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138. Nacht

Der junge Mann aus Bagdad sagte, seine Abenteuer dem
christlichen Kaufmann weiter erzählend: „Ich war noch nicht lange im Laden
Bedreddins, als ich die Dame, von ihrer Sklavin begleitet und noch prächtiger
gekleidet, als am vergangenen Tag, kommen sah. Sie sah den Kaufmann gar nicht
an, und sagte zu mir, sich an mich allein wendend: „Herr, ihr seht, dass
ich mein gestern gegebenes Wort pünktlich halte. Ich komme ausdrücklich, um
euch die Summe zu bringen, für welche ihr so gütig wart, euch, ohne dass ihr
mich kanntet, zu verbürgen; eine Großmut, die ich nie vergessen werde.“ –
„Edle Frau,“ erwiderte ich ihr, „es war unnötig, euch zu
beeilen. Ich war wegen des Geldes ganz unbesorgt, und es tut mir leid, dass ihr
euch so bemüht habt.“ – „Es wäre unrecht gewesen, eure Artigkeit zu
missbrauchen.“ Dies sagend, händigte sie mir das Geld ein und setzte sich
neben mich.

Indem ich nun die Gelegenheit, mich mit ihr zu unterhalten
benutzte, redete ich zu ihr von der Liebe, die ich für sie fühlte; aber sie
stand plötzlich auf und verließ mich, als ob sie über die ihr eben gemachte
Erklärung sehr beleidigt wäre.

Ich folgte ihr mit den Augen, so lange ich sie sehen
konnte, und als ich sie nicht mehr sah, nahm ich Abschied von dem Kaufmann, und
ging aus dem Besasthan, ohne zu wissen, wohin.

Ich dachte über dieses Abenteuer nach, als ich mich von
hinten gezogen fühlte. Ich drehte mich sogleich um, zu sehen, wer mich zöge
und ich gewahrte mit Vergnügen, dass es die Sklavin der Dame war, von welcher
ich den Kopf voll hatte. „Meine Gebieterin,“ sagte sie zu mir,
„die junge Person, mit welcher ihr in dem Laden eines Kaufmanns gesprochen
habt, wünschte euch wohl ein Wort zu sagen.“

Ich folgte ihr, und ich fand in der Tat ihre Gebieterin,
die mich in dem Laden eines Wechslers, in welchem sie saß, erwartete.

Sie ließ mich neben sich sitzen, und sagte zu mir:
„Mein lieber Herr, seid nicht erstaunt darüber, dass ich euch ein wenig
ungestüm verließ. Ich hielt es nicht für passend, euch vor jenem Kaufmann auf
das Geständnis der Empfindungen, welche ich euch eingeflößt habe, günstig zu
antworten. Aber weit entfernt, darüber beleidigt zu sein, gestehe ich, dass ich
euch mit Vergnügen zuhörte, und ich schätze mich unendlich glücklich, einen
Mann von euren Verdiensten zum Liebhaber zu haben. Ich weiß nicht, welchen
Eindruck mein erster Anblick auf euch gemacht hat. Was aber mich betrifft, so
kann ich euch versichern, dass ich, sobald ich euch nur sah, eine Neigung für
euch empfand. Seit gestern habe ich nur an die Dinge gedacht, die ihr mir
sagtet, und mein Eifer, euch so zeitig aufzusuchen, muss euch wohl beweisen,
dass ihr mir nicht missfallt.“ – „Verehrte Frau,“ erwiderte ich,
von Liebe und Wonne entzückt, „ich kann nichts Erfreulicheres hören, als
was ihr die Güte habt, mir zu sagen. Es ist unmöglich, leidenschaftlicher zu
lieben, als ich euch liebe; seit dem glücklichen Augenblick, in welchem ihr vor
meinem Augen erschienet, waren sie von so vielen Reizen geblendet, und mein Herz
ergab sich ohne Widerstand.“ – „Verlieren wir keine Zeit mit unnützen
Gesprächen,“ unterbrach sie mich, „ich zweifle nicht an eurer
Aufrichtigkeit, und ihr werdet bald von der meinigen überzeugt sein. Wollt ihr
mir wohl die Ehre erzeigen, zu mir zu kommen; oder wünscht ihr, dass ich zu
euch komme?“ – „Edle Frau,“ antwortete ich ihr, „ich bin ein
Fremder und wohne in einem Khan. Das ist kein schicklicher Ort, um eine Frau von
eurem Rang und von eurem Verdiensten zu empfangen.“