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411. Nacht

Da die Fee Pari Banu diese letzten Worte in einem ganz
anderen Tone sprach, indem sie den Prinzen Achmed zärtlich anblickte und dann
sogleich verschämt und mit errötendem Gesicht, die Augen niederschlug, so
erriet der Prinz sehr leicht, welches Glück hier gemeint sei. Er überlegte,
dass die Prinzessin Nurunnihar nicht mehr die seinige werden könne, und dass
die Fee Pari Banu an Schönheit, Anmut und Reiz, so wie durch einen
überwiegenden Verstand und durch ihre unermesslichen Reichtümer, so weit er
nämlich aus der Pracht des Palastes auf diese schließen konnte, jene unendlich
weit überträfe, auf diese schließen konnte, jene unendlich weit überträfe,
und er segnete den Augenblick, wo ihm der Gedanke eingekommen war, noch einmal
den abgeschossenen Pfeil zu suchen, indem er sich ganz der Neigung hingab, die
ihn nach dem neuen Gegenstand seines Herzens hinzog.

„Gnädige Frau,“ fing er an, „wenn ich mein
ganzes Leben hindurch auch nur dies eine Glück hätte, eurer Sklave und der
Bewunderer so hoher Reize zu sein, die mich in Entzücken versetzen, so würde
ich mich für den glücklichsten aller Sterblichen achten, verzeiht mir meine
Kühnheit, wenn ich euch um diese Gunst zu bitten wage, und verschmäht es
nicht, an eurem Hofe einen Prinzen zuzulassen, der sich ganz euch zu widmen
gedenkt.“

„Prinz,“ erwiderte die Fee, „da ich schon
seit langer Zeit freie Herrin meiner Wünsche und frei von der Vormundschaft
meiner Eltern bin, so will ich euch nicht als Sklaven an meinem Hofe zulassen,
sondern als Herren meiner Person und alles dessen, was mir gehört und irgend
noch etwa gehören könnte, sofern ihr mir nämlich Treue geloben und mich zu
eurer Gemahlin annehmen wolltet. Ich hoffe, dass ihr es nicht übel aufnehmen
werdet, dass ich euch durch dieses Anerbieten entgegenkomme. Ich habe euch schon
gesagt, dass ich in meinem Willen von niemanden abhänge, und ich füge bloß
noch hinzu, dass es mit den Feen nicht so ist, wie es mit den Frauen im
Verhältnis zu den Männern der Fall ist, welche bekanntlich eben nicht
vergleichen Schritte entgegen zu tun pflegen und ein solches Verfahren mit ihrer
Ehre unverträglich halten würden. Wir dagegen tun es nun einmal und denken,
dass man uns dafür Dank wissen muss.“

Der Prinz Achmed antwortete auf diese Rede der Fee weiter
nichts. Allein durchdrungen von Dankbarkeit, glaubte er diese ihr nicht besser
an den Tag legen zu können, als wenn er sich näherte, um ihr den Saum ihres
Gewandes zu küssen. Sie ließ ihm indessen nicht Zeit, dies zu tun, sondern
reichte ihm ihre Hand, die er küsste, und indem sie die seinige festhielt und
sie drückte, sagte sie zu ihm:

„Prinz Achmed, gebt ihr mir nicht euer Wort, wie ich
euch das meinige gebe?“

„Ach gnädige Frau,“ erwiderte der Prinz voll
freudigem Entzücken, „was könnte ich wohl besseres und freudigeres tun?
Ja, meine Sultanin, meine Königin, ich gebe es euch nebst meinem Herzen, ohne
Rückhalt!“

