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141. Nacht

Der junge Mann aus Bagdad setzte mit folgenden Worten
seine Erzählung fort: „Ich besuchte die Dame nun täglich, und ließ jedes Mal
einen Beutel mit fünfzig Goldstücken bei ihr zurück. Das dauerte, bis die
Kaufleute, denen ich meine Waren zum Verkauf gegeben hatte, und die ich
regelmäßig zweimal in jeder Woche besuchte, mir nichts mehr schuldig waren.
Endlich sah ich mich nun ohne Geld und ohne Hoffnung, welches zu erhalten.

In diesem abscheulichen Zustand und mit dem Willen, mich
meiner Verzweiflung zu überlassen, ging ich aus dem Khan, ohne zu wissen, was
ich tat, und kam in die Nähe des Schlosses, wo eine große Anzahl von Personen
versammelt war, um ein Schauspiel zu sehen, welches der Sultan von ägypten gab.
Als ich mich dort unter die Menge gemischt hatte, kam ich zufällig in die Nähe
eines wohl berittenen und sehr sorgfältig gekleideten Reiters, an dessen
Sattelbogen ein halboffener Sack hing, aus welchem eine Schnur von grüner Seide
ragte. Indem ich die Hand auf den Sack legte, vermutete ich, dass die Schnur zu
einem im Sack befindlichen Beutel gehörte. Während ich dies bedachte, ging auf
der anderen Seite des Reiters ein mit Holz beladener Lastträger vorüber, und
zwar so nahe, dass der Reiter sich abwenden musste, um zu verhindern, dass das
Holz sein Kleid nicht berührte und zerrisse. In diesem Augenblick versuchte
mich der Satan, ich fasste die Schnur mit der einen Hand, und indem ich mit der
anderen die öffnung des Sackes zu erweitern versuchte, zog ich, ohne dass
jemand es bemerkte, den Beutel heraus. Er war schwer, und ich zweifelte nicht,
dass Gold oder Silber darin enthalten wäre.

Der Reiter, dem ich wahrscheinlich wegen dessen, was ich
tat, als er den Kopf von mir weg wendete, verdächtig vorkam, steckte, als der
Lastträger sich vorbeigedrängt hatte, sogleich seine Hand in den Sack, und gab
mir, da er seinen Beutel nicht fand, einen so kräftigen Hieb mit seiner
Streitaxt, dass er mich zur Erde warf.

Alle diejenigen, welche Zeugen dieser Gewalttat waren,
fühlten sich dadurch ergriffen, und einige legten die Hand an den Zaum des
Pferdes, um den Reiter aufzuhalten und ihn zu fragen, weshalb er mich geschlagen
hätte, und ob es ihm erlaubt wäre, einen Muselmann auf solche Art zu
misshandeln. „Was habt ihr euch darin einzumischen?“, antwortete er
ihnen mit trotzigem Ton. „Ich habe es nicht ohne Ursache getan, denn er ist
ein Dieb.“

Bei diesen Worten stand ich auf, und mein äußeres bewog
jedermann, sich meiner anzunehmen und zu schreien, er wäre ein Lügner, und es
wäre nicht glaublich, dass ein junger Mann, wie ich, die schändliche Handlung,
die er mir aufbürdete, begangen hätte. Kurz, sie blieben dabei, dass ich
unschuldig wäre, und während sie sein Pferd anhielten, um meine Flucht zu
begünstigen, kam der Polizeimeister mit seinem Gefolge eben des Weges; und da
er um den Reiter und mich so viele Leute versammelt sah, so näherte er sich
mir, und fragte, was vorgefallen wäre. Es war unter den Gegenwärtigen niemand,
der nicht den Reiter angeklagt hätte, mich, unter dem Vorwand, dass ich ihn
bestohlen, ungerechterweise misshandelt zu haben.

Der Polizeimeister hielt sich nicht an das, was man sagte,
und fragte den Reiter, ob er nicht einen anderen als mich, im Verdacht des
Diebstahls hätte. Der Reiter antwortete mit nein, und sagte ihm die Ursache,
die er hatte, zu glauben, dass er sich nicht irrte. Nachdem ihn der
Polizeimeister angehört hatte, befahl er seinen Leuten, mich zu durchsuchen;
was sie denn auch sogleich taten, und einer von ihnen, der mir den Beutel
abnahm, zeigte ihn öffentlich.