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312. Nacht

Der Augenblick war wirklich dringend, und alles, was Abu
Hassan vor Mesrurs Ankunft tun konnte, war, seine Frau als Leiche anzuziehen,
und das Stück Brokat, welches der Kalif ihm geschenkt, über sie auszubreiten.
Hierauf öffnete er die Türe seiner Wohnung, und mit einem traurigen und
niedergeschlagenen Gesicht, und das Schnupftuch vor die Augen haltend, setzte er
sich zum Haupt der angeblich Verstorbenen.

Kaum war er fertig, als auch schon Mesrur ins Zimmer trat.
Das traurige Schauspiel, das sich ihm bot, erregte in ihm eine geheime Freude,
in Beziehung auf den vom Kalifen erhaltenen Auftrag. Sobald Abu Hassan ihn
bemerkte, ging er ihm entgegen, küsste ihm ehrfurchtsvoll die Hand, und sagte
seufzend zu ihm: „Herr, ihr seht mich in der größten Betrübnis, die mich
nur je treffen konnte, durch den Tod meiner teuren Gattin Nushatulawadat, die
ihr mit eurer Güte beehrtet.“

Mesrur wurde von diesen Reden gerührt, und es war ihm
unmöglich, dem Andenken der Verstorbenen einige Tränen zu versagen. Er hob das
Leichentuch in der Gegend des Kopfes etwas in die Höhe, um ihr ins Gesicht zu
sehen, und ließ es dann wieder fallen, als er einen halben Blick darauf
geworfen hatte, indem er mit einem tiefen Seufzer sagte: „Es gibt keinen
andern Gott außer Gott! Wir müssen alle uns seinem Willen unterwerfen, und
jede Kreatur muss zurückkehren zu ihm!1)
Nushatulawadat, meine gute Schwester,“ fügte er seufzend hinzu, „dein
Lebenslos war von sehr kurzer Dauer! Gott lasse dir Barmherzigkeit
widerfahren!“ Hierauf wendete er sich wieder zu Abu Hassan, der in Tränen
zerschmolz, und sagte zu ihm: „Nicht mit Unrecht behauptet man, die Frauen
haben bisweilen Geistesabwesenheiten, die kaum verzeihlich sind. Sobe