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879. Nacht

Als die Sklaven dieses sahen, stiegen sie auf die Mauern,
weinten und wehklagten. Schame aber rief Wachs el-Fellath: „Nimm sein Haupt
und beeile unsere Rückkehr, ehe der Morgen beginnt.“ – „Wie,“
sprach dieser, „ich sollte einen solchen Tapferen auf so hinterlistige Art
töten, da er so edel und großmütig ist?“ Zugleich näherte er sich dem
Sudun, küsste ihn auf sein Haupt und sprach: „Erhebe Dich, Du Tapfrer
Deiner Zeit, Du bist sicher vor mir, so wie Deine Gefährten.“ Sie umarmten
sich nun alle, und stifteten ein Schutz- und Trutzbündnis. „Nimm mich
lebend mit Dir, Du Tapfrer,“ sprach Sudun, „und stelle mich dem König
vor als Mitgift seiner Tochter. Willigt er ein, so ist es gut, wo nicht, so nimm
dann mein Haupt, und erwirb Deine Frau.“ – „Behüte Gott,“ sprach
Wachs el-Fellath, „dass ich das tue nach Deinem Edelmut. Gehe vielmehr in
Dein Schloss und verkündige Deinen Gefährten Deine Rettung.“ Dieses alles
trug sich vor den Augen der anderen Bewaffneten zu. Diese, welche sich über die
Ritterlichkeit Beider freuten, kamen nun herab, fielen dem Sudun zu Füßen, und
umarmten ihn, so wie den Wachs el-Fellath, dessen Hände sie küssten, und mit
Lobeserhebungen überhäuften. Nun begaben sie sich alle ins Schloss, und kamen
miteinander überein, bald aufzubrechen. Zugleich nahmen sie, was darin an
Schätzen befindlich war, und Wachs el-Fellath befahl, die Gefangenen zu
befreien, und ihnen ihre Güter wiederzugeben. Alle begaben sich nun zu Ross,
und zogen nach dem Land des Königs Asrach höchlich erfreut über die
gegenseitige Liebe dieser Tapfern. Als sie in der Nähe der Stadt anlangten,
trennte sich Schame von ihnen, damit man nichts von ihrer Anwesenheit beim Zug
bemerkte. Während dieser Zeit war der König Asrach und Sikar Dium auf der
Jagd, mit Spiel und Scherz beschäftigt, und schickte täglich Kundschafter
wegen Wachs el-Fellath aus. „Was mag nur aus ihm geworden sein,“
sprach er einst zu Sikar Dium. „Den hat Sudun gewiss getötet,“
erwiderte dieser, „und Du wirst ihn nie wieder sehen.“ Während dieses
Gesprächs bemerkten sie eine große Staubwolke, und je näher sie kam, desto
deutlicher wurden in ihr Bewaffnete sichtbar, die ein schwarzer Ritter
anführte, an dessen Seite ein jüngerer weißer ritt. Als der König dieses
sah, rief er dem Sikar Dium zu: „Nun kommt Wachs el-Fellath zurück mit
Sudun und seiner Schar.“ – „Warte noch,“ sprach jener zu ihm,
„Bis wir Gewissheit davon haben.“ Als sie aber näher kamen, und sie
sich überzeugt hatten, wandte Sikar Dium sein Ross und floh. Ebenso der König
und sein Gefolge, bis sie in die Stadt kamen, deren Tore sie verschlossen. Von
den Mauern herab beobachteten sie, was geschehen würde. Da sie nun bemerkten,
dass die Fremden abstiegen und Zelte aufschlugen, so ließ der König, dieses
für ein gutes Zeichen haltend, die Stadt schmückend die Tore öffnen, und er
selbst begab sich, von großem Gefolge umgeben, hinaus und näherte sich den
Zelten. Jene stiegen nun auch zu Pferde, um ihnen entgegen zu gehen. Als sie
einander nahe gekommen waren, wollte der König Asrach absteigen, aber Wachs
el-Fellath verhinderte ihn daran, und der König umarmte ihn und wünschte ihm
Glück zu seiner Rettung. Hierauf grüßte er auch den Sudun, dieser aber
erwiderte den Gruß nicht. Er lud ihn nun ein, in die Stadt zu kommen, doch
dieser weigerte sich, so wie Wachs el-Fellath, der sich von seinen Gefährten
nicht trennen wollte. Der König kehrte also mit den Seinigen allein zurück,
und veranstaltete die beste Verpflegung der Angekommenen. Am anderen Morgen
hielt der König eine allgemeine Sitzung, wobei Sikar Dium höchst
niedergeschlagen erschien. „Habe ich Dir nicht vorausgesagt,“ sprach
er zum König, „was Du jetzt siehst von diesem Bösewicht? Haben wir ihn
nicht geschickt, damit er das Haupt Suduns bringe, und nun kommt er mit ihm
wohlbehalten und im besten Einverständnis hierher, während unser Herz von
Kummer erdrückt ist.“ – „Wohl hast Recht,“ erwiderte der König,
„aber was ist nun zu tun?“