

Man braucht wahrhaftig nicht zu bezweifeln, daß nichts auf der ganzen Welt so lieblich anzusehen ist wie eine vollendet schöne Frau; man findet sie leider nur schwer. Von Zeuxis, jenem ausgezeichneten Maler, wird auch berichtet, als er von einigen ehrbaren Frauen und Mädchen seiner Bekanntschaft gebeten wurde, ihnen das Bild der schönen Helena zu geben, sie ihnen so schön darzustellen, wie man sagte, daß sie gewesen wäre, wollte er es ihnen auch nicht weigern; bevor er aber das Porträt begann, betrachtete er sie alle ganz genau und setzte, indem er der einen und der andern das Schönste entnahm, was er an ihnen finden konnte, das Gemälde gleichsam aus einer Anzahl schöner Teile zusammen und brachte damit Helena so schön zur Anschauung, daß es nichts dabei zu erinnern gab; es wurde von ihnen sehr bewundert, dank ihnen selbst, die mit ihren einzelnen Schönheiten so viel dazu beigetragen hatten, wie es Zeuxis mit seinem Pinsel schuf. Das wollte besagen, es war nicht möglich, an Helena alle Vollkommenheiten der Schönheit zu finden, wenn sie auch außerordentlich schön gewesen war.

Als Beleg dafür, daß es wahr ist, kann gelten, daß der Spanier sagt, eine Frau bedarf dreißigerlei schöne Dinge, wenn sie an Schönheit ganz vollendet und vollkommen sein will, wie mir eine spanische Dame einmal in Toledo erzählte, wo es sehr schöne, sehr hübsche und erfahrene Frauen gibt.72

Die dreißig Dinge sind folgende:

Tres cosas blancas: el cuero, los dientes, y las manos. Tres negras: los ojos, las cejas, y las pestañas. Tres coloradas: los labios, las mexillas, y las uñas. Tres lungas: el cuerpo, los cabellos, y las manos. Tres cortas: los dientes, las orejas, y los pies. Tres anchas: los pechos, la frente, y el entrecejo. Tres estrechas: la boca, l’una y otra, la cinta, y l’entrada del pie. Tres gruesas: el braço, el musto, y la pantorilla. Tres delgadas: los dedos, los cabellos, y los labios. Tres pequeñas: las tetas, la naris, y la cabeça.

Das sind:

Drei weiße Dinge: Haut, Zähne und Hände. Drei schwarze: Augen, Augenbrauen und Augenwimpern. Drei rote: Lippen, Wangen und Nägel. Drei lange: der Leib, die Haare und die Hände. Drei kurze: die Zähne, die Ohren und die Füße. Drei breite: die Brust oder der Busen, die Stirn und der Raum zwischen den Augenbrauen. Drei schmale: Der Mund (der eine und der andere), der Gürtel oder die Taille, die Fessel. Drei dicke: der Arm, die Schenkel und die Wade. Drei dünne: die Finger, die Haare und die Lippen. Drei kleine: die Brustwarzen, die Nase und der Kopf.

Sind dreißig im ganzen.

Es kann vorkommen, daß alle diese Abers in einer Frau zusammen vorhanden sein können; dann muß sie aber nach einer vollkommenen Form gegossen sein, denn alles miteinander zu haben, ohne daß es an einem etwas auszusetzen gibt und daß eines fehlte, ist unmöglich. Ich berufe mich auf die, die schöne Frauen gesehen haben oder sehen werden, und die sorgfältig darauf achtgeben wollen, sie zu beobachten und sehn, was sie darüber sagen können. Aber wenn sie auch nicht in allen diesen Punkten vollendet und schön ist, wird eine schöne Frau doch immer schön sein, wenn sie nur die Hälfte und die wesentlichsten Dinge, die ich eben anführte, aufzuweisen hat; denn ich habe eine Menge gesehen, an denen mehr als die Hälfte zu tadeln war, und sie waren doch sehr schön und sehr liebenswürdig; genau wie ein Wäldchen im Frühling immer schön gefunden wird, auch wenn es nicht mit so viel kleinen Sträuchern gefüllt ist, wie man wohl möchte, wenn nur die schönen großen und buschigen Bäume hervorkommen, so genügt das, für die Mangelhaftigkeit der andern kleinen zu entschädigen.

Herr von Ronsard möge mir gefälligst verzeihen, niemals gelangte seine Geliebte, die er so schön geschildert hat, zu jener Schönheit, auch keine andere Frau, die er zu seiner Zeit sah oder beschrieb, und wäre es seine schöne Cassandra, von der ich wohl weiß, daß sie sehr schön war; aber er führte sie unter einem falschen Namen auf, auch seine Marie, die niemals einen anderen Namen trug, als diesen, erreichte diese Schönheit nicht; den Dichtern und Malern ist aber erlaubt, zu sagen und zu schildern, was ihnen gefällt, wie man im »Rasenden Roland« von Ariost ausgezeichnete Schönheiten beschrieben findet, wie Alcina und andere.

Das ist alles gut, aber wie ich von einer sehr vornehmen Persönlichkeit habe, niemals könnte die Natur eine Frau so vollkommen bilden wie die lebendige und feine Seele eines beredten Mannes oder der Stift und der Pinsel eines göttlichen Malers sie uns darstellen könnten. Genug! Die Augen des Menschen sind stets darüber erfreut, eine schöne Frau mit schönem weißen wohlgestalteten Antlitz zu sehen: und sollte sie auch brünett sein, so macht das nichts aus; manchen wiegt’s wohl das Weiß auf, wie der Spanier sagt: Aunque io sia morisca, no soy de menos preciar; (auch wenn ich gebräunt bin, bin ich doch nicht zu verachten). Auch die schöne Marfisa era brunetta alquanto (ein wenig braun). Aber das Braun soll nicht das Weiß zu sehr verwischen! Ein so schönes Antlitz muß auch von einem schön gestalteten und gebildeten Körper getragen werden: das gilt von den Großen wie von den Kleinen, aber die großen Gestalten übertreffen alles.

An Schönheit so ausgezeichnete Dinge, wie ich sie eben erwähnte, und wie man sie uns schildert, aufzusuchen, das ersparen wir uns und erfreuen uns daran, unsere gewöhnlichen Schönheiten zu betrachten: nicht daß ich sie sonstwie gewöhnlich nennen wollte, denn wir besitzen, meiner Treu! so wenige, daß sie an Bedeutung alle übertreffen, die unsre phantastischen Dichter, unsre verrückten Maler und unsre schwülstigen Schönheitsredner uns vor Augen führen könnten.

Ach! Das ist das Schlimmste: solcher Schönheiten, so schöne Gesichter sehn wir manche, wir bewundern sie und verlangen aus Liebe zu ihrem schönen Gesicht nach ihrem Leib; wenn sie uns aber enthüllt und entblößt werden, ist uns nichtsdestoweniger der Geschmack daran verdorben, denn sie sind so häßlich, schadhaft, befleckt, so gekennzeichnet und so garstig, daß sie ihr Gesicht arg Lügen strafen; da werden wir denn häufig sehr enttäuscht. Ein schönes Beispiel bietet jener Edelmann von der Insel Mallorka, mit Namen Raymundus Lullus, aus sehr gutem, reichen und alten Hause, der wegen seines Adels, seiner Verdienste und seiner Tüchtigkeit in seinen schönsten Jahren zur Verwaltung dieser Insel berufen wurde. Im Besitz dieses Amtes verliebte er sich, wie es häufig den Gouverneuren von Provinzen und Städten passiert, in eine schöne Dame, die zu den geschicktesten, schönsten und beredtesten Frauen der Insel gehörte. Er legte ihr dauernde Huldigungen zu Füßen; nachdem sie sein flehentliches Verlangen nach der letzten Gunst verweigert hatte, so sehr sie konnte, bewilligte sie ihm eines Tages eine Zusammenkunft, die sie beide auch richtig einhielten; sie erschien schöner denn je und in bester Verfassung. Während er ins Paradies zu kommen glaubte, entblößte sie ihm ihren Busen und ihre Brust, die mit einem Dutzend Pflaster völlig bedeckt war; sie riß eines nach dem andern weg, warf sie voll Ärger auf den Boden und zeigte ihm ein schreckliches Krebsgeschwür; mit Tränen in den Augen stellte sie ihm ihr Elend und ihre Krankheit vor, sprach zu ihm und fragte ihn, ob er so viel an ihr fände, von dem er so hingerissen sein müßte; und redete darüber so bewegliche Worte zu ihm, daß er, besiegt vom Mitleid mit dem Elend der schönen Dame, sie verließ; und nachdem er sie und ihre Gesundheit Gott befohlen hatte, legte er sein Amt nieder und ward ein Einsiedler. Nachdem er aus dem Kreuzzug, den er gelobt hatte, zurückgekehrt war, ging er nach Paris, wo er unter Arnold von Villanova, dem gelehrten Philosophen, studierte; nach Beendigung seiner Studien zog er sich nach England zurück, wo ihn der damalige König wegen seines großen Wissens mit den höchsten Ehren empfing. Dort transmutierte er mehrere Stäbe und Barren aus Eisen, Kupfer und Zinn, indem er jene gemeine und alltägliche Art, Blei und Eisen in Gold zu verwandeln, verachtete; er wußte, daß verschiedene Zeitgenossen dies ebensogut besorgen konnten wie er, der beides konnte; er wollte jedoch einen Vorrang vor den andern haben.

Ich habe diese Geschichte von einem Manne, der mir sagte, er habe sie von dem Rechtsgelehrten Oldrades, der von Raymundus Lullus in dem Kommentar spricht, den er über das Gesetz de falsa moneta machte. Auch Carolus Bovillus spräche davon, sagte er, ein Pikarde, der ein lateinisches Buch über das Leben von Raymundus Lullus73 verfaßt hat. Auf diese Weise überwand er seine Liebesleidenschaft für jene schöne Dame; andere hätten es möglicherweise nicht so gemacht, hätten nicht davon abgestanden, sie zu lieben, sie hätten die Augen geschlossen und sich Genüge getan; denn der Teil, wonach es ihn verlangte, war ja mit keinem solchen Übel behaftet. Ich kannte einen Edelmann und eine verwitwete Dame von da und da, die sich diese Skrupel nicht machten; sie litt an einem großen garstigen Krebs an der Brustwarze, er heiratete sie aber trotzdem, wie sie ihn ebenfalls nahm, entgegen den Warnungen ihrer Mutter; so krank und verunstaltet sie auch war, sie erhitzten sich beide und wälzten sich dermaßen die ganze Nacht hindurch, daß sie den Boden des Bettgestells durchbrachen und einstießen.

Ich kannte auch einen sehr ehrbaren Edelmann, meinen großen Freund, der mir erzählte, es sei ihm passiert, als er eines Tages in Rom war, sich in eine spanische Dame zu verlieben, eine der schönsten, die es je in der Stadt gab. Wenn er mit ihr Umgang hatte, wollte sie nicht erlauben, daß er sie ansah, auch nicht, daß er sie mit seinen nackten Schenkeln berührte, außer er trug Unterhosen; wollte er sie anfassen, sagte sie auf spanisch zu ihm: Ah! no me tocays, hareis me quosquillas, d. h. »du kitzelst mich.« Wie er eines Morgens an ihrem Haus vorbeikommt und die Türe offen findet, steigt er einfach hinauf, tritt ein, ohne irgendeinem Mädchen, einem Pagen oder einer Person zu begegnen, kommt in ihre Kammer und findet sie in so tiefem Schlaf, daß er Muße hatte, sie ganz nackt auf dem Bett zu sehn und bequem zu betrachten, denn es war sehr heiß; er sagte, daß er niemals etwas so Schönes wie diesen Körper gesehen hätte, ausgenommen, daß er den einen Schenkel schön weiß, glatt und wohlgeformt sah, während der andere ganz trocken, geschwächt und verkümmert war und nicht dicker erschien als der Arm eines kleinen Kindes. Wer war erstaunt? Der Edelmann, der sie sehr beklagte und nie mehr zum Besuch zu ihr kam oder je wieder mit ihr zu tun hatte.

