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97. Nacht

Der Kalif war über das, was der junge Mann ihm erzählte,
sehr verwundert. Aber dieser billige Fürst, da er fand, dass jener mehr zu
beklagen als verbrecherisch wäre, so nahm er Anteil an ihm. „Die Handlung
dieses jungen Mannes,“ sagte er, „ist verzeihlich vor Gott, und bei
den Menschen zu entschuldigen. Der abscheuliche Sklave ist die einzige Ursache
dieser Mordtat, und ihn allein muss man bestrafen. Ich gebe dir deshalb,“
fuhr er fort, indem er sich an den Großwesir wandte, „drei Tage, um ihn
ausfindig zu machen. Schaffst du ihn in dieser Zeit nicht zur Stelle, so dass
ich dich statt seiner hinrichten.“

Der unglückliche Giafar, der sich schon außer Gefahr
geglaubt hatte, wurde von diesem neuen Befehl des Kalifen ganz niedergedrückt.
Da er aber diesen Fürsten, dessen Laune er kannte, nichts zu erwidern wagte, so
entfernte er sich aus seiner Gegenwart, und ging mit Tränen in den Augen nach
Hause, überzeugt, dass er nur noch drei Tage zu leben hätte. Er glaubte so
gewiss, er würde den Sklaven nicht finden, dass er ihn gar nicht aufsuchen
ließ. „Es ist nicht möglich,“ sagte er, „dass ich in einer
Stadt wie Bagdad, wo es eine solche Unzahl schwarzer Sklaven gibt, den rechten
herausfinde. Wenn mich nicht Gott ihn kennen lehrt, wie er mir schon den
Meuchelmörder entdeckt hat, so kann nichts mich retten.“

Er brachte die beiden ersten Tage damit zu, sich mit
seiner Familie, die um ihn her jammerte, zu betrüben, indem er sich über die
Strenge des Kalifen beklagte. Als der dritte gekommen war, schickte er sich zum
Sterben an, wie ein unbescholtener Beamter, der sich nichts vorzuwerfen hat. Er
ließ Kadis und Zeugen kommen, welche das Testament unterzeichneten, das er in
ihrer Gegenwart machte. Hierauf umarmte er seine Frau und seine Kinder und sagte
ihnen das letzte Lebewohl. Die ganze Familie schmolz in Tränen, und es hatte
niemals ein rührenderes Schauspiel gegeben. Endlich kam ein Gerichtsdiener des
Palastes und sagte ihm, dass der Kalif sehr ungeduldig wäre, weder von ihm noch
von dem schwarzen Sklaven, den er hätte aufsuchen sollen, Nachricht zu
erhalten. „Ich habe Befehl,“ fügte er hinzu, „euch vor seinen
Thron zu führen.“ Der tief betrübte Wesir machte sich bereit, ihm zu
folgen. Aber als er eben fortgehen wollte, brachte man ihm seine kleinste
Tochter, die ungefähr fünf oder sechs Jahre alt sein konnte. Ihre Wärterinnen
brachten sie dem Vater, damit er sie zum letzten Mal sähe.

Da er sie mit besonderer Zärtlichkeit liebte, so bat er
den Gerichtsdiener, ihm zu erlauben, dass er sich noch einen Augenblick
verweilte. Hierauf nahte er sich seiner Tochter, schloss sie in seine Arme und
küsste sie mehrmals. Indem er sie küsste, bemerkte er etwas in ihrem Busen,
das einen Geruch von sich gab. „Meine liebe Kleine,“ sagte er,
„was hast du in deinem Busen?“ – „Mein Vater,“ erwiderte sie
ihm, „es ist ein Apfel, auf welchem der Name des Kalifen unseres Herrn und
Gebieters steht. Rihan1),
unser Sklave, hat ihn mir für zwei Zeckinen verkauft.“

