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982. Nacht

„Ich habe Dir dieses erzählt,“ fuhr der Wesir
nach Beendigung dieser Geschichte fort, „um Dir zu zeigen, wie weit die
List der Weiber gehen kann, und wie groß die Reue ist, wenn man ihren
Versicherungen je Gehör gegeben hat.“ Der König wurde nun abgeneigt,
seinen Sohn töten zu lassen. Sowie indessen die Nacht begann, kam die Frau zum
König, und sprach: „O Herr, wie kann es Dir so gleichgültig sein, mich
beleidigt zu sehen, und was wird die Welt sagen, wenn sie erfährt, dass Du
einen Befehl gegeben hast, und dass Dein Wesir Dich davon abwenden konnte. Ich
bitte, verschaffe mir Gerechtigkeit gegen Deinen Sohn, und habe zugleich die
Güte, folgende Geschichte von mir anzuhören.

Geschichte
des Walkers und seines Sohnes

Ein Walker musste wegen seiner Geschäfte sich alle Tage
an das Ufer des Flusses begeben, um Tuch oder Zeug zu walken oder auszuwaschen.
Sein Sohn, der ihn jedes mal zu begleiten pflegte, belustigte sich immer in dem
Fluss mit Schwimmen. Eines Tages, als er untertauchte, wurde er matt, und sank.
Sein Vater, der dies bemerkte, fürchtete, er möchte ertrinken, und eilte ihm
zu Hilfe. Der Sohn hielt in seiner Angst sich fest an den Vater an, zog ihn mit
sich hinab, und beide ertranken. – „So auch Du, o König,“ fuhr sie
fort, „wenn Du nicht an Deinem Sohn Rache nimmst wegen der mir angetanen
Schmach, so fürchte ich, dass Du mit ihm zu Grunde gehst, indem er von neuem
Ränke gegen Dich schmiedet. Ich kann Dir noch eine Geschichte erzählen.

Geschichte
des Bösewichts und der tugendhaften Frau

Ein schändlicher Mensch liebte eine sehr schöne Frau,
welche ebenso tugendhaft und enthaltsam wie ich war. Sie hatte einen Mann, den
sie sehr liebte, und widersetzte sich jedem Angriff, den jener auf ihre Tugend
machen wollte.