Man begegnet sehr vielen Damen, die nicht dermaßen eines Katarrhs wegen verkümmerten; sie sind jedoch so dürr, entblößt, ausgetrocknet und abgemagert, daß man bloß das Knochengestell an ihnen sieht: so kannte ich eine sehr vornehme Dame, von der der Herr Bischof von Cisteron, der das Wort beherrschte wie kein zweiter am Hofe, spöttisch versicherte, mit einer Rattenfalle aus Messingdraht könne man besser schlafen als mit ihr; wie auch ein ehrbarer Edelmann am Hofe sagte, den wir einer Liebschaft mit einer großen Dame halber hänselten: »Ihr täuscht euch, ich liebe Fleisch viel zu sehr, und sie hat bloß Knochen;« und trotzdem hätte man die beiden Damen, wenn man sie mit ihren schönen Gesichtern sah, für sehr fleischige und höchst leckere Bissen gehalten.

Ein sehr großer Fürst von irgendwoher verliebte sich einmal in zwei schöne Damen zu gleicher Zeit, wie das häufig bei den Großen vorkommt, die die Abwechslung lieben. Die eine war sehr weiß, die andre brünett, aber beide waren sehr schön und liebenswürdig. Als er eines Tages eben die Brünette besuchte, sprach die Weiße eifersüchtig zu ihm: »Ihr wollt einer Krähe nachfliegen.« Darauf erwiderte der Fürst etwas erzürnt und verdrossen wegen dieses Wortes: »Und wenn ich bei dir bin, wem flog ich dann nach?« Die Dame antwortete: »Einem Phönix.« Der Fürst, ein brillanter Sprecher, erwiderte: »Aber sage doch lieber dem Paradiesvogel, weil es da mehr Federn als Fleisch gibt;« damit bewertete er sie als etwas mager; sie war auch ein zu kleines Jüngferchen, um dick zu sein; denn die Leibesfülle wölbt gewöhnlich nur jene, die zu Jahren kommen und anfangen, an Gliedern und andern Dingen stärker und fester zu werden.

Ein Edelmann gab’s einem Grandseigneur, den ich kenne, tüchtig heraus. Alle beide hatten schöne Frauen. Jener große Herr fand die des Edelmanns sehr schön und einnehmend. Er sagte eines Tages zu ihm: »Lieber …, ich muß bei deiner Frau schlafen.« Ohne sich zu bedenken, denn er war nicht auf den Mund gefallen, antwortete ihm der Edelmann: »Jawohl, aber dann will ich mit der deinigen schlafen.« Der Herr erwiderte ihm: »Was willst du mit ihr anfangen? Die meine ist so dürr, daß-du keinen Geschmack daran fändest.« Der Edelmann antwortete: »Ach, bei Gott! ich will sie so klein spicken, daß ich sie schon wohlschmeckend machen will.«

Man sieht noch viele andere Frauen, deren puppenhafte und hübsche Gesichter nach dem Körper lüstern machen; wenn man aber dazu kommt, findet man sie so abgemagert, daß Lust und Versuchung alsbald verschwinden. Unter anderm findet man das sogenannte Schambein so hart und dürr, daß es mehr preßt und schürft als eines Maultiers Sattel. Um dem abzuhelfen, bedienen sich solche Damen gewöhnlich sehr weicher und köstlicher Kissen, die den Stoß aushalten und davor behüten, daß man geschunden wird; ich habe auch von einigen gehört, die sie häufig benützen, ja sie trugen sogar hübsch ausgepolsterte und aus Atlas gefertigte Unterhosen, so daß die Nichtsahnenden, die daran rühren, alles nur aufs beste finden und fest glauben, es sei die natürliche Fülle; denn über diesem Atlas befanden sich Höschen aus federndem und weißem Tuch, so daß der Liebhaber, nachdem er’s ihr geschwind und verstohlen versetzt hat, sich von seiner Dame in höchster Befriedigung und bester Meinung trennte.

Noch andre gibts, die eine sehr verunstaltete oder gefleckte Haut haben wie Marmor oder wie Mosaik, die gesprenkelt sind wie Hirschkälber, die Krätze haben und mit aussätzigen, schuppigen und wurmigen Auswüchsen behaftet sind; kurz, die derartig verdorben sind, daß ihr Anblick nichts weniger als wohltuend ist.

Ich hörte von einer großen Dame, die ich kannte und noch kenne, die haarig auf der Brust ist, haarig auf dem Bauch, auf den Schultern, das Rückgrat entlang und unten, wie eine Wilde. Es kann sich jeder denken, was das besagen will. Wenn das Sprichwort wahr ist: wer so behaart ist, ist reich oder geil, so ist diese beides, ich versichre euch; und sie läßt sich’s sehr gern geben, sich betrachten und abverlangen.

Bei anderen ist die Haut wie bei einer jungen Gans oder einem gerupften Star hären, filzig und schwärzer wie ein schöner Teufel. Bei anderen sind die Brüste so stark entwickelt, daß sie schlapp herunterhängen wie bei einer Kuh, die ihr Kalb milcht. Ich versichere, es ist nicht der schöne Busen Helenas, die eines Tages, als sie im Tempel der Diana eines bestimmten Gelübdes halber einen hübschen Becher darbringen wollte, den Goldschmied beauftragte, ihn ihr zu machen und ihn eine ihrer schönen Brüste zum Vorbild nehmen ließ; er bildete den Becher aus weißem Gold, und man wußte nicht, was man mehr bewundern sollte, die Schale selbst oder die Ähnlichkeit mit dem Busen, der als Form genommen wurde, und der sich so artig und zierlich darstellte, daß das Kunstwerk den Wunsch nach dem natürlichen Busen erweckte. Plinius führt es als große Spezialität an, als er davon berichtet, daß es weißes Gold gibt. Es ist allerdings sehr seltsam, daß jene Schale aus weißem Gold gemacht wurde.

Wer nach jenen großen Hängebrüsten, die ich erwähnte und die ich kenne, goldene Schalen machen möchte, der müßte dem Meister Goldschmied viel Gold liefern, es würde nachher nicht billig sein und großes Gelächter geben, wenn man sagte: »Hier sind Schalen, die nach dem Modell der Brüste von den und den Damen fabriziert sind.« Diese Schalen glichen keinen Schalen, sondern wahrhaftigen Kübeln, wie den ganz runden aus Holz, worin man den Säuen zu fressen gibt.

Bei manchen Frauen sieht die Brustwarzenspitze richtig wie eine faulige Beere aus. Andere haben, um tiefer hinunterzusteigen, einen so rauhen und runzligen Bauch, daß man ihn für eine alte runzlige Jagdtasche aus Sarsche oder für eines Gastwirts Geldkatze halten könnte; das kommt bei Frauen vor, die Kinder bekamen und von ihren Hebammen nicht ordentlich mit Lebertran eingeschmiert worden sind. Bei anderen wieder ist der Bauch so schön und glatt und auch ihr Busen so kindlich, als ob sie noch Mädchen wären. Noch tiefer hinuntersteigend findet man Frauen, die häßliche und wenig angenehme Naturen haben. Bei den einen ist das Haar daran in keiner Weise gekräuselt, es hängt vielmehr so lang herunter, daß man meint, es sei ein Sarazenenschnurrbart; trotzdem scheren sie sich das Vlies nie ab, sondern tragen es gern so, da man sagt: Bestreuter Weg und behaarte F…. sind beide gut zu reiten. Ich hörte von einer sehr vornehmen Dame, daß sie derartiges Haar trug. Ich hörte von einer andern schönen und ehrbaren Dame, die ihre Haare so lang trug, daß sie seidene Bänder und Schnüre in karmesinroter oder anderer Farbe hineinflocht, sie wie Perückenlöckchen kräuselte und dann an ihren Schenkeln befestigte; in solchem Zustand präsentierte sie sie manchmal ihrem Gatten und ihrem Liebhaber; oder sie drehte ihre Bändchen und Schnürchen ab, so daß die Haare nachher gekräuselt schienen und hübscher aussahen, als sie sonst getan hätten.

Dabei konnten natürlich viel wunderliche und unzüchtige Spaße gemacht werden; denn da sie sich ihre Löckchen nicht selber anfrisieren konnte, mußte eine ihrer Lieblingsfrauen sie darin bedienen: naturgemäß ging es da nicht ohne allerlei Schlüpfrigkeiten ab, wie man sich vorstellen kann. Im Gegensatz hierzu gefallen sich etwelche Frauen darin, diesen Teil glatt abrasiert zu tragen wie einen Priesterbart.

Wieder andere Frauen haben überhaupt kein Haar oder wenig, wie ich von einer sehr großen und schönen Dame hörte, die ich kannte; das ist allerdings gar nicht schön und gibt Raum zu einem schlimmen Verdacht; genau so gibt es Männer die bloß kleine Bartbüschel am Kinn haben; und bei denen man daher auch kein besseres Blut vermuten kann als bei einem Aussätzigen.

Bei anderen ist die Pforte so groß, so ausgedehnt und so breit, daß man sie für die Höhle der Sibylle halten könnte. Von einigen, und zwar sehr vornehmen, hörte ich, bei denen sie so geräumig ist wie bei keiner Stute, obgleich sie so viel Kunstmittel gebrauchen, als sie nur können, um das Tor zu verengern; nach zwei- oder dreimaligem Durchgang aber kommt dieselbe Öffnung wieder zum Vorschein; noch mehr, ich habe sagen hören, wenn man bei manchen die Natur betrachtet, dann klafft sie auseinander wie bei einer Stute, wenn sie in Brunst ist. Man hat mir von dreien erzählt, die mit einem derartigen gähnenden Schlund dienen können, wenn man sich die Mühe gibt, sie aufmerksam zu betrachten.

Ich hörte von einer großen schönen und vornehmen Dame, die von einem unserer Könige den Namen pan de con bekommen hatte, so breit und groß hatte sie’s, und nicht ohne Grund; denn sie hat es sich in ihrem Leben von manchen Ellenreitern und Feldmessern ausmessen lassen; und je mehr sie sich tagsüber Mühe gab, es zu verengern, erweiterte man es ihr während der Nacht in zwei Stunden so sehr, daß man ihr, was sie in einer Stunde machte, in der andern wieder beseitigte, wie das Gewebe der Penelope. Schließlich nahm sie von allen Kunstmitteln Abstand und gab sie auf, um sich dafür die dicksten Muster auszuwählen, die sie finden konnte.