Bei den Worten Apfel und Sklave stieß der Großwesir
einen Schrei mit Freude gemischter Verwunderung aus, und indem er mit der Hand
in den Busen seiner Tochter griff, zog er den Apfel heraus. Er ließ den Sklaven
holen, der nicht weit war, und sagte zu ihm: „Schurke, wo hast du diesen
Apfel her?“ – „Herr,“ erwiderte der Sklave, „ich schwöre
euch, dass ich ihn weder euch, noch im Garten des Beherrschers der Gläubigen
gestohlen habe. Als ich neulich in einer Straße bei drei oder vier spielenden
Kindern vorbeiging, deren eines ihn in der Hand hielt, entriss ich ihm den Apfel
und nahm ihn mit. Das Kind lief mir nach und sagte mir, dass der Apfel nicht
ihm, sondern seiner kranken Mutter gehörte, dass sein Vater, um ihr Gelüst
nach äpfel zu befriedigen, eine lange Reise gemacht und drei solche Früchte
mitgebracht, und es diesen Apfel ohne Wissen seiner Mutter genommen hätte. Es
mochte mich noch so sehr um dessen Zurückgabe bitten, ich blieb unbeweglich,
nahm ihn mit nach Hause und verkaufte ihn für zwei Zeckinen an eure Fräulein
Tochter. Mehr weiß ich euch nicht zu sagen.“

Giafar konnte sich nicht genug verwundern, wie die
Spitzbüberei eines Sklaven die Ursache des Todes einer unschuldigen Frau und
beinahe seines eigenen gewesen wäre. Er nahm den Sklaven mit sich zum Kalifen,
und erzählte diesem alles, was jener gesagt hatte, ganz genau, und
unterrichtete ihn auch von dem Zufall, durch welchen er dessen Verbrechen
entdeckt hatte.

Nie glich eine überraschung der des Kalifen. Er konnte
sich nicht erwehren, laut aufzulachen. Endlich nahm er wieder ein ernstes Wesen
an, und sagte zum Wesir: Da sein Sklave eine so große Unordnung angerichtet
habe, so verdiene er eine exemplarische Bestrafung. „Ich kann das nicht in
Abrede stellen, Herr,“ entgegnete der Wesir, „aber sein Verbrechen ist
nicht unverzeihlich. Ich weiß eine weit erstaunlichere Geschichte von einem
Wesir aus Kairo namens Nureddin-Ali2)
und von Bedreddin3)-Hassan
aus Balsora. Da Euer Majestät ein Ergötzen daran findet, solche Geschichten
anzuhören, so bin ich bereit, sie euch unter der Bedingung zu erzählen, dass
ihr, wenn ihr sie erstaunenswerter findet, als die, welche mich zu ihrer
Erzählung veranlasst, meinen Sklaven begnadigt.“ – „Ich will es wohl
eingehen,“ erwiderte der Kalif, „aber ihr lasst euch in eine große
Unternehmung ein, und ich glaube nicht, dass ihr euren Sklaven retten könnte,
denn die Geschichte von den drei äpfeln ist sehr sonderbar.“

Giafar, der nun das Wort nahm, begann wie folgt:

Geschichte
des Nureddin-Ali und Bedreddin-Hasan

„Beherrscher der Gläubigen, es gab einst in Indien
einen sehr gerechten, wohltätigen, barmherzigen und freigebigen Sultan. Seine
Tapferkeit machte ihn allen seinen Nachbarn furchtbar. Er liebte die Armen und
beschützte die Weisen, die er zu den ersten Stellen erhob. Der Wesir dieses
Sultans war ein kluger, verständiger, scharfsinniger, in allen Künste und
Wissenschaften sehr bewanderter Mann. Dieser Staatsbeamte hatte zwei sehr
wohl gebildete Söhne, welche ganz in seine Fußstapfen traten. Der älteste
hieß Schemseddin4)
Mohammed und der jüngste Nureddin-Ali. Dieser letzte besonders besaß alle nur
möglichen Vorzüge. Als der Wesir, ihr Vater, gestorben war, ließ der Sultan
sie zu sich holen, und nachdem er sie beide mit dem Anzug eines gewöhnlichen
Wesirs bekleidet hatte, sagte er zu ihnen: „Der Verlust, den ihr erlitten
habt, tut auch mir leid, und ich bin nicht weniger davon gerührt, als ihr
selbst. Ich will es euch beweisen, und da ich weiß, dass ihr beisammen bleiben
wollt und in vollkommener Eintracht lebt, so bekleide ich euch alle beide mit
derselben Würde. Geht und ahmt eurem Vater nach.“

Die beiden neuen Wesire dankten dem Sultan für seine
Güte, und gingen nach Hause, um das Leichenbegängnis ihres Vaters zu besorgen.
Nach Ablauf eines Monats hielten sie ihren ersten Ausgang, begaben sich zum
ersten Mal in die Ratsversammlung des Sultans, und fuhren seitdem damit fort, ihr
an den Sitzungstagen beizuwohnen. So oft der Sultan auf die Jagd ging,
begleitete ihn einer der beiden Brüder, und sie genossen abwechselnd dieser
Ehre. Als sie sich einst nach dem Abendbrot von gleichgültigen Dingen
unterhielten, (es war am Abend vor einer Jagd, wobei der älteste den Sultan
begleiten sollte,) sagte dieser junge Mann zu seinem jüngern Bruder: „Mein
Bruder, da wir beide, weder du, noch ich, verheiratet sind und in solcher
Eintracht leben, so kommt mir ein Gedanke ein: Lass uns beide an einem und
demselben Tage zwei Schwestern heiraten, die wir in irgend einer uns zusagenden
Familie wählen wollen. Was meinst du zu diesem Gedanken?“ – „Ich
meine, mein Bruder,“ erwiderte Nureddin-Ali, „dass er der
Freundschaft, die uns verbindet, würdig ist. Man kann nichts besseres erdenken,
und was mich betrifft, so bin ich bereit, alles zu tun, was dir beliebt.“ –
„O das ist noch nicht alles,“ entgegnete Schemseddin Mohammed,
„meine Einbildungskraft geht noch weiter. Vorausgesetzt, dass unsere Frauen
beide in der Hochzeitnacht schwanger werden, und dann an einem Tage, die deinige
einen Sohn und die meinige eine Tochter zur Welt bringen, so wollen wir sie,
wenn sie das gehörige Alter erreicht haben, miteinander verheiraten.“ –
„Man muss gestehen,“ rief Nureddin-Ali aus, „dass dieser Plan bewundernswert
ist. Diese Heirat wird unsere Vereinigung krönen, und ich gebe gern meine Einwilligung
dazu. Aber, mein Bruder,“ fügte er hinzu, „wenn es nun zum Abschluss
dieser Heirat käme, würdest du verlangen, dass mein Sohn deiner Tochter eine
Mitgift zubrächte?“ – „Das leidet keinen Zweifel,“ versetzte der
älteste, „und ich bin überzeugt, dass außer den gewöhnlichen Punkten
des Heiratsvertrages, du nicht ermangeln wirst, mindestens dreitausend Zeckinen,
drei schöne Landgüter und drei Sklaven in seinem Namen zu bewilligen.“ –
„Das ist nicht meine Meinung,“ sagte der Jüngste. „Sind wir
nicht Brüder und Amtsgenossen, und beide mit derselben Würde bekleidet? Und
wissen wir übrigens nicht beide, du sowohl als ich, was Rechtens ist? Da der
Mann edler ist, als das Weib, sollte es dir nicht zukommen, einer Tochter eine
große Mitgift zu geben? Wie ich sehe, bist du der Mann, deine Geschäfte auf
Unkosten anderer zu machen.“

Obgleich Nureddin-Ali diese Worte lachend sagte, so wurde
doch sein Bruder, der einen queren Geist hatte, dadurch beleidigt.
„Verdammt sei dein Sohn,“ sagte er mit Heftigkeit, „weil du es
wagst, ihn meiner Tochter vorzuziehen. Ich staune, das du keck genug gewesen
bist um ihn ihrer nur würdig zu achten. Du musst den Verstand verloren haben,
da du dich mir gleichstellen willst und uns Standesgenossen nennst. Wisse,
Verwegener, dass ich, nach deiner Unklugheit, meine Tochter nicht mit deinem
Sohne verheiraten möchte, und wenn du ihm mehr Reichtümer geben könntest, als
du selber besitzest.“ Dieser ergötzliche Streit der beiden Brüder über
die Heirat ihrer noch ungebornen Kinder ging sehr weit. Schemseddin Mohammed
ereiferte sich bis zu Drohungen. „Wenn ich nicht morgen den Sultan
begleiten sollte, so würde ich dich behandeln, wie du’s verdienst; aber bei
meiner Rückkehr werde ich dich lehren, ob es einem jüngeren Bruder zukommt, zu
seinem älteren so unverschämt zu reden, wie du es eben getan hast.“ Nach
diesen Worten ging er in sein Zimmer, und sein Bruder ging in das seinige, um
sich schlafen zu legen.

