Mit welcher Gewandtheit ein Fürst einen lästigen Liebeswerber zu entfernen wußte.

Als König Franz, der erste seines Namens, mit geringem Gefolge auf einem Lustschloße weilte, um zu jagen und sich auszuruhen, befand sich ein edler Herr voll Ehrsamkeit und Tugend bei ihm, ein Fürst von seltener Schönheit und Klugheit. Selbiger hatte ein Weib zu eigen, das zwar nicht überaus schön war, aber von ihm innig geliebt und gar verwöhnt wurde. So vertraute er ihr selbst an, wenn er zu einer anderen Zuneigung gefaßt hatte. Denn er wußte, daß sein Wille auch der ihrige war.

Dieser Fürst verliebte sich nun einst in eine Wittib, die in dem Rufe stand unvergleichlich schön zu sein, und trotzdem schloß auch die Fürstin selbige in ihr Herz und lud sie oft zu sich; denn sie freute sich, daß ihr Mann ein so ehr- und tugendsames Weib liebte, statt betrübt darüber zu sein. Das ging so eine ganze Weile. Aber bald stellten sich eine Reihe hoher Herren und Edelleute ein, die ob ihrer Schönheit die Wittib umwarben und sie gar heiraten wollten, denn sie war sehr reich. Unter diesen befand sich ein junger Mann, der ihr unentwegt auf den Leib rückte und den lieben langen Tag, ja selbst beim An- und Auskleiden in ihrer Stube hockte.

Das mißbehagte dem Fürsten, da er jenen in keiner Beziehung für ansehnlich halten konnte, und er machte der Dame darum Vorwürfe. Diese – die Tochter eines Herzogs – entschuldigte sich damit, daß sie mit ihm wie den andern spräche und so leichter einen Verdacht von sich bezüglich des Fürsten abwenden könne. Indes bedrängte sie der Edelmann weiter derart, daß sie schließlich, nur um ihn los zu werden, versprach, ihn zu heiraten – aber erst, wenn ihre Töchter vermählt seien. Fortan kam der Edelmann ohne die geringsten Bedenken zu jeder beliebigen Stunde zu ihr.

Als der Fürst dessen inne wurde, sagte er einmal zu der Dame: ›Ich stellte allezeit Eure Ehre so hoch wie die meiner leiblichen Schwester, und ihr wißt, wie ich Euch just ob Eurer Tugend liebe. Müßte ich aber annehmen, daß ein Unwürdiger durch Aufdringlichkeit erreicht, was ich nicht gegen Euern Willen besitzen wollte, so wäre das ebenso unerträglich für mich, wie entehrend für Euch. Man beginnt über Euch zu schwätzen, und darum wäre es schier besser, Ihr würdet ihn heiraten, obgleich er so weit unter Euerm Stand und Vermögen ist. So bitte ich Euch, sagt mir, ob Ihr ihn lieben wollt oder nicht; denn ich kann solchen Gefährten nicht neben mir dulden und müßte in diesem Falle Euch verlassen.‹

Die arme Dame fürchtete seine Freundschaft zu verlieren. Darum hub sie alsbald an, bitterlich zu weinen, und schwor ihm zu: lieber wolle sie sterben, als jenen Edelmann heiraten. Leider fiele er ihr aber so lästig, daß sie sich vor ihm nicht schützen könne. – ›Ich rede nicht davon, daß er zu einer Stunde zu Euch kommt, wo alle kommen können,‹ rief der Fürst. ›Ich hörte aber, daß er Euch auch besucht, wenn Ihr im Bett liegt. Und wenn das so fortgeht, ohne daß Ihr ihn heiratet, so werdet Ihr die ehrloseste Frau der Welt!‹ Alsbald versicherte sie ihm, sie betrachte jenen nicht als einen Gatten, sondern als einen Bekannten und einen über die Maßen lästigen Gesellen. – ›Nun denn, wenn er Euch unbequem ist,‹ entgegnete der Fürst, ›dann werde ich Euch von ihm befreien.‹ – ›Wie!‹ rief sie, ›Ihr wollt ihn töten?‹ – ›Keineswegs! Aber ich werde ihm zu verstehen geben, daß dies Haus kein öffentlicher Ort ist, sondern ehrenwert gleich dem des Königs. Und ich schwöre Euch: wenn er sich von nun an nicht ändern sollte, werde ich ihm eine Lehre geben, so die andern sich hinter die Ohren schreiben werden.‹