Ein derartiges Heilmittel war gut; desgleichen hörte ich auch von einem sehr schönen und ehrbaren Mädchen am Hofe, die sie im Gegenteil so klein und eng hatte, daß man daran verzweifelte, jemals ihre Jungfernschaft bezwingen zu können; aber auf den Rat einiger Arzte oder Hebammen, ihrer Freunde oder ihrer Freundinnen, ließ sie die Bearbeitung mit den kleinsten und dünnsten Gliedern in Angriff nehmen, dann kam sie zu den mittleren, dann zu den großen, entsprechend einer Art Abstufung, wie sie auch einmal von Rabelais für die Befestigungsmauern von Paris aufgestellt wurde. Nachdem dann einer nach dem andern solche Versuche darangesetzt hatte, gewöhnte sie sich so sehr an alle Formen, daß ihr die größten nicht die Furcht machten, die ihr vorher schon von den kleinsten eingeflößt worden war. Eine große, ausländische Fürstin, die ich kannte, besaß ein so kleines und enges Pförtchen, daß sie lieber niemals daran rühren wollte, als sich hineinschneiden zu lassen, wie es die Ärzte anrieten. Gewiß eine große, seltene Tugend und Festigkeit.

Bei anderen wieder sind die Schamlippen so lang, hängen herunter wie bei dem indischen Hahn der Kamm, wenn er in Wut ist; des können sich auch verschiedene Damen rühmen, wie ich hörte; aber auch junge Mädchen haben sie so. Den gestorbenen Herrn von Randan hörte ich folgende Geschichte erzählen: Es waren einmal gute Gesellen am Hof zusammen, der Herr von Nemours, der Herr Vicomte von Chartres, der Herr Graf de la Roche, die Herren von Montpezac, Givry, Genlis und andere, die eines Tages, als sie nicht wußten, was sie tun sollten, zuschauten, wie die Mädchen pißten, d.h. sie waren unten versteckt, und jene waren oben. Eine war da, die auf die Erde pinkelte: ich will sie nicht nennen; die Diele bestand aus Brettern, und sie hatte so große Schamlippen, daß sie durch die Spalte jener Bretter reichten und auf Fingerlänge zum Vorschein kamen. Herr von Randan, der einen Stock mit einer Spitze hatte, den er einem Lakaien abgenommen, durchstach damit ihre Schamlippen geschickt und klitschte sie gegen die Diele; das Mädchen, den Stich spürend, erhob sich plötzlich so heftig, daß sie sie beide zerriß; aus zwei Teilen, die sie hatte, erhielt sie vier; so bekamen ihre Lefzen das Aussehen eines Krebsbartes. Es bekam aber dem Mädchen sehr übel, und die Königin wurde sehr zornig. Herr von Randan und die Gesellschaft erzählten die Geschichte dem König Heinrich, der als guter Kamerad sich vor Lachen darüber ausschüttete und der Königin gegenüber, ohne etwas zu verbergen, alles wieder ins reine brachte. Die großen Schamlippen veranlaßten mich einmal, daß ich einen ausgezeichneten Arzt nach der Ursache fragte. Ich bekam die Antwort: wenn die Mädchen und Frauen in Brunst kämen, bearbeiteten sie sich, zögen, zerrten, wickelten, spielten, drehten sie daran, damit sie beim Zusammenkommen einander mehr Lust bereiteten.

Solche Frauen und Mädchen würden mit nach Persien passen, nicht aber nach der Türkei, da in Persien die Frauen beschnitten werden, weil ihre Natur, ich weiß nicht wie, dem männlichen Glied (sagen sie) ähnlich sein soll. Das ist bei den Frauen in der Türkei dagegen nicht der Fall. Aus diesem Grunde werden sie von den Persern Ketzer genannt, weil sie nicht beschnitten sind, ihre Natur habe keine Gestalt, sagen sie; sie betrachteten sie nicht so gern wie die Christen. Das wird von Leuten berichtet, die in der Levante gereist sind. Solche Frauen und Mädchen, sagte jener Arzt, sind sehr der Liebe donna con donna ergeben. Ich hörte von einer sehr schönen Dame, von einer der höchsten, die es am Hofe gab, daß sie bei ihr nicht so lang wären; infolge einer Krankheit, die sie von ihrem Gatten bekam, wurden sie ihr verkürzt; sie hat sogar bloß auf einer Seite eine Schamlippe, weil ihr alles vom Schanker zerfressen wurde, so daß sie ihre Natur sehr verkümmert und halb zerstört nennen kann; nichtsdestoweniger wurde jene Dame von verschiedenen sehr begehrt, manchmal teilte sie sogar das Lager eines großen Herrn. Ein Großer sagte eines Tags am Hofe, er wünschte, seine Frau gliche ihr und hätte sie auch bloß die Hälfte, so reich war sie damit gesegnet. Von einer andern Dame, die wohl hundertmal über ihr stand, hörte ich, sie habe einen Vorfall, der ihr auf die Länge eines großen Fingers aus ihrer Natur herausragte, weil sie, sagte man, bei einer ihrer Niederkünfte von ihrer Hebamme ungeschickt behandelt wurde, was Mädchen und Frauen häufig passiert, die heimliche Niederkünfte oder die sich durch einen Unfall verletzt haben. So kannte ich eine der schönsten Frauen von da und da, die als Witwe sich niemals wieder verheiraten wollte, weil das von einem zweiten Gemahl entdeckt werden und sie darum gering geschätzt, möglicherweise mißhandelt werden konnte.

Jene ebengenannte große Dame gebar unerachtet ihres Vorfalls ebenso leicht, wie wenn sie gepißt hätte; denn man sagte ihrer Natur große Geräumigkeit nach. Sie wurde auch sehr geliebt und im geheimen sehr bedient, aber sie ließ sich nur höchst ungern betrachten.

Insgleichen wenn eine schöne und ehrbare Frau sich zur Liebe und zur Vertraulichkeit herbeiläßt und sie dir nicht erlaubt, es zu betrachten oder zu befühlen, oder wenn sie den Anblick und die Berührung nur schwer bewilligen will, so sage dreist, daß irgend etwas bei ihr nicht in Ordnung sei, so sagte mir eine ehrbare Frau; denn wenn nichts daran fehlt und es hübsch ist (und sicherlich gibt es welche, die lustig aussehn und lustig zu bearbeiten sind), so ist sie ebenso begierig damit und glücklich, es vorzuzeigen und zur Berührung anzubieten, wie irgendeine andre ihrer Schönheiten. Das tut sie ebenso wegen ihrer Ehre, um nicht in den Verdacht zu geraten, an dieser Stelle irgendwie fehlerhaft oder häßlich zu sein, als wegen des Vergnügens, das sie dabei selbst empfindet, wenn man sie betrachtet und bespiegelt, vor allem aber auch zur größeren Steigerung der Leidenschaft und Versuchung ihres Liebhabers. Überdies sind die Hände und Augen ja keine männlichen Glieder, daß sie die Frauen zu Huren und ihre Gatten zu Hahnreien machten, wenn sie auch nach dem Mund an allernächster Stelle die Eroberung der Festung herbeiführen können. Andere Frauen haben diesen Mund so bleich, daß man meinte, sie hätten das Fieber drin: solche gleichen manchen Trinkern, die trotzdem, daß sie mehr Wein trinken wie eine Sau Milch, bleich sind wie der Tod; man nennt sie auch Weinverräter, das gilt nicht von den roten. So könnte man solche Frauen Venus Verräterinnen heißen, sagte man nicht: Pasle putain et rouge paillard. Soviel ist sicher, jene so bleiche und starre Partie ist keineswegs erfreulich anzusehn, und schwerlich sieht sie der ähnlich, die eine der schönsten Damen hat, die man sehn kann und die einen hohen Rang einnimmt. Man sagte von ihr, sie träge da gewöhnlich zu gleicher Zeit drei schöne Farben, Rot, Weiß und Schwarz: denn ihr Mund war farbig und korallenrot, das Haar ringsum war hübsch gekräuselt und schwarz wie Ebenholz; so geziemt sich’s, und das ist eine der größten Schönheiten: die Haut war weiß wie Alabaster, beschattet von jenem schwarzen Haar. Das ist ein schöner Anblick, alles andere, von dem ich eben redete ist es nicht.

Bei andern wieder ist die Unnatur arg; ihre Spalte (sogar bei kleinen Frauen) reicht ihnen so weit nach hinten, daß man Gewissensbisse haben müßte, sie anzurühren, aus vielen schmutzigen und dreckigen Gründen, die ich nicht zu sagen wage; denn man möchte meinen, da sich die beiden Ströme vereinigen und quasi einander berühren, bestände Gefahr, man könnte sich in den andern verirren. Das wäre zu gemein.

Von Frau von Fontaine-Chalandray, genannt die schöne Torcy, hörte ich, daß die Königin Eleonore, ihre Gebieterin, angekleidet eine sehr schöne Fürstin schien, wie es noch verschiedene gibt, die sie so an unserm Hof gesehen haben, mit schönem und reichem Wuchs; war sie aber ausgezogen, schien sie einen Leib zu haben wie eine Riesin, so lang und so groß war er; nach unten hin aber schien sie eine Zwergin, so kurz waren ihre Schenkel, ihre Beine und das übrige. Von einer andern großen Dame hörte ich gerade das Gegenteil; denn körperlich war sie eine Zwergin, einen so kurzen und kleinen Leib hatte sie, mit dem übrigen unten eine Riesin oder ein Koloß, so große, hohe und gespaltene Schenkel und Beine hatte sie, und dennoch war sie so proportioniert und fleischig, daß sie damit ihren Mann, wenn er nur klein war, sehr leicht damit zudecken konnte, wie man einen Hühnerhund mit dem Streichgarn bedeckt. Unter uns Christen sind sehr viel Gatten und Liebhaber, die in keinem Sinne den Türken gleichen wollen, weil sie nämlich kein Vergnügen daran haben, den Schoß der Frauen zu betrachten; wie oben erwähnt, hat dieser ja nach ihrer Meinung keine Form; wir Christen im Gegenteil haben, sagen sie, große Befriedigung daran, ihn genau zu betrachten und sich an solchem Anblick zu laben. Man begnügt sich nicht allein mit dem Ansehn, sondern er bekommt auch Küsse, was viele Damen ihren Liebhabern lehrten und entdeckten; so antwortete einmal eine spanische Dame ihrem Liebhaber, der sie eines Tages grüßte und zu ihr sagte: Bezo las manos y los pies, senora!: Senor, en el medio esta la mejore stacion; womit sie sagen wollte, er könne ihren Schoß ebensogut küssen wie ihre Füße und Hände. Manche Damen sagen, für ihre Gatten und Liebhaber sei dies ein großes und köstliches Vergnügen, und sie würden darum noch feuriger. Dies hörte ich auch von einem sehr großen Fürsten, dem Sohn eines großen Königs von irgendwo, der zur Geliebten eine sehr große Prinzessin hatte. Niemals berührte er sie, ohne daß er sie da betrachtete und verschiedene Male küßte. Das erstemal, als er es tat, geschah es auf das Zureden einer sehr vornehmen Dame, einer Favoritin des Königs; als sie eines Tages alle drei beisammen waren, und jener Fürst seiner Dame den Hof machte, fragte sie ihn, ob er denn noch niemals die schöne Partie gesehen habe, die er genösse. Er antwortete: »Nein.« »Dann habt Ihr noch nichts vollbracht,« sagte sie, »und wißt nicht, was Ihr liebt; Euer Vergnügen ist unvollständig, Ihr müßt es sehn!« Als er nun versuchen wollte und die Dame sich widerspenstig zeigte, kam die andre von hinten, packte sie und warf sie rückwärts aufs Bett und hielt sie so lange fest, bis der Prinz sie bequem betrachtet und nach Herzenslust geküßt hatte, so schön und artig fand er es. Daher fuhr er auch später damit fort. Bei anderen sind die Schenkel so schlecht proportioniert, so mißlich anzusehen und so übel olivenförmig gebaut, daß sie es nicht verdienen, betrachtet und begehrt zu werden, ebenso steht es mit ihren Beinen. Manche sind so fett, daß man meint, es sei der Bauch eines schwangeren Kaninchens. Bei anderen sind sie so dünn und schmal und so dürr, daß man sie eher für Flöten hielte, wie für Schenkel und Beine: den Rest kann man sich denken.

