Project Description

260. Nacht

Der Kalif benutzte diese Zeit, und klatschte zum Fenster
hinaus in die Hände. Der Großwesir, Mesrur und die vier Kammerdiener waren im
Augenblick bei ihm, und die letzten zogen ihm alsbald das Fischerkleid aus und
legten ihm das mitgebrachte Kleid an. Sie waren noch nicht ganz fertig und noch
um den Kalifen beschäftigt, der sich auf den im Saal für ihn stehenden Thron
gesetzt hatte, als Scheich-Ibrahim, von Habgier beseelt, mit einem großen Stock
in der Hand herein trat, womit er dem vermeinten Fischer derbe aufzuwischen
gedachte. Anstatt aber diesen wieder zu erblicken, sah er dessen Kleid mitten im
Saal liegen, und den Kalifen auf seinem Thron sitzen mit dem Großwesir und
Mesrur an seiner Seite. Er stutzte bei diesem Schauspiel, und zweifelte, ob er
wachte oder träumte.

Der Kalif lachte über sein Erstaunen, und fragte ihn:
„Scheich-Ibrahim, was willst du, was suchst du?“

Scheich-Ibrahim, der nun nicht mehr zweifeln konnte, dass
es der Kalif wirklich wäre, warf sich sogleich zu seinen Füßen, mit dem
Antlitz und dem langen Bart den Boden bedeckend, und rief aus: „Beherrscher
der Gläubigen, euer elender Sklave hat euch beleidigt. Er fleht eure Gnade an,
und bittet euch tausend Mal um Verzeihung.“

Da die Kammerdiener den Kalifen in diesem Augenblick
fertig angekleidet hatten, stieg er herab von seinem Thron, und sagte zu ihm:
„Steh auf, ich verzeihe dir.“

Der Kalif wandte sich hierauf zu der schönen Perserin,
die ihren Schmerz gehemmt hatte, sobald sie vernommen, dass der Garten und der
Saal diesem Fürsten gehörten, und nicht Scheich-Ibrahim, wie derselbe
vorgegeben, und dass er es selber war, der sich als Fischer verkleidet hatte.
„Schöne Perserin,“ sprach er zu ihr, „steht auf und folgt mir.
Nach dem, was ihr eben gesehen habt, werdet ihr erkennen, wer ich bin, und dass
es nicht meinem Range gemäß ist, von dem Geschenk, welches Nureddin durch eine
Großmut ohne Gleichen mit eurer Person mir gemacht hat, Vorteil zu ziehen. Ich
habe ihn nach Balsora geschickt, dort König zu sein, und ich will euch als
Königin eben dorthin senden, sobald ich die nötigen Verfügungen zu seiner
Einsetzung getroffen habe. Unterdessen will ich euch eine Wohnung in meinem
Palast geben, wo ihr eurer Würdigkeit gemäß behandelt werden sollt.

Diese Rede beruhigte und tröstete die schöne Perserin
über einen so empfindlichen Verlust. Sie entschädigte sich nach ihrer
Traurigkeit völlig durch die Freude, zu vernehmen, dass Nureddin, den sie
leidenschaftlich liebte, zu einer so hohen Würde war erhoben worden.

Der Kalif erfüllte das ihr gegebene Versprechen. Er
empfahl sie selbst seiner Gemahlin Sobe