Schemseddin Mohammed stand am anderen Morgen sehr zeitig
auf und begab sich in den Palast, den er sodann mit dem Sultan verließ, der
seinen Weg jenseits Kairos, nach der Seite der Pyramiden, nahm. Was Nureddin-Ali
betraf, so hatte er die Nacht in großer Unruhe zugebracht, und nach der
reiflichen Erwägung, wie es doch nicht möglich wäre, dass er länger mit
einem Bruder zusammenbliebe, der ihn mit solchem Hochmut behandelte, fasste er
einen Entschluss, indem er folgende Verse hersagte:

„Reise, du findest Ersatz für die, welche du verlassest:
zerstreue dich, denn Anmut des Lebens entsteht aus Zerstreuung.

In ruhigem Bleiben sehe ich weder Ruhm noch
Geschicklichkeit, sondern im Reisen und Handeln, deshalb verlass deinen Wohnort
und reise!

Die ruhige, ungestörte Oberfläche des Wassers verdirbt,
wenn Winde sie nicht in Bewegung setzen, stürmen aber diese auf sie ein, so
wird das Wasser erst gut.

Die Sonne sogar, bliebe sie stets am Firnarmente, so
würde sie den Weltbewohnern bald zur Last werden.

Und wären aus den veränderten Standpunkten des Mondes nicht Wahrsagungen zu
bilden, so würden ihn die Sterndeuter nicht fortwährend beobachten.

Verließe der Löwe nicht den Wald, so würde er selten
Beute finden; und verließe der Pfeil nicht den Bogen, so würde er nie treffen.

Bliebe das Gold immer in den Minen, so würde es nicht
höher als Erde geachtet werden; und das köstliche Aloeholz ist in seinem Lande
nur eine gewöhnliche Holzgattung.“

Kömmt aber jenes aus den Minen, so ist es von jedermann
gesucht; und verlässt dieses sein Land, so übersteigt es den Wert des Goldes.

Er ließ sich eine gute Mauleselin besorgen, versah sich
mit Gold, Edelsteinen und einigen Lebensmitteln, sagte seinen Leuten, dass er
ganz allein eine Reise von zwei oder drei Tagen machen wollte, und reiste ab.

Als er außerhalb Kairos war, nahm er seinen Weg durch die
Wüste nach Arabien. Da aber seine Mauleselin der Anstrengung unterlag, musste
er seine Reise zu Fuße fortsetzen. Glücklicherweise nahm ihn ein nach Balsora
reisender Eilbote hinter sich auf sein Pferd. Als der Eilbote in Balsora ankam,
stieg Nureddin-Ali ab und dankte ihm für seine Gefälligkeit. Indem er nun
durch die Straßen ging, um sich eine Wohnung zu suchen, sah er einen Herrn auf
sich zukommen, der von einem zahlreichen Gefolge begleitet war und dem alle
Einwohner große Ehrenbezeigungen erweisen, indem sie stehen blieben, bis er
vorbei war. Nureddin-Ali blieb stehen, wie die übrigen. Es war der Großwesir
des Sultans von Balsora, der sich in der Stadt zeigte, um durch seine Gegenwart
Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten.

Dieser Staatsbeamte, der seine Augen zufällig auf den
jungen Mann geworfen hatte, fand seine Gesichtsbildung sehr einnehmend. Er
betrachtete ihn mit Freundlichkeit, und da er nahe an ihm vorbei kam und ihn im
Reisekleid sah, so hielt er an, um ihn zu fragen, wer er wäre und woher er
käme. „Herr,“ erwiderte ihm Nureddin-Ali, „ich bin in Kairo
geboren, und habe mein Vaterland aus einem so gerechten Unwillen gegen einen
meiner Verwandten verlassen, dass ich beschlossen habe, die Welt zu durchreisen,
und lieber zu sterben, als heimzukehren.“ Der Großwesir, der ein
ehrwürdiger Greis war, entgegnete diesen Worten: „Mein Sohn, hüte dich,
dein Vorhaben auszuführen. In der Welt ist nichts als Elend zu finden, und du
kennst die Beschwerden nicht, denen du entgegen gehen willst. Komm lieber und
folge mir; vielleicht mache ich dich den Gegenstand vergessen, der dich
gezwungen hat, dein Vaterland zu verlassen.“

