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836. Nacht

Achmed Komakom, der die Menschenfreundlichkeit des Wesirs
Giafar kannte und wohl wusste, dass seine Verwendung bei dem Kalifen niemals
fruchtlos wäre, ließ ihn anflehen, sich gütig für ihn zu verwenden.

Als der Wesir mit dem Kalifen davon redete, sagte dieser
zu ihm:

„Kann ich der menschlichen Gesellschaft eine solche
Plage antun und so argen Räubereien freien Lauf lassen?“

„Herr,“ sagte der Wesir, „verurteilt ihn
zum ewigen Gefängnis: Das ist ein Grab, worin diejenigen lebendig begraben
werden, welche das öffentliche Wohl von der menschlichen Gesellschaft
abzuschneiden gebietet.“

Der Kalif gab der Vorstellung seines Wesirs nach. Er
verwandelte die gegen Achmed Komakom ausgesprochene Todesstrafe in
lebenslängliches Gefängnis und ließ auf seine Kette eingraben: In die Eisen
verurteilt bis zum Tod.

Achmed Komakom war also für seine übrige Lebenszeit
eingesperrt, und seine Mutter, welche infolge des Mitleids, welches sie
einflößte, freien Eintritt in dem Haus des Emirs Chaled, Walis von Bagdad,
hatte, versorgte ihren Sohn in seinem Gefängnis mit Essen, welches sie ihm
brachte, wobei sie ihm oft vorwarf, dass er die Ermahnungen, welche sie ihm
vormals gegeben, nicht befolgt hätte.

„Meine Mutter,“ sagte er eines Tages zu ihr,
„niemand kann seiner Vorbestimmung entgehen, aber weil Ihr bei dem Wali
aus- und eingeht, so sucht seine Frau zu bereden, bei ihm ein gutes Wort für
mich einzulegen.“

Als die Alte hierauf wieder zu der Frau des Walis gekommen
war und sie in Trauer gekleidet und in die tiefste Betrübnis versunken fand,
fragte sie nach der Ursache davon.

„Ach, gute Mutter,“ rief diese aus, „ich
werde meinen geliebten Sohn Habdalum Besasa verlieren!“

Als nun die Alte sich nach der Ursache seiner Krankheit
erkundigte, erzählte ihr die Frau des Walis, was dem Besasa begegnet war. Die
Alte erkannte hier eine günstige Gelegenheit, die Freiheit ihres Sohnes zu
bewirken, und beschloss, dieselbe zu benutzen.

„Gnädige Frau,“ sagte sie zu der Frau des
Walis, „ich kenne ein sicheres Mittel, Eurem Sohne das Leben wiederzugeben.
Achmed Komakom ist imstande, die Sklavin Jasmin zu entführen und sie seinen
Händen zu überliefern. Aber unglücklicherweise ist er zu einem
lebenslänglichen Gefängnis verurteilt. Bemüht Euch, ihm die Freiheit
wiederzuverschaffen. Gebraucht dazu allen Euren Einfluss auf das Gemüt Eures
Mannes, und ich verspreche Euch, dass Euer Sohn alsbald befriedigt werden
soll.“

Die Frau des Walis dankte der Alten und versprach ihr,
alles Mögliche anzuwenden, um für Komakom die Freiheit zu erlangen. In der Tat
sprach sie noch denselben Tag mit ihrem Mann davon, bezeugte ihm, dass Komakom
von der aufrichtigsten Reue durchdrungen wäre, beweinte das Schicksal seiner
unglücklichen Mutter und schloss mit diesen Worten:

„Wenn es Euch gelingt, diesem Gefangenen die Freiheit
wiederzugeben, so werdet Ihr ein gutes Werk tun, welches auch, wie ich nicht
zweifle, auf uns die Segnungen des Himmels herabziehen und meinem geliebten
Besasa die Gesundheit wiedergeben wird.“

Der Wali ließ sich durch die Bitten und Tränen seiner
Gattin erweichen. Er begab sich den folgenden Morgen in Achmed Komakoms
Gefängnis und fragte ihn, ob er sein voriges Leben aufrichtig bereute und den
festen Entschluss gefasst hätte, sich künftighin besser aufzuführen.

Achmed Komakom antwortete mit heuchlerischen Worten, dass
Gott schon seit langer Zeit sein Herz gerührt hätte; dass er, wenn man ihn der
Gesellschaft wiedergäbe, durch die Regelmäßigkeit seiner Aufführung, durch
seinen Eifer in Verfolgung der Bösen und durch die unverbrüchliche Erfüllung
seiner Pflichten sich bemühen würde, die begangenen Fehltritte wieder gut zu
machen und die üble Meinung zu vertilgen, welche man von ihm gefasst haben
möchte.

Auf diese Versicherung hin entließ ihn der Wali aus dem
Gefängnis und führte ihn vor den Diwan; denn er wagte es doch nicht auf sich
zu nehmen, seine Ketten zu brechen.

Als der Wali so in den Saal trat, warf er sich mit dem
Antlitz auf die Erde und führte sodann den Achmed Komakom herein, der mit
seinen Ketten rasselte, indem er vortrat.

„Wie, Elender,“ redete der Kalif ihn mit
Unwillen an, „Du atmest noch?“