Wie gar wohlweislich ein Mann seinem Weibe die Liebe zu einem Franziskaner austreibt.

»Zu Pampeluna lebte ein ehrengeachtetes schönes und tugendsames Weib, das ob seiner Keuschheit und Frömmigkeit nicht seinesgleichen hatte und seines geliebten Mannes volles Vertrauen genoß. Die Dame war in den Dreißigern, wo Frauen bereits den Ruhm der Schönheit gegen den der Frömmigkeit zu vertauschen beginnen, besuchte daher unermüdlich alle Gottesdienste und suchte auch ihren Mann und ihre Kinder dazu zu zu überreden.

Am ersten Fastensonntag nun hörte sie die Predigt eines Franziskanermönches, der ob seines strengen Lebenswandels gleich einem Heiligen geschätzt wurde und bleich und mager geworden war. Doch war er trotzdem unvergleichlich schön geblieben. Demutsvoll lauschte die Dame seiner Rede; ihre Augen wichen nicht von seinem verehrlichen Antlitz, und Ohren und Seele waren weit geöffnet. So drang die Milde seiner Worte ihr bis ins Herz, seine Schönheit aber prägte sich so tief in ihre Seele, daß sie wie verzückt wurde.

Nach der Predigt gab sie sorglich acht, wo der Mönch die Messe las, und wohnte derselben bei; sie nahm die geweihte Asche aus seinen Händen, die weiß und schön waren gleich den ihren, doch blickte sie mehr darauf, denn auf die Asche und vermeinte wahrscheinlich, daß eine so rein geistige Liebe ihrem Gewissen nichts anhaben könne. – Fortan besuchte sie tagtäglich seine Predigten und nahm auch ihren Mann stets dazu mit, und beide waren so voll Lobes über den Mönch, daß selbst bei Tisch und sonsten von nichts anderem mehr die Rede war.

Aber unter solchem geistlichen Deckmantel entflammte diese höchst fleischliche Liebe die arme Dame um so leichter, als sie sich davon hatte überrumpeln lassen und ihrer Leidenschaft erst inne ward, als sie deren berauschendes Glück schon verspürte. Das Schlimme war nur, daß der Urheber ihrer Liebesqualen nicht das geringste davon ahnte.

Bald schob die Dame alles Zagen beiseite, einem so weisen Mann ihre Torheit zu enthüllen und einem solchen Tugendhelden ihre lästerliche Niedrigkeit gewahr werden zu lassen, und so schrieb sie, anfangs allerdings recht verhüllt, an den Mönch über ihre Gefühle zu ihm, gab einem kleinen Pagen diesen Brief und hieß ihn, was er damit tun solle. Vor allem aber befahl sie ihm an, zu sorgen, daß ihr Mann ihn nicht zu den Franziskanern gehen sähe.

Der Page suchte den kürzesten Weg und kam so just in die Straße, wo der Ehemann in einem Laden saß. Der sah ihn vorbeigehen und trat zur Tür, um festzustellen, wo er hinwolle. Als der Page das merkte, barg er sich verlegen in einem Hause. Sein Herr durchschaute das, folgte ihm, packte ihn beim Arme und fragte ihn, wohin er ginge. Als der Page mit toderschrockenem Gesicht Entschuldigungen stammelte, drohte ihm der Edelmann mit Schlägen, so daß der arme Page endlich rief: ›Ach Herr, wenn ich es Euch sage, wird mich die Frau töten.‹

Nun argwöhnte der Edelmann irgendeinen Liebesandel dahinter und versicherte daher dem Pagen, ihn reich zu belohnen, wenn er die Wahrheit rede, andernfalls aber ihn für immer einzusperren. Der Knabe zog ersteres vor, und so erzählte er die Geschichte und zeigte den Brief seiner Herrin an den Mönch. Das alles schmerzte den Edelmann sehr, doch verhehlte er seinen Zorn; und um nun seinem Weibe auf die Schliche zu kommen, schrieb er eine Antwort, gleich als ob der Prediger ihr für ihren guten Willen dankte und sie seines Entgegenkommens versicherte.

Der Page versprach, alles nach der Anordnung seines Herrn auszuführen, und brachte also der Dame den untergeschobenen Brief; über den war sie so außer sich vor Freude, daß ihr Mann es ihrem Gesicht anmerkte. Und in der Tat ward sie in dieser Fastenzeit blühender und frischer, als sie es beim Karneval gewesen war. So kam die Karwoche, ohne daß sie abließ, brieflich dem Mönche ihre tolle Liebe zu gestehen, und der Ehemann sandte ihr weiter entsprechende Antworten.

Doch nach Ostern schrieb er ihr, er bäte sie, ihn wissen zu lassen, wie er sie im geheimen sehen könne. Alsbald redete sie ihrem Mann zu, seine Güter außer der Stadt zu besuchen. Das tat er anscheinend, doch verbarg er sich im Hause eines Freundes. Inzwischen schrieb sein Weib an den Pater, nun sei die Zeit gekommen, um sie zu sehen, denn ihr Mann sei fortgereist. Da nun aber der Edelmann seines Weibes Herz bis auf den Grund prüfen wollte, ging er zu dem Mönch und bat ihn um Gottes willen um seine Kutte. Der erwiderte, die Regel verbiete so etwas und er könne sie nicht für eine Maskerade hergeben. Der Edelmann versicherte ihm aber, hier handle es sich um sein Wohl und Heil, und da der Franziskaner ihn als einen ehrengeachteten, frommen Mann kannte, lieh er sie ihm endlich, worauf jener sich das Gesicht bis auf die Augen mit der Kapuze verdeckte, zudem einen falschen Bart und eine falsche Nase vornahm, also daß er dem Pater ähnlich sah, und Korksohlen in die Sandalen legte, bis er auch seine Größe erreichte.

In diesem Gewande trat er abends in das Gemach seines Weibes, das demütig des Mönches harrte. Und die Törin wartete gar nicht, bis er zu ihr nahe kam, sondern stürzte wie sinnlos auf ihn zu und wollte ihn küssen. Er aber senkte – aus Angst, erkannt zu werden – den Kopf, schlug das Kreuz, tat, als ob er vor ihr flüchtete, und rief fortwährend: ›Versuchungen! Versuchungen!‹

Die Dame entgegnete: ›Wehe, mein Vater, Ihr habt gar recht. Denn keine Versuchung ist stärker als die der Liebe. Doch versprachet Ihr mir Heilung. So erbarmt Euch nun meiner, da wir Zeit und Gelegenheit haben.‹ Und wieder versuchte sie ihn zu küssen, und wieder wich ihr er nach allen Seiten aus, schlug große Kreuze und rief immerzu: ›Versuchungen! Versuchungen!‹ Als er aber merkte, daß sie ihm zu nahe auf den Leib rückte, holte er aus der Kutte einen derben Stock hervor und verprügelte sie derart, daß ihr die Versuchung verging. Und dann verließ er sie unerkannt, brachte dem Pater flugs seine Kutte zurück und versicherte ihm, daß sie ihm Glück gebracht habe.

Da er nun tags darauf heimkehrte, als käme er von seinen Gütern, fand er sein Weib im Bett und erkundigte sich darob, als wenn er ihr Leiden nicht kennte. Sie erwiderte, sie habe sich erkältet und könne weder Arme noch Beine regen. Der Ehemann konnte sich das Lachen schier nicht verkneifen, stellte sich aber sehr betrübt, und, wie um sie zu erfreuen, kündigte er ihr an, er habe zum Abendessen den heiligen Kanzelredner geladen. Unverweilt entgegnete sie: ›Gott behüte Euch, solche Leute zu Gaste zu laden, denn sie bringen überall, wohin sie kommen, Unheil.‹ – ›Wieso, meine Liebe?‹ fragte jener, ›du priesest ihn doch immer so sehr, und mir wenigstens scheint: wenn es je einen Heiligen gab, so ist dieser einer.‹

Die Dame widersprach: ›Zum Predigen und in der Kirche sind sie recht gut, aber daheim sind es Teufel. Bitte, laßt ihn mich nicht sehen. Denn so, wie es mir eben geht, würde ich sicher sterben.‹ – ›Wie du willst,‹ meinte der Mann, ›ich jedenfalls werde ihn bewirten.‹ – ›Tu das meinetwegen, aber laß mich beiseite,‹ rief sie, »denn ich hasse diese Menschen gleichwie den Satan.‹ –

Nachdem der Ehemann den Franziskaner bewirtet hatte, sagte er zu ihm: ›Ich glaube, Gott schätzt Euch also hoch, daß er Euch sicher keinen Wunsch versagen wird. Darum bitte ich Euch, erbarmt Euch meines armen Weibes, das seit acht Tagen von einem bösen Geist besessen ist, also daß sie alle Welt kratzt und beißt. Weder Kreuz noch Weihwasser kann ihr helfen. Doch scheint mir, wenn Ihr die Hand auf sie legen wolltet, so würdet Ihr den Teufel austreiben. Tut mir also bitte den Gefallen.« Der wackere Pater erwiderte: »Mein Sohn, wer glaubt, kann alles erreichen. Glaubet Ihr fest daran, daß Gottes Güte alles gewähren kann, wenn man auf seine Huld bauet?« – »Das glaube ich fest!« – »So überzeugt Euch und laßt uns nun, im Glauben fest, dorthin gehen, um dem brüllenden Leu zu widerstehen und ihm die Beute zu entreißen, die Gott durch das Blut Jesu Christi gebührt.«

Alsbald führte der Edelmann den Pater zu seinem Weib, das auf einem niederen Bett lag. Die Dame ward betroffen, da sie jenen erblickte, denn sie vermeinte, es sei der gleiche, der sie geschlagen hatte, und darob ergrimmte sie gar gewaltig. Doch sintemalen ihr Mann dabeistund, senkte sie die Augen und schwieg. Und der Edelmann sprach: »Solange ich da bin, setzt ihr der Teufel nicht zu. Sobald ich aber fort bin, spritzet Weihwasser auf sie, dann werdet Ihr sogleich den bösen Geist sein Wesen treiben sehen.« Und damit ließ er jenen mit seinem Weib allein, aber blieb hinter der Tür stehen, um ihr Gehabe anzuschauen.

Kaum sah sich die Frau mit dem Pater allein, da schrie sie wie eine Tobsüchtige und nannte ihn »Bösewicht, Schmutzian, Mörder und Betrüger«. Der Franziskaner war nun sicher, daß sie besessen sei, und wollte ihren Kopf ergreifen, um darauf Gebete zu sprechen. Da kratzte und biß sie ihn derart, daß er genötigt wurde, zurückzuweichen. Und so spritzte er von weitem männiglich Weihwasser auf sie und sprach herrliche Beschwörungen und Gebete.

Als nun der Mann inne ward, daß jener seine Pflicht genügend erfüllt hatte, kam er wieder herein und dankte ihm dafür, daß er sich so viel Mühe gegeben hatte. Und kaum war er in der Stube, da ließ sein Weib die Schimpfworte und Flüche und küßte aus Angst vor dem Gatten demütig das Kruzifix. Der heilige Mann aber, der sie also tobend gesehen hatte, glaubte fest und sicher, daß auf sein Gebet hin der Herr Christus den Teufel verjagt habe, und so ging er froh davon und pries Gott ob seiner Wundertat.

Und da der Ehemann seine Frau für ihre tolle Leidenschaft wohl gezüchtigt sah, wollte er ihr auch nicht weiter erklären, wie er vorgegangen sei. Er begnügte sich damit, durch seine Klugheit ihren Sinn bekehrt zu haben, also daß sie den Gegenstand ihrer geheimen Leidenschaft nun in den Tod haßte und ihre Torheit verabscheute. Fürder ließ sie denn auch ihre übertriebene Frömmigkeit und widmete sich mehr und besser denn je ihrem Mann und Ihrem Hausstand.

Hieraus, meine Damen, könnt ihr die ruhige Einsicht eines Mannes und die Schwäche einer sonst hochgeachteten Frau erkennen, also daß ihr, wenn ihr in jenen Spiegel schauet, sicherlich lieber auf Gottes Schutz als eure eignen Kräfte vertrauen werdet.«

Alsbald sagte Parlamente: »Ich freue mich, daß Ihr unter die Prediger gegangen seid, Hircan; hoffentlich bleibt Ihr dabei und haltet allen Frauen solche Reden.« – »Stets, wenn Ihr zuhören wollt, werde ich also sprechen,« entgegnete der. – »Also wenn Ihr fort seid, spricht er anders,« neckte Simontault. – »Mag er tun was er will,« schnitt Parlamente ab. »Ich hoffe vor allem, daß diese Geschichte denen von Nutzen ist, die da vermeinen, geistige Liebe sei ungefährlich. Sie ist gefährlicher als jede andere. Denn die Liebe hat schneller ein Herz ergriffen, als man es selbst merkt, und wer auf Gott darin bauen will, hat es am Ende doch mit dem Teufel zu tun. Ich meinesteils werde stets wünschen, daß jede Frau sich mit ihrem Gatten genügen lasse, so wie ich es tue.« – Darob fühlte sich Emarsuitte getroffen, wechselte die Farbe und erwiderte: »Entweder meint Ihr, jede habe ein so hartes Herz wie Ihr, oder aber Ihr haltet Euch für viel vollkommener als die andern.« – »Wir wollen nicht streiten,« lenkte Parlamente ein. »Laßt uns lieber hören, wem Hicean seine Stimme gibt.« – »Ich gebe sie Emarsuitte,« rief Hirean, »um sie mit meinem Weibe auszusöhnen.«

»Wenn ich somit an der Reihe bin,« hub diese an, »so will ich weder Mann noch Weib verschonen, um alle Gegensätze auszugleichen. Und da ihr euch nicht dazu verstehen könnt, die Tugend und den Wert der Männer zuzugeben, so will ich diesen Gegenstand in meiner Geschichte behandeln.«