Nureddin-Ali folgte dem Großwesir von Balsora, der seine
trefflichen Eigenschaften bald erkannte und ihn so lieb gewann, dass er einst in
einer vertraulichen Unterredung zu ihm sagte: „Mein Sohn, ich bin, wie du
siehst, schon in so hohem Alter, dass es nicht den Anschein hat, als ob ich noch
lange leben werde. Der Himmel hat mir eine Tochter gegeben, die nicht minder
schön ist, als du wohl gebildet bist, und die jetzt ein heiratsfähiges Alter
erreicht hat. Mehrere der mächtigsten Herren dieses Hofes haben sie schon für
ihre Söhne von mir verlangt; aber ich habe mich noch nicht entschließen
können, sie ihnen zu bewilligen. Dich aber liebe ich und finde dich meiner
Verwandtschaft so wert, dass ich dich allen denen vorziehe, die um sie geworben
haben, und bereit bin, dich zum Schwiegersohn anzunehmen. Nimmst du dies
Anerbieten an, so erkläre ich dem Sultan, meinem Herrn, dass ich dich durch
diese Heirat an Kindesstatt annehme, und bitte ihn, mir für dich die
Anwartschaft auf meine Stelle als Großwesir des Königreichs Balsora zu
gewähren. Da ich nun in meinem hohen Alter nichts als Ruhe bedarf, so werde ich
dir nicht nur die Verfügung über alle meine Güter, sondern auch die
Verwaltung der Staatsangelegenheiten überlassen.“

Der Großwesir von Balsora hatte kaum diese Worte voll
Güte und Großmut gesprochen, als Nureddin-Ali sich zu seinen Füßen warf, und
in Ausdrücken voll Freude und Erkenntlichkeit sich zur Erfüllung seines
Wunsches bereit zeigte. Hierauf rief der Großwesir die vornehmsten Beamten
seines Hauses und befahl ihnen, den großen Saal seines Palastes auszuschmücken
und ein großes Mahl zuzubereiten. Hierauf ließ er alle vornehmen und
angesehenen Herren des Hofes und der Stadt bitten, sie möchten sich bemühen,
zu ihm zu kommen. Als sie alle versammelt waren, hielt er es, – da Nureddin-Ali
ihn von seinem Stand unterrichtet hatte, – für schicklich, so, wie folgt, zu
sprechen, um denjenigen ein Genüge zu leisten, deren Verwandtschaft er
ausgeschlagen hatte, und sagte demnach zu den Gästen: „Es ist mir
angenehm, meine Herren, euch etwas mitzuteilen, was ich bis diesen Tag geheim
gehalten habe. Ich habe einen Bruder, welcher Großwesir von ägypten ist, wie
ich die Ehre habe, diese Stelle bei dem Sultan dieses Reiches zu bekleiden.
Dieser Bruder hat nur einen einzigen Sohn, den er aber nicht am ägyptischen Hof
verheiraten wollte, und den er mir geschickt hat, damit er meine Tochter zur
Frau nehmen und so die beiden Zweige unseres Hauses verbinden soll. Dieser Sohn,
den ich bei seiner Ankunft für meinen Neffen erkannt habe und den ich zu meinem
Schwiegersohn mache, ist hier der junge Herr, den ich euch hiermit vorstelle.
Ich schmeichle mir, dass ihr ihm die Ehre erzeigen werdet, seiner Hochzeit
beizuwohnen, die ich heute zu feiern beschlossen habe.“ Da es nun keiner
dieser Herren übel nehmen konnte, dass er seinen Neffen allen anderen vornehmen
und reichen Herren vorgezogen hatte, so erwiderten sie, dass er wohl daran
täte, diese Heirat zu schließen, dass sie sehr gern zeugen dieser
Feierlichkeit sein würden und dass sie wünschten, Gott möchte ihm noch lange
Jahre gönnen, um die Früchte dieser glücklichen Verbindung zu sehen.


1)
Rihan bedeutet im arabischen Basilikum eine wohlriechende Pflanze. Die Araber
benennen so ihre Sklaven, wie man im französischen einen Lakei Jasmin nennt.