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849. Nacht

„Ich bin der Hauptmann dieses Schiffes,“
antwortete der Franke, „und ich bin ausdrücklich von Genua nach
Alexandrien gekommen, um Euch zu entführen und Euch der Vielgeliebten meines
Herzens zu bringen.“

Einige Tage darauf gewahrte man ein Kaufschiff mit vierzig
Kaufleuten von Alexandrien. Der Hauptmann befahl sogleich, Jagd darauf zu
machen. Als er es eingeholt, geentert und erobert hatte, ließ er es
nachschleppen und setzte seine Fahrt nach Genua fort.

Ehe sie in den Hafen einliefen, ließ der Hauptmann sich
ans Land setzen und ging allein nach einem Palast, der am Ufer des Meeres lag.
Eine junge Frau, die mit einem großen Schleier verhüllt war, so dass man ihre
Züge unmöglich erkennen konnte, trat ihm entgegen und fragte ihn, ob er den
kostbaren Stein brächte und auch den Besitzer desselben hergeführt hätte. Der
Hauptmann meldete, dass er ihren Befehl glücklich ausgeführt hätte, und
übergab ihren Händen den kostbaren Stein. Er kam sodann wieder aufs Schiff,
welches Sieg prangend fröhlich in den Hafen einlief.

Als dem König des Landes die Ankunft des
Schiffshauptmanns gemeldet wurde, begab er sich in Begleitung seiner Leibwache
an Bord und fragte ihn, ob seine Reise glücklich abgelaufen wäre.

„Sehr glücklich,“ antwortete der Hauptmann,
„denn ich habe ein Kaufschiff erobert mit einundvierzig muselmännischen
Kaufleuten.“

Der König befahl, sie ans Land zu setzen. Sie stiegen
aus, je zwei aneinander gefesselt, durchzogen einen Teil der Stadt und wurden
nach dem Diwan geführt. Der König folgte ihnen zu Pferde in Begleitung des
Schiffshauptmanns und der vornehmsten Herren seines Hofes.

Als der König sich auf seinen Thron gesetzt und den
Hauptmann zu seiner Rechten auf einem niedrigeren Stuhl hatte Platz nehmen
lassen, befahl er, die unglücklichen Muselmänner vorzuführen, und fragte den
ersten, der hervortrat, wer er wäre. Er hatte nicht sobald geantwortet, er
wäre aus Alexandrien, als auf einen Wink des Fürsten der Scharfrichter ihm
sogleich den Kopf von den Schultern fliegen ließ. Der zweite, der dritte und
die folgenden bis zum vierzigsten hatten auf dieselbe Antwort alle dasselbe
Schicksal.

Es war nur noch Alaeddin Abulschamat übrig, welcher,
Zeuge dieses traurigen Schicksals seiner Gefährten, ihr gemeinsames Unglück
beweinte und erwartete, dass die Reihe auch an ihn käme, indem er Gott
anflehte, sich seiner zu erbarmen.

„Es ist um Dich geschehen, armer Alaeddin!“,
sagte er bei sich selber, „in welcher unseligen Schlinge hast Du Dich
fangen lassen!“

„Wo bist Du her, Muselmann?“, fragte der König
ihn mit strengem Ton.

„Aus Alexandrien,“ antwortete er.

„Scharfrichter, tue Deine Pflicht!“, rief der
König. Schon hatte der Scharfrichter den Arm aufgehoben, um Alaeddin das Haupt
abzuschlagen, als eine alte Nonne sich plötzlich an die Stufen des Thrones
vordrängte und sich an den König wandte, welcher aufgestanden war, so wie die
ganze Versammlung, aus Ehrerbietung.

„Herr,“ hob sie an, „hatte ich Euch nicht
gebeten, des Klosters zu gedenken, wenn der Schiffshauptmann etliche Gefangene
mitbrächte, und davon einen oder zwei zum Dienst der Kirche zu bewahren?“

„Ihr kommt etwas spät, gute Mutter,“ antwortete
der König, „indessen hier ist noch einer übrig, der steht Euch zu
Diensten.“

Die Nonne wandte sich zu Alaeddin und fragte ihn, ob er
sich mit dem Kirchendienst befassen wollte, und fügte hinzu, wenn er sich
dessen weigerte, so würde sie ihn hinrichten lassen wie seine Gefährten.