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185. Nacht

Nachdem der Barmekide von seiner Bäckerin gesprochen und
ihr schönes Brot belobt hatte, welches mein Bruder bloß in der Einbildung
speiste, rief er: „Bursche, bringe uns eine andere Schüssel! Mein wackerer
Gast,“ fuhr er hierauf zu meinem Bruder fort, obwohl kein Bursche sich
sehen ließ, „koste jetzt von diesem neuen Speisen und sage mir, ob du
jemals Hammelfleisch mit geschältem Korn gegessen hast, welches besser
zugerichtet gewesen wäre, als dies hier?“ – „Es ist ganz
bewunderungswürdig schön,“ antwortete mein Bruder, „ich lasse es mir
auch ganz gehörig schmecken.“ – „Das ist mir sehr angenehm,“
erwiderte der Barmekide. „Ich beschwöre dich bei dem Vergnügen, welches
ich daran habe, dich so fröhlich essen zu sehen, dass du nichts von diesen
Speisen übrig lassest, da du sie so ganz nach deinem Geschmack findest.“
Bald darauf verlangte er eine Gans mit süßer Brühe, aus Weinessig, Honig,
Rosinen, Kichererbsen und trockenen Feigen bereitet, die ihm denn auch eben so
wie die Schüssel mit Hammelfleisch gebracht wurde. „Die Gans ist sehr
fett“, sagte der Barmekide, „iss davon bloß einen Schenkel und einen
Flügel. Du musst dir schon noch etwas Appetit übrig lassen, denn es kommen
noch verschiedene andere Sachen.“ Auch ließ er wirklich noch verschiedene
andere Schüsseln mit allerlei Gerichten bringen, die mein Bruder, der vor
Hunger fast starb, mitzuspeisen sich stellte. Aber was der Wirt mehr als alles
übrige pries, war ein mit Pistazien gefüttertes Lämmchen, welches er sich
geben ließ, und welches so wie die übrigen Gerichte aufgetragen wurde.
„Ach, ein solches Gericht wie dieses,“ sagte der Barmekide, „kann
man sonst nirgends als bei mir speisen. Ich wünsche daher, dass du dich recht
satt daran essen magst.“ Indem er dies sagte, tat er, als hätte er ein
Stück in der Hand, näherte es dem Mund meines Bruders, und sagte: „Da
nimm und schlucke es hinunter. Du wirst bald sehen, ob ich Unrecht hatte, wenn
ich dir dies Gericht heraus pries.“ Mein Bruder streckte den Kopf vorwärts,
öffnete den Mund, und stellte sich, als nähme er das Stück, kaute es und
schluckte es mit unbeschreiblichem Vergnügen hinunter. „Ich wusste
schon,“ sagte der Barmekide, „dass du es sehr gut finden
würdest.“ – „Es gibt auf der Welt keine auserlesenere Speise,“
erwiderte mein Bruder. „Ganz offen gesprochen, der Tisch, den ihr führt,
ist etwas ganz köstliches.“ – „Man bringe jetzt das Ragout!“,
rief der Barmekide. „Ich denke, du wirst damit nicht minder zufrieden sein,
als mit dem Lämmchen. Nun, was meinst du dazu?“ – „Oh, es ist
wunderschön!“, erwiderte Schaka