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921. Nacht

Als am anderen Morgen die Weisen des Reiches, die Richter
und ihre Stellvertreter zusammen gekommen, und der Magier, die beiden Edelknaben
und ihre Mutter vorgeführt worden waren, und der König sich nach ihren
Angelegenheiten erkundigt hatte, sagten die beiden Jünglinge, bei denen er die
Untersuchung anfing, folgendes: „Wir sind die Söhne des Königs N. böse
Menschen und Feinde hatten sich des Reiches bemächtigt, und unser Vater war
genötigt, mit uns vor ihnen zu entfliehen.“ – „Ihr sagt da etwas ganz
sonderbaren,“ unterbrach sie der König, „und was geschah mit Eurem
Vater?“ – „Wir wissen nicht, was das Geschick seitdem über ihn
verhängt hat.“ Der König schwieg, und wandte sich nach einer Weile zu der
Frau, und fragte sie: „Was sagst Du Deinerseits?“ Diese erzählte ihm
nun alles, bis zu der Begebenheit mit dem Greis und der alten Frau, die am Meer
wohnten. Auch erwähnte sie der List, die der Magier angewandt, und wie er sie
auf alle Art und Weise gepeinigt habe. „Dir ist viel Unglück
begegnet,“ sprach der König vor der ganzen Versammlung. „Weißt Du
aber wohl etwas von Deinem Mann?“ – „Bei Gott, ich weiß nichts von
ihm!“, erwiderte sie, „aber keine Stunde vergeht, wo ich nicht für
ihn bete, und nie werde ich ihn, den Vater meiner Kinder, der zugleich mein
Oheim war, vergessen.“ Hier konnte der König sich kaum der Tränen
enthalten, dennoch sprach er mit fester Stimme zum Magier: „Was hast Du
dagegen zu sagen?“ – „Es ist meine Sklavin, die ich mit meinem Geld
mir gekauft habe,“ antwortete dieser, „und zwar in dem und dem Land,
und um den und den Preis. Ich liebte sie, und vertraute ihr mein ganzes
Vermögen an. Sie hat mich aber hintergangen, und sich mit einem dieser beiden
Jünglinge verbunden, um mich zu töten, wofür sie ihm versprach, ihn nach
meinem Tod zu heiraten. Sobald ich mich nun davon überzeugt hatte, so ergriff
ich sie. Sie indessen hat sich mit den beiden Edelknaben beredet, alles das
vorzugeben, was sie Dir soeben erzählt haben. Lass Dich aber nur nicht von
ihnen betören.“ – „Du hast gelogen, Verräter!“, rief ihm der
König zu, und befahl, ihn zu binden. Sodann wandte er sich zu den beiden
Jünglingen, seinen Söhnen, drückte sie weinend an seine Brust und sprach:
„O ihr versammelten Richter, Rechtsgelehrten und Großen des Reiches,
wisst, dass diese beiden Jünglinge meine Kinder sind, und dass jene da meine
Gattin ist. Ich war König in dem und dem Land,“ und so fuhr er fort, ihnen
seine ganze Geschichte zu erzählen, deren Wiederholung hier überflüssig sein
würde. Die Anwesenden waren über dieses Ereignis tief gerührt, wünschten dem
König Glück zu diesem Ausgang, und baten ihn, die Strafe des Magiers zu
beschleunigen, welche er indessen noch einige Tage verschob.