Sie haben keine Ähnlichkeit mit einer schönen und ehrbaren Dame, von der ich hörte, die einen wohlgestalteten Körper hatte, aber ohne daß er ins Übermaß fiel (denn alle Dinge müssen ein Mittelmaß haben); nach einer Liebesnacht fragte sie ihren Freund am andern Morgen, wie er sich befände. Er antwortete ihr: Sehr gut, und ihr tüchtiges und fettes Fleisch habe ihm sehr wohlgetan. »Mindestens bist du,« sagte sie, »mit Extrapost gereist, ohne ein Kissen zu brauchen.«

Bei anderen Damen kommen viele andere verborgene Gebrechen vor, wie ich von einer hörte, die in hohem Rufe stand, sie erledigte ihre fäkalischen Angelegenheiten vorne; ich fragte einen hinreichend bewanderten Arzt nach dem Grunde, und er sagte mir, sie sei in zu jungem Alter durchbohrt worden, und von einem zu dicken und zu robusten Manne; es war sehr schade um sie; denn sie war eine sehr schöne Frau und Witwe, und ein ehrbarer Edelmann, den ich kenne, wollte sie heiraten; als er aber von ihrem Gebrechen erfuhr, gab er sie sofort auf, und dann nahm sie alsbald ein anderer.

Ich hörte von einem feinen Edelmann, der eine der schönsten Frauen am Hofe hatte, aber nicht mit ihr verkehrte. Ein anderer, der sich keine solchen Skrupel machte, beschlief sie und fand, daß ihre Scheide so arg stank, daß man den Geruch nicht ertragen konnte; da ging ihm ein Licht auf über den Nagelschaden des Gemahls.

Von einer anderen, die eine der Töchter einer großen Fürstin war, hörte ich, daß sie umgekehrt windete. Ärzte sagten mir, das könnte von Wunden und Blähungen herkommen, die auf diesem Weg entwichen, und besonders bei tribadischem Umgang. Dieses Fräulein befand sich bei der Fürstin zu Moulins, als zur Zeit König Karls IX. der Hof dort war, der zu aller Heiterkeit davon ganz durchlüftet wurde.

Andere können ihren Urin wieder nicht halten, und sie müssen daher stets einen kleinen Schwamm tragen; so kannte ich zwei vornehme und hohe Damen, von denen die eine, als Mädchen, plötzlich in den Ballsaal machte, zur Zeit König Karls IX., womit sie argen Anstoß erregte.

Von einer anderen großen Dame hörte ich, daß ihr beim Koitus dasselbe passierte, entweder sofort oder nachher, wie eine Stute, wenn sie besprungen worden ist: es täte not, ihnen auch wie einer Stute den Wassereimer unterzuhalten.

Viele andere haben unaufhörliche Menstruationen, andere wieder sind verderbt, wie Tarockkarten gemustert, gesprenkelt und gekennzeichnet, sowohl wegen der Lues, die sie von ihren Gatten oder ihren Freunden bekamen, wie wegen ihrer eigenen schlimmen Gewohnheiten und Launen; oder sie haben Wolfsbeine und sonstige Flüsse und Male, die ihnen ihre Mütter während der Schwangerschaft bescherten; auch hörte ich von einer, deren eine Körperhälfte ganz rot war wie ein Stadtschöffe.

Andere haben in ihren Menstruationen beinahe gar keine Unterbrechung, und ihre Natur fließt wie ein Hammel, dem man eben die Gurgel abgeschnitten hat; damit sind ihre Gatten und Liebhaber schwerlich zufrieden, weil Frau Venus doch einen fleißigen Verkehr verlangt: denn wenn sie eine Woche im Monat gesund und sauber sind, so ist das alles; der Rest geht ihnen verloren: von zwölf Monaten haben sie fünf oder sechs frei, sogar noch weniger. Das heißt viel. Es ist ähnlich wie bei unseren Feldsoldaten, die bei der Stellung die Kommissare und Schatzmeister von zwölf Monaten im Jahre mehr als vier verlieren lassen, indem sie ihnen die Monate bis zu vierzig und fünfzig Tagen anrechnen, so daß die zwölf Monate des Jahres ihnen keine acht einbringen. In derselben Lage befinden sich die Gatten und Liebhaber, die solche Frauen haben und bedienen, wenn sie sich nicht überhaupt, um ihre Wollust zu beruhigen, ohne Scham und Scheu gemein beschmutzen; den Kindern, die daraus entspringen, bekommt das sehr übel, und sie müssen es büßen.

Wenn ich noch mehr erzählen wollte, würde ich niemals ein Ende finden, und die Gespräche darüber würden auch zu schmutzig und widerlich werden; was ich aber darüber sage und sagen will, das betrifft keine geringen und gewöhnlichen Frauen, sondern große und mittlere Damen, von deren schönem Gesicht alle Welt entzückt ist, während sie im übrigen völlig versagen.

Nur diese kleine lustige Geschichte von einem Edelmann will ich erzählen, von dem ich sie habe: Während er mit einer sehr schönen Dame aus hohem Stande schlief und sein Geschäft besorgte, fand er an jener Partie ein paar so stechende und spitzige Haare, daß er sein Werk nur mit aller Unbequemlichkeit vollenden konnte, so stach und pickte es ihn. Als er endlich fertig war, fühlte er mit der Hand hin und fand, daß rings an ihrem Venushügel ein halbes Dutzend Borsten standen, Borsten aus jenen langen, spitzen, steifen und stechenden Haaren, daß ein Schuster sie hätte benützen können, um damit Sohlenränder zu machen, wie mit Schweinsborsten; er wollte sie sehen, aber die Dame erlaubte es ihm nur höchst widerwillig; und er fand, solche Borsten umgaben ihren Schoß genau, wie eine Medaille von Diamanten und Rubinen umsteckt ist, die man als Zeichen auf dem Hut oder an der Mütze trägt. Vor nicht sehr langer Zeit wohnte in einer bestimmten Gegend der Guyenne eine verheiratete Frau aus sehr gutem Hause und von bester Herkunft der Unterrichtsstunde ihrer Kinder bei; da ergriff deren Präzeptor, in einem Anfall von Raserei oder möglicherweise in plötzlicher Liebeswut, einen auf dem Bette liegenden Degen ihres Mannes und stach ihr die beiden Schenkel und die Schamlippen durch und durch; ohne die Hilfe eines guten Wundarztes wäre sie nachher beinahe daran gestorben. Ihre Scheide konnte wohl sagen, daß sie in zwei verschiedenen Kriegen gewesen und höchst mannigfaltig angegriffen worden wäre. Ich glaube, der Anblick war nachher schwerlich ein hübscher, daß sie so zerfetzt, daß ihre Flügel so zerschnitten waren: ich sage »Flügel«, weil die Griechen diese Schamlippen himenoea nennen; die Lateiner nennen sie alae, die Franzosen labies, lèvres, lendrons, landilles, und anders; ich finde aber, daß die Lateiner sie recht passend als Flügel bezeichnen; denn kein Tier und kein Vogel fliegt besser oder mit schnelleren Flügeln, sei es ein Nestling oder ein noch nicht gemauserter Falke, wie unsere Mädchen, oder ein Wanderfalke, störrisch oder gutgezogen, wie unsre verheirateten Frauen oder Witwen.

Ich kann sie auch mit Rabelais ein Tier nennen, weil sie sich von selbst erregen; berührt man sie oder betrachtet man sie, so spürt man und sieht, wie sie sich von selbst bewegen und erregen, wenn sie in Begierde sind.

Aus Furcht vor Rheumatismen und Katarrhen wickeln sich andere Damen des Nachts Hauben um den Kopf, so daß sie, wahrhaftigen Gotts, wie Hexen aussehen: infolgedessen sind sie angekleidet rosig wie Zieraffen, andere sind geschminkt und bemalt wie Gemälde, am Tage sind sie schön, in der Nacht aber mißfarbig und sehr häßlich.

Solche Damen müßte man, bevor man sie liebt, heiratet und genießt, erst untersuchen wie Oktavianus Cäsar; denn mit seinen Freunden ließ er öfters verschiedene große römische Damen und Matronen, ja schon angejahrte Jungfrauen entkleiden, und sie untersuchten sie dann von einem Ende bis zum anderen, als wären es von dem Händler Tormus gekaufte Sklavinnen; und je nachdem er sie nach seinem Geschmack und Wunsch und auch nicht beschädigt fand, genoß er sie.

Gerade so machen es die Türken in ihrem Basestan in Konstantinopel und anderen großen Städten, wenn sie Sklaven beiderlei Geschlechts kaufen.

Damit mag es nun genug sein; ich glaube auch schon zu viel gesagt zu haben; so täuschen wir uns denn in vielen Ansichten, die wir für sehr treffend halten und glauben. Aber wenn uns auch manche Damen täuschen, so erbauen und befriedigen uns dafür wieder manche andere, die so schön, so sauber, vorzüglich, frisch, so milchicht, liebenswürdig und rundlich sind, kurz, die in allen Teilen ihres Körpers so vollendet sind, daß neben ihnen alles, was sonst auf der Welt zu sehen ist, armselig elend ist; manche Männer verlieren sich dermaßen in solchen Betrachtungen, daß sie gar nicht an die Aktion denken: auch macht es häufig genug solchen Damen Vergnügen, sich ohne jede Schwierigkeit sehen zu lassen, weil sie sich von keinem Makel befleckt fühlen, und in der Absicht, uns mehr in Versuchung zu bringen und unsere Begierde zu reizen.

Wir waren bei der Belagerung von La Rochelie, als mir eines Tages der arme verstorbene Herr von Guise, der mir die Ehre seiner Zuneigung erwies, ein Schreibtäfelchen zeigte, das er Monsieur, dem Bruder des Königs, unserm General, aus der Hosentasche genommen hatte; er sagte zu mir: »Monsieur hat mich soeben geärgert und mir meine Liebschaft mit einer Dame vorgeworfen; aber ich will meine Rache haben; seht, was ich da hineingeschrieben habe, und lest.« Er gab mir das Schreibtäfelchen, und ich sah von seiner eigenen Hand folgende vier Zeilen, die er soeben gedichtet hatte, aber das Wort »F…« stand ganz und gar darin:74

Si vous ne m’avez cognue
II n’a pas term à moy;
C`ar vous m’avez bien vue nue,
Et vous ay montre de quoy.