Damit ging er von dannen. Aber just, als er aus dem Zimmer trat, begegnete er besagtem Edelmann, der hinein wollte. Dem wiederholte er, was er eben gesagt hatte und kündigte ihm an: ›das erstemal, da er ihn zu unerlaubter Stunde hier beträfe, werde er ihm einen derartigen Schreck einjagen, daß er den nicht so bald wieder vergessen würde, maßen die Dame zu hochgestellt sei, als daß man ihr so mitspiele.‹ Darauf entgegnete jener, er könne sicher sein, daß er sie nur zu erlaubter Stunde besuche; sollte der Fürst ihn je zu anderer Zeit hier abfangen, so möge er ihm gern das Schlimmste antun. Einige Tage später aber nahm der Edelmann an, der Fürst habe seine Worte vergessen, besuchte die Dame abends und blieb recht spät. Da nun die Dame sehr erkältet war, so wurde der Fürst von seiner Frau gebeten, er möge sie, auch in ihrem Namen, besuchen, da sie selbst Wichtiges zu erledigen habe. Der wartete, bis der König zu Bett gegangen war, und begab sich alsdann zu der Dame, um ihr einen guten Abend zu wünschen. Als er dort die Treppe hinauf wollte, traf er einen Kammerdiener, der hinunter kam, und fragte ihn nach dem Befinden seiner Herrin. Der versicherte, sie sei zu Bett und schliefe schon. Der Fürst aber hatte den Eindruck, daß er log, und blickte sich im Fortgehen um. Da sah er, wie jener in großer Eile wieder zurücklief, und nun ging er im Hofe vor der Tür auf und ab, um zu sehen, ob der Diener nicht wiederkäme. Eine Viertelstunde später sah er ihn auch richtig ankommen; doch schaute er sich um, ob der Fürst noch im Hofe sei.

Alsbald sagte sich dieser, daß der Edelmann im Zimmer der Dame weile und aus Angst vor ihm nicht hinunterzukommen wage. Und da er sich erinnerte, daß ein Fenster jener Wohnung nicht hoch lag und in einen kleinen Garten führte, bedachte er das Sprichwort: ›Der gerade Weg geht durchs Fenster‹, rief einen seiner Diener herbei und hieß ihn: ›Geh‹ dort in jenen Hintergarten, und wenn du einen Edelmann zum Fenster hinausklettern siehst, so wirf dich mit gezücktem Degen auf ihn, sowie er auf die Erde gelangt ist, haue an die Mauer und rufe: ›Tötet ihn! Tötet ihn!‹ Aber hüte dich, ihn zu verletzen.‹

Der Diener begab sich dorthin, und der Fürst wandelte bis etwa drei Uhr nachts vor der Tür auf und ab. Da nun der Edelmann inne ward, daß jener nicht fortging, entschloß er sich, durchs Fenster zu entweichen, und nachdem er zunächst seinen Mantel hinuntergeworfen hatte, glitt er mit Hilfe bestochener Diener in den Garten. Alsbald klirrte der Diener des Fürsten gewaltig mit dem Degen und schrie: ›Tötet ihn, tötet ihn.‹ Da vermeinte der Edelmann, dort sei der Fürst selber, bekam schreckliche Angst und floh, ohne seinen Mantel aufzuheben, in größtmöglicher Eile von dannen. So kam er zu der Torwache, die mißtrauisch wurde, da sie ihn so laufen sah. Und da er den Leuten nicht den Grund zu sagen wagte, so bat er sie, ihn bis zum Morgen bei sich in der Wachstube aufzunehmen. Das taten sie denn auch.

