Project Description

466. Nacht

Hier setzte die Prinzessin den Käfig in den Garten, an
welchen der Saal stieß, und sobald der Vogel seinen Gesang hören ließ, kamen
die Nachtigallen, die Finken, die Lerchen, Grasmücken, Stieglitze und eine
zahllose Menge anderer Vögel des Landes, und begleiteten ihn mit ihrem Gesang.

Ebenso ließ sie den Zweig in ihrer Gegenwart auf einem
Rasenplatz in der Nähe des Hauses einsenken. Er fasste Wurzeln, und in kurzer
Zeit wurde es ein starker Baum, dessen Blätter bald denselben vielstimmigen
Gesang hören ließen, wie der Baum, von welchem er abgebrochen war.

Endlich für das tanzende Wasser ließ sie mitten auf
demselben Platz ein schönes Marmorbecken machen, und goss das Wasser aus dem
Fläschchen hinein. Sogleich fing es an aufzuschwellen, und als es beinahe den
Rand des Beckens erreicht hatte, sprang es aus der Mitte in einer dicken
Strahlengarbe fünfzig Fuß hoch empor, fiel dann nieder, und fuhr so fort, ohne
dass das Wasser überlief.

Die Neuigkeit von diesen Wunderdingen verbreitete sich
bald in der Nachbarschaft, und weil die Tür des Hauses ebenso wenig als die
Gartentür vor jemand verschlossen stand, so strömte bald eine große
Volksmenge aus der Umgegend herbei, sie zu bewundern.

Die Prinzen Bahman und Perwis fingen einige Tage nach
ihrer Heimkehr, als sie sich von den Beschwerden ihrer Reise völlig erholt
hatten, ihre alte Lebensweise wieder an, und weil die Jagd ihre gewöhnliche
Belustigung war, so stiegen sie zu Pferd, und ritten, zum ersten Mal seit ihrer
Rückkehr, nicht in ihren Park, sondern zwei oder drei Meilen weit von ihrem
Haus.

Während sie hier jagten, kam der Sultan von Persien,
ebenfalls auf der Jagd, an denselben Ort. Sobald sie an der Menge von Reitern,
welche von allen Seiten zum Vorschein kamen, seine nahe Ankunft erkannten,
wollten sie aufhören zu jagen und sich zurückziehen, um seine Begegnung zu
vermeiden. Aber gerade auf dem Weg, welchen sie einschlugen, begegneten sie ihm,
an einer so engen Stelle, dass sie nicht ausweichen, noch umkehren konnten, ohne
gesehen zu werden. In dieser überraschung hatten sie nur so viel Zeit,
abzusteigen und sich vor dem Sultan niederzuwerfen, und so mit der Stirn am
Boden liegen zu bleiben, ohne ihn anzublicken. Aber der Sultan, der sie so
wohl beritten und so anständig gekleidet sah, als wenn sie zum Hofstaat
gehörten, war neugierig, ihr Gesicht zu sehen. Er hielt an, und befahl ihnen,
aufzustehen.

Die Prinzen richteten sich auf, und standen mit freiem
Anstand, jedoch zugleich in bescheidener und ehrerbietiger Stellung, vor dem
Sultan. Dieser betrachtete sie einige Zeit vom Haupt bis zu den Füßen, ohne
etwas zu sagen, und nachdem er ihr gutes Aussehen und ihre edle Bildung
bewundert hatte, fragte er sie, wer sie wären, und wo sie wohnten.

Der Prinz Bahman nahm das Wort und sprach: „Herr, wir
sind die Söhne des Aufsehers der Gärten Euer Majestät, welcher kürzlich
gestorben ist. Wir bewohnen ein Landhaus, welches er kurze Zeit vor seinem Tod
bauen ließ, damit wir darin blieben, bis wir das Alter erreicht hätten, Euer
Majestät zu dienen, und um eine Anstellung zu bitten, wenn sich eine
Gelegenheit dazu darböte.“

„So wie ich sehe,“ fuhr der Sultan fort,
„liebt ihr die Jagd.“

„Herr,“ antwortete der Prinz Bahman, „das
ist unsere gewöhnliche übung, und diejenige, welcher keiner von den Untertanen
Euer Majestät, der einst die Waffen in eurem Heere führen will,
vernachlässigt, gemäß der alten Gewohnheit in diesem Königreich.“

Der Sultan vergnügt über eine so kluge Antwort, sprach
hierauf zu ihnen:

„Weil dem so ist, so möcht eich euch wohl jagen
sehen: Kommt mit, und wählt euch eine Jagd, welche euch beliebt.“