„Wenn das ist,“ antwortete die Fee, „so
seid ihr mein Gemahl und ich bin eure Gemahlin. Die Ehen werden bei uns ohne
weitere Zeremonien geschlossen, sind aber bei uns weit fester und
unauflöslicher, als die der Menschen, ungeachtet letztere mehr Förmlichkeiten
dabei anwenden. Jetzt – fuhr sie fort – während man für heute Abend die
Anstalten zu unserem Hochzeitsmahl trifft, wird man euch, da ihr offenbar heute
noch nichts zu euch genommen habt, vorerst einen leichten Imbiss vorsetzen, dann
werde ich euch die Zimmer meines Palastes zeigen, und ihr mögt dann selbst
entscheiden, ob es nicht wahr ist, was ich euch sagte, dass nämlich dieser Saal
gerade das schlechteste Zimmer darunter ist.“

Einige von den Frauen der Fee, die bei ihr im Saal sich
befanden, hatten kaum ihren Wunsch vernommen, als sie auch schon hinaus gingen,
und bald darauf einige Speisen und trefflichen Wein herein brachten.

Als der Prinz Achmed zur Genüge gegessen und getrunken
hatte, führte ihn die Fee Pari Banu aus einen Zimmer in das andere, und er sah
darin Diamanten, Rubine, Smaragde und alle Arten der feinsten Edelsteine im
Verein mit Perlen, Achat, Jaspis, Porphyr und dem kostbarsten Marmor von allen
Gattungen angebracht, um von dem Zimmergerät zu schweigen, welches alles von
einem unschätzbaren Reichtum war. Alles war da in so erstaunlichem überfluss
angebracht, dass er, weit entfernt, je etwas gesehen zu haben, was dieser Pracht
auch nur nahe gekommen wäre, vielmehr eingestand, dass es nichts der Art auf
der ganzen Welt geben könne.

„Prinz,“ sagte hierauf die Fee, „wenn ihr
schon meinen Palast so sehr bewundert, der wirklich sehr schön ist, was würdet
ihr erst zu den Palästen unserer Geisterfürsten sagen, die ganz anders schön,
geräumig und prächtig sind? Ich könnte euch auch noch meinen Garten bewundern
lassen, allein,“ fuhr sie fort, „das mag lieber ein andermal
geschehen. Die Nacht nähert sich jetzt schon, und es ist Zeit, dass wir uns zu
Tafel setzen.“

Der Saal, worin die Fee den Prinzen führte und worin die
Tafel gedeckt war, war das letzte Zimmer des Palastes und zugleich das einzige,
was der Prinz noch nicht gesehen hatte. Es stand indessen nicht hinter keinem
derjenigen zurück, die er bereits in Augenschein genommen hatte. Beim
Hereintreten bewunderte er den Lichtglanz unzähliger, von Ambra duftender
Wachskerzen, deren Menge, anstatt zu verwirren, vielmehr so symmetrisch
aufgestellt war, dass man sie mit Vergnügen ansah. Ebenso bewunderte er einen
großen Schanktisch, besetzt mit goldenen Gefäßen, welche durch ihre
kunstreiche Arbeit einen noch weit höheren Wert hatten, als durch ihren Stoff.
Ferner mehrere Chöre der schönsten und reich gekleidetsten Mädchen, welche ein
Konzert von Singstimmen und harmonischen Instrumenten begannen, so schön als er
es nur je in seinem Leben gehört. Sie setzten sich zu Tisch. Da Pari Banu sich
ganz besonders beeiferte, dem Prinzen Achmed die wohl schmeckendsten Speisen
vorzulegen, und sie jedes mal, wenn sie ihn zum Zulangen aufforderte, ihn mit
Namen nannte, da ferner der Prinz noch nie etwas von denselben gehört hatte,
und sie ganz ausgesucht wohlschmeckend fand, lobte er dieselben außerordentlich
und rief aus, dass dies treffliche Mahl, womit sie ihn bewirtete, alle die
Mahlzeiten der Menschen weit überträfe. Auch war er ganz entzückt über die
Vortrefflichkeit des Weines, welcher aufgetragen wurde, und wovon er und die Fee
erst beim Nachtisch, der aus Früchten, Kuchen und anderem dazu passenden Imbiss
bestand, zu trinken anfingen.