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647. Nacht

Der Fürst befahl dem Oberhaupt der Verschnittenen, sie zu
entschleiern. Kaum war ihr Gesicht frei, als man den vollen Mond in der Fülle
seines Glanzes zu schauen glaubte.

Sonnenstrahlen glänzten in ihren Augen, und ihre
Augenbrauen glichen dem Regenbogen. Ihre Male hatte die Form einer syrischen
Pistazie, und ihre Zähne konnte man für die schönsten Perlen des Roten Meeres
oder des Persischen Meerbusens halten. Die wohl gerundeten Halbkugeln ihres
Busens glichen zwei Damaszener Granatäpfeln. Ihre Wangen waren so frisch und
von so schönem Rot wie die Rosen von Fajum. Ihr feiner Wuchs war von so
zierlicher Schlankheit wie der Stamm der Zypresse. Ihre Hände wichen weder an
Weiße noch an Zartheit dem elfenbeinernen Szepter Salomons. Ihr langes Haar war
schwarz wie die dunkelste Winternacht.

Bei dem Anblick so vieler Reize stieß der entzückte
Sultan einen tiefen Seufzer aus und rief:

„Großer Gott, ich lobe und beneide Dich, dass Du
eine so vollkommene Schönheit erschaffen hast!“

Er wandte sich hiermit an den Sklavenhändler und sagte:
„Wie teuer willst Du diese Sklavin verkaufen?“

„Herr,“ versetzte dieser, „sie hat mich
zweitausendfünfhundert Goldstücke gekostet: Aber es ziemt mir nicht, Euer
Majestät einen Preis zu bestimmen.“

„Elender,“ rief der Wesir, „wagst Du Dir zu
schmeicheln, dass Du jemals eine solche Summe erhalten wirst?“

„Herr, Ihr beliebt zu scherzen: Man würde das
Doppelte geben, um sie zu besitzen. Ich berufe mich auf das Urteil seiner
Majestät.“

„Er versteht sich gut auf diese Ware,“ sagte der
König lächelnd. „Wohlan, man gebe ihm außer seinen Auslagen ein
Gnadengeschenk von fünfhundert Goldstücken.“