75

Dann nannte er mir die Dame, oder besser gesagt, das Mädchen, die ich übrigens vermutete; ich sagte ihm, ich sei sehr erstaunt, daß er sie nicht berührt und besessen habe, nachdem er so nahe dabei gewesen sei und das Gerücht so allgemein davon spreche; er versicherte mir jedoch das Gegenteil, und es sei nur seine Schuld gewesen. »Gnädiger Herr mußten also damals entweder von anders woher so müde und abgespannt sein, daß es nicht zu machen war, oder so in die Betrachtung dieser nackten Schönheit versunken sein, daß er gar nicht daran dachte, in Tätigkeit zu treten.« »Möglich,« antwortete mir der Fürst, »daß es sich so verhalten hat; aber wie dem auch sei, in diesem Falle kam es nicht dazu! Ich will ihn aber damit necken und ihm wieder sein Täfelchen in die Tasche stecken, die wird er nach seiner Gewohnheit durchsuchen und dann lesen, was er finden soll; und dann, dann bin ich gerächt.« Das tat er dann auch, und nachher lachten alle beide darüber und trieben eine liebenswürdige gegenseitige Neckerei damit; denn damals herrschte zwischen beiden noch eine große Freundschaft und Vertraulichkeit, was sich später freilich sehr geändert hat.

Eine Dame von da und da, oder vielmehr ein Mädchen, die von einer sehr großen Prinzessin sehr geliebt und vertraulich behandelt wurde, ruhte sich einst im Bette aus, wie es der Brauch war. Kam da ein Edelmann, sie zu besuchen, der in Liebe zu ihr entbrannt war; von weiterem war aber nicht die Rede. Dieses Fräulein, das von ihrer Herrin so geliebt und vertraulich behandelt wurde, näherte sich ihr ganz sachte, ohne nach irgend etwas auszusehn und zog ihr plötzlich die ganze Bettdecke weg, so daß der Edelmann, dessen Augen gar nicht faul waren, sie alsbald damit verschlang, und wie er mir später erzählte, das Schönste sah, das er je gesehen hatte: den schönen nackten Körper, seine schönen Partien, das weiße hübsche und feine Fleisch, so daß er die Wonnen des Paradieses zu sehen vermeinte. Das dauerte aber nicht lange; denn sobald die Bettdecke von der Dame wieder an sich gerissen wurde, zog das Mädchen sie wieder hoch; je mehr sich jene schöne Dame wälzte, um die Bettdecke wieder zu erreichen, desto mehr zeigte sie sich; das beeinträchtigte nun das Zuschauen und das Vergnügen des Edelmannes in keiner Weise, der sich auch nicht damit beeilte, sie wieder zuzudecken; das wäre auch schön dumm von ihm gewesen: endlich indessen bekam sie – so oder so – ihre Bettdecke wieder, legte sich wieder zurecht und schalt nun das Mädchen aus und sagte ihr, sie würde es ihr heimzahlen. Das Fräulein, das nun ein wenig auf der Seite stand, sagte zu ihr: »Madame, Ihr habt mir einen Possen gespielt; verzeiht mir, wenn ich’s Euch wieder vergalt;« damit ging sie zur Tür hinaus und entfernte sich. Aber sie wurden alsbald wieder einig.

Indessen befand sich der Edelmann wegen dieses Anblicks so wohl und in einer solchen Verzückung voller Lust und Befriedigung, daß er mir hundertmal versicherte, er wolle in seinem Leben nichts weiter, wie täglich an dieses Schauspiel denken und davon träumen; und er hatte sicher recht: denn nach ihrem schönen unvergleichlichen Gesicht, ihrem schönen Busen, der die Welt entzückte, konnte sie wohl zeigen, was sich darunter noch Köstlicheres verbarg; unter anderen Schönheiten, sagte er mir, habe die Dame die schönsten und höchsten Hüften besessen, die er je gesehen habe: man konnte es auch glauben; denn sie hatte den stattlichsten Wuchs; unter den Schönheiten mußte sie das auch sein, genau wie eine Grenzfestung.

Nachdem der Edelmann mir alles erzählt hatte, konnte ich ihm nur sagen: »Lebt denn, lebt denn weiter, mein großer Freund, in dieser göttlichen Betrachtung, und möchte Euch diese Glückseligkeit ewig leuchten! Wenn ich doch auch noch vor meinem Tode wenigstens einen solchen Anblick hätte.«

Jener Edelmann fühlte sich dem Fräulein auf ewig verpflichtet, er ehrte und liebte sie seitdem von ganzem Herzen. Er betete sie aber auch sehr an, doch heiratete er sie nicht, denn ein anderer, reicher als er, lief ihm den Rang ab, wie es bei allen Frauen der Brauch ist, dem Reichtum nachzulaufen.

Ein solches Schauspiel ist schön und angenehm, man muß aber achtgeben, daß es nicht verderblich wird, wie der Anblick der schönen nackten Diana dem armen Aktäon oder einer Dame, deren Fall ich erzählen will.

Ein König von Irgendland oder wo liebte einst eine sehr schöne ehrbare und große verwitwete Dame sehr heftig, so daß man ihn in sie verzaubert hielt; denn er kümmerte sich wenig um andere, auch nicht um seine Frau, außer von Zeit zu Zeit, denn jene Dame bekam stets die schönsten Blüten aus seinem Garten. Das verdroß die Königin sehr, denn sie hielt sich für ebenso schön und hebenswert und würdig, so leckere Bissen zu bekommen; darob verwunderte sie sich sehr. Nachdem sie ihrer Favoritin, einer großen Dame, ihr Leid geklagt hatte, verschwor sie sich mit ihr, achtzugeben, ob etwas daran wäre, ja durch ein Loch in der Wand das Spiel zu bespähen, das ihr Gatte und die Dame spielten. So machten sie denn verschiedene Löcher in die Decke über dem Zimmer der Dame, damit sie alles sehen und beobachten konnten, wie sie es miteinander trieben: sie begaben sich also zu dem Schauspiel, aber sie sahen nur etwas sehr Schönes, denn sie bemerkten eine sehr schöne, weiße, köstliche und sehr frische Frau, die, halb im Hemd und halb nackt, ihren Liebhaber liebkoste, ihm schmeichelte, arg mit ihm schäkerte, und der Liebhaber vergalt es ihr wieder, so daß sie sogar aus dem Bett stiegen, sich ganz im Hemd hinlegten und sich auf dem Teppich lustierten, der neben dem Bett lag, um der Bettwärme zu entgehen und größere Frische zu genießen, denn es war ein sehr heißer Tag; insgleichen kannte ich auch einen sehr großen Fürsten, der auf dieselbe Weise mit seiner Frau, einer großen Schönheit, Kurzweil trieb, um damit, wie er selbst sagte, die arge Sommerhitze zu vermeiden.

Nachdem also jene Fürstin alles gesehen und beobachtet hatte, begann sie vor Zorn zu weinen, zu seufzen, zu ächzen und sich zu betrüben, denn sie sah und sie sagte es auch, daß ihr Gatte ihr nicht das gleiche angedeihen ließ und auch nicht die Tollheiten mit ihr trieb, die sie ihn mit der anderen hatte machen sehn.

Die Dame, die sie begleitete, begann sie zu trösten und machte ihr Vorstellungen, daß sie sich dermaßen betrübe; sie habe ja, da sie so begierig danach gewesen sei, diese Dinge zu sehn, nichts weniger erwarten können. Die Fürstin antwortete ihr weiter nichts als: »Ach, ja! ich habe gesehen, was ich nicht hätte sehen dürfen, denn der Anblick hat mir weh getan.« Nachdem sie sich aber getröstet und entschieden hatte, kümmerte sie sich nicht weiter darum, sondern setzte den Zeitvertreib, so sehr sie nur konnte, fort, ja, der Anblick wandelte sich ihr in Spott und möglicherweise auch noch in etwas anderes.76

Ich hörte von einer großen Dame von irgendwo, einer sehr großen, die sich nicht mit ihrer natürlichen Geilheit zufrieden gab; denn sie war eine sehr große Vettel, als verheiratete Frau und als Witwe, auch war sie sehr schön. Um sich noch mehr aufzuregen und aufzureizen, ließ sie ihre Damen und Mädchen entblößen, die schönsten mein‘ ich, und entzückte sich sehr daran, sie zu betrachten; dann schlug sie mit der flachen Hand unter großem Klatschen und Platschen, mit ziemlich derben Klapsen auf die Hinterbacken, und die Mädchen, die irgend etwas verbrochen hatten, schlug sie mit guten Ruten; dann bestand ihre Befriedigung darin, zu beobachten, wie sie sich hin und her bewegten, wie sie ihren Leib und ihr Gesäß drehten und wanden, was nach den empfangenen Schlägen ein sehr seltsames und lustiges Bild abgab.

Manchmal kleidete sie sie nicht aus, sondern ließ sie ihren Rock in die Höhe stülpen (damals trug man noch keine Unterhosen) und klatschte und schlug sie auf die Backen, je nach der Veranlassung, die sie ihr gegeben hatten, oder ob sie sie zum Lachen oder zum Weinen bringen wollte. Durch diese Visionen und Betrachtungen stachelte sie ihre Begierden so sehr an, daß sie diese nachher sehr oft mit einem starken und robusten galanten Mann befriedigen mußte.77

Was für eine Weiberlaune! Man sagte auch, als sie einmal durch das Fenster ihres Schlosses, das auf die Straße ging, einen großen Schuster mit fabelhaften Proportionen an die Schloßmauer sein Wasser abschlagen sah, ward sie lüstern nach einer so großen Dimension und, weil sie fürchtete, mit ihrer Begierde die Konzeption zu schädigen, bestellte sie ihn durch einen Pagen in eine versteckte Allee ihres Parkes, wohin sie sich zurückgezogen hatte; dort prostituierte sie sich ihm unter der Bedingung, daß er sie schwängerte. So weit wurde diese Dame nur vom Ansehn gebracht.

Außerdem hörte ich, daß sie außer ihren gewöhnlichen Frauen und Mädchen, die in ihrem Gefolge waren, die fremden Damen, die sie besuchten, in den zwei oder drei Tagen oder jedesmal, wenn sie zu Besuch waren, in diesen Scherz einweihte; sie ließ es die Ihrigen zuerst vormachen, dann fing sie an, und die andern folgten ihr; die einen wunderten sich über den Spaß, die andern nicht. Das nenne ich doch ein lustiges Exerzitium!

Ich hörte auch von einem Großen, dem es Vergnügen machte, so seine Frau nackt oder bekleidet zu betrachten, sie klatschend zu schlagen und dabei die Windungen ihres Leibes zu beobachten.

Von einer ehrbaren Dame hörte ich, daß sie als Kind täglich zweimal von ihrer Mutter gepeitscht wurde, nicht weil sie ein Unrecht begangen hatte, sondern weil die Mutter ein Vergnügen daran zu finden meinte, wenn sie den jungen Leib sich wälzen und die Hinterbacken zucken sah, um ihre Begierde nach anderm damit anzureizen. Sogar als sie vierzehn Jahre alt war, beharrte die Mutter noch dabei und gierte derartig danach, daß sie von ihrem Anblick gar nicht genug bekommen konnte.

Von einem großen Herrn und Fürsten, der vor mehr als achtzig Jahren lebte, hörte ich noch Schlimmeres: er ließ sich, bevor er mit seiner Frau schlief, immer erst peitschen, da er ohne dies dumme Mittel sich weder aufregen noch seine erschlaffende Natur zum Stehen bringen konnte. Ich möchte gern, ein tüchtiger Arzt könnte mir den Grund erklären.

Picus Mirandola, dieser bedeutende Mann, erzählt, er habe zu seiner Zeit einen gewissen Galan gesehen, der um so wilder nach den Frauen wurde, je mehr man ihn mit Riemen prügelte und peitschte; niemals war er so brünstig, als wenn er so geprügelt worden war; dann geriet er in Wut. Das nenne ich doch eine schreckliche Gemütsart von den Leuten! Da ist das Sehen doch immer noch besser als das letztere!

