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640. Nacht

Der Mann, der sein Versteck verlassen und wirklich an die
Türe gepocht hatte, trat nun ein und setzte sich, nachdem er seine Frau
begrüßt hatte, nieder. Er genoss von den für die Galane aufgetragenen
Erfrischungen, und das glückliche Ehepaar unterhielt sich laut genug, um von
den armen Liebhabern, die vor Furcht zitterten, gehört zu werden. „Licht
meiner Augen,“ sagte der Mann, „ist Dir irgend etwas Ergötzliches auf
Deinem Heimgang aus dem Bad begegnet? Wenn es der Fall ist, so lass mich’s
wissen!“ – „Ich traf,“ versetzte die Frau, „in der Tat auf
meinem Weg vier alte Geschöpfe, die ich große Lust hatte mit mir nach Haus zu
nehmen, damit wir uns an ihnen ergötzen könnten; aber ich fürchtete, Du
möchtest ungehalten darüber sein. Wenn es Dir jedoch Spaß macht, so können
wir morgen nach ihnen schicken.“ Die erschrockenen Galane schöpften nun
wieder einige Hoffnung, dass sie durch die Güte ihrer listigen Geliebten
entwischen könnten, und begannen freier zu atmen; aber diese Hoffnung währte
nicht lange. „Es tut mir sehr leid,“ sagte der Mann, „dass Du sie
heute nicht mitgebracht hast, da mich morgen ein Geschäft auf einige Tage vom
Haus entfernt.“ Hierauf erwiderte die Dame lachend: „Nun, ich will Dir
nur gestehen, ich habe sie wirklich mitgebracht und belustigte mich eben an
ihnen, als Du eintratest; da ich jedoch befürchtete, Du möchtest irgend etwas
Schlimmes vermuten, so trieb ich sie in unser Schlafzimmer, um sie dort
verborgen zu halten, bis ich wüsste, ob Du auch bei guter Laune wärest; denn
wäre es nicht der Fall gewesen, so hätte ich wohl Mittel gefunden, sie
unbemerkt aus dem Haus zu lassen.“ Es ist unmöglich, die Angst zu
schildern, in welcher sich jetzt die armen Galane befanden, besonders als nun
der Mann seiner Frau befahl, einen nach dem anderen herauszuholen. „Jeder
von ihnen,“ sagte er, „soll uns durch einen Tanz ergötzen und uns
eine Geschichte erzählen; aber wenn ich daran kein Vergnügen finde, so will
ich ihnen die Köpfe abschlagen.“ – „Gott sei uns gnädig!“,
sagte der Kadi, „wie können Männer von unserem Gewicht tanzen! Aber wer
kann seiner Bestimmung entgehen? Und ich sehe auch kein anderes Mittel, um von
dieser listigen Hexe und ihrem wilden Kerl von Mann loszukommen, als wenn wir
ihren Willen, so gut wir es vermögen, erfüllen.“ Seine
Unglücksgefährten meinten dasselbe und erwarteten stillschweigend, was über
sie ergehen würde.

Die Dame ging nun in die Kammer, gab dem Kadi ein Tamburin
in die Hände, führte ihn vor ihren Mann, begann auf ihrer Laute eine lustige
Weise zu spielen, wozu der erschrockene Richter mit solchen Grimassen und
seltsamen Sprüngen tanzte, dass er sich vollkommen wie ein herum springender
Affe ausnahm. „In der Tat,“ sagte der Mann zu seiner Frau, „wenn
ich nicht wüsste, dass dieser Mensch ein Spaßmacher ist, so würde ich ihn
für unsern Kadi halten; aber Gott verzeihe mir, ich weiß, dass unser würdiger
Richter entweder seien Andacht verrichtet oder sich mit den Rechtshändeln
beschäftigt, welche er morgen entscheiden soll.“ Als er dies nun gehört
hatte, tanzte der Kadi mit verdoppelter Anstrengung und noch lächerlicheren
Gebärden, um zu vermeiden, dass man ihn erkannte. Endlich wurde er aber durch
eine so ungewohnte übung ganz erschöpft; der Hausherr hatte jedoch kein
Mitleid mit seinen Leiden und drohte ihm mit der Bastonade, wenn er nicht
weitertanzte, was denn nun der arme Richter tat, bis er über und über
schwitzend auf die Erde fiel, von welcher man ihn dann aufhob, und man ihn durch
einen Becher Wein, den man ihm eingoss, wieder etwas belebte. Als er sich nun
nach und nach erholt und auch etwas Speise zu sich genommen hatte, wurde er
aufgefordert, eine Geschichte zu erzählen, ehe er wieder in Freiheit gesetzt
würde.

Als der Kadi fort war, holte die Dame den Obereinnehmer
herbei, den der Hausherr bei seinem Namen nannte und zu ihm sagte:
„Ehrwürdiger Herr, Ihr müsst mir die Gnade erzeigen, zu tanzen.“ Der
beschämte Einnehmer erwiderte keine Silbe, macht seine Bocksprünge und erhielt
nicht eher die Erlaubnis aufzuhören, als bis seine Ermüdung den höchsten Grad
erreicht hatte. Hierauf ließ man ihn nieder sitzen, reichte ihm einige
Erfrischungen und entließ ihn, indem man ihm den Rat gab, künftig seine
Liebesanträge mehr am rechten Ort anzubringen. Die beiden anderen Galane wurden
auf gleiche Weise entlassen und gaben sich gegenseitig das Versprechen, künftig
klüger oder minder leichtgläubig zu sein.