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735. Nacht

„Wohlan, Herr,“ sagten nun die Kaufleute zu dem
Scherif, „wenn Jussuf abwesend ist, so hindert Euch das nicht, Euch die
verlangte Summe zu verschaffen: Er hat weitläufige Niederlagen voll allerlei
Waren. Lasst Sie öffnen, und Ihr werdet darin noch vier Mal mehr finden, als
Ihr gebraucht.“

Man schickte also von neuem hin, bei Jussuf Haussuchung zu
halten: Die hiermit beauftragten Leute erhielten den Befehl, sich alles Geldes
zu bemächtigen, welches sie fänden, und ein genaues und richtiges Verzeichnis
der Waren aufzusetzen, welche sie in Beschlag nähmen.

Sie begaben sich also in die Warenlager: Aber ihr
Erstaunen stieg aufs höchste, als sie sahen, dass durchaus nichts darin war.
Sie kamen wieder zum Scherif und meldeten ihm abermals den schlechten Erfolg
ihrer Sendung.

Die Kaufleute, welche bei ihrer Rückkunft noch
gegenwärtig waren, behaupteten, die Nachsuchungen wären nicht recht
angestellt, und wenn man sonst nichts entdeckte, so müsste man in der Erde
nachgraben, weil doch alle die Reichtümer nicht so auf einmal verschwunden sein
könnten.

Der Scherif begab sich also mit ihnen in die Warenlager
des ägyptischen Kaufmanns und befahl den Arbeitern, den Boden zu durchwühlen.
Kaum hatten sie in den Winkeln einige Schläge mit der Hacke getan, als sie vier
Gefäße entdeckten, jedes mit viertausend Goldstücken gefüllt, welche der
Scherif in Gegenwart von Zeugen zählen ließ, denn er war ein zu billiger
Fürst, um einen seiner Untertanen ungerechterweise zu berauben. Er nahm davon
die benötigte Summe, ließ die Gefäße wieder zumachen und versiegeln und
schickte sie in Jussufs Haus zurück mit der Anzeige, dass er genötigt gewesen,
von ihm die herausgenommene Summe für die Bedürfnisse des Staates zu
entlehnen.

Sobald der flüchtige Kaufmann den letzten Erfolg von dem
Verfahren des Scherifs vernommen hatte, eilte er wieder nach Hause, wo er seine
Frau in größter Freude über die letzten Vorgänge fand. Sie erzählte ihm,
wie der Scherif ihr die Gefäße wieder geschickt, nachdem er das ihm Nötige
daraus genommen hätte, und bezeigte ihm zugleich ihr Erstaunen darüber, dass
er Besitzer so ansehnlicher Summen wäre, ohne dass sie etwas davon wüsste.

„Liebe Frau,“ antwortete Jussuf, „ich bin
ebenso erstaunt wie Du über das Dasein dieses Schatzes, welchen man in unserm
Warenlager gefunden hat. Er gehört mir nicht, und wir müssen ihn als ein
geheiligtes, uns anvertrautes Gut betrachten, über welches wir nicht zu
schalten haben, sondern das wir seinem rechtmäßigen Eigentümer, sobald er
sich dazu meldet, wieder zustellen müssen.“

Kurze Zeit nach dieser Begebenheit gestatteten die
Einkünfte des Fürsten von Mekka, die von Jussuf entnommene Summe wieder zu
bezahlen, und um ihm seine Erkenntlichkeit zu bezeigen, fügte er zugleich ein
prächtiges Geschenk bei. Als der junge Kaufmann so die herausgenommenen
Goldstücke wieder hatte, legte er sie gewissenhaft auch wieder in die Gefäße,
worin sie gewesen waren, versiegelte diese und vergrub sie selber wieder an der
Stelle, wo man sie gefunden hatte.

Es währte nicht so lange, so hatte er sich dieser
Handlung wohl zu freuen. Eines Tages, als er vor der Türe seines Warenlagers
saß, wurde er von einem Greis begrüßt, welcher traurige Blicke hineinzuwerfen
schien. Jussuf bemerkte sein verlegenes Benehmen und fragte ihn nach der Ursache
desselben. Aber der Greis gab ihm keine Erklärung, sondern begnügte sich, ihm
zu sagen, er würde diesen Abend zu ihm zum Essen kommen und alsdann seine
Neugier befriedigen.

Jussuf dankte dem Fremden für die Ehre, welche er ihm
antäte, und bestimmte ihm die Stunde ihrer Zusammenkunft. Als er nach Hause
kam, bereitete er alles, um seinen Gast würdig zu empfangen, und erwartete mit
Ungeduld den Augenblick seiner Ankunft.

Als nun der Gast kam, bewirtete er ihn mit einem
trefflichen Abendessen, bei welchem sie von gleichgültigen Dingen sprachen. Zu
Ende des Mahles fragte ihn Jussuf, weshalb er so neugierig in das Innere seines
Warenlagers geblickt hätte.

Hierauf antwortete ihm der Greis folgendermaßen: