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137. Nacht

Der christliche Kaufmann fuhr in seiner Erzählung fort:
„Als ich sah,“ sagte der junge Mann zu mir, „dass die Frau
fort ging, fühlte ich wohl, dass mein Herz großen Anteil an ihr nahm. Ich rief
sie demnach zurück, und sagte zu ihr: „Edle Frau, erzeigt mir die Gnade
zurückzukehren, vielleicht finde ich ein Mittel, euch beide zu
befriedigen.“

Sie kehrte um, indem sie mir sagte, dass es aus Liebe zu
mir geschähe. „Herr Bedreddin,“ sagte ich hierauf zum Kaufmann,
„wie teuer sagt ihr, dass ihr diesen mir gehörigen Stoff verkaufen
wollt?“ – „Elfhundert Silberdrachmen,“ sagte er, „für
weniger kann ich ihn nicht lassen.“ – „So gebt ihn nur dieser
Dame,“ versetzte ich, „und sie mag ihn mitnehmen. Ich gebe euch
hundert Drachmen Gewinn und ein Verschreibung, dass ihr diese Summe auf meine
anderen Waren entnehmen könnt.“ Ich schrieb wirklich eine solche
Anweisung, unterzeichnete sie, und händigte sie dem Bedreddin ein.

Indem ich hierauf der Dame den Stoff übergab, sagte ich
zu ihr: „Ihr könnt ihn mitnehmen, edle Frau, und was das Geld betrifft, so
könnt ihr mir es morgen, oder an einem anderen Tag, schicken; oder wenn ihr
wollt, mache ich euch auch ein Geschenk mit dem Stoff.“ – „So ist es
nicht gemeint,“ versetzte sie. „Ihr behandelt mich auf eine so artige
und verbindliche Weise, dass ich unwürdig sein würde, mich vor den Menschen
sehen zu lassen, wenn ich euch nicht meine Erkenntlichkeit bezeigte. Möge Gott,
um euch dafür zu belohnen, eure Güter mehren, euch lange Zeit nach mir leben
lassen, euch nach eurem Tod die Himmelspforte öffnen, und die ganze Stadt eure
Großmut öffentlich bekannt machen.“

Diese Worte flößten mir Dreistigkeit ein. „Edle
Frau,“ sagte ich zu ihr, „lasst mich zum Lohn der euch erwiesenen
Artigkeit euer Antlitz schauen, dadurch werdet ihr mich mit Wucher
bezahlen.“
Bei diesen Worten wendete sie sich auf meine Seite, hub den Musselinschleier
auf, der ihr das Gesicht bedeckte, und zeigte meinen Augen eine erstaunenswerte
Schönheit. Ich war so überrascht davon, dass ich ihr nicht zu sagen vermochte,
was ich davon dachte. Ich würde nicht müde geworden sein, sie zu betrachten;
aber sie bedeckte sich schnell wieder das Gesicht, aus Furcht, dass man es
gewahren möchte; und nachdem sie den Kreppschleier hatte herabfallen lassen,
nahm sie das Stück Goldstoff und entfernte sich aus dem Laden, in welchem sie
mich in einem Zustand ließ, sehr verschieden von dem, in welchem ich
hereingekommen war. Ich blieb lange Zeit in einer seltsamen Verwirrung und
Unruhe. Ehe ich den Kaufmann verließ, fragte ich ihn, ob er die Dame kenne.
„Ja,“ gab er mir zu Antwort, „sie ist die Tochter eines Emirs,
der ihr bei seinem Sterben unermessliche Güter hinterlassen hat.“

Als ich in den Khan des Mesrur zurückgekehrt war, trugen
mir meine Leute das Abendbrot auf; aber es war mir unmöglich, zu essen. Ebenso
wenig konnte ich in der Nacht, die mir die längste meines Lebens schien, ein
Auge zutun.

Sobald es Tag wurde, stand ich in der Hoffnung auf, den
Gegenstand, der meine Ruhe störte, wieder zu sehen; und ihm zu gefallen, zog
ich mich noch sorgfältiger an, als am vergangenen Tag. Ich kehrte in Bedreddins
Laden zurück.“