Project Description

705. Nacht

„Elende!“, antwortete Schamama, „ehrlose
Genossin der Räuber; der Polizeileutnant mit seiner Schar gebietet Dir, ihm zu
öffnen!“

Die Alte antwortete, sie wäre eine arme Frau, hätte
keine Räuber bei sich und würde sich den Befehlen des Polizeileutnants nicht
widersetzen.

Dann kam sie zu ihrer Tochter zurück und sagte zu ihr:
„Hatte ich es Dir nicht gesagt? Es ist dieser verwünschte Räuber, welcher
diesen ganzen Lärm verursacht. Gott verhüte, dass er diesen Abend herkomme!
Wehe! Warum ist Dein armer Vater gestorben! Wenn er noch lebte, hätte kein
Polizeibeamter noch sonst jemand es gewagt, herzukommen und solchen Lärm vor
unserm Hause zu machen.“

Das junge Mädchen ermahnte ihre Mutter zur Ergebung, weil
sie keine Mittel hätten, sich diesem Anfall zu widersetzen.

Als unterdessen der Kalif die Straßen einsam sah, legte
er die Verkleidung wieder an, deren er sich bisher bedient hatte, und begab sich
unter dem Schutz der Nacht nach dem Haus seiner neuen Gemahlin. Als er in den
Eingang der Straße kam, erkannte er beim Schein der Fackeln, welche sie
erhellten, die Schar der Polizeibeamten, und mitten durch all dieses Gelärm
vernahm er Stimmen, welche forderten, man sollte die Tür einstoßen und die
Alte auf die Folter bringen, um sie zum Geständnisse zu zwingen, wo ihr
Schwiegersohn verborgen wäre. Indessen bemühte sich einer unter ihnen, die Wut
der Bestürmenden zu besänftigen, indem er ihnen einschärfte, die Gesetze zu
ehren und nicht in die Wohnungen zweier alleiniger Frauen einzubrechen auf eine
vielleicht falsche Angabe, welche sie zu voreiligen Schritten verleiten könnte.

„Geh und setze Dich lieber in den Lehnstuhl der
Richter mit Deinen Vernüfteleien, aber mische dich nicht in Unternehmungen,
welche Tatkraft erfordern,“ antwortete ihm Schamama; „Hassan, Du
verstehst nichts von solcherlei Hantierung: Wir gebrauchen Kühnheit, Raschheit
und Gewandtheit in unsern Verrichtungen.“

Als der Kalif diese Worte hörte, nahm er sich fest vor,
den Schamama seine Rohheit und Gewalttätigkeit teuer bezahlen zu lassen, und zu
gleicher Zeit suchte er Mittel und Wege, in das belagerte Haus zu gelangen. Im
Hintergrund einer Einfahrt bemerkte er eine große durch einen Teppich
verhängte und von einem Verschnittenen bewachte Türe; dort wohnte einer von
den Offizieren der Leibwache des Kalifen, der Emir Junis, ein Mann, dessen
Wildheit so weit ging, dass er vor Zorn nicht aß, wenn er nicht jeden Tag einen
umgebracht hatte.