Indessen war der Fürst heimgekehrt, und da sein Weib schon schlief, weckte er es auf und sagte: ›Ihr schlaft schon? Wieviel Uhr ist es denn?‹ – ›Seit ich schlafe, hörte ich die Uhr nicht mehr schlagen,‹ entgegnete sie. – ›So wißt,‹ sprach er, ›es ist schon drei Uhr vorbei.‹ – ›Jesus!‹ rief jene, ›wo waret Ihr denn nur so lange? Ich fürchte, Ihr werdet Euch eine Krankheit zuziehen!‹ – ›Nie werde ich vom Wachen erkranken,‹ antwortete der Fürst, ›wenn ich dadurch Leute am Schlafe hindere, die mich hintergehen wollen.‹ Und damit begann er gewaltig zu lachen, also daß sie ihn bat, ihr die Geschichte zu erzählen. Das tat er in aller Ausführlichkeit und zeigte ihr obendrein das Wolfsfell, das sein Diener ihm gebracht hatte. Nachdem sie sich derart weidlich über die Leutchen ergötzt hatten, ergaben sie sich dem Schlafe der Gerechten, derweile die andern beiden von der Furcht gemartert wurden, daß ihre Missetaten enthüllt werden könnten.

Da sich nun der Edelmann klar machte, daß Verstellung nichts nützte, kam er früh zum Fürsten, als der sich erhob, und bat ihn flehentlich, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen und ihm den Mantel wiederzugeben. Der Fürst aber stellte sich dumm und führte seine Rolle so gut durch, daß der Edelmann nicht wußte, woran er sich nun halten solle. Aber er empfing noch eine Lehre, die er nicht so bald vergaß; denn der Fürst ließ ihn wissen: wenn er sich jemals wieder in jenem Hause zeige, so würde er es dem König sagen und dafür sorgen, daß er vom Hofe verbannt würde.

Hätte nun die Dame nicht besser daran getan, dem Fürsten, der sie durch seine Liebe und Wertschätzung so ehrte, die Wahrheit zu sagen, statt sich durch Verstellung solcher Beschämung auszusetzen?«

»Sie wußte doch recht wohl,« entgegnete Guebron, »daß sie bei einem offenen Geständnis seine Gunst verlor, und das wollte sie offenbar um alles in der Welt nicht.« –

»Mir scheint,« meinte Longarine, »sie konnte gut auf diese Freundschaft verzichten, wenn sie einen Mann nach Wunsch gewählt hätte.« – »Wenn sie ihre Ehe hätte bekanntgeben können, ja,« antwortete Parlamente, »aber sie wollte sie doch einstweilen geheimhalten und brauchte daher einen Deckmantel.« – »Das ist es nicht,« rief Saffredant. »Der Ehrgeiz der Frau begnügt sich nicht mit einem Mann; sie braucht zum mindesten drei: einen der Ehre wegen, einen für’s Geld, den dritten zur Lust. Jeder dieser drei vermeint, am meisten geliebt zu sein, aber die ersteren beiden sind nur die Diener des dritten.« – »Ihr sprecht von Frauen, die weder Liebe noch Ehre kennen,« entrüstete sich Oisille. – »Keineswegs. Manche von ihnen haltet Ihr gewiß für hochehrbar. Und zudem ist es gerade diese Kunst, sich so wohl zu stellen, die ihnen den Ehrentitel ›kluge Frauen‹ einträgt – damit locken sie schier mehr Anbeter ins Netz denn mit ihrer Schönheit, obgleich dieser Name gerade auf deren Kosten erworben wird.«

»Jedenfalls,« brach Nomerfide ab, »glaube ich, daß des Fürsten Gemahlin innerlich froh war, daß ihr Mann die Frauen durchschauen lernte.« – »Das war sie nicht,« widersprach Emarsuitte. »Vielmehr war sie tief betrübt, weil sie nämlich ihren Mann wahrhaft liebte.« – »Dann gefiele sie mir nicht minder als jene, die nur lachte, als ihr Mann die Magd küßte,« erklärte Saffredant. – »Wahrhaftig, das müßt Ihr erzählen,« rief Emarsuitte. »Ich gebe Euch das Wort.« Und Saffredant hub an:

»Die Geschichte ist zwar nur kurz, aber ich möchte euch lieber lachen machen denn langweilen.«