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425. Nacht

Da die Prinzen sich stets den Wünschen ihres Vaters, des
Sultans, willig gefügt hatten, und da überhaupt ein jeder von ihnen hoffte,
das Glück werde ihm günstig sein und ihm den Besitz der Prinzessin Nurunnihar
verschaffen, so antworteten sie ihm, dass sie ihm zu gehorchen bereit wären.
Ohne Verzug ließ nun der Sultan ihnen die versprochene Summe auszahlen, und
noch denselben Tag gaben sie ihre Befehle zu den Vorbereitungen zur Reise, ja
sie nahmen sogar von ihrem Vater, dem Sultan, Abschied, um den folgenden Tag
ganz früh schon abreisen können. Sie zogen alle drei, mit allem Nötigen wohl
versehen und ausgerüstet und als Kaufleute verkleidet, zu einem und demselben
Tor der Stadt hinaus, jeder bloß von einem einzigen vertrauten Diener in
Sklavenkleidern begleitet. So gelangten sie miteinander bis zur ersten
Nachtherberge, wo dann der Weg sich in dreifache Richtung teilte, wovon jeder
sich einen Weg zur Fortsetzung seiner Reise wählen konnte. Als sie hier
miteinander die Abendmahlzeit verzehrten, welche sie sich bestellt hatten, so
verabredeten sie sich untereinander, dass ihre Reise gerade ein Jahr dauern
sollte, und sie bestellten sich nach Ablauf dieser Frist wieder in dieselbe
Herberge, mit der Bedingung, dass, wer zuerst da einträfe, auf den andern, und
beide dann auf den dritten warten sollten, so dass sie alle drei, so wie sie
miteinander zugleich von ihrem Vater Abschied genommen, auch bei ihrer Rückkehr
sich ihm alle zusammen wieder vorstellen könnten. Den folgenden Morgen stiegen
sie bei Tagesanbruch zu Pferd, und nachdem sie sich umarmt und einander eine
glückliche Reise gewünscht hatten, schlug jeder von ihnen einen von den drei
Wegen ein.

Der Prinz Hussain, der älteste von den drei Brüdern,
welcher viel von der Größe, der Macht, dem Reichtum und dem Glanz des
Königreichs Bisnagar erzählen gehört hatte, nahm seine Richtung nach dem
indischen Meer, und nach einer Reise von etwa drei Monaten, auf welcher er sich
an verschiedene Karawanen anschloss, und bald öde Wüsten und Gebirge, bald
sehr bevölkerte, angebaute und fruchtbare Länder durchzog, gelangte er endlich
nach Bisnagar, welches die Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs und
zugleich der Sitz der Könige dieses Landes ist1).
Er kehrte in einen Kan ein, in welchem die fremden Kaufleute abzusteigen
pflegten, und da er hörte, dass es hauptsächlich vier Orte der Stadt gäbe, wo
die Kaufleute und Verkäufer aller Arten von Handelswaren ihre Läden hatten, so
begab er sich gleich am folgenden Tag nach einem dieser Plätze. In der Mitte
derselben lag das Schloss oder vielmehr der königliche Palast, welcher einen
großen Raum einnahm und gleichsam den Mittelpunkt der Stadt bildete, die drei
Ringmauern hatte und deren Tore zwei volle Stunden Weges weit voneinander
entfernt waren.


1)
Bisnagar, eine große Stadt Asiens und zugleich Hauptstadt des gleichnamigen
Königreichs, welches heutzutage das Reich von Karnate heißt. Sie befindet sich
heute in der Gewalt der Engländer.