Achtes Kapitel.

In größtem Galoppe war indessen der Böhme in den Jagdhof gejagt, wo er dem Fürsten, der noch dort verweilte, sofort alles berichtete, was sich ereignet hatte. Zum Glücke wußten es etliche unter den Hofleuten, daß der Knappe ohne Waffen ausgezogen war. Einer von ihnen hatte ihm, halb im Scherze, sogar noch nachgerufen, er solle sich doch in Eisen wappnen, sonst würden ihn die Deutschen zusammenhauen, allein, fürchtend die Ritter könnten die Grenze erreichen, hatte er sich so wie er ging und stand, im Schafspelze aufs Pferd geworfen, um ihnen nachzusetzen. Jener Zeuge zerstreute auch alle Zweifel des Fürsten darüber, wer de Fourcy ermordet haben mochte. Eine solche Empörung, ein solcher Zorn erfaßte ihn darob, daß er im ersten Augenblicke den Kreuzrittern nachsetzen lassen wollte, um sie zur Bestrafung in Ketten dem Großmeister zuzuführen. Bald besann er sich aber eines bessern, indem er mit Recht erwog, daß die Schuldigen schon über der Grenze sein mußten.

»Ich sende ein ausführliches Schreiben an den Großmeister, erklärte er, »damit er wenigstens erfährt, welch unerhörte Dinge sie hier treiben. Böse Thaten läßt sich der Orden zu schulden kommen. Gar schlimme Gerüchte waren längst schon über ihn verbreitet, nun aber thut jeder Komtur auf eigene Faust Uebles. Der Herr sei mir gnädig, allein auf die Schuld muß die Strafe folgen.«

Sinnend hielt er kurze Zeit mit Reden inne, nach einigen Minuten hub er jedoch von neuem an: »Das eine konnte ich nicht verstehen, weshalb sie den Gast erschlagen haben – und wenn ich nicht wüßte, daß der Bursche keine Waffen getragen hat, würde ich auf ihn Verdacht werfen.«

»Traun!« entgegnete der Pater Wyszoniek, »weshalb hätte dieser Bursche de Fourcy erschlagen sollen? Er hatte ihn ja noch niemals gesehen, und wenn er auch nicht waffenlos gewesen wäre, wie hätte er ganz allein fünf Leute und ihr bewaffnetes Gefolge angreifen können?«

»Ganz richtig!« erklärte der Fürst. »De Fourcy muß ihnen auf irgend eine Weise Widerpart gehalten haben, oder vielleicht weigerte er sich, die Unwahrheit zu sagen, wie sie verlangten, denn auch hier sah ich schon, daß sie ihm zuwinkten, er möge beteuern, Jurand habe zuerst begonnen.«

Und der Oberjägermeister bemerkte: »Wenn er dem Hunde, dem Danveld, die Hand zerschmetterte, muß dieser Knappe ein starker, verwegener Bursche sein.«

»Er sagt, er habe gehört, wie die Knochen des Deutschen krachten,« antwortete der Fürst, »und wenn man erwägt, wie er sich schon früher im Walde hervorthat – so ist dies nicht unwahrscheinlich. Offenbar sind Diener und Herr recht hitzige Kämpen. Wäre Zbyszko nicht gewesen, so hätte sich der Auerochse auf das Pferd gestürzt, der Lothringer und er haben viel zu der Fürstin Rettung beigetragen …«

»Daß Zbyszko ein hitziger Jüngling ist, das ist gewiß!« bestätigte der Pater Wyszoniek – »jetzt hat er sich, obwohl er kaum zu atmen vermag, der Sache Jurands angenommen und jene Ritter gefordert … Solch einen Eidam braucht Jurand gerade.«

»Was dies anbelangt, so hat sich Jurand in Krakau anders darüber ausgesprochen, aber ich glaube nun, er wird sich nicht mehr widersetzen,« sagte der Fürst.

»Unser Herr Jesus wird es so lenken!« ließ sich in diesem Augenblick die Fürstin vernehmen, welche gerade eingetreten war und einen Teil des Gespräches mitangehört hatte. »Jetzt kann sich Jurand nicht mehr widersetzen, wenn Gott Zbyszko wieder gesunden läßt. Aber auch von unserer Seite soll ihm eine Belohnung zu teil werden.«

»Die beste Belohnung für ihn wird Danusia sein. Ich glaube nun auch, daß er sie bekommt, und zwar aus der alleinigen Ursache, weil die Weiber sich damit befassen und sogar ein Jurand nichts gegen diese auszurichten vermag.«

»Ist es denn keine gerechte Sache, die ich durchführen will?« fragte die Fürstin. »Daß Zbyszko unbesonnen gewesen ist, will ich nicht leugnen, aber einen treuern Menschen giebt es auf der ganzen Welt nicht. Und Danusia ist ihm darin gleich. Sie weicht gegenwärtig keinen Schritt von ihm und sucht ihm alles an den Augen abzulesen, und er lächelt ihr unter Schmerzen oft zu, so daß mir selbst zuweilen die Thränen in die Augen treten. Für eine gerechte Sache spreche ich! Diese Liebe ist unseres Beistandes wert! Blickt nicht auch die Mutter Gottes freundlich auf solche Liebe herab?«

»Wenn nur auch Gott seinen Segen dazu giebt, dann wird das Glück vollkommen sein!« erwiderte der Fürst. »Aber wahr ist, daß dieses Mädchens wegen beinahe sein Haupt gefallen wäre und ihn jetzt wieder fast der Auerochse zerrissen hätte.«

»Sage nicht dieses Mädchens wegen!« rief die Fürstin lebhaft aus. »Denn niemand anderes als Danusia hat ihn in Krakau gerettet.«

»Das ist richtig, doch ohne sie hätte er Lichtenstein nicht angegriffen, um ihm die Federn vom Helme zu reißen und hätte auch für de Lorche nicht sein Leben aufs Spiel gesetzt. Was nun die Belohnung anbelangt, so sagte ich ja schon, daß sie beiden zu teil werden solle und in Ciechanow will ich darüber beschließen.«

»Nichts wünscht sich Zbyszko so sehr, wie den Rittergürtel und die goldenen Sporen.«

Der Fürst lachte gutmütig und antwortete: »So möge das Mädchen sie ihm überbringen! Ich aber will abwarten, bis die Schwäche nachläßt, damit dann alles sich nach dem herkömmlichen Gebrauche vollziehen kann. Mögen ihm Gürtel und Sporen sogleich überbracht werden, denn je früher er erfährt, daß sein Wunsch erfüllt wird, desto besser ist es.«

Als die Fürstin dies hörte, umarmte sie ihren Ehegemahl in Gegenwart der Hofherren, dann küßte sie ihm mehrmals die Hand; schließlich sagte er lachend: »Nun, da ist Dir ja ein guter Gedanken gekommen!«

»Der heilige Geist hat doch auch den Weibern einigen Verstand verliehen.«

»Rufe mir jetzt das Mädchen.«

»Danuska! Danuska!« rief die Fürstin.

An der Thüre des Nebenzimmers erschien im nächsten Augenblick Danusia, deren gerötete Augen von Schlaflosigkeit zeugten. In der Hand trug sie eine Schüssel voll dampfender Grütze, welche ihr von einem alten Hoffräulein kurz zuvor übergeben worden war, ein Mittel, das der Pater Wyszoniek auf Zbyszkos schmerzende Seite legen sollte.

»Komm her zu mir, Kleine,« sagte Fürst Janusz. »Stelle die Schüssel hin und komm!«

Und da sie sich schüchtern näherte, denn der »Herr« flößte ihr immer eine gewisse Angst ein, zog er sie voll Güte zu sich heran und strich ihr sanft über das Gesicht, indem er sagte: »Dich hat viel Ungemach getroffen, Du armes Kind!«

»Ja, o ja!« antwortete Danusia.

Ihr Herz war betrübt, die Thränen waren immer bereit, und so begann sie sofort zu weinen, aber ganz leise, um den Fürsten nicht zu erzürnen, er aber fragte: »Weshalb schluchzest Du so?«

»Weil Zbyszko krank ist!« erwiderte sie, ihr Gesicht in den Händen verbergend.

»Fürchte nichts, er wird gesunden. Nicht wahr, Pater?«

»Ei! durch den Willen Gottes ist er der Hochzeit näher als der Bahre!« entgegnete der gute Pater Wyszoniek.

Und der Fürst sagte: »Warte! ich gebe Dir ein Heilmittel für ihn, das ihm entweder Erleichterung oder völlige Genesung bringt.«

»Haben denn die Kreuzritter den Balsam geschickt?« rief Danusia lebhaft, die Hände vom Gesicht entfernend.

»Der Balsam, welchen die Kreuzritter schicken, ist mehr für die Hunde geeignet, als für den Ritter, welchen Du liebst. Aber ich gebe Dir etwas anderes.«

Bei diesen Worten wandte er sich zu den Hofherren und rief: »Mag einer gehen, um die Sporen und den Gürtel zu holen!«

Nach einer Weile, als ihm das Verlangte gebracht wurde, sagte er zu Danusia: »Bring dies zu Zbyszko und teile ihm mit, daß er sich von dieser Zeit an als gegürtet betrachten solle. Wenn er dahinscheidet, wird er vor Gott als miles cinctus stehen, und wenn nicht, so kann alles weitere in Ciechanow oder in Warschau abgemacht werden.«

Von Dankbarkeit hingerissen, umschlang Danusia des Fürsten Knie, dann nahm sie die ritterlichen Ehrenzeichen in die eine Hand, die Schüssel mit der Grütze in die andere und eilte rasch der Stube zu, worin Zbyszko lag. Die Fürstin, welche ihre Freude mitgenießen wollte, folgte ihr.

Zbyszko war schwer krank, doch als er Danusia erblickte, wandte er ihr sofort sein bleiches, von Schmerz entstelltes Antlitz zu und fragte: »Ist der Böhme zurückgekehrt, mein Täubchen?«

»Was liegt an dem Böhmen!« antwortete das junge Mädchen. »Ich bringe Dir eine weit bessere Nachricht. Zum Ritter gürtet Dich der ›Herr‹, und sieh nur, was er Dir durch mich sendet.«

Bei diesen Worten legte sie den Gürtel und die goldenen Sporen vor Zbyszko hin. Seine Wangen röteten sich vor Freude und Verwunderung, er sah bald auf Danusia, bald auf die Ehrenzeichen, dann drückte er die Augen zu und sagte: »Wie ist dies möglich? Wie kann er mich zum Ritter gürten?«

Da in diesem Augenblick die Fürstin eintrat, richtete er sich ein wenig empor, um ihr zu danken. Er bat sie um Verzeihung, daß er ihr nicht zu Füßen fallen konnte, denn er hatte sofort erraten, daß er ihrer Fürbitte sein Glück zu danken habe. Sie aber befahl ihm, sich ruhig zu verhalten, und mit Danusias Hilfe legte sie sanft sein Haupt wieder in die Kissen zurück. Mittlerweile trat auch der Fürst, gefolgt von dem Pater Wyszoniek, dem Oberjägermeister und einigen andern Hofherren in das Zimmer. Fürst Janusz gab schon an der Thüre ein Zeichen mit der Hand, damit Zbyszko sich nicht bewege, und nachdem er an dessen Lager Platz genommen hatte, begann er folgendermaßen zu sprechen: »Hört mich an! Niemand hat Ursache, sich darüber zu wundern, wenn edle, tapfere Thaten belohnt werden. Denn wenn die Tugend keine Anerkennung fände, dann würde auch die Schlechtigkeit der Menschen nicht bestraft werden. Und weil Du Dein Leben in die Schanze schlugst und uns mit Schädigung Deiner eigenen Gesundheit vor großer Trauer bewahrtest, deshalb räumen wir Dir das Recht ein, Dich mit dem Rittergürtel zu gürten, so daß fortan nur Ehre und Ruhm Deinem Namen anhaften.«

»Allergnädigster Herr,« erwiderte Zbyszko, »und hätte ich auch zehnmal mein Leben in die Schanze geschlagen, ich würde es nicht bereuen.«

Er verstummte tief bewegt und in diesem Augenblick legte ihm die Fürstin die Hand auf die Lippen, weil Pater Wyszoniek ihm das Reden verboten hatte. Der Fürst aber fuhr fort: »Ich glaube, Du kennst Deine Ritterpflicht und wirst Dich dieser Ehrenzeichen würdig zeigen. Unserm Erlöser mußt Du dienen, dem Gesalbten des Reiches mußt Du treu sein, ungerechten Kampf vermeiden und die Unschuld in ihrer Bedrängnis verteidigen, wobei Dir Gott und sein heiliges Kreuz beistehen mögen!«

»Amen!« sagte der Pater Wyszoniek.

Der Fürst aber erhob sich, machte das Zeichen des Kreuzes über Zbyszko und sagte beim Weggehen: »Sobald Du genesen bist, begiebst Du Dich sofort nach Ciechanow, wohin ich auch Jurand kommen lasse.«

Drittes Kapitel.

So setzte denn Zbyszko seine Fahrt in beständiger Sorge, in Kümmernis und Ungewißheit fort. Weder an Bogdaniec noch an Zgorzelic gedachte er unterwegs, ihm lag nur im Sinne, was ihm jetzt zu thun obliege. Vor allem handelte es sich darum, an dem masovischen Hofe die Wahrheit zu erfahren, er hastete daher immer weiter, indem er auf den Höfen, in den Herbergen und in den Städten stets nur des Nachts und hauptsächlich aus Schonung für die Pferde sich eine kurze Rast gönnte. In Leczyc angelangt, befahl er wiederum, die Tafel mit der Forderung an dem Thore aufzuhängen, denn er war mit sich eins geworden, daß Danusia, einerlei ob sie noch in jungfräulichem Stande oder verheiratet sei, die Herrin seines Herzens bleiben und er zu ihrem Ruhme kämpfen müsse. Aber in Leczyc gab es kaum jemand, der die Forderung lesen konnte, jene Ritter aber, denen sie schriftbewanderte Kleriker vorgelesen hatten, zuckten, die fremde Sitte verachtend, mit den Achseln und meinten: »Ein gar thörichter Kämpe ist hier angelangt, denn wie soll man ihm zustimmen oder widersprechen, wenn man das Mädchen noch mit keinem Auge gesehen hat?«

Mit jedem Tage steigerte sich Zbyszkos Unruhe, seine Qual. Niemals hatte er ja aufgehört, Danusia zu lieben, allein sowohl in Bogdaniec wie in Zgorzelic war er so sehr unter dem Zauber Jagienkas gestanden, daß ihr vor allem seine Gedanken gehörten, nun aber, da er diese nicht mehr sah, kam ihm jene Tag und Nacht nicht aus dem Sinn. Im Traume sah er sie vor sich, mit wallendem Gelocke, die Laute in der Hand, in roten Schuhen, ein Blumenkränzlein auf dem Haupte. Sie streckte ihm die Hände entgegen, aber Jurand riß sie hinweg. Erwachte dann Zbyszko des Morgens, so sehnte er sich mit allen Fibern des Herzens nach der Heißgeliebten, nach ihr, die ihm durch die unerträgliche Angst, er könne sie verlieren, nur noch teurer wurde.

Ach, sie war ja noch ein willenloses Wesen, ein Kind! Wie durfte er ihr daher zürnen, wenn sie ihm die Treue gebrochen hatte! Nur Jurand, nur der Fürstin Anna Danuta zürnte er darob, gedachte er aber gar des Ehegemahls Danusias, dann pochte ihm das Herz in der Brust in wilden Schlägen, und drohend schaute er auf die Wagen, auf denen die Knechte die mit Decken geschützten Rüstungen und Waffen führten.

Das stand aber bei ihm fest – selbst wenn Danusia das Weib eines andern geworden sein sollte, wollte er ihr nach wie vor dienen, wollte er ihr die Pfauenfederbüsche zu Füßen legen. Doch auch dieser Entschluß verursachte ihm weit mehr Schmerz als Freude, wußte er doch nicht, wie sich ihm die Zukunft gestalten werde.

Tröstlich war ihm allein die Aussicht auf einen gewaltigen Krieg. Wenn schon er an dem Verluste Danusias nicht zu Grunde gegangen wäre, erschien ihm doch ein Leben ohne sie unfaßbar, fühlte er doch, daß der Krieg für ihn Vergessenheit alles Leids bringen, daß er ihn von Sorge und Kümmernis befreien werde. Und der Krieg lag gewissermaßen in der Luft. Man wußte zwar nicht, woher die Nachrichten über den Krieg stammten, denn zwischen dem König und dem Orden herrschte Frieden – allein nichtsdestoweniger sprach man von nichts anderem, wohin auch Zbyszko kam. Die Leute hatten das Vorgefühl, daß es zu einem Kriege kommen müsse, und gar mancher erklärte offen: »Wozu hätten wir uns mit den Litauern verbunden, wenn es nicht gegen die Kreuzritter gehen sollte? Einmal muß man es ihnen doch zeigen, länger dürfen wir uns doch nicht von ihnen bis aufs Blut peinigen lassen!« Und im ganzen Königreiche bereitete man sich zum Kampfe vor, würdevoll, ohne Ueberhebung, wie es sich geziemte zu einem Streite auf Leben und Tod, nichtsdestoweniger jedoch mit der starren Beharrlichkeit eines Volkes, welches lange genug Unbill ertragen hat und schließlich sich zur furchtbaren Vergeltung rüstet. Allenthalben, wohin Zbyszko kam, traf er mit Leuten zusammen, welche die feste Ueberzeugung hegten, daß es in allernächster Zeit, an einem oder dem andern Tage losgehen werde, eine Ueberzeugung freilich, die ihn mit Staunen erfüllte, denn wenn er auch, gleich den andern, an den Ausbruch eines Krieges glaubte, hielt er ihn doch nicht für so nahe bevorstehend. Es kam ihm nicht in den Sinn, wie oft in solchen Fällen die Menschen an ein Ereignis glauben, weil sie es herbeiwünschen. Er maß daher den Aussprüchen anderer mehr Glauben bei, als seinem eigenen Urteile, er freute sich von Herzen, wenn er bei jedem Schritte auf das geschäftige Treiben stieß, das jedem Kriege voranzugehen pflegt. Allerorts traf man zuvorderst Fürsorge, Pferde und Waffen herbeizuschaffen, allenthalben wurden Speere, Schwerter, Beile, Wurfspieße, Helme, Panzer und Lederwerk für Sattelzeug der Pferde aufgehäuft. In den Schmieden bearbeitete man Tag und Nacht das Eisenblech, aus dem schwere, starke Panzer geschmiedet wurden. Die verweichlichteren Ritter aus dem Westen hätten sich darin kaum zu bewegen vermocht, die urkräftigen »Erben« von Groß- und Kleinpolen jedoch trugen sie mit Leichtigkeit. Aus den Truhen in den Erkern zogen die Alten vermoderte Beutel mit Goldmünzen hervor, um die Jungen zum Kriege auszurüsten. Ja, ein Vater von zweiundzwanzig Söhnen, der mächtige Edelmann Bartosz aus Bielawa, bei dem Zbyszko einmal nächtigte, verpfändete einen großen Teil seiner Güter an das Kloster in Lowicz, um aus dem Erlöse zweiundzwanzig Panzer, ebensoviele Helme, kurz, die für den Krieg nötigen Ausrüstungen zu erstehen. War es daher zu verwundern, wenn Zbyszko, trotzdem er in Bogdaniec nichts davon gehört hatte, nach und nach zu der festen Ueberzeugung gelangte, es komme demnächst zu einem Kriegszuge nach Preußen. Wie dankte er Gott dafür, daß er schon so herrlich ausgerüstet war! In der That erregte er auch überall die größte Bewunderung. Für den Abkömmling eines Wojwodengeschlechtes wurde er gehalten, und wenn er den Fragenden auseinandersetzte, er sei nur ein einfacher Edelmann, bei den Deutschen könne man aber eine solche Rüstung beständig haben, man müsse nur gehörige Schwertstreiche dafür austeilen, dann wurden die Herzen aller mit gewaltiger Kriegslust erfüllt. Gar mancher aber, welcher beim Anblick der Rüstung seine Begehrlichkeit nicht zu zügeln vermochte, verlegte Zbyszko den Weg, indem er erkläre: »Wohlan, laß uns um sie kämpfen.« Allein der junge Ritter, nur von dem Wunsche beseelt, rasch vorwärts zu kommen, ließ sich darauf nicht ein, sondern befahl dem Böhmen, die Armbrust zu spannen. Ja, sogar das Aushängen der Tafel mit der Forderung an den Herbergen wurde aufgegeben, denn der junge Ritter nahm gar bald wahr, daß seine Handlungsweise umsoweniger begriffen wurde, je weiter er sich von der Grenze entfernte, und daß der größte Teil der Menschen ihn für einen Thoren hielt.

Je näher er Masovien kam, desto weniger wurde über den Krieg geredet. Wohl glaubte man auch hier an den Ausbruch eines Feldzuges, über den Zeitpunkt war man sich aber nicht klar. Da der Hof sich in Ciechanow aufhielt, das Fürst Janusz nach einem früheren Einfall der Litauer umgebaut, oder vielmehr neu aufgebaut hatte, weil nur die Burg stehen geblieben war, herrschte in Warschau völlige Ruhe. Hier wurde Zbyszko von dem Burgvogte Jasko Socha aufgenommen, dem Sohne des bei Worskla gefallenen Wojwoden Abraham. Jasko kannte Zbyszko schon von Krakau her, wo er mit Anna Danuta gewesen war, er bewirtete daher den jungen Ritter mit großem Vergnügen. Kaum aber hatte sich letzterer mit Speise und Trank gelabt, als er sich sofort nach Danusia erkundigte, um zu erfahren, ob auch sie sich, wie die andern Hoffräulein der Fürstin, am Ende schon vermählt habe. Auf diese Frage wußte indessen Socha keine Antwort. Der Fürst sei schon frühzeitig im Herbste mit seiner Gemahlin und dem ganzen Hofe nach Ciechanow übergesiedelt, so berichtete der Starost, nur ihn selbst hatte man mit einem Häuflein Bogenschützen zum Schutze Warschaus zurückgelassen. Wie er vernommen, gehe es in Ciechanow hoch her, man feire dort, wie dies gewöhnlich vor dem Advent der Fall sei, Feste und Lustbarkeiten, wer sich aber von den Hoffräuleins vermählt habe oder wer übrig geblieben sei, darüber wisse er, als ein beweibter Mann, keinen Bescheid.

»Gleichwohl glaube ich nicht,« fuhr er fort, »daß sich die Tochter Jurands vermählt hat, denn letzterer war, so viel ich weiß, nie in Ciechanow, und ohne den Vater wird wohl kaum eine Hochzeit gefeiert werden. Zudem weilen bei dem fürstlichen Paare auch Ordensbrüder, zwei Komture aus Johannisburg und Syczytna und gleichzeitig mit ihnen verschiedene andere fremdländische Gäste und schon deshalb wird sich Jurand nicht dort eingestellt haben, weil sein Anblick sofort die Wut der Weißmäntel hervorgerufen haben würde. In Jurands Abwesenheit hat aber doch wohl keine Hochzeit stattgefunden! So Du es wünschest, entsende ich einen Eilboten, dem ich schleunigste Rückkehr anempfehle und lasse Erkundigungen einziehen, obwohl ich, so wahr ich lebe, überzeugt bin, daß die Tochter Jurands in jungfräulichem Stande auf Deine Ankunft harrt.«

»Für Eure Freundschaft möge Euch Gott lohnen, allein ich gedenke, mich morgen wieder auf den Weg zu machen. Die Pferde haben dann genügend gerastet, ich aber finde keine Ruhe, ehe ich die Wahrheit ausfindig gemacht habe. Gott lohne Euch aber tausendfach, denn Eure Worte haben mir Erleichterung verschafft.«

Socha gab sich indessen nicht zufrieden. Er forschte die Edelleute aus, die sich zufällig auf dem Schlosse befanden, er forschte die Söldner aus, ob nicht vielleicht die Kunde von der Vermählung der Tochter Jurands zu ihnen gedrungen sei. Kein einziger wußte jedoch etwas davon, wenngleich sich etliche darunter befanden, welche nicht nur in Ciechanow gewesen waren, sondern auch verschiedenen Hochzeitsfeierlichkeiten angewohnt hatten. Es müßte denn sein, so meinten sie, daß die Heirat in den letzten Wochen oder in den jüngsten Tagen geschlossen worden sei. Zbyszko ging indessen mit weit ruhigerem Gemüte schlafen. Auf seinem Lager liegend sann er darüber nach, ob er nicht am folgenden Tage Sanderus fortjagen solle, allein nach reiflicher Ueberlegung beschloß er, dies nicht zu thun, da ihm der Händler durch seine Kenntnis der deutschen Sprache in dem Unternehmen gegen Lichtenstein von Nutzen sein konnte. Daß ihn Sanderus betrügen werde, das glaubte Zbyszko nicht, und wenn auch sein Unterhalt ein sehr kostspieliger war, aß und trank er doch in der Herberge für vier, so zeigte er sich auch dienstbeflissen und von einer gewissen Anhänglichkeit für seinen neuen Herrn. Zudem zeichnete er sich durch die Kunst des Schreibens aus, eine Kunst, die er nicht nur vor dem Böhmen, sondern selbst vor Zbyszko voraus hatte.

Diese Erwägungen bewirkten, daß Sanderus von dem jungen Ritter die Erlaubnis erhielt, mit ihm nach Ciechanow zu ziehen. Gar froh war jener darüber, denn erstens sparte er unendlich dabei, und zweitens hoffte er, größeres Vertrauen zu erwecken und seine Ware leichter anbringen zu können, wenn er sich unter dem Gefolge eines so edlen Herrn befinde. Noch einmal rasteten sie des Nachts in Nasielsk, dann zogen sie nicht allzu schnell, nein, ganz gemächlich weiter, und erblickten gegen Abend die Burgmauern von Ciechanow. Zbyszko kehrte in der Herberge ein, um sich zu wappnen, um nach ritterlicher Sitte im Helme, den Speer in der Hand, in die Burg einzuziehen. Nachdem er den gewaltigen erbeuteten Hengst bestiegen hatte, machte er das Zeichen des Kreuzes in der Luft und ritt vorwärts.

Noch war er aber keine zehn Schritte weit gekommen, als der hinter ihm reitende Böhme sich dicht zu ihm gesellte und sagte: »Euer Gnaden, irgendwelche Ritter kommen hinter uns her. Sollten es nicht Kreuzritter sein?«

Zbyszko wandte sein Roß und erblickte, kaum hundert Schritte von sich entfernt, hinter seinem glänzenden Gefolge, zwei völlig gewappnete Ritter auf mächtigen pommerschen Rossen in weißen Mänteln mit schwarzen Kreuzen, die Helme mit wallenden Pfauenfederbüschen geschmückt.

»Kreuzritter, beim allmächtigen Gotte!« rief er, sich unwillkürlich im Sattel vorbeugend und die Lanze an das Ohr seines Rosses anlegend.

Der Böhme aber spie, als er dieses wahrnahm, sofort in die Hände, damit ihm das schwere Beil nicht daraus entgleite.

Das Gefolge Zbyszkos stellte sich ebenfalls in Bereitschaft. Die Leute hatten schon vielen Kämpfen beigewohnt und kannten daher die Gebräuche, es handelte sich bei ihnen auch nicht um persönliche Anteilnahme, sondern ihnen lag die Abmessung des Platzes ob, wenn der Kampf zu Pferde ausgefochten werden sollte, oder die Feststampfung der mit Schnee bedeckten Erde, wenn die Streitenden sich zu Fuß entgegentreten wollten. Der Böhme jedoch, als Edelmann, hätte an dem Kampfe teilnehmen können, allein auch er erwartete, daß Zbyszko seinem Angriffe eine Herausforderung vorangehen lasse, wie erstaunt war er deshalb, als sein junger Gebieter die Lanze anlegte, bevor dies geschehen war.

Doch Zbyszko besann sich noch zur rechten Zeit eines besseren. Urplötzlich zogen jene unglückseligen Tage an seinem geistigen Auge vorüber, die er durch sein wahnwitziges Thun vor Krakau, durch seinen thörichten Ueberfall auf Lichtenstein über sich heraufbeschworen hatte. So senkte er denn die Lanze wieder, übergab sie dem Böhmen und ritt, ohne das Schwert zu ziehen, den Ordensrittern entgegen. Als er in deren Nähe kam, bemerkte er noch einen dritten Ritter, der ebenfalls Pfauenfederbüsche auf dem Helme trug, sowie einen vierten, unbewaffneten, mit auffallend langen Haaren, der ihm ein Masur zu sein schien.

Bei diesem Anblick sagte sich der junge Ritter unwillkürlich: »Während der Gefangenschaft gelobte ich meiner Herrin nicht nur drei Federbüsche, sondern so viele als ich im stande sein würde, eigenhändig den Gegnern zu entreißen. Jetzt könnte ich mir leicht drei verschaffen, doch wie, wenn dies Gesandte wären?«

Und von der Voraussetzung ausgehend, daß die fremden Ritter zu einer an den masovischen Hof bestimmten Gesandtschaft gehörten, seufzte er tief auf und ließ sich also laut vernehmen: »Gelobt sei Jesus Christus!«

»In alle Ewigkeit!« antwortete der ungewöhnlich langhaarige, unbewaffnete Reiter.

»Gott schenke Euch Glück!«

»Und auch Euch, o Herr!«

»Ehre und Ruhm sei dem heiligen Georg!«

»Auch unser Schutzheiliger ist er! Seid gegrüßt, o Herr, auf der Reise.«

Nachdem sie sich vor einander verneigt hatten, erklärte Zbyszko, wer er sei, welches Wappen er führe, wie sein Kriegsruf laute, woher er komme, und daß er an den masovischen Hof ziehe, woraufhin der langhaarige Ritter kund gab, er nenne sich Jedrek aus Kropiwnic und geleite die Gäste des Fürsten: den Bruder Godfryd, den Bruder Rotgier, sowie den Herrn Fulk de Lorche aus Lothringen, welcher, gerade bei den Kreuzrittern weilend, den Fürsten von Masovien, besonders aber die Fürstin, als Tochter des berühmten »Kiejstut«, mit eigenen Augen zu sehen wünschte.

Von den fremden Rittern, die während dieser Zeit hoch aufgerichtet auf ihren Pferden saßen, senkte einer nach dem andern bei Nennung seines Namens grüßend das mit einem eisernen Helme bedeckte Haupt. Denn nach der glänzenden Rüstung Zbyszkos urteilend, dachten sie nicht anders, als daß der Fürst ihnen irgend einen hervorragenden Kämpen, vielleicht einen Blutsverwandten oder gar den eigenen Sohn zur Begrüßung entgegengeschickt habe.

Jedrek aus Kropiwnic hub nun aber von neuem an: »Der Komtur, oder vielmehr wie wir sagen, der Starost aus Johannesburg, weilt als Gast bei dem Fürsten und hat ihm erzählt, daß nicht nur diese drei Ritter gar zu gern auch zu Gast bei ihm sein möchten, sondern vor allem der Ritter aus Lothringen, welcher aus weiter Ferne kommend, die feste Ueberzeugung hegte, daß jenseits der Grenze des Gebietes der Kreuzritter gleich die kriegerischen Sarazenen wohnten. Der Fürst, ein gar leutseliger Herr, schickte mich gleich an die Grenze, damit ich seine Gäste sicher zwischen den Burgen hindurch geleite.«

»Also ohne Euern Schutz hätten jene nicht ungefährdet reisen können?«

»Unser Volk ist furchtbar auf die Kreuzritter erbost. Gastfreundschaft gewährt man einem jeden, und einem Gaste fügt niemand eine Kränkung zu, aber auf der Heerstraße ergreift man zu gern die Gelegenheit, den Weißmänteln entgegenzutreten. Freilich giebt es auch solche, die auf nichts anderes sinnen, sei es aus Rache, sei es zum eigenen Ruhme, den Gott jedem verleihen möge.«

»Wer hat unter Euch den größten Ruhm erlangt?«

»Einer, der so gewaltig ist, daß die Kreuzritter ihn mehr fürchten als den Tod. Er nennt sich Jurand aus Spychow.«

Bei Nennung dieses Namens pochte das Herz des jungen Ritters zum Zerspringen – unverweilt beschloß er jedoch, Jedrek aus Kropiwnic auszuforschen.

»Das weiß ich,« warf er daher ein, »ich hörte schon von ihm. Ihr meint doch jenen, dessen Tochter, ehe sie sich vermählte, Hoffräulein bei der Fürstin war.«

Nach diesen Worten richtete er, geradezu den Atem anhaltend, den forschenden Blick auf den masovischen Ritter, welcher voll Verwunderung erwiderte: »Wer hat Euch dergleichen gesagt? Das ist ja noch ein ganz junges Ding. Wohl kommt es vor, daß auch solche eine Ehe schließen, allein Jurand hat seine Tochter noch nicht weggegeben. Vor ungefähr sechs Tagen, als ich in Ciechanow war, habe ich sie selbst bei der Fürstin gesehen. Wohin sollte sie auch im Advent gehen?«

Als Zbyszko dies vernahm, mußte er mit aller Gewalt an sich halten, um dem Masuren nicht um den Hals zu fallen und ihm zuzurufen: »Gott lohne Euch diese Worte«; er bezwang sich indessen und sagte: »Wie ich hörte, wollte Jurand sie doch schon vermählen.«

»Die Fürstin wollte sie vermählen, nicht Jurand. Was vermochte aber jene gegen den Willen des Vaters auszurichten? Von einem Ritter aus Krakau war die Rede, der das Mägdlein zu seiner Herrin erkoren, der die Liebe des Jungfräuleins gewonnen hat.«

»So liebt sie ihn?« schrie Zbyszko auf.

Daraufhin blickte Jedrek prüfend auf den jungen Ritter, indem er lächelnd meinte: »Ei, seht doch! Wie erregt werdet Ihr durch die Kunde von diesem Mägdlein!«

»Ich frage nach mir Befreundeten, zu denen ich ziehe.«

Von Zbyszkos Antlitz waren zwar durch den verhüllenden Helm kaum die Augen, die Nase und ein kleiner Teil der Wangen zu sehen, aber eine solch tiefe Röte überzog mit einemmale Nase und Wangen, daß der neugierige und stets zu Spott ausgelegte Masur die Aeußerung that: »Euere Nase ist sicherlich von der Kälte so rot wie ein Osterei geworden.«

»Gewiß!« antwortete der junge Ritter, durch diese Aeußerung in noch größere Verwirrung versetzt.

Schweigend ritten nun die beiden während einiger Zeit neben einander hin, aber die dampfenden Rosse schnaubten hörbar und die fremden Ritter schwatzten laut. Schließlich jedoch brach Jedrek aus Kropiwnic das Schweigen, indem er fragte: »Wie nennt Ihr Euch? Ich habe Euch nicht recht verstanden.«

»Zbyszko aus Bogdaniec.«

»Wenn Ihr es wäret! Der Name dessen, welcher die Tochter Jurands zu seiner Herrin erkoren hat, lautete ähnlich.«

»Glaubt Ihr vielleicht, daß ich es leugne?« warf Zbyszko rasch und stolz ein.

»Dazu ist keine Ursache vorhanden. Gerechter Gott, so wäret Ihr jener Zbyszko, dessen Haupt das Mägdlein mit seinem Schleier bedeckte! Nach der Heimkehr aus Krakau sprach man am ganzen Hofe von nichts anderem wie von Euch, und mehr als einem wurden die Augen feucht, als er davon hörte. Also Ihr seid es? Hei, das wird eine Freude am Hofe geben, denn auch die Fürstin ist Euch sehr zugethan.«

»Der Herr segne sie und lohne Euch die günstigen Nachrichten. Denn als mir gesagt wurde, das Mägdlein habe sich vermählt, da wußte ich nicht, was ich vor Leid beginnen solle.«

»Weshalb hätte sie sich vermählen sollen? Für gar manchen ist zwar das die Richtige, ein solches Mädchen, dem dereinst Spychow zufallen wird. Obgleich sich aber viele tüchtige Gesellen am Hofe befinden, hat ihr doch keiner zu tief in die Aeuglein geschaut, denn ein jeder ehrte des Mägdleins That und Euer Gelöbnis. Die Fürstin hätte auch nichts dergleichen gestattet. Hei! Das wird eine Freude geben! Freilich, das Jungfräulein hatte gar manchen Spott zu leiden! Wenn ihr aber jemand sagte: ›Dein Ritter kehrt nicht zu Dir zurück,‹ dann rief sie fast stets, mit dem Füßlein auf die Erde stampfend: ›Er kehrt zurück, er kehrt zurück,‹ mehr als einmal brach sie jedoch in Thränen aus, so jemand behauptete, eine andere werde ihr vorgezogen.«

Von tiefer Rührung wurde Zbyszko durch diese Worte erfaßt, gleichzeitig regte sich aber auch grimmer Zorn in ihm über das Gerede der Leute, und er rief: »Wer mich in solcher Weise beschuldigt, den fordere ich zum Kampfe.«

Nun fing Jedrek aus Kropiwnic laut zu lachen an. »Das ist ja lauter Altweiber-Geschwätz!« erklärte er. »Wollt Ihr vielleicht ein altes Weib fordern? Ihr werdet mit Euerem Schwert doch nichts gegen die Spindel ausrichten können.«

Der junge Kämpe, gar froh darüber, daß ihm Gott einen so heiteren und wohlgemuten Gefährten zugesellt hatte, wurde nicht müde, sich über Danusia zu erkundigen, denn, ob er nun nach den Sitten an dem masovischen Hofe, ob er nach dem Fürsten Janusz oder nach der Fürstin fragte, stets wußte er das Gespräch so zu wenden, daß er wieder über das geliebte Mägdlein reden konnte. Als ihm indessen sein Gelöbnis in den Sinn kam, erzählte er Jedrek, was er unterwegs über den Krieg gehört hatte, wie man allenthalben Vorbereitungen treffe, und schließlich fragte er jenen,, ob man in Masovien auch an seinen baldigen Ausbruch glaube.

Doch der Erbe von Kropiwnic erklärte, er halte den Krieg, trotz der Behauptung der Leute, es müsse demnächst zu einem Zusammenstoß kommen, nicht für so nahe bevorstehend. Er habe sogar gehört, wie der Fürst selbst einmal zu Mikolaj aus Dlugolas sagte, die Kreuzritter zögen doch etwas die Hörner ein; wenn daher der König das Gebiet von Dobrzyn zurückverlange, dessen sie sich widerrechtlich bemächtigt hätten, würden sie es entweder zurückgeben, oder wenigstens so lange ihre Entschließung hinausziehen, bis sie besser gerüstet seien, denn des Königs Macht fürchteten sie sehr.

»Uebrigens,« so fuhr er fort, »ist der Fürst vor kurzem in Marienburg gewesen, wo er in der Abwesenheit des Meisters von dem Großmarschall empfangen wurde, der ihm zu Ehren Ritterspiele veranstaltete, jetzt aber weilen bei dem Fürsten die Komturen, und dort reiten noch neue Gäste.«

Hier schwieg er eine Weile, dann fügte er hinzu: »Die Leute behaupten indessen, die Kreuzritter weilten nicht ohne Grund bei uns sowohl wie bei dem Fürsten Ziemowit aus Plock. Ihr Zweck sei, unseren Fürsten entweder davon abzuhalten, im Kriegsfalle den König von Polen zu stützen, oder ihn, beim Scheitern dieses Planes, zu überreden, sich wenigstens völlig unthätig zu verhalten. Doch das wird ihnen kaum gelingen.«

»Gott gebe, daß ihnen das nicht gelingen wird. Oder möchtet Ihr vielleicht zu Hause sitzen bleiben? Euer Fürst ist doch dem König von Polen verpflichtet. Daß Ihr ruhig zuschaut, das glaube ich nicht.«

»Das thun wir auch nicht!« warf Jedrek aus Kropiwnic ein.

Abermals richtete Zbyszko einen prüfenden Blick auf die fremden Ritter und auf die Pfauenfederbüsche. »So ziehen jene wohl auch aus dem angeführten Grunde zu Euch?« fragte er.

»Bei den Ordensbrüdern ist dies wohl möglich, doch wer kann dies sicher wissen?«

»Und der Dritte?«

»Der kommt wohl nur aus Neugierde.«

»Ein angesehener Ritter scheint er zu sein.«

»Freilich. Drei reichbeladene, mit Eisen beschlagene Wagen kommen hinter ihm her und sein Gefolge besteht aus neun Mannen. Wollte Gott, man würde einmal mit einem solchen zusammenstoßen! Der Mund wässert einem darnach.«

»Jetzt könnt Ihr wohl nichts anfangen?«

»Wie wäre dies möglich! Der Fürst stellte sie ja unter meinen Schutz. Ehe sie Ciechanow erreicht haben, darf ihnen kein Haar auf dem Haupte gekrümmt werden.«

»Und so ich sie zum Kampfe herausforderte, so ich ihnen feindlich entgegenträte?«

»Dann müßtet Ihr zuerst mit mir kämpfen, denn so lange ich lebe, werde ich ein derartiges Thun zu vereiteln suchen.«

Als Zbyszko diese Worte vernahm, schaute er gar freundlich auf den jungen Edelmann und sagte: »Ihr wißt, was ritterliche Ehre heißt. Mit Euch werde ich mich nicht messen, denn ich bin Euch gut gesinnt. In Ciechanow aber, das gebe Gott, werde ich schon einen Vorwand zum Losgehen gegen die Deutschen finden.«

»In Ciechanow könnt Ihr thun, was Euch gefällt. Dort wird es sicherlich nicht ohne Ritterspiele abgehen. Ihr könnt daher leicht Gelegenheit zum Anbinden finden, wenn der Fürst und die Komture die Erlaubnis dazu erteilen.«

»Ich führe auch eine hölzerne Tafel mit mir, auf welcher folgendes geschrieben steht: ›Jeder, der nicht anerkennt, daß Danusia, die Tochter Jurands, das tugendhafteste und schönste Mägdlein auf der ganzen Welt ist, den fordere ich zum Kampfe.‹ Aber seht … gar viele Leute zucken nur lächelnd die Achseln darüber.«

»Das ist eben eine fremde und, um die Wahrheit zu sagen, thörichte Sitte, die man bei uns höchstens an den Grenzen kennt. Dann und wann hat zwar jetzt der Lothringer irgend einen Edelmann mit der Aufforderung angehalten, seine Herrin mehr als jede andere zu preisen, es verstand ihn aber niemand, und ich hätte es auch nicht zum Kampfe kommen lassen.«

»Wie? Er befahl, seine Herrin zu preisen? Gerechter Gott, das muß ja ein ganz thörichter Mensch sein.«

So sprechend, blickte er prüfend auf den fremden Ritter. Er wollte sich wohl überzeugen, ob dieser wirklich wie ein thörichter Mensch aussehe, allein er mußte sich eingestehen, daß Fulk de Lorche ganz und gar nicht den Eindruck eines Tölpels machte. Unter dem halbgeöffneten Visiere schauten sanfte Augen hervor, wurde ein jugendliches, etwas trauriges Antlitz sichtbar. Zbyszko fiel auch sofort der Strick auf, den der Lothringer nicht nur dreimal um den Hals geschlungen trug, sondern der auch längs der Rüstung bis zum Knöchel lief und hier in einen dreifachen Knoten geschlungen war.

»Weshalb trägt er diesen Strick?« fragte Zbyszko.

»Ich vermochte dies nicht zu erforschen, weil sie unsere Sprache nicht verstehen. Nur der Bruder Rotgier weiß einige Worte zu sagen, das ist aber auch alles. Vermutlich hat indessen jener junge Ritter ein Gelübde abgelegt, so lange den Strick zu tragen, bis er irgend eine kühne, ritterliche That ausgeführt hat. Bei Tage trägt er ihn über der Rüstung, des Nachts auf dem bloßen Leibe.«

»Sanderus!« rief Zbyszko plötzlich.

»Zu Euer Gnaden Diensten!« antwortete der Deutsche, näher tretend.

»Befrage diesen Ritter, wer die tugendhafteste und schönste Jungfrau auf der Welt ist.«

»Wer ist die tugendhafteste und schönste Jungfrau auf der Welt?« fragte Sanderus.

»Ubryka de Elner!« antwortete Fulk de Lorche, tief aufseufzend und die Augen gen Himmel richtend.

Als Zbyszko diese Lästerung vernahm, stockte ihm der Atem in der Brust und ein solcher Ingrimm erfaßte ihn, daß er sofort sein Roß antrieb. Bevor er indessen ein Wort über die Lippen zu bringen vermochte, ritt Jedrek zwischen ihn und den Fremden, indem er erklärte: »Hier wird Euch der Kampf verwehrt.«

Ohne jedoch diese Worte zu beachten, wandte sich Zbyszko aufs neue zu dem Reliquien-Verkäufer mit dem Befehle: »Sag ihm in meinem Namen, seine Herrin gleiche einer Eule.«

»Mein Herr läßt Euch sagen, wohledler Ritter, Euere Herrin gleiche einer Eule!« ließ sich Sanderus wie ein Echo vernehmen.

Da ließ Fulk de Lorche die Zügel los, zog den eisernen Handschuh von der Rechten und warf ihn vor Zbyszko auf den Schnee. Letzterer aber neigte das Haupt gegen den Böhmen, zum Zeichen, daß dieser den Handschuh mit der Spitze des Speeres aufheben möge.

Eine dunkle Zornesröte überzog nun das Antlitz Jedreks, der sofort Zbyszko zurief: »Solange der Fremde unter meinem Schutze steht, das sage ich Euch, dürft Ihr nicht miteinander kämpfen. Ich verbiete es ihm und Euch.«

»Nicht ich habe ihn zum Kampfe gefordert, sondern er mich.«

»Weil Ihr seine Herrin einer Eule verglichen habt. Deshalb mußte ich Euch entgegentreten. Ei doch, ich verstehe es auch, mit jemand anzubinden.«

»Nichts liegt mir ferner, als mit Euch kämpfen zu wollen.«

»Das müßtet Ihr aber, denn diesen dort zu schützen, habe ich mit einem Eide gelobt.«

»Wie soll es aber nun werden?« fragte Zbyszko hartnäckig.

»Ciechanow ist nicht mehr fern.«

»Was wird sich aber der Deutsche denken?«

»Laßt ihm durch Euern Sprecher zu wissen thun, daß der Kampf zwischen Euch erst dann stattfinden darf, wenn sowohl der Fürst wie der Komtur die Erlaubnis dazu erteilt haben.«

»Ei, wenn aber diese Erlaubnis nicht gegeben werden sollte?«

»Das wird sich alles zeigen. Genug des Geredes!«

Zbyszko sah nun doch ein, daß er sich fügen müsse, daß Jedrek aus Kropiwnic den Kampf nicht gestatten dürfe. Abermals rief er daher Sanderus, damit dieser dem lothringischen Ritter auseinandersetze, der Kampf könne erst dann stattfinden, wenn sie an Ort und Stelle angekommen seien. Als de Lorche die Worte des Deutschen vernahm, neigte er zustimmend das Haupt, streckte Zbyszko die Hand entgegen, faßte dessen Rechte und drückte sie nach ritterlicher Sitte dreimal kräftig, zum Zeichen, daß sie sich zu irgend welcher Zeit, an irgend welchem Orte doch noch treffen wollten. Dann zogen alle in scheinbarer Eintracht gen Ciechanow weiter, dessen stumpfer Turm schon an dem rötlich schimmernden Himmel sichtbar ward.

Noch war es lichter Tag, als jedoch die Ritter die Thore der Burg erreicht hatten, als die Zugbrücke herabgelassen wurde, dunkelte es schon völlig.

Ein freundlicher Empfang und reichliche Bewirtung wurde ihnen von seiten des Zbyszko bekannten Mikolaj aus Dlugolas zu teil, dem Anführer der Burgbesatzung, die aus einem Häuflein Ritter und gegen dreihundert trefflichen kurpischen Bogenschützen bestand. Bald nach der Begrüßung vernahm Zbyszko zu seinem tiefen Schmerze, daß der Hof nicht anwesend war. Der Fürst hatte zu Ehren der Komture aus Szczytno und Johannesburg eine große Jagd in der kurpischen Waldwildnis veranstaltet, an der auch zur Erhöhung des prächtigen Schauspiels die Fürstin und deren ganzes Gefolge teilnahmen. Von den ihm bekannten Frauen traf daher Zbyszko nur Otke an, die Witwe von Krzych aus Jarzabkow, welche jetzt die Stelle einer Beschließerin im Schlosse bekleidete. Das Wiedersehen mit ihr gewährte ihm viel Freude, und auch sie war ihm sehr zugethan. Seine Liebe zu Danusia, sein Zusammenstoß mit Lichtenstein hatten ihr höchstes Interesse erregt. Nach ihrer Rückkehr aus Krakau war sie auch nie müde geworden, einem jedem, ob er es nun hören wollte oder nicht, davon zu erzählen, und eben dadurch hatte sie unter den jüngsten Männlein und Weiblein am Hofe großes Ansehen gewonnen. Sie ließ daher auch nichts unversucht, um den jungen Ritter über die Abwesenheit Danusias zu trösten, indem sie sagte: »Ihr erkennt das Mägdlein nicht mehr, das hat die Kinderjahre hinter sich. Die Knospe hat sich entfaltet. Kein Gewand will ihr mehr passen. Nein, Danusia ist nicht mehr so, wie sie einst war. Euch liebt sie auch auf eine ganz andere Weise als früher. Wenn ihr jetzt jemand den Namen Zbyszko ins Ohr raunen würde, wäre es gerade, als wenn man sie mit Riemen peitschte! Ja, das ist das Schicksal von uns Weibern. Dagegen giebt es kein Mittel. Das ist eben der Wille Gottes … Und Euer Ohm, sagt, ist er gesund? Ach, weshalb seid Ihr nicht früher gekommen? Ja, so ist unser Geschick. Was Sehnen heißt, das weiß allein das Weibervolk auf der Welt. Dem Himmel sei Dank, das Jungfräulein hat sich wenigstens nicht die Glieder gebrochen. Tagtäglich ist es auf den Turm geklettert und hat aus die Heerstraße geschaut … Eine jede von uns sehnt sich nach einem liebenden Herzen …«

»Ich raste nur so lange, bis mein Pferd gefüttert ist,« ergriff Zbyszko schließlich das Wort, »dann mache ich mich wieder auf den Weg. Selbst wenn ich die ganze Nacht reiten müßte: ich will zu ihr.«

»Thut das, thut das. Nur nehmt einen Führer mit, damit Ihr in den Wäldern nicht irre geht.«

Trotz der Abendmahlzeit, die Mikolaj aus Dlugolas für seine Gäste richten ließ, erklärte Zbyszko, er werde sofort wieder aufbrechen, und bat um einen Führer. Während nun aber die ermüdeten Ordensbrüder, an den ungeheueren Kaminen sitzend, in denen ganze Fichtenstämme prasselten, die Absicht kund gaben, erst am folgenden Tage weiter ziehen zu wollen, entschloß sich de Lorche, sobald er wußte, um was es sich handle, gemeinsam mit Zbyszko den nächtlichen Ritt zu unternehmen. Er hoffte dadurch, noch rechtzeitig zur Jagd, die er sehen wollte, an Ort und Stelle einzutreffen.

Ohne weiteres trat er hierauf auf Zbyszko zu, ergriff dessen Rechte und drückte sie wiederum kräftig dreimal nacheinander.

Erstes Kapitel.

Die Kreuzritter

In Tyniec, in dem zur Abtei gehörenden Wirtshause »Zum wilden Auerochsen« saßen einige Leute und lauschten der Erzählung eines erfahrenen Kriegers, der, aus fernen Landen angelangt, von seinen Abenteuern im Krieg und auf der Reise berichtete.

Es war ein bärtiger Mann, in den besten Jahren, breitschultrig und von riesenhaftem Wuchse, seine Haare waren durch eine netzförmige, mit Glasperlen benähte Haube zusammengehalten, er trug ein Lederkoller, auf dem der Panzer ganze Streifen zurückgelassen hatte, darüber einen Gürtel aus Kupferringen, worin ein Messer in einer Hornscheide steckte, und ein kurzes Schwert an der Seite.

Dicht bei ihm am Tisch saß ein Jüngling mit langen Haaren, der froh in die Welt hinaus schaute, offenbar sein Gefährte, vielleicht auch sein Knappe, denn er war ebenfalls für die Reise angethan und auf seinem Lederkoller zeigten sich ähnliche Spuren von der Rüstung. Die übrige Gesellschaft bestand aus zwei Landleuten aus der Umgegend von Krakau und drei Städtern in roten, gefältelten Mützen, deren dünne Enden an der Seite bis zu den Ellbogen herabhingen.

Der Wirt, ein Deutscher, welcher den Kragen seiner fahlgelben Kapuze bis über das Kinn heraufgezogen hatte, goß ihnen aus einer Kanne nahrhaftes Bier in die Thonkrüge und lauschte aufmerksam den Berichten der Krieger.

Noch aufmerksamer aber lauschten die Städter. Die Feindschaft, welche seit der Zeit der Lokietek’s 4 zwischen den Städtern und den Landedelleuten geherrscht hatte, war beinahe erloschen, und die Bürgerschaft trug ihr Haupt weit höher als dies in späterer Zeit der Fall war. Damals wurde sie noch »des allerdurchlauchtigsten Kuniges und Herren« genannt, ihre Bereitwilligkeit » ad concessionem pecuniarum« wurde auch besonders geschätzt, und daher kam es zuweilen vor, daß in den Wirtshäusern die Edelleute mit den Kaufleuten tranken. Diese wurden sogar gern gesehen. Hatten sie doch stets bares Geld in Händen und zahlten sie doch häufig für die Träger der Wappenschilder.

So saßen sie auch jetzt plaudernd beisammen, indem sie von Zeit zu Zeit dem Wirte winkten, auf daß er ihnen die leeren Becher fülle.

»Ihr habt wohl schon ein großes Stück von der Welt bereist, edler Ritter,« sagte einer der Kaufleute.

»Ja, nur wenige von denen, welche jetzt von allen Seiten in Krakau zusammenströmen, haben schon soviel gesehen,« antwortete der vor kurzem angelangte Ritter.

»Und gar viele strömen dort zusammen,« fügte der Bürger hinzu. »Große Festlichkeiten giebt’s ja, und große Glückseligkeit herrscht im Königreiche. Man sagt, und ich glaube es auch, daß der König befahl, der Königin Prunkbett mit perlenbesetztem Brokat auszupolstern und den gleichen Baldachin darüber anzubringen. Und allerlei Spiele und Turniere werden veranstaltet, wie sie die Welt bisher noch nie gesehen hat.«

»Gevatter Gamroth, 5 unterbrecht den Ritter nicht,« bemerkte der zweite Kaufmann.

»Ich unterbreche ihn nicht, Gevatter Eiertreter, 6 ich denke mir nur, er wird auch gern wissen, was man sagt, weil er gewiß selbst nach Krakau reist. Und ich kehre heute nicht mehr in die Stadt zurück, weil die Thore so früh geschlossen werden, und bei Nacht lassen mich die Amphibien, welche in den Hobelspänen entstehen, doch nicht schlafen, also haben wir Zeit für alles.«

»Und auf ein Wort gebt Ihr zwanzig zurück, Ihr werdet alt, Gevatter Gamroth.«

»Und doch bin ich noch im stande, ein Stück feuchten Tuches unter einem Arm zu tragen.«

»Ach was! Vielleicht eines, das so dünn wie ein Sieb ist!«

Ein weiterer Streit wurde durch den fremden Kriegsmann unterbrochen, welcher sagte: »Ich werde sicher in Krakau bleiben, weil ich von den Wettkämpfen gehört habe und froh bin, wenn ich meine Kraft innerhalb der Schranken erproben kann – und meinem Bruderssohn hier geht es ebenso, denn obgleich er noch jung und ein rechter Milchbart ist, hat er schon manchen Panzer auf der Welt zu Gesicht bekommen.«

Die Gäste schauten den Jüngling an, der fröhlich lächelte und, nachdem er seine langen Haare hinter die Ohren gestrichen hatte, den Bierkrug an die Lippen setzte.

Der alte Ritter aber fügte hinzu: »Uebrigens, wenn wir umkehren wollten, wüßten wir gar nicht, wohin wir uns wenden sollten.«

»Ei,« fragte einer der Edelleute, »woher seid Ihr denn und wie nennt Ihr Euch?«

»Macko aus Bogdaniec nenne ich mich, und dieser junge Mann, der Sohn meines leiblichen Bruders, nennt sich Zbyszko. ›Tepa Podkowa‹ 7 ist unser Wappenschild, und unser Schlachtruf: ›Hagel‹!«

»Wo liegt denn Euer Bogdaniec?«

»Traun! Fragt lieber, wo es lag, Herr Bruder, denn es ist schon vom Erdboden verschwunden. Noch zur Zeit des Krieges der Grzymalitezyc mit den Naleczy wurde Bogdaniec zu Asche niedergebrannt, und was übrig geblieben war, wurde uns weggenommen; die Knechte aber flohen alle. So blieb nur der leere Grund und Boden, denn auch die Bauern der Nachbarschaft wanderten fort in die Steppe. Mit meinem Bruder, dem Vater dieses Jünglings, habe ich das Haus wieder aufgebaut, aber im folgenden Jahre hat uns das Wasser alles weggerissen. Dann starb mein Bruder, und ich blieb allein mit der Waise. Da sagte ich mir: Hier kann ich es nicht aushalten! Und zu jener Zeit sprach man viel vom Krieg und auch davon, daß Jasko aus Olesnica, den der König Wladislaw zu dem Mikolaj aus Moskorzow nach Wilna sandte, eifrig in Polen Ritter suche. Da ich nun den würdigen Abt Janek aus Tulcza kenne, verpfändete ich ihm meinen Grund und Boden, und für das Geld kaufte ich mir eine Rüstung, ein Pferd, kurz, ich versah mich, wie es üblich ist für den Kriegsdienst, den Knaben, der erst zwölf Jahre alt war, setzte ich auf einen Klepper, und fort ging’s zu Jasko von Olesnica!«

»Mit dem Jüngling?«

»Damals war er noch kein Jüngling, aber stramm ist er schon als Knabe gewesen. In seinem zwölften Jahre legte er zuweilen die Armbrust auf den Boden, stemmte sich mit dem Bauche dagegen und drückte den Schneller derart, daß selbst keiner von den Engländern, die wir bei Wilna gesehen haben, sich hätte rühmen können, er verstehe den Bogen besser zu spannen.«

»So stark ist er gewesen?«

»Meinen Helm trug er hinter mir her, und als er dreizehn Jahre alt wurde, trug er auch meinen langen Schild.«

»Und an Kriegszügen hat es wahrlich nicht gefehlt.«

»Witolds wegen. Der Fürst befand sich bei den Kreuzrittern und jedes Jahr unternahm er Kriegsfahrten gegen Litauen und wendete sich nach Wilna. Mit ihm zog allerlei Volk. Deutsche, Franzosen, Engländer, die am besten den Bogen zu spannen verstanden, Böhmen, Schweizer und Burgunder. Sie haben die Wälder durchstreift, Schlösser erbaut, und zuletzt haben sie Litauen mit Feuer und Schwert schrecklich verwüstet, so daß das ganze Volk, welches dies Land bewohnt, es schon verlassen und ein anderes suchen wollte, ja gerne bis ans Ende der Welt oder sogar zu den Kindern des Belial gewandert wäre, nur um fern von den Deutschen zu sein.«

»Daß alle Litauer mit Weibern und Kindern fortziehen wollten, hörten wir wohl, doch glaubten wir es nicht.«

»Aber ich habe gar viel miterlebt. Ha! wäre nicht Mikolaj aus Moskorzow, nicht Jasko aus Olesnica, und wären wir nicht gewesen – das sage ich, ohne mich zu rühmen – so stünde auch Wilna nicht mehr.«

»O, das wissen wir. Ihr habt die Burg ja nicht übergeben.«

»Nein, wir haben sie nicht übergeben. Und nun merket wohl auf das, was ich Euch sage, denn ich bin ein erfahrener, des Krieges kundiger Mann. Die Alten sprachen immer von dem bissigen Litauer, und sie sprachen wahr. Sie schlagen sich gut, die Litauer, aber mit den Rittern können sie sich im offenen Felde nicht messen. Ganz anders ist’s im dichten Wald – oder auch dann, wenn die Pferde der Deutschen im Morast versinken.«

»Die Deutschen sind die besten Krieger!« riefen die Städter.

»Und wie eine Mauer stehen sie Mann bei Mann, durch ihre eisernen Rüstungen derart geschützt, daß kaum die Augen durch das Visir zu sehen sind. Dicht aneinander gedrängt, schreiten sie auch vorwärts. Gewöhnlich sind’s die Litauer, die losschlagen. Aber dann werden sie wie Sand zerstreut, oder sie müssen als Brücke dienen und werden zertreten. Doch nicht nur Deutsche sind unter den Kreuzrittern zu finden, denn jedes Volk, das es auf der Welt giebt, dient bei ihnen. Und tapfer sind sie! Zuweilen beugt sich ein Ritter herab, streckt die Lanze aus und stößt allein, noch vor der Schlacht, in einen ganzen Kriegshaufen, wie sich ein Habicht auf eine Herde stürzt.«

»Christus!« rief Gamroth aus, »welche sind denn die tüchtigsten unter ihnen?«

»Es kommt auf die Waffe an. Die Armbrust weiß der Engländer am besten zu handhaben, denn er kann einen Panzer mit dem Pfeile durchbohren und eine Taube auf hundert Schritte weit treffen. Die Böhmen hingegen hauen mit dem Beile furchtbar drein, und den zweischneidigen Hirschfänger weiß niemand besser zu führen als der Deutsche. Der Schweizer zerschlägt gerne den Helm mit der eisernen Keule, aber die besten Krieger sind die, welche aus des Franzmannes Landen kommen. Sie kämpfen zu Pferd und zu Fuß und rufen Dir herausfordernde Worte zu, aber verstehen kannst Du sie nicht, denn ihre Sprache klingt, wie wenn eine zinnerne Schüssel geschüttelt wird, und doch sind sie ein gottesfürchtiges Volk. Sie haben uns durch die Deutschen vorgeworfen, daß wir mit den Heiden und Sarazenen gegen das Kreuz kämpfen, und haben sich verpflichtet, die Wahrheit dieser Behauptung durch einen ritterlichen Zweikampf zu beweisen. Auch ein Gottesgericht soll abgehalten werden zwischen vier von ihren und vier von unsern Rittern, und der zur Zusammenkunft bestimmte Ort ist der Hof Wenzels, des römischen und böhmischen Königs.« 8

Noch größere Neugierde erfaßte nun die Landleute und die Kaufleute, sie streckten ihre Köpfe über die Krüge zu Macko hinüber und fragten: »Wer von unsern Rittern ist denn dabei? Sprecht schnell!«

Doch Macko führte zuerst den Krug an die Lippen und trank, dann erwiderte er: »Ei, fürchtet nur nichts für sie. Es ist Jan aus Wloszczow, der Kastellan von Dobrzin, es ist Mikolaj aus Waszmuntow, es ist Jasko aus Zdakow und Sarosz aus Czeckow, lauter hochgepriesene Ritter und tapfere Jungen. Ob nun mit der Lanze, dem Schwert oder der Streitaxt gekämpft wird – das alles ist nichts Neues für sie. Da werden die Leute etwas zu sehen und etwas zu hören bekommen – denn wie ich schon erwähnt habe, dem Franzmann kannst Du die Gurgel zudrücken, und er sagt Dir noch heldenmäßige Worte. So wahr mir Gott helfe und das heilige Kreuz, jene werden unaufhörlich schwatzen, die Unsrigen aber sie besiegen.«

»Das wird uns zu großem Ruhme gereichen, wofern nur Gott seinen Segen dazu giebt,« sagte einer der Edelleute.

»Und der heilige Stanislaw!« fügte ein zweiter hinzu.

Und zu Macko gewandt, bemerkte er in eifrigem Tone: »Nur weiter! Sprecht! Ihr rühmt die Tapferkeit der deutschen und andern Ritter, Ihr sagt, sie könnten die Litauer leicht beugen. Aber Euch zu beugen wäre ihnen sicherlich schwerer geworden! Haben sie nicht eben so gerne auf Euch losgeschlagen? Und was ist mit Gottes Willen dann geschehen? Lobt und preist doch die Unsrigen!«

Doch Macko aus Bogdaniec war offenbar kein Prahler, denn er entgegnete bescheiden: »Die welche aus fernen Landen einwandern, nehmen gerne den Kampf mit uns auf, aber wenn sie es einmal gethan haben, schwindet ihr Mut schon einigermaßen, denn wir sind ein zähes Volk, und diese Zähigkeit wird uns häufig vorgeworfen. ›Ihr verachtet den Tod, – sagen unsere Feinde – aber die Sarazenen unterstützt Ihr, und dafür werdet Ihr verdammt sein!‹ Durch diese Lügen ist unser Ingrimm noch gewachsen; der König und die Königin ließen die Litauer taufen, und jeder ist ein Bekenner Christi, wenn schon nicht jeder ihn versteht. Als der Teufel in der Kathedrale in Plock auf die Erde geworfen wurde, befahl sogar unser gnädigster Herr, ein Endchen Licht zu dessen Ehren aufzustellen, und die Priester mußten ihm erst sagen, daß es sich nicht gehöre – das ist ja eine bekannte Geschichte. Was darf man also von einem gewöhnlichen Menschen verlangen? Mancher sagt sich selbst: Befiehlt der Knäs, daß ich mich taufe, so taufe ich mich; befiehlt Christus, daß ich mich an die Stirne schlage, so schlage ich mich an die Stirne; aber weshalb sollte ich den alten heidnischen Teufeln das bißchen Quark nicht gönnen, ihnen die gebratenen Rüben nicht vorwerfen, oder den Schaum vom Biere nicht für sie abgießen? Thue ich es nicht, so können mir die Pferde krepieren, die Kühe räudig werden, ihre Milch kann blutig kommen oder die Ernte kann schlecht ausfallen. Gar viele handeln so, wodurch sie schweren Verdacht auf sich laden. Und doch thun sie es nur aus Unwissenheit und aus Furcht vor den Teufeln. Ehemals war es jenen Teufeln wohl. Sie hatten ihren Forst und große Hütten, auch Pferde zum Reiten, und den Zehnten nahmen sie sich. Doch jetzt ist der Forst ausgehauen, zu essen ist nichts da – die Glocken in den Städten schlagen an, also muß sich der Unflat in den dichtesten Wald verkriechen und dort heult er vor Angst. Kommt nun ein Litauer in das Gehölz, so geschieht es häufig, daß ihn ein Teufel am Schafpelz zerrt und sagt: Gib her! Manche wagen nicht, sich zu widersetzen, wieder andere wollen den Teufeln nichts freiwillig überlassen und suchen sie zu fangen. Einer dieser wackeren Jungen schüttete gedörrte Erbsen in eine Ochsenblase, und sogleich fuhren dreizehn Teufel hinein. Da zog er die Blase zu, befestigte ein Holzpflöckchen daran und brachte sie zum Verkauf nach Wilna zu den Franziskanern, welche ihm gerne zwanzig Skotus dafür gaben, um die Feinde des Namens Christi aus dem Weg zu räumen. Ich selbst habe die Blase gesehen, aus der sich ein furchtbarer Gestank weithin verbreitet hat, denn auf diese Weise zeigen die bösen Geister ihre Furcht vor dem Weihwasser.«

»Und wer hat berechnet, daß es ihrer dreizehn gewesen sind?« fragte der bedächtige Kaufmann Gamroth.

»Das hat ein Litauer berechnet, welcher es mit ansah, wie sie in die Blase hineinkrochen. Daß sie sich darin befanden, darüber herrscht kein Zweifel, denn dies war an dem Gestank zu erkennen, und deshalb wollte niemand das Holzpflöckchen entfernen.«

»Wie wunderlich ist dies, wie gar wunderlich!« rief einer der Edelleute.

»Ich habe schon die größten Wunder gesehen, allein davon kann man nicht reden. Gute Leute sind die Litauer, aber auch recht sonderbare. Sie haben zottige Haare, und kaum die Fürsten kämmen sich, von gebratenen Rüben leben sie und ziehen diese allen andern Speisen vor, weil sie meinen, es mache kräftig und mutig. Bei ihnen in ihren Hütten sind auch Haustiere und Schlangen zu sehen, und im Essen und Trinken kennen diese Menschen kein Maß, die verehelichten Weiber werden mißachtet von ihnen, aber die Jungfrauen verehren sie und gestehen ihnen große Rechte zu.«

»Ich kann es bestätigen,« fügte Zbyszko hier ein. »Und die meisten Mädchen sind schön. Oder,« fragte er, zu seinem Onkel gewendet, »ist Nyngalla vielleicht nicht schön?«

»Wer ist denn diese Nyngalla?« erkundigte sich einer der Städter.

»Wie? Habt Ihr noch nichts von Nyngalla gehört?« fragte Macko.

