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821. Nacht

Mahmud Albalchy, der alles ausspähte, was vorging, hatte
seinerseits auch alles zur Reise Nötige angeordnet, und an demselben Tag, da
Alaeddin abreiste, hatte er auch seine Waren abgehen und seine Zelte außen vor
der Stadt aufschlagen lassen. Schemseddin, der seine treulose Absicht gar nicht
ahnte, hatte ihm eine Börse von tausend Goldstücken geschenkt, sobald er
vernommen hatte, dass er auch nach Bagdad reisen wollte, und ihm insonderheit
seinen Sohn empfohlen.

Alaeddin und Mahmud trafen sich in einiger Entfernung von
Kairo. Mahmud hatte schlauerweise dem Koch Alaeddins sagen lassen, er sollte
für seinen Herrn nichts mitnehmen, und er benutzte diese Gelegenheit, dem
jungen Mann und dessen Gefolge von seinen Erfrischungen anzubieten, welche er im
überfluss hatte mitbringen lassen.

Als die kleine Karawane sich in Bewegung gesetzt hatte,
zog sie glücklich durch die Wüste und nahte sich schon Damaskus. Mahmud hatte
außer seinem Haus zu Kairo auch eins in Damaskus und ein drittes in Halep und
ein viertes in Bagdad.

Während die Karawane draußen vor den Toren von Damaskus
lagerte, schickte Mahmud einen seiner Sklaven zu Alaeddin, ihn zum Essen in
seinem Haus einzuladen. Der Sklave traf den jungen Mann in seinem Zelt sitzend
und mit Lesen beschäftigt. Er trat näher, grüßte ihn ehrerbietig und sagte
ihm, sein Herr ließe ihn bitten, ihm die Ehre zu erzeigen, ihn zu besuchen und
sich bei ihm zu erfrischen.

Alaeddin wollte diese Einladung nicht annehmen, ohne zuvor
den Akam Kemaleddin, der ihm Vaters Stelle vertrat, zu befragen. Dieser riet
ihm, sie nicht anzunehmen und ihre Reise nicht zu unterbrechen. Der folgsame
Alaeddin reiste auf der Stelle ab und kam mit seinem ganzen Gefolge bald nach
Halep.

Mahmud Albalchy, der die Karawane wieder eingeholt hatte,
ließ nun zu Halep ein großes Gastmahl bereiten und Alaeddin dazu einladen. Der
junge Mann befragte abermals seinen Führer, und dieser, als ein vorsichtiger
Mann, wollte auch hier keinen Aufenthalt zugeben. Sie reisten alsbald von Halep
und zogen in großen Tagesreisen gen Bagdad.

In einiger Entfernung von dieser Stadt sandte Mahmud
nochmals einen Sklaven an Alaeddin, ihn zum Mittagsmahl bei ihm einzuladen. Der
junge Mann bat seinen Führer um Erlaubnis dazu, der sie ihm aber geradezu
abschlug.

Alaeddin, über diese Versagung empfindlich, wollte eine
so oft wiederholte Einladung nicht wieder ablehnen: Er gürtete seinen Säbel um
und begab sich nach Mahmuds Zelte. Der alte Kaufmann empfing ihn auf die
höflichste und freundschaftlichste Weise und bewirtete ihn mit den
köstlichsten Gerichten.

Als die Mahlzeit beendigt war und man sich die Hände
gewaschen hatte, näherte sich Mahmud dem Alaeddin und wollte ihn umarmen. Der
junge Mann stieß ihn zurück und forderte überrascht Erklärung über ein
solches Betragen. Mahmud stammelte einige Worte und wollte nochmals ihn umarmen.
Alaeddin, voll Unwillen, zog sein Schwert und machte dem Greis die bittersten
Vorwürfe.

„Bösewicht,“ sprach er zu ihm, „ich hatte
so großes Vertrauen zu Dir, dass ich die Waren, welche andere mir mit Gold
aufwägen müssten, Dir fast für nichts hingegeben hätte: Aber fortan will ich
gar keinen Verkehr mehr mit Dir haben.“

Mit diesen Worten verließ Alaeddin Mahmuds Zelt, kehrte
zu Kemaleddin zurück und erzählte ihm, was vorgegangen war. Zugleich sagte er
ihm, dass er nicht länger in Gesellschaft dieses abscheulichen Greises reisen
wollte.

„Mein Sohn,“ sagte hierauf Kemaleddin, „ich
hatte Euch wohl gewarnt, seine Einladung anzunehmen; aber der Entschluss,
welchen Ihr gefasst habt, Euch so stürmisch von ihm zu trennen, ist nicht
ratsam; denn wenn Ihr ihn verlasst, so wird unsere Karawane zu schwach, um ohne
Gefahr nach Bagdad zu gelangen.“

„Gleichviel,“ erwiderte Alaeddin, „ich will
ihn niemals wieder sehen.“

Und sogleich ließ er aufpacken und befahl, die Reise
fortzusetzen.

Als die kleine Karawane in das Tal von Benu Kalab
hinab gekommen war, befahl Alaeddin, hier die Zelte aufzuschlagen. Vergebens
stellte Kemaleddin ihm die Gefahr vor, welche mit einem Aufenthalt an diesem Ort
verknüpft war, und versicherte ihm, sie hätten noch Zeit genug, um Bagdad vor
dem Torschluss zu erreichen. „Denn,“ fügte er hinzu, „sie werden
alle Abend mit Sonnenuntergang geschlossen und erst bei vollem Tag wieder
geöffnet, weil die Einwohner stets befürchten, dass die Perser die Stadt
überfallen und alle von den Wissenschaften handelnden Bücher in den Tigris
werfen werden.“

Alaeddin beharrte darauf, hier zu verweilen, und
antwortete, er wäre nicht in diese Gegenden gekommen, bloß um Handel zu
treiben, sondern auch, um sich zu ergötzen und Länder zu sehen. Und da sein
Führer ihm lebhaft schilderte, was er alles von den Beduinenarabern zu
fürchten hätte, antwortete er mit Stolz.

„Wer von uns beiden ist der Herr? Ihr oder ich? Ich
will nur bei hellem Tag in Bagdad eingehen, um mich den Einwohnern bekannt zu
machen und meine Waren und Reichtümer vor ihnen zur Schau tragen.“