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120. Nacht

Agib, erstaunt zu hören, was Bedreddin ihm gesagt hatte,
antwortete: „Es ist eine übertreibung in der Freundschaft, die ihr mir
bezeigt, und ich komme nicht in euren Laden, wenn ihr mir nicht schwört, mir
nicht zu folgen, wenn ich weggehe. Wenn ihr mir das versprecht, und ein Mann von
Wort seid, so komme ich morgen wieder, während der Wesir, mein Großvater,
Geschenke für den Sultan von ägypten kauft.“ – „Mein lieber junger
Herr,“ erwiderte Hassan, „ich werde alles tun, was ihr mir befehlt.
“ Nach diesen Worten traten Agib und der Verschnittene in den Laden.

Bedreddin setzte ihnen alsbald eine Sahnetorte vor, die
nicht weniger köstlich war, als die, welche er ihnen das erste Mal vorgesetzt
hatte. „Kommt,“ sagte Agib zu ihm, „setzt euch neben mich, und
esst mit uns.“ Als Bedreddin sich gesetzt hatte, wollte er den Agib
umarmen, um ihm die Freude zu bezeigen, die er empfand, ihn an seiner Seite zu
sehen; aber Agib stieß ihn zurück, und sagte: „Verhaltet euch ruhig, eure
Freundschaft ist zu lebhaft. Begnügt euch damit, mich anzusehen und mit mir zu
sprechen.“ Bedreddin gehorchte, und sang folgendes Lied:

„Für dich ist in meinem Herzen ein unsichtbarer
Thron, und ein kostbarer Teppich, der vor meinen Augen ausgebreitet wird.
Du, der du den hellen Mond durch deine Schönheit beschämst, dessen Anmut dem
Glanze des Morgens gleicht.
In dem Himmel deines Antlitzes ist Sehnsucht erweckende Wonne, die durch den
Blick deiner Augen in Ehrfurcht verwandelt wird.
Dein Antlitz ist das durch Bäume beschattete Paradies, und doch schmelze ich
von dem Brand meiner Liebe zu dir; der Speichel deines Mundes ist der im
Paradiese fließende Kristallstrom Kautar, und dennoch sterbe ich vor
Durst.“

Bedreddin aß nichts, und tat nichts, als seine Gäste
bedienen. Als sie genug hatten, brachte er ihnen Wasser, um sich zu waschen, und
ein sehr weißes Handtuch, um sich die Hände abzutrocknen. Hierauf nahm er ein
Sorbetgefäß, bereitete ihnen welches, und tat sehr reinen Schnee hinein1).
Hierauf überreichte er das Gefäß dem Agib und sagte: „Nehmt, es ist ein
Rosensorbet, das köstlichste, das in der ganzen Stadt zu finden ist. Ihr habt
niemals besseres getrunken.“ Als Agib mit Vergnügen davon getrunken hatte,
nahm Bedreddin-Hassan das Gefäß, und überreichte es auch dem Verschnittenen,
der in langen Zügen den ganzen Trank, bis auf den letzten Tropfen, austrank.

Nachdem nun Agib und sein Hofmeister satt waren, dankten
sie dem Pastetenbäcker für seine gute Aufnahme und entfernten sich schnell,
weil es schon ein wenig spät war. Sie kamen zu den Zelten des Schemseddin
Mohammed und gingen sogleich in das der Frauen. Die Großmutter Agibs war sehr
erfreut, ihn wieder zu sehen, und da sie immer ihren Sohn Bedreddin im Sinne
hatte, konnte sie sich, indem sie Agib umarmte, wie ich dich umarme“.
Hierauf setzte sie sich an den Tisch, um zu Abend zu essen, ließ ihn neben sich
sitzen, tat ihm vielerlei Fragen über seinen Spaziergang, und indem sie zu ihm
sagte, dass es ihm nicht an Esslust fehlen könnte, legte sie ihm ein Stück von
einer Sahnetorte vor, die sie selbst gebacken hatte und die vortrefflich war;
denn es ist schon erwähnt worden, dass sie dergleichen Torten besser buck, als
die besten Pastetenbäcker. Sie legte auch dem Verschnittenen davon vor; aber
sie hatten beide so viel bei Bedreddin gegessen, dass sie nicht einmal davon
kosten konnten.


1)
Da die Muselmänner sich vor den fünf Gebeten jedes Mal waschen. So halten sie
es für unnötig, sich vor dem Essen zu waschen, sie tun es aber nachher, weil
sie ohne Gabel essen. – Durch Schnee kühlt man im ganzen Morgenland, wo er zu
haben ist, das Getränk sehr schnell ab.