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668. Nacht

Am andern Morgen bei Tagesanbruch holte uns der Beamte,
der uns in unser Zelt geführt hatte, zum König, mit welchem wir Kaffee
tranken, und der uns das Vergnügen einer großen Jagd gewähren wollte. Ich
schoss viel Wildbret, wovon ich meiner Gefährtin, die keine Jägerin war, einen
Teil gab. So gewahrte man ihre Unerfahrenheit nicht, und noch merkte niemand
unserer Verkleidung. Wir aßen immer mit dem Fürsten, der uns den folgenden Tag
in die Stadt zu kommen befahl.

Da ihn die Königin bei seiner Rückkehr heiterer als
gewöhnlich fand, so fragte sie ihn, ob er Nachrichten von seiner Tochter
erhalten hätte.

Diese Frage presste Tränen aus seinen Augen. „Wir
haben,“ sagte er zu ihr, „zwei junge Fremde getroffen, die meine Leute
zu mir gebracht haben: Ihre Anmut, ihre Schönheit, ihr Geist haben mir einiges
Vergnügen gewährt. Besonders gefällt mir der eine von beiden wegen seiner
ähnlichkeit mit meiner Tochter. Ohne seine männliche Kleidung würde ich
glauben, sie wäre es: Aber mindestens täuscht er mich. Diese Täuschung macht
mir Freude, und darum siehst Du mich weniger traurig als gewöhnlich.“

Die Königin hatte große Lust, uns zu sehen; aber die
Landessitte erlaubte den Frauen keine Zusammenkünfte mit Personen von dem
anderen Geschlecht. Man führte uns unter ihre Fenster unter dem Vorwand, uns
frische Luft schöpfen zu lassen, und während wir eine Partie Schach spielten,
hatte sie volle Muße, uns zu betrachten. Wir gingen nur aus, um uns Nahrung und
Ruhe zu gönnen.

Am folgenden Tag bereitete man ein großes Fest, um unsere
glückliche Ankunft zu feiern, vorzüglich aber, um den Monarchen zu ergötzen.
Man setzte uns beide neben ihn, und als alle Gäste saßen, ergriff er Aladdins
Hand und rief aus: „Warum habe ich nicht meine Tochter neben mir, wie ich
Euch neben mir habe? Und wann wird der Bote kommen, der mir die Ankunft dieser
teuren Tochter, die ich mein ganzes Leben hindurch beweinen werde, meldet?“
Nach diesen Worten erstickte sein Schluchzen seine Sprache.

Meine Gefährtin benutzte diesen Augenblick, um ihn zu
fragen, was er demjenigen, der ihm diese Nachricht brächte, wohl geben würde.