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146. Nacht

Die Dame setzte sich in meinen Laden, und da sie sah, dass
außer dem Verschnittenen und mir noch niemand in dem ganzen Besasthan war, so
entschleierte sie sich das Gesicht, um frische Luft zu schöpfen. Niemals habe
ich etwas so Schönes gesehen: Sie sehen und leidenschaftlich lieben, war eins
für mich. Immer hatte ich die Augen auf sie geheftet. Es schien mir, dass meine
Aufmerksamkeit ihr nicht unangenehm war, denn sie ließ mir Zeit, sie nach
Bequemlichkeit zu betrachten, und sie verschleierte das Gesicht erst, als die
Furcht, bemerkt zu werden, sie dazu nötigte.

Nachdem sie sich wieder in den vorigen Zustand versetzt
hatte, sagte sie zu mir, dass sie mehrere Gattungen der schönsten und reichsten
Stoffe suchte, die sie mir nannte und mich frage, ob ich sie vorrätig hätte.
„Ach gnädige Frau,“ antwortete ich ihr, „ich bin ein junger
Kaufmann, der erst seit kurzem seinen Handel eingerichtet hat. Ich bin nicht
reich genug, um ein so bedeutendes Geschäft zu treiben, und es ist mir sehr
schmerzlich, dass ich euch von dem, was euch auf den Besasthan geführt hat,
nichts vorweisen kann. Um euch aber die Mühe zu ersparen, von Laden zu Laden zu
gehen, werde ich, wenn ihr es mir erlaubt, sobald die Kaufleute sich eingefunden
haben, alles, was ihr verlangt, bei ihnen zu holen: Sie werden mir den genausten
Preis sagen, und ihr könnt, ohne weiter zu gehen, hier eure Einkäufe
besorgen.“

Sie willigte darein, und ich hatte mit ihr eine
Unterhaltung, die um so länger dauerte, als ich sie glauben machte, dass die
Kaufleute, welche die verlangten Stoffe hätten, noch nicht angelangt wären.

Ihr Geist bezauberte mich nicht minder, als die Schönheit
ihres Gesichts, aber ich musste mich am Ende doch des Vergnügens der
Unterhaltung berauben. Ich eilte, die von ihr verlangten Stoffe zu holen; und
als sie diejenigen, welche ihr am besten gefielen, ausgesucht hatte, so setzten
wir den Preis auf fünftausend Drachmen gemünzten Silbers fest.

Sie stand sodann auf und ging fort, nachdem sie Abschied
von mir genommen hatte. Ich begleitete sie mit den Augen bis an die Pforte des
Besasthan, und hörte nicht auf, sie zu betrachten, bis sie wieder auf ihrer
Mauleselin saß.

Kaum war die Dame verschwunden, als mir einfiel, dass die
Liebe mich hatte ein Torheit begehen lassen. Sie hatte mir so den Kopf verwirrt,
dass ich nicht darauf geachtet hatte, dass die Dame fort gegangen war, ohne zu
bezahlen, und dass ich nicht einmal danach gefragt hatte, wer sie wäre und wo
sie wohnte. Ich bedachte zugleich, dass ich nun mehreren Kaufleuten, die
vielleicht nicht die Geduld haben würden zu warten, eine beträchtliche Summe
schuldig wäre. Ich ging, mich bei ihnen bestmöglichst zu entschuldigen, indem
ich ihnen sagte, dass ich die Dame kenne. Ich kehrte hierauf, eben so verliebt,
als wegen einer so großen Schuld verlegen, in meinen Laden zurück.