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152. Nacht

Alle die Frauen, welche zugesehen hatten, wie ich tausend
Streiche mit dem Ochsenziemer bekam, hatten Mitleid mit mir, als sie davon
hörten, dass mir die Hand abgehauen werden sollte. „Unsere liebe Schwester
und gute Dame,“ sagten sie zu der Günstlingin, „ihr treibt eure Rache
zu weit. Es ist freilich ein Mensch ohne Lebensart, der euren Stand und die
Rücksichten misskennt, welche ihr verdient. Wir bitten euch jedoch, den von ihm
begangenen Fehler nicht zu beachten, sondern zu verzeihen.“ – „Noch
habe ich nicht hinlänglich Genugtuung,“ sagte sie. „Ich will, dass er
Lebensart lerne und so fühlbare Zeichen seiner Unreinlichkeit an sich trage,
dass es ihm in seinem Leben nicht wieder einfällt, eine Mengspeise mit
Knoblauch zu essen, ohne des Händewaschens zu gedenken.“

Sie ließen sich durch ihre abschlägige Antwort nicht
abschrecken, warfen sich zu ihren Füßen und sagten zu ihr, indem sie ihr die
Hand küssten: „Unsere gute Dame, im Namen Gottes, mäßigt eueren Zorn und
gewährt uns die Begnadigung, um welche wir euch bitten.“

Sie antwortete ihnen nichts, aber sie stand auf und
verließ, nachdem sie tausend Schimpfreden gegen mich ausgestoßen hatte, das
Zimmer. Alle Frauen folgten ihr, und ließen mich in unbeschreiblicher
Betrübnis allein.

Zehn Tage lang bekam ich niemand zu sehen, als eine alte
Sklavin, die mir zu essen brachte. Ich erkundigte mich bei ihr nach der
Günstlingin. „Sie ist krank,“ sagte die alte Sklavin zu mir,
„von dem vergifteten Geruch, den ihr sie habt einatmen lassen. Warum habt
ihr euch aber auch die Hände nicht gewaschen, nachdem ihr von dieser verdammten
Knoblauchspeise gegessen hattet?“ – „Ist es möglich,“ sagte ich
hier zu mir selbst, „dass der Zartsinn dieser Frauen so groß ist, und dass
sie, wegen eines so leichten Fehlers, so rachsüchtig sind?“ Ich liebte
jedoch meine Frau, ungeachtet ihrer Grausamkeit, und unterließ nicht, sie zu
beklagen.

Eines Tages sagte die Sklavin zu mir: „Euere Gattin
ist genesen, sie ist ins Bad gegangen, und hat mir gesagt, dass sie euch morgen
besuchen werde. Habt also noch Geduld und sucht euch in ihre Launen zu fügen.
Sie ist übrigens eine sehr verständige, sehr vernünftige, und von allen
Frauen, die unsere verehrungswürdige Gebieterin Sobe