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486. Nacht

Am folgenden Morgen ließ der König alle Kadis, Scheiche
und die Vornehmsten der Stadt versammeln, er trug ihnen sein Verlangen vor, die
Tochter seines Wesirs zu heiraten. Als die Versammlung sich beeiferte, seinen
Entschluss zu billigen, so gab er sogleich Befehl, die Hochzeit zu feiern,
welche noch denselben Tag Statt hatte.

Alsbald wurde eine Schar von Schreibern beauftragt, den
verschiedenen Provinzen des Königreichs durch Briefe diese wichtige Neuigkeit
kund zu tun. Man sorgte dafür, dass dem Wesir durch ein besonderes Schreiben
dieses Ereignis mitgeteilt wurde.

Sipehsalar geriet in großen Zorn, als er den Brief des
Königs las, in welchem dieser ihm den ganzen Vorgang meldete. Ungeachtet der
feierlichen Anstalten, womit Asad-bacht seine Vermählung so sorgfältig umgeben
hatte, fühlte der Wesir jedoch die Beleidigung sehr tief, welche ihm der König
angetan, um so mehr, als seine innige Zärtlichkeit für seine Tochter ihm eine
von nun an unerlässliche Trennung von derselben höchst schmerzlich machte.
Aber er hielt es für ratsam, den tiefen Verdruss, der ihn verzehrte, in seinem
Herzen zu verbergen, und antwortete dem König in den untertänigsten und
hingebendsten Ausdrücken.

„Herr,“ schrieb er, „ein unerwartetes
Glück hat mich mit Freuden überschüttet: Ich kann nicht begreifen, wodurch
ich die ausgezeichnete Gunst verdient habe, mit welcher Euer Majestät mich zu
beehren würdigt. Ich muss mein Gestirn preisen, dass ein so hoher Fürst geruht
hat, einen Blick auf seinen Sklaven zu werfen. Nein, Herr, ich habe keine
Ausdrücke, die stark genug sind, um euch meine ganze Dankbarkeit und die
Ungeduld zu schildern, mit welcher ich den glücklichen Augenblick erwarte, wo
es mir vergönnt sein wird, zu kommen, und den köstlichen Staub von den Füßen
Euer Majestät zu küssen.“

Nachdem er diesen Brief abgeschickt hatte, heuchelte der
schlaue Wesir öffentlich eine große Freude, und feierte durch allerlei Feste
ein Ereignis, über welches er so entzückt schien. Drei Monate vergingen so,
aber diese Freudenbezeugungen verhinderten den Wesir nicht, an den Grenzen des
Königreiches, wo er sich damals befand, eine weitgreifende Verschwörung
anzuspinnen, und überall das Missvergnügen gegen die Regierung des Königs
aufzuregen.

Als er nun den Erfolg seiner Maßregeln hinlänglich
gesichert glaubte, versammelte er die vornehmsten Befehlshaber seines Heeres,
und sprach folgendermaßen zu ihnen:

„Die Wichtigkeit des Geheimnisses, welches ich euch
mitzuteilen habe, wird euch, wie ich hoffe, den ganzen Umfang des Vertrauens
beweisen, welches ich auf solche Männer setze, wie ihr seid. Lange habe ich es
in meinem Busen verschlossen. Aber jetzt bin ich bereit, es euch zu enthüllen,
wenn ihr mir durch einen Eid unverbrüchliche Verschwiegenheit gelobt.“

Auf diese Aufforderung beeiferten sich alle, durch tausend
Beteuerungen ihrer Treue und Ergebenheit zu antworten.

„Ihr kennt,“ fuhr Sipehsalar fort, „meine
Mühe und Arbeit, meine Wachen und Anstrengungen, um das Reich von Se