»Noch kein Wort hörten wir von ihr!«

»Wir sprechen ja von der Schwester des Fürsten Witold, der Gattin Henryks, des masovischen Fürsten.«

»Welchen Fürsten Henryk meint Ihr? Es gab einen masovischen Fürsten dieses Namens, der Elektor von Plock war, aber er ist gestorben.«

»Das ist eben derselbe. Er wurde durch den Tod abgerufen, weil sein Leben offenbar Gott nicht wohlgefällig war. Denn obwohl er die geistliche Würde bekleidete, schloß er doch eine unrechtmäßige Ehe mit Nyngalla. ›Ich gebe mir selbst den Dispens; der Papst, wenn nicht der von Rom, so doch der von Avignon, wird ihn sicherlich bestätigen,‹ soll er gesagt haben. Der Zorn Gottes war groß, aber Witold konnte sich nicht widersetzen – und die Vermählung ward gefeiert, zum großen Kummer meines Zbyszko hier, welcher selbst, nach deutscher Sitte, die Fürstin Ryngalla zur Herrin seines Herzens erwählt und ihr ewige Treue gelobt hatte …«

»Fürwahr,« warf Zbyszko plötzlich ein, »das ist richtig! Und später hörten wir von den Leuten, daß die Fürstin Ryngalla, nachdem sie eingesehen hatte, daß es sich nicht für sie gezieme, mit dem Elektor zu leben, weil er trotz seiner Vermählung doch nicht auf seine Würde verzichten wollte, und daß über solcher Ehe der göttliche Segen nicht walten könne, ihren Gatten vergiftet habe. Auf diese Kunde hin bat ich einen heiligen Einsiedler in der Nähe Lublins, mein Gelübde zu lösen.«

»Ein Einsiedler war es wohl«, bemerkte Macko lachend, »doch ob es ein heiliger gewesen ist, weiß ich nicht, denn wir überraschten ihn an einem Freitag im Walde, als er die Knochen eines Bären mit dem Beile spaltete und das Mark aussaugte, bis es ihm in der Kehle stecken blieb.«

»Aber er sagte, Mark sei kein Fleisch, und außerdem habe er sich die Erlaubnis erbeten, Mark zu genießen, weil er dann des Nachts immer wunderbare Traumgesichte habe und vom folgenden Morgen an bis zum Mittag prophezeien könne.«

»Na! Na!« versetzte Macko. »Und die schöne Ryngalla ist Witwe und braucht Dich vielleicht in ihrem Dienst.«

»Umsonst würde sie ausschicken, denn ich wähle mir selbst eine andere Herrin, der ich bis zum Tode dienen werde, und später werde ich mir auch eine Gattin gewinnen.«

»Den Rittergürtel wirst Du Dir zuerst gewinnen.«

»Nun ja! Nach der Entbindung der Königin werden doch gewiß Turniere stattfinden? Und da wird der König manchen zum Ritter schlagen. Ich stelle mich jedem. Der Fürst würde mich nimmer aus dem Sattel gehoben haben, wenn mein Pferd sich nicht auf die Hinterbeine gesetzt hätte.«

»Es werden aber bessere dort sein als Du.«

Hier riefen die Landleute aus der Gegend von Krakau: »Bei Gott! Vor der Königin werden sich solche wie Du nicht herauswagen können, wohl aber Ritter, die in der ganzen Welt berühmt sind. Wie kannst Du Dich mit Leuten messen, mit denen sich weder hier, noch am böhmischen noch am ungarischen Hofe jemand messen kann? Was ist das für ein Gerede? Bist Du denn besser als sie? Und wie alt bist Du denn?«

»Achtzehn Jahre!« antwortete Zbyszko.

»Dann kann Dich ja jeder zwischen den Fingern zermalmen.«

»Wir werden sehen!«

Doch Macko warf hier ein: »Ich habe gehört, daß der König die Ritter reichlich belohne, welche aus dem litauischen Kriege zurückkehren. Sagt an, die Ihr von Krakau kommt, ist dies wahr?«

»Bei Gott, es ist wahr!« entgegnete einer der Edelleute. »Auch ist die Freigebigkeit des Königs in der ganzen Welt bekannt. Aber in seine Nähe zu gelangen, ist nicht leicht, da es in der Stadt von Gästen wimmeln wird, welche wegen der Entbindung der Königin und der Taufe kommen, um dadurch unsern Herrn zu ehren oder ihm Huldigung darzubringen. Der ungarische König wird dort sein, auch der römische Cäsar, wie man sagt, und verschiedene Fürsten, Wojwoden und Ritter werden erscheinen, weil jeder denkt, daß er nicht mit leeren Händen weggehen wird. Man spricht sogar davon, daß selbst der Papst Bonifazius komme, da er der Gunst und Hilfe unseres Herrn gegen seinen Feind in Avignon bedürfe. Bei dem Andrange wird man nicht leicht Zutritt zum König bekommen, aber wem es dennoch gelingt, Zutritt zu erlangen und wer einen Kniefall vor dem Herrn macht, der wird seiner Verdienste wegen reichlich belohnt werden.«

»Dann will ich den Kniefall thun, denn auch ich habe mir schon Verdienste erworben, und wenn der Krieg ausbricht, ziehe ich mit. Kriegsbeute ist mir wohl zu teil geworden, und vom Fürsten Witold erhielt ich Vergütung, Not leide ich also nicht, aber der Abend meines Lebens naht schon heran, und im Alter, wenn die Knochen mürbe werden, hat der Mensch doch gerne einen friedlichen Winkel.«

»Gerne sah der König stets die, welche unter Jasko aus Olesnica von Litauen zurückgekehrt sind – und sie alle bekommen satt zu essen.«

»Da seht Ihr’s! Ich bin aber jetzt erst aus dem Krieg zurückgekehrt. Ihr müßt nämlich wissen, daß die Deutschen den Frieden zwischen dem König und dem Fürsten Witold büßen mußten. Der schlaue Fürst sicherte sich seine Geiseln, und dann ging es los auf die Kreuzritter! Schlösser wurden zerstört, verbrannt, die Ritter aufs Haupt geschlagen und ein großer Teil des Volkes ausgerottet. Mit Swidrygiello zugleich, der zu ihnen geflohen war, wollten sich nun die Deutschen rächen. So kam es wieder zu einem großen Kriegszug. Selbst der Meister Kondrad eilte mit zahlreichem Volk herbei. Wilna ward belagert, von ungeheuren Türmen aus versuchte man, die Burg zu zerstören, durch Verrat versuchte man, hineinzugelangen, aber nichts ward damit erreicht. Und bei dem Rückzuge wurden so viele Krieger hingestreckt, daß kaum die Hälfte zurückkam. Auch gegen Ulryk von Jungingen, des Großmeisters Bruder, der Vogt von Samland ist, zogen wir ins Feld. Aber in Schrecken versetzt durch den Fürsten, floh der Vogt unter lauten Klagen, und durch diese Flucht ward der Frieden wieder hergestellt, die Stadt neu erbaut. Und ein heiliger Ordensbruder, der barfuß auf glühendem Eisen zu gehen vermag, hat prophezeit, daß von nun an, so lange die Welt steht, sich unter Wilnas Mauern keine bewaffneten Deutschen mehr zeigen werden. Aber wessen Hände haben mitgeholfen, daß es so kommen kann und sie sich nicht mehr zeigen werden?«

Bei diesen Worten streckte Macko aus Bogdaniec seine großen, ungewöhnlich starken Hände aus, während die andern beistimmend nickten und riefen: »Ja! Ja! In dem, was Ihr sagt, ist ein Fünkchen Wahrheit enthalten.«

Das Gespräch wurde durch heftigen Lärm unterbrochen. Er drang zu den Fenstern herein, deren Scheiben man entfernt hatte, denn die Nacht war warm und schön. In der Ferne vernahm man Stimmen, Gesang und das Schnauben von Pferden. Die Anwesenden staunten darüber, weil die Stunde schon vorgerückt war und der Mond hoch am Himmel stand. Der deutsche Wirt lief hinaus in den Hof, aber bevor noch seine Gäste im stande gewesen, die Krüge bis zur Neige zu leeren, kehrte er eilig zurück und rief: »Irgend eine Hofgesellschaft naht heran!«

Gleich darauf zeigte sich an der Thüre ein junger Bursche in blauem Oberrock, die gefältelte rote Mütze auf dem Haupte. Er blieb stehen, betrachtete die Anwesenden, und als er den Wirt erblickte, sagte er: »Wischt die Tische dort ab und bringt Lichter herbei. Die Fürstin Anna Danuta wird hier Rast machen.«

So sprach er und entfernte sich dann wieder. In der Schenke machte sich eine Bewegung kund, der Wirt rief nach dem Gesinde, und die Gäste schauten voll Verwunderung einander an.

»Die Fürstin Anna Danuta,« begann einer der Bürger. »Das ist Kiejstuts Tochter, die Gattin Janusz‘ von Masovien. Sie hielt sich vierzehn Tage in Krakau auf und fuhr dann nach Zator zum Fürsten Wenzel zu Besuch. Wahrscheinlich befindet sie sich nun wieder auf der Rückreise nach Krakau.«

»Gevatter Gamroth,« sagte der zweite Bürger, »laß uns lieber in die Scheune gehen und unser Heulager aufsuchen, allzu hohe Gesellschaft ist das für uns.«

»Daß sie bei Nacht fahren, dies wundert mich nicht,« ließ sich Macko vernehmen, »denn bei Tage brennt die Sonne allzu sehr, aber weshalb kommen sie in dies Wirtshaus, da sie doch das Kloster vor Augen haben?«

Hier wendete er sich zu Zbyszko mit den Worten: »Sie ist eine leibliche Schwester der schönen Ryngalla!«

Und Zbyszko rief: »Juhei! Sicherlich befinden sich viele masovische Jungfrauen bei ihr.«

  1. Lokietek heißt ein kleiner, ein Elle langer Mensch. Es war der Beiname des Königs Wladislaw, der aber keineswegs ein Zwerg, sondern nur mittlerer Statur war. Anmerkung der Uebersetzerinnen.
  2. Namen oder vielmehr Spitznamen jener Zeit. Anmerkung des Verfassers.
  3. Namen oder vielmehr Spitznamen jener Zeit. Anmerkung des Verfassers.
  4. Ein stumpfes Hufeisen. Anmerkung der Uebersetzerinnen.
  5. Historisch. Anmerkung des Verfassers.