Als ich in Mailand war, erfuhr ich eines Tages aus guter Quelle diese Geschichte: Der verstorbene Marquis von Pescara, der erst seit kurzem tot ist, Vizekönig in Sizilien, verliebte sich sterblich in eine sehr schöne Dame; eines Morgens, als er glaubte, ihr Gemahl sei ausgegangen, besuchte er sie und fand sie noch im Bett; während er mit ihr plauderte, erlangte er nichts weiter von ihr, als daß er sie bequem unter der Leinwand betrachten und sie mit der Hand berühren durfte. Mittlerweile kam der Gemahl dazu, der gar nichts von dem Kaliber des Marquis hatte, und er überraschte sie dermaßen, daß der Marquis keine Zeit hatte, seinen Handschuh an sich zu nehmen, der sich, ich weiß nicht wie, zwischen den Bettüchern verloren hatte, wie es öfters vorkommt. Nachdem der Marquis dann ein paar Worte zu ihm gesprochen hatte, verließ er die Kammer; der Edelmann geleitete ihn noch hinaus; nach seiner Rückkunft fand er aber zufällig den Handschuh, den der Marquis zwischen den Tüchern verloren hatte, was von der Dame nicht bemerkt worden war. Er nahm ihn und schloß ihn weg, dann machte er seiner Frau ein finsteres Gesicht und schlief lange nicht bei ihr und berührte sie überhaupt nicht mehr; als die Frau nun eines Tages allein in seinem Zimmer war, nahm sie die Feder zur Hand und machte den Vierzeiler:

i Vigna era, vigna son.
Era podata, or piu non son;
E non so per qual cagion
Non mi poda il mio patron.

Dann ließ sie die Verse auf dem Tisch liegen; der Gatte kam, sah sie, nahm die Feder und schrieb zur Antwort:

Vigna eri, vigna sei,
Eri podata, e piu non sei.
Per ea granfa del leon,
Non ti poda il tuo patron.

Dann ließ er sie ebenfalls auf dem Tisch liegen. Das Ganze wurde dem Marquis hinterbracht, der erwiderte:

A la vigna chez voi dite
Io fui, e qui restai;
Alzai il pampano; guardai la vite;
Ma, se Dio m’ajuti, non toccai.

Der Gemahl erfuhr dies wieder und zufrieden mit einer so ehrenvollen Antwort und rechten Genugtuung, nahm er seinen Weinberg wieder und pflegte ihn ebensogut wie vorher; und niemals befanden sich Mann und Frau besser.

Damit es jeder versteht, will ich es übersetzen.

Ich war ein schöner Weinstock und bin’s noch.
Ich wurde früher sehr gehegt.
Jetzt werd‘ ich’s nicht; und weiß doch nicht,
Warum mein Meister mich nicht mehr pflegt.

Antwort: Ja, du warst ein Weinstock und bist es noch,
Früher gepflegt, jetzt ungepflegt,
Weil du die Klaue des Löwen liebst,
Wirst du von deinem Gatten nicht mehr gepflegt.

Antwort des Marquis: Am Weinstock, den ihr meint, war ich gewiß
Und blieb ein wenig dort;
Ich hob die Ranke und betrachtete die Traube,
Gott steh‘ mir bei, wenn ich sie je berührte!

Mit jener Löwenklaue war der Handschuh gemeint, den er zwischen die Tücher verirrt fand.

Das nenne ich noch einen guten Gatten, der seinem Argwohn nicht die Zügel schießen ließ und also seines Verdachts sich entledigend seiner Frau verzieh. Und es gibt sicherlich Frauen, die an sich so viel Vergnügen haben, daß sie sich nackend betrachten, daß sie gleich Narziß über sich in Entzückung geraten. Was sollen dann wir erst tun, wenn wir sie ansehn und betrachten?

Mariamne, Herodes‘ Gemahlin, eine schöne und ehrbare Frau, verweigerte es durchaus, als ihr Gatte eines Tages am hellen Mittag bei ihr schlafen und klärlich sehen wollte, was an ihr war, wie Josephus berichtet. Von der Macht, die er als Ehemann hatte, machte er dabei keinen Gebrauch, wie ein großer Herr, den ich kannte, gegenüber seiner Frau, einer Schönheit, die er am hellen lichten Tag besprang und trotz ihrer heftigen Weigerungen ganz nackt auszog. Dann schickte er ihr die Kammerfrauen, um sie anzukleiden; sie fanden sie ganz in Tränen aufgelöst und beschämt. Andre Damen machen sich mit Absicht keine großen Gewissensbisse daraus, ihre Schönheit völlig zur Schau zu stellen, sich in ihrer Nacktheit zu entblößen, um ihre Diener mehr zu reizen, zu verführen und anzulocken; aber die kostbare Berührung wollen wenigstens manche durchaus nicht gestatten oder nur kurze Zeit lang; denn auf diesem schönen Weg wollen die Männer nicht stehn bleiben, sondern gern weitergehn, und man erzählte mir von mehreren Frauen, die ihre Liebhaber lange Zeit mit so schönen Aspekten unterhalten hatten.

Glückselig sind jene, die sich in Geduld fassen, ohne sich allzusehr von Versuchungen hinreißen zu lassen. Es muß ja wirklich ein Tugendbold sein, dem beim Anblick einer schönen Frau nicht die Augen übergehn; so sagte Alexander manchmal zu seinen Freunden, daß die persischen Mädchen denen die Augen sehr schmerzen machten, die sie betrachteten; daher grüßte er die Töchter des Königs Darius, die seine Gefangenen waren, nur mit niedergeschlagenen Augen und sah sie so wenig, als er nur konnte, an, aus Furcht, er möchte von ihrer ausgezeichneten Schönheit gefesselt werden.

Nicht allein damals, sondern auch heute noch genießen unter allen Frauen des Orients die Perserinnen den Ruhm und den Preis, die schönsten und vollendetsten zu sein, sowohl nach ihren Maßen, nach der Natürlichkeit ihrer Schönheit, wie nach ihren reizenden und vorzüglichen Kleidern und Schuhen; besonders jene Frauen der alten Königsstadt Schiras, deren Schönheit, Weiße und Liebenswürdigkeit dermaßen gepriesen wird, daß die Mauren in einem alten und gewöhnlichen Sprichwort sagen: ihr Prophet Mohammed habe nie nach Schiras gehen wollen, aus Furcht, daß seine Seele nach seinem Tod nicht ins Paradies käme, wenn er einmal jene schönen Frauen gesehen hätte. Die dort gewesen sind und darüber geschrieben haben, sagen das gleiche, woraus man das scheinheilige Verhalten dieses guten, zerrütteten und liederlichen Propheten entnehmen kann; denn es steht ja, sagt Belon in einem arabischen Buch mit dem Titel: Von den guten Gebräuchen Mohammeds, worin seine Körperkräfte belobt werden, geschrieben, daß er sich rühmte, seine elf Frauen nacheinander in ein und derselben Stunde zu bearbeiten. Hol‘ der Teufel diesen Schlingel! Reden wir nicht mehr davon; ich könnte lange darüber reden, bis ich alles gesagt habe.

In betreff jener Eigenschaft Alexanders, die ich eben erwähnte, und des Scipio Africanus hörte ich, wie man die Frage aufwarf: welcher von beiden erwarb sich höheren Ruhm der Keuschheit?

Alexander wollte im Mißtrauen auf die Kraft seiner Keuschheit jene schönen persischen Damen nicht einmal ansehn. Scipio sah nach der Einnahme von Karthago nova das schöne spanische Mädchen an, das seine Soldaten ihm brachten und als seinen Beuteanteil anboten, sie war von so ausgezeichneter Schönheit und in so jungem, eroberungsfähigem Alter, daß sie überall, wo sie vorbeikam, aller Augen auf sich lenkte und in Verwunderung versetzte, sogar den Scipio: nachdem er sie sehr höflich begrüßt hatte, erkundigte er sich, aus welcher Stadt Spaniens sie stammte und von welchen Eltern. Unter anderm erfuhr er, daß sie einem jungen Mann, namens Alucius, einem Häuptling der Keltiberer, verlobt war, er gab sie diesem und ihren Eltern zurück, ohne sie zu berühren; dafür waren ihm die Braut, die Verwandten und der Bräutigam dermaßen dankbar, daß sie seitdem für die Stadt Rom und die Republik die größte Ergebenheit fühlten. Weiß man denn aber, ob jene schöne Dame nicht in ihrer Seele gewünscht hätte, von Scipio zuerst ein bißchen angeschnitten worden zu sein, von ihm, sage ich, der schön, jung, tapfer, kühn und siegreich war? Wenn sie vielleicht von einer vertrauten Person aufs Gewissen befragt worden wäre, ob sie es nicht gewollt hätte, – so kann man sich vorstellen, was sie geantwortet hätte, oder sie hätte ein verliebtes Gesichtchen gemacht und durchblicken lassen, daß sie es wohl verlangt hätte, und ob ferner, wenn es euch gefällt, das spanische Klima und die westliche Sonne sie nicht verführen konnten, wie viele andre Frauen von heutzutage, schön und begehrlich wie sie, heiß und gierig danach, wie ich eine Menge gesehen habe. Man braucht also nicht daran zu zweifelnr wäre jenes schöne und ehrbare Mädchen von dem schönen Jüngling Scipio umworben und verlangt worden, sie hätte ihn beim Wort genommen und sich sogar auf dem Altar ihrer heidnischen Götter geopfert.

Hierin ist Scipio sicherlich von manchen wegen dieser großen Gabe, enthaltsam zu sein, gelobt worden, von andern wurde er darum getadelt; denn worin kann ein tapferer und tüchtiger Rittersmann den Adel seines Herzens gegen eine schöne und ehrbare Dame bezeigen, als daß er ihr durch die Tat zu erkennen gibt, daß er ihre Schönheit schätzt und sie sehr liebt, ohne ihr gegenüber von jener Kälte, jenen Rücksichten, Sittsamkeiten und Enthaltsamkeiten Gebrauch zu machen, die ich von verschiedenen Rittern und Frauen eher Dummheiten und Herzlosigkeiten als Tugenden nennen hörte? Nein, nicht das ist es, was eine schöne und ehrbare Dame in ihrer Seele liebt, sondern ein tüchtiges, kluges, verschwiegnes und heimliches Genießen. Schließlich war Scipio, wie eines Tages eine ehrbare Dame sagte, die die Geschichte las, ein Dummkopf, ein so tüchtiger und edler Feldherr er auch sein mochte, daß er sich und der Partei Roms die Leute mit einem so törichten Mittel verpflichtete, was er doch passender hätte erreichen können, besonders aber weil das Mädchen eine Kriegsbeute war, über die man ebensosehr oder noch mehr als über jede andre Sache triumphieren muß. Der große Gründer seiner Stadt handelte beim Raube der schönen Sabinerinnen mit seiner Beute anders, ohne jede Rücksicht mußte sie ihm zu Lust und Willen sein, dabei stand sie sich gut und sorgte sich schwerlich darum, weder sie noch ihre Gefährtinnen taten das, die alsbald mit ihren Gatten und Räubern Frieden schlössen und es nicht übelnahmen wie ihre Väter und Mütter, die einen großen Krieg darum entfesselten.

