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681. Nacht

Indessen schreitet er vergeblich vorwärts. Der
Gegenstand, welchen er erreichen will, scheint mit jedem schritt vor ihm
zurückzuweichen. Auf einmal sieht er über seinem Haupt ein Gewölk schweben,
welches schleunig herabsinkt: Bald unterscheidet das Auge eine Gestalt, und
Habib erkennt, dass, was er für ein Gewölk gehalten hat, ein Vogel von
wunderbarer Größe ist. In der Lage, worin er sich befand, verschmähte er
nicht das Mittel der Rettung, welches die Vorsehung ihm darbot; und da er sah,
dass die Füße des Vogels so dick waren wie Palmstämme, so band er sich daran
fest. Der Vogel säumte nicht, wieder aufzufliegen, und nahm gerade seien
Richtung nach dem schwarzen Fleck, welchen Habib vergeblich zu erreichen gesucht
hatte. Dieser Fleck war ein unermessliches Gebirge, welches seine Entfernung so
klein erscheinen ließ. Der Vogel ließ sich auf dem Berg nieder, und Habib band
sich sogleich von seinem Fuß los. Er durchlief den Ort, wo er sich nun befand,
und gelangte an den Eingang einer geräumigen Höhle, deren wilder Anblick
Grauen erregte.

Der junge Prinz ließ sich aber nicht abschrecken, und der
Erfolg krönte seine Anstrengung. Er schritt mit festem Fuß vorwärts, und kaum
war er eingetreten, als er den Geist Al-Abus ihn rufen hörte und sich nahe bei
ihm befand. Dieser Geist hielt in der einen Hand einen köstlichen, von den
Geistern geschmiedeten Säbel, und mit der andern reichte er Habib in einer
prächtigen goldenen Schale ein Wasser, welches seine erschöpften Kräfte
wieder beleben sollte. Nachdem der junge Prinz es mit einem einzigen Zug
ausgeschlürft hatte, bezeigte er seinem alten Lehrmeister sein großes
Vergnügen, ihn wieder zu sehen. Er erzählte ihm von seiner Zusammenkunft mit
Dorrat-al-Gawas und von dem Glück, welches er sich verhieß, wenn er seine
Vielgeliebte wieder sähe.

„Ach, mein Sohn,“ erwiderte ihm der Geist,
„Du bist noch weit von dem Ziel, wonach Du strebst. Wie viel ist Dir noch
übrig zu tun! Du musst unermessliche Meere durchfahren, furchtbare Ungeheuer
besiegen, gefahren aller Art überstehen. Ich möchte Dir gern durch meine Macht
die Schwierigkeiten beseitigen helfen. Aber dieselbe erstreckt sich nicht bis
dahin: Ich kann Dir nicht anders nützlich sein, als dass ich Dich zu Dienen
Eltern zurücktrage, wenn Du diesen Ausweg ergreifen willst.“

Bei diesem beleidigenden Antrag unterbrach Habib hastig
den Geist.

„Wie?“, sprach er, „ich hätte also die
Meinigen verlassen, ich hätte dem Tod getrotzt, um schmachvoll wieder
heimzukehren? Nein, einer solchen Nichtswürdigkeit bin ich unfähig, und mein
Entschluss ist unwiderruflich gefasst: Ich will umkommen oder diejenige
erringen, die ich liebe.“

Als der Geist seinen jungen Zögling so fest entschlossen
sah, gab er ihm noch seine Lehren und sprach also zu ihm: