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557. Nacht

Die Abenteuer des Sultans, welcher der Krone entsagte

Der als ein Derwisch verkleidete Fürst wanderte ganz
allein nach Kairo, welche Stadt er in Ruhe und Sicherheit und wohl beherrscht
fand. Er durchwanderte mehrere Straßen, bis er zu dem königlichen Palast
gelangte, dessen herrlichen Bau und Umfang er bewunderte, als eben der Sultan
mit seinem Gefolge von einer Jagd heimkehrte, weshalb der Derwisch sich auf die
eine Seite der Straße stellte. Der Sultan, der seinen würdevollen Anstand
bemerkte, befahl einem von seinen Begleitern, ihn in den Palast zu laden und ihn
zu unterhalten, bis er ihn würde rufen lassen.

Als der Sultan sich von seiner Ermüdung erholt hatte,
schickte er nach dem vermeintlichen Derwisch und fragte ihn, als er herbeikam,
aus welchem Königreich er wäre. Er antwortete: „Herr, ich bin ein
wandernder Derwisch.“ – „Gut,“ versetzte der Sultan, „aber
sage mir, weshalb bist Du hierher gekommen?“ – „Herr, das kann ich
Euch nur im geheimen sagen.“

„Wohlan,“ sagte der Sultan, stand auf und
führte ihn in ein besonderes Zimmer. Der Derwisch erzählte nun, was ihm
begegnet war, die Ursache seiner Abdankung, und weshalb er den Charakter eines
Geistlichen angenommen hatte.

Der Sultan war über diese Selbstverleugnung erstaunt und
rief aus: „Hoch gelobt sei der heilige Name dessen, der durch seine Allmacht
erhöht und erniedrigt, wen er will: Aber meine Geschichte ist noch
erstaunenswerter als die Deine. Ich will sie Dir erzählen und Dir nichts
verschweigen.

Geschichte Mahmuds, Sultan von Kairo

In Dürftigkeit geboren, blieb ich arm und ohne Genüsse
des Lebens, bis ich endlich zu dem Besitz von zehn Silberstücken gelangte, die
ich zu meinem Vergnügen zu verwenden beschloss. In dieser Absicht begab ich
mich auf den Hauptmarktplatz und wollte mir etwas kaufen, um meinem Gaumen
gütlich zu tun. Während ich mich umsah, ging ein Mann vorbei, dem eine große
Menge Volks lachend nachfolgte, und der in einem eisernen Kasten eine großen
Affen trug, den er schreiend für zehn Silberstücke zum Verkauf ausbot. Ich
fühlte in mir einen sonderbaren Antrieb, das Tier zu kaufen, bezahlte ihm das
Geld und trug meinen Einkauf nach Hause, war aber, als ich dort war, in großer
Verlegenheit um Speise für mich und den Affen.

Während ich noch überlegte, was ich tun sollte, wurde
der Affe, der verschiedene Sprünge gemacht hatte, plötzlich in einen jungen
Mann, schön wie der Vollmond, verwandelt, der sich zu mir wandte und sagte:
„Mahmud, Du hast mich für zehn Silberstücke, Deine ganze Habe, gekauft,
und du denkst nun darüber nach, wie Du Speise für Dich und mich schaffen
kannst.“ – „Das ist wahr,“ versetzte ich, „aber in Allahs
Namen, woher kommst Du?“ – „Frage mich nicht, sondern nimm hier dieses
Goldstück und kauf‘ uns etwas zu essen und zu trinken.“

Ich nahm das Gold, erfüllte sein Begehren, und wir
brachten den Abend schmausend und schwatzend miteinander zu, bis es Zeit war,
sich zur Ruhe zu begeben.

Am folgenden Morgen sagte der junge Mann: „Freund,
diese Wohnung schickt sich nicht für uns, geh und miete eine bessere.“ –
„Dein Wille ist Befehl,“ versetzte ich, ging hin und mietete eine sehr
anständige Wohnung in dem schönsten Viertel der Stadt.

Hierauf gab er mir Geld, um Kissen und Teppiche zu kaufen,
was ich tat. Bei meiner Rückkehr fand ich ein Bündel vor ihm, welches
fürstliche Kleidungsstücke enthielt. Diese gab er mir mit dem Begehren, dass
ich zuerst ins Bad gehen, mich baden und sie dann anlegen möchte.

Ich gehorchte seinem Befehl, zog mich an und fand in ihrer
Tasche Gold und Silber im überfluss. Ich tat mir nicht wenig auf mein besseres
Aussehen in den reichen Kleidern zugute. Bei meiner Rückkehr lobte er mein
äußeres, ich musste mich zu ihm setzen, wir nahmen einige Erfrischungen zu uns
und schwatzten über allerlei Gegenstände. Endlich gab er mir ein Bündel,
welches ich dem Sultan bringen, dessen Tochter ich zugleich für mich zur Frau
verlangen sollte. Ein Begehren, welches, wie er mich versicherte, gern erfüllt
werden würde.