Freilich gibt es Leute und Leute, Frauen und Frauen, die nicht mit jedermann dergestalt Umgang haben wollen, und nicht alle gleichen der Frau des Königs Ortiagos, einem der gallischen Könige Asiens, die von vollendeter Schönheit war; bei seiner Niederlage wurde sie von einem römischen Centurio gefangen genommen, der eine entehrende Forderung an sie stellte; sie blieb aber fest; denn es schauderte ihr, sich einem so gemeinen und niedrigen Menschen hinzugeben. Da vergewaltigte er sie, da sie das Kriegsglück zu seiner Sklavin gemacht hatte, er sollte es aber bald bereuen und seine Vergeltung bekommen, denn als sie ihm ein großes Lösegeld für ihre Befreiung versprochen hatte und sie beide an den bezeichneten Ort gegangen waren, wo er das Geld in Empfang nehmen sollte, ließ sie ihn töten, während er es zählte, und brachte es dann mit seinem Kopf ihrem Gemahl, dem sie freimütig gestand, daß dieser Mann ihre Keuschheit wirklich vergewaltigt, daß sie sich aber an ihm in dieser Weise gerächt hätte: das billigte ihr Gatte und überhäufte sie mit großen Ehren. Von dieser Zeit an, sagt die Geschichte, bewahrte sie ihre Frauenehre bis zum letzten Tag ihres Lebens mit allem Ernst und aller Heiligkeit: schließlich hatte sie ja den guten Bissen weg, wenn er auch von einem geringen Manne gekommen war. Anders machte es Lukretia; denn sie schmeckte es gar nicht, obgleich sie von einem tapfern König umworben wurde: darin war sie doppelt die Dumme, ihm nicht auf der Stelle und für ein Weilchen gefällig zu sein, sondern sich umzubringen.

Um wieder auf Scipio zurückzukommen, so kannte er den Kriegsgebrauch betreffs Beute und Plünderung wohl noch nicht; denn es gibt, soviel ich von einem unsrer großen Feldherren weiß, kein besseres Fleisch auf der Welt als das einer kriegsgefangenen Frau, er verspottete mehrere andere seiner Kollegen, die bei Bestürmungen und Überrumpelungen von Städten vor allen Dingen die Ehre der Frauen anempfahlen, auch bei anderen Plätzen und Gefechten: denn immer lieben die Frauen die Kriegsleute mehr als die anderen, und ihre Heftigkeit erregt ihnen mehr Begierden, und dann gibt es nichts daran auszusetzen, das Vergnügen verbleibt ihnen, der Gatten Ehre und die ihrige wird dabei keineswegs geschändet, und hernach sind sie auch hübsch verwöhnt! Was noch mehr bedeutet, sie retten ihren Gatten den Besitz und das Leben, wie die schöne Eunoe, die Frau des Bogud oder Bocchus, des Königs von Mauritanien, der Cäsar mit ihrem Gemahl große Wohltaten bezeigte, nicht so sehr, wie man glauben darf, weil er seine Partei ergriff, wie Juba, der König von Bithynien, die des Pompejus, sondern weil es eine schöne Frau war, und weil Cäsar ihren vertrauten Umgang und ihren süßen Genuß hatte.

Noch weitere Vorzüge dieser Liebschaften, die es gibt, übergehe ich: trotzdem, sagte jener große Feldherr, wollten seine Kriegskameraden, die ihm glichen, in Befolgung alter Kriegsbräuche, daß die Ehre der Frauen geschont werde, deren Meinung man doch zuvor heimlich und zugestanden wissen müßte, bevor man darüber entschiede: oder sie haben möglicherweise die Gemütsart unsres Scipio, der sich damit begnügt, es mit dem Ortolanhund zu halten, der, wie oben schon gesagt, vom Kohl im Garten nichts fressen will und daher auch die anderen nichts davon fressen läßt. So verfuhr er gegenüber dem armen Massinissa, der für ihn und für das römische Volk so oft sein Leben gewagt hatte, und nachdem er so viel Mühen, Schweiß und Arbeit aufgewandt hatte, um ihm Ruhm und Sieg zu erringen, weigerte und raubte er ihm die schöne Königin Sophonisbe, die er sich als seine wichtigste und wertvollste Beute ausgewählt hatte: er nahm sie ihm, um sie nach Rom zu schicken, wo sie den Rest ihrer Tage in elender Sklaverei verbringen sollte, wenn Massinissa keine Maßregeln dagegen ergriffen hätte. Sein Ruhm wäre besser und großartiger gewesen, wenn sie als berühmte und stolze Königin, als Gemahlin Massinissas, dabei aufgetreten wäre und man, während sie vorüberschritt, hätte sagen können: »Schau, das ist eines der schönen Male der Eroberungen Scipios«, denn der Ruhm liegt gewiß mehr in der Erscheinung großer und hoher Dinge als gemeiner. Kurz, Scipio machte in alledem große Fehler, oder er war überhaupt ein Feind des weiblichen Geschlechts oder ganz und gar unfähig, es zu befriedigen, wenn man auch sagt, daß er auf seine alten Tage mit einer der Sklavinnen seiner Frau zu lieben begann; das ertrug sie sehr geduldig, Gründe halber, die sich darüber anführen ließen.

Um nun aus der Abschweifung, die ich soeben machte, wieder auf den geraden Weg zurückzukommen, den ich verlassen habe, und um diese Abhandlung abzuschließen, sage ich: Es gibt keinen schöneren Anblick auf der Welt als eine schöne Frau in prachtvollen Kleidern oder in köstlicher Nacktheit auf ihrem Lager, wenn sie nur gesund, sauber, makellos ist und weder Überbein noch Mauke hat, wie ich schon sagte. Der König Franz sagte: ein Edelmann, so stolz er auch sei, könnte einem Herrn, und sei er auch noch so groß, keinen besseren Empfang in seinem Haus oder Schloß bereiten, als wenn er ihn zuerst mit einer schönen Ehefrau, dann mit einem schönen Pferd und endlich mit einem schönen Windspiel zusammenkommen lasse: denn indem der Besucher sein Auge bald auf das eine, bald auf das andre, bald auf das dritte lenke, könnte er in diesem Haus niemals verdrießlich werden, diese drei schönen Dinge seien für ihn sehr freudig anzusehn und zu bewundern, und es bildete eine hohe Annehmlichkeit, sich ihrer zu bedienen. Die Königin Isabella von Kastilien sagte, vier Dinge seien es, deren Anblick ihr ein außerordentliches Vergnügen bereite: Hombre d’armas en campo, obisbo puesto en pontifical, linda dama en la cama, y ladron en la horca: ein bewaffneter Mann auf dem Schlachtfeld, ein Bischof im priesterlichen Ornat, eine schöne Dame im Bett und ein Dieb am Galgen.

Von dem erst jüngst verstorbenen Herrn Kardinal von Lothringen, dem Großen, hörte ich erzählen: als er zum Papst Paul IV. nach Rom ging, um den mit dem Kaiser geschlossenen Waffenstillstand aufzuheben, kam er durch Venedig, wo er in höchst ehrenvoller Weise empfangen wurde; daran ist auch gar nicht zu zweifeln, da er bei einem so großen König in so hoher Gunst stand. Der ganze große und vornehme Senat ging ihm entgegen, und als sie durch den Canale Grande kamen, wo alle Fenster der Häuser mit den Frauen der Stadt, und zwar mit den schönsten, die zusammengeströmt waren, um den Einzug zu sehn, besetzt waren, unterhielt ihn einer der Vornehmsten von den Staatsgeschäften und redete eindringlich auf ihn ein. Da der Gesandte aber seine Augen fest auf jene schönen Damen heftete, sagte er ihm in seinem Patois: »Monseigneur, ich glaube, Ihr versteht mich nicht und habt recht; denn es ist viel vergnüglicher und etwas ganz anderes, diese schönen Damen in den Fenstern zu beobachten und sich an ihnen zu ergötzen als einen verdrießlichen Greis wie mich reden zu hören, selbst wenn er von irgendwelcher großen Eroberung spräche, die für Euch von Vorteil wäre.« Der Herr Kardinal, dem es nicht an Geist und Gedächtnis fehlte, erwiderte ihm Wort für Wort alles, was er gesagt hatte, womit er bei dem guten Greise die größte Befriedigung und die bewunderndste Schätzung erweckte, daß er, während er sich am Anblick der schönen Damen ergötzte, von dem Gesprochenen nichts vergessen oder überhört hatte.

Wer den Hof unserer Könige Franz, Heinrich II., und anderer Könige, die seine Kinder waren, gesehn hat, wird wohl gestehn, wer es auch immer sei und kenne er die ganze Welt, niemals etwas so Schönes gesehen zu haben als die Damen an diesen Höfen, unsere Königinnen und ihre Frauen, Mütter und Schwestern; und etwas noch Schöneres, sagte jemand, konnte man zu Lebzeiten des Großvaters von Meister Gonnin sehen, der die Frauen mit seinen Erfindungen, Illusionen, Hexereien und Zaubereien entkleidet und nackt hätte zeigen können; dies soll er einmal in einer sehr vertrauten Gesellschaft auf Befehl von König Franz gemacht haben; denn er war ein sehr kundiger und in seiner Kunst sehr kluger Mann; im Vergleich mit ihm verstand sein Enkel, den wir noch gesehen haben, nichts davon.

Ich meine, dieser Anblick war ebenso lustig wie jener, den einst die Ägypterinnen in Alexandrien ihrem großen Gotte Apis bei dessen Empfang und Begrüßung bereitet hatten. In feierlicher Zeremonie schritten sie vor ihn hin, hoben ihre Kleider, ihre Röcke und Hemden auf und stülpten sie so hoch empor, als sie nur konnten, spreizten ihre Beine und stellten ihre Scham vollständig zur Schau: dann sahen sie ihn nicht wieder, man stelle sich vor, sie glaubten, ihn tüchtig damit bezahlt zu haben. Wer die Geschichte nachsehn will, lese Alex{ander) ab Alex(ndrien) im sechsten Buch der Jours jovials. Ich meine, das muß ein sehr vergnüglicher Anblick gewesen sein, denn damals waren die Damen von Alexandrien schön, wie sie es heute noch sind. Wenn die Alten und Häßlichen es ebenso machten, dann laß sie ungeschoren; denn der Blick darf sich nur aufs Schöne richten und muß das Häßliche fliehen, so sehr er nur kann. In der Schweiz sind Männer und Frauen bunt durcheinander in den Bädern und Badstuben, ohne irgend etwas Unanständiges zu begehen, es macht ihnen keine Beschwer, weil sie ein Tuch davor binden: wenn es etwas locker sitzt, dann kann man immer noch sehen, was einem gefällt oder mißfällt, je nachdem es schön oder häßlich ist. Bevor ich diese Abhandlung schließe, will ich noch das sagen: welcher Versuchungen und welcher Augenweide mußten doch früher die jungen römischen Herren, die Edelleute, die Bürger und andere an dem Tag teilhaftig werden, an dem man das Fest der Flora78 feierlich beging, von der man sagte, sie sei die feinste und erfolgreichste Kurtisane gewesen, die je in Rom oder anderswo die Hurenschaft ausübte! Und ihren Ruf erhöhte noch, daß sie aus gutem Hause und einem vornehmen Geschlecht stammte; denn derartige Frauen von so hohem Rang gefallen gewöhnlich mehr, und ein Zusammentreffen mit ihnen ist exzellenter als eines mit anderen.

Auch hatte Frau Flora das Gute, und darin war sie Lais überlegen: Diese gab sich jedermann preis wie eine Vettel, Flora nur den Vornehmen, sie hatte sogar an ihrer Tür einen Anschlag gemacht:

Eintritt für Könige, Häuptlinge, Diktatoren, Konsuln, Zensoren, Oberpriester, Quästoren, Gesandte und andere große Herren. Sonst Eintritt verboten.

Lais ließ sich stets voraus bezahlen, Flora nicht; sie sagte, sie verhielte sich den Großen gegenüber aus dem Grunde so, damit sie sich auch ihr gegenüber als große und vornehme Leute benähmen; und dann wird ja auch eine Frau von großer Schönheit und edlem Herkommen stets so hoch geachtet, als sie sich selbst schätzt; daher nahm Flora nur, was man ihr gab, indem sie sagte, jede feine Dame müsse ihrem Liebhaber aus Liebe Liebes tun, nicht aus Habsucht, weil alle Dinge ihren bestimmten Preis hätten, nur die Liebe nicht.

Kurz, sie betrieb zu ihrer Zeit die Liebe so artig und ließ sich so tüchtig bedienen, daß es, wenn sie manchmal ihre Wohnung verließ, um in der Stadt spazieren zu gehen, für einen Monat lang genug von ihr zu reden gab, von ihrer Schönheit, von ihrem schönen und reichen Schmuck, von ihrem stolzen Wesen, ihrer Anmut, wie auch von dem großen Gefolge von Höflingen, Liebhabern und großen Herren, die bei ihr waren, die ihr folgten und sie wie Sklaven begleiteten, was sie geduldig ertrug. Und wenn die fremden Gesandten in ihre Länder zurückkehrten, dann freute es sie mehr, von der Schönheit und von der Einzigartigkeit der schönen Flora zu erzählen als von der Größe der römischen Republik, besonders rühmten sie ihre große Freigebigkeit, die doch der Gemütsart solcher Frauen zuwiderläuft, ihre Vornehmheit hob sie aber auch wirklich über das Gewöhnliche hinaus.

Endlich starb sie so reich und so vermögend, daß der Wert ihres Silbers, ihrer Möbel und Juwelen hinreichte, die Mauern Roms wieder aufzubauen und dazu noch Schulden der Republik abzutragen. Sie machte das römische Volk zu ihrem Haupterben, dafür wurde ihr in Rom ein sehr prachtvoller Tempel errichtet, der nach ihrem Namen »Tempel der Flora« genannt wurde.

Das erste Fest, das der Kaiser Galba feierte, war das der Liebesflora, an dem es den Römern und Römerinnen erlaubt war, jeder Ausschweifung, Unanständigkeit und Liederlichkeit zu frönen, die sie nur aussinnen konnten. Wer sich an diesem Tag am ausschweifendsten, unanständigsten und unzüchtigsten benahm, hatte an Frömmigkeit und Galanterie den Vogel abgeschossen.

Man stelle sich vor, daß kein Fiscaguatanz (den die maurischen Kammermädchen und Sklaven an den Sonntagen auf Malta auf offnem Platz vor aller Welt tanzen) und keine Sarabande dem nachkam, und daß sie keine schlüpfrige Bewegung oder Erregung, keine unzüchtige Gebärde, keine seltsamen Windungen vergaßen. Je ausschweifender und unzüchtiger eine ihre Tänze ausdenken konnte, für desto galanter wurde sie erachtet; denn unter den Römern war nämlich die Meinung im Umlauf, wer in der laszivsten und hurerischsten Kleidung und Gebärdung zum Tempel jener Göttin ginge, der erntete dieselbe Anmut und dieselben Reichtümer, die Flora besessen hatte.

Das nenne ich doch schöne Ansichten und ein schönes Fest feiern! Sie waren ja auch Heiden. Es ist gar nicht daran zu zweifeln, daß sie keine einzige Laszivität vergaßen, und daß die tüchtigen Frauen lange vorher ihre Lektion einstudierten, genau wie die unsrigen ein Ballett lernen, und zwar mit hingebungsvollem Eifer. Die jungen Leute, ja sogar die alten waren auch sehr eifrig dabei, solch schlüpfrige Schaustellungen zu betrachten und anzusehen. Wenn heute unter uns Ähnliches gezeigt werden könnte, so zöge jedermann in jederlei Art Nutzen daraus, und um derartigen Schauspielen beizuwohnen, ließ man sich im Gedränge erdrücken. Wer mag, kann hier noch viele Glossen machen, das überlasse ich aber den braven Liebhabern. Man lese von Sueton, vom Griechen Pausanias, vom Lateiner Manilius die Bücher, die sie über die berühmten, verliebten und berüchtigten Frauen geschrieben haben, so ergibt sich alles. Nun nur noch diese Geschichte, dann keine mehr. Man kann lesen, daß die Lazedämonier einmal auszogen, um Messene zu belagern, wobei ihnen die Messenier zuvorkamen, denn sie verließen zuerst, einer nach dem anderen , ihre Stadt und eilten nach Lazedämon, um es zu überfallen und auszuplündern, während die Lazedämonier sich vor ihrer Stadt lustierten; aber sie wurden von den Frauen, die zurückgeblieben waren, tapfer zurückgeschlagen und verjagt: als die Lazedämonier das erfuhren, kehrten sie um und wandten sich wieder ihrer Stadt zu; aus der Ferne sahen sie jedoch ihre Frauen, die die Vertreibung bewerkstelligt hatten, in Waffen starren und gerieten darüber in Bestürzung; aber sie gaben sich ihnen alsbald zu erkennen und erzählten ihnen von ihrem Abenteuer; vor Freude darüber begannen die Männer sie zu küssen, zu umarmen, zu liebkosen, so daß sie, alle Scham beiseite setzend und ohne sich Zeit zu nehmen, die Waffen abzulegen, es ihnen auf demselben Platze wacker besorgten, auf dem sie ihnen begegneten; da hätte man dies und das sehen und ein lustiges Klingen und Klirren von Waffen und anderen Dingen hören können. Zum Gedächtnis dessen ließen sie der Göttin Venus einen Tempel und ein Götterbild errichten, das sie Venus die Bewaffnete nannten, im Gegensatz zu allen anderen, die ganz nackt dargestellt werden. Das nenne ich einen lustigen Beischlaf und eine hübsche Veranlassung, Venus in Waffen abzubilden und sie so zu nennen!

Unter Kriegsleuten erlebt man zwar häufig, besonders bei der Einnahme von Städten mittels Sturm, daß Frauen von vielen Soldaten in voller Rüstung genossen werden, wenn sie keine Zeit und Geduld haben, sie abzulegen; denn ihre Wut und Begierde sind viel zu groß, von so starker Versuchung sind sie gestachelt; aber selten dürfte man sehn, daß sich ein bewaffneter Soldat mit einer bewaffneten Frau begattet. Man kann sich das Vergnügen denken, das hieraus folgen kann; ein noch größeres könnte in dem schönen Mysterium liegen, betrachte man nun die Betätigung, das Schauspiel oder den Waffenklang. Das hängt von der Einbildungskraft ab, die man dabei walten läßt, sowohl was die Handelnden wie die Zuschauer betrifft, die damals dabei waren.

Nun genug; machen wir Schluß: ich hätte diese Abhandlung noch um verschiedene Beispiele bereichern können, aber ich befürchtete, wenn ich zu lasziv würde, möchte ich darum in schlechten Ruf kommen.

Nun muß ich nur noch, nachdem ich die schönen Frauen so hoch gelobt habe, die Geschichte eines Spaniers dahersetzen, der mir eines Tages eine Frau, die er haßte, gehörig zeichnete und mir sagte: Señor, vieja es como la lampada azeytunada d’iglesia, y de hechura del armario, larga y desvayada, el color y gesto como mascara mal pintada, el talle como una campana o mola de molino, la vista como idolo del tiempo antiguo, el andar y vision d’una antigua fantasma de la noche, que tanto tuviese encontrar la de noche, como ver una mandragora. Jesus! Jesus! Dios me libre de su mal encuentro! No se contenta de tener en su casapor huesped alprovisor del obisbo, ni se contenta con la demasiada conversacion del vicario ni del guardian, ni de la amistad antigua del dean, sino que agora de nuevo ha tomado al quepidepara las animas del purgatorio, para acabar su negra vida. »Seht, sie ist wie eine alte und vollgeschmierte Kirchenlampe; an Form und Gestalt gleicht sie einem großen, leeren und elend gebauten Schrank; ihr Gesicht hat die Farben und die Reize einer schlecht bemalten Maske; einen Leib hat sie wie eine Klosterglocke oder ein Mühlstein; ein Gesicht wie ein Götzenbild aus vergangenen Zeiten; Blick und Gang erinnern an ein altes Gespenst, das bei Nacht umgeht; so daß ich, wenn ich ihr bei Nacht begegnete, sie für einen Alraun halten könnte! Jesus! Jesus! Gott behüte mich vor einer solchen Begegnung. Sie ist weder damit zufrieden, den bischöflichen Verwalter als gewöhnlichen Gast bei sich zu haben, noch zufrieden mit der maßlosen Unterhaltung mit dem Vikar, auch nicht mit dem fortwährenden Besuch des Guardians, noch mit der alten Freundschaft des Dechanten, nein, jetzt hat sie noch von neuem einen an der Hand, der für die Seelen im Fegefeuer bittet und dafür, daß sie ihr schwarzes Leben endigt.« So der Spanier, der die dreißig Schönheiten des Weibes so gut geschildert hat, wie ich in der Abhandlung weiter oben sagte; er kann sie also, wenn er will, auch sehr herabsetzen.

  1. Der Brief Pasquiers, um den es sich handelt (in den Lettres), ist an Ronsard gerichtet.
  2. Brantôme verwirrt das. Siehe die Apophthegmen des Lykostkenes! auch Plutarch im »Leben des Demetrius«.
  3. In seiner Ballade Dames des temps jadis sagt Villon: Der Königin gleich, die Buridan In einem Sack in die Seine werfen ließ.
  4. La vieille Courtisanne, in den Oeuvres poètiques des Joachim du Bellay, 1597.
  5. »Verzeiht mir, Madame, ich will nicht schwatzen, ich will bloß handeln und dann wieder ins Schiff gehn.«
  6. Im Divorce satirique wird diese Erfindung der Königin Margarete zugeschrieben, die ihren Gemahl, den König von Navarra, damit verliebter und brünstiger machen wollte.
  7. Die Priorität für diesen Schönheitskodex steht nicht ganz fest. Möglicherweise kam er auch erst aus dem alten französischen Buch De la louange et beauté des Dames nach Spanien.
  8. Brantome kannte vielleicht die 1511 in Paris bei Ascensius erschienene Ausgabe.
  9. Das Wort stand an der Stelle von cognue, das Brantome dafür einfügte.
  10. Wenn ihr mich nicht genossen habt,
    Dann lag es nicht an mir;
    Denn ihr habt mich ganz nackt gesehn,
    Und ich zeigt euch auch was.
  11. Man kann vermuten, daß Brantome hier von Katharina von Medici redet. Die beiden andern Partner wären dann Heinrich II. und Diana von Poitiers gewesen.)
  12. Sadismus im 16. Jahrhundert. Man hatte damals schon die Sache, aber nicht das Wort. Brantôme konnte sich offenbar keine Erklärung dafür geben.
  13. Brantômes Quelle für diesen Abschnitt waren die Epitres dorées des Guévare, die aber leider ungeschichtlich sind. Er mag sich freilich gern haben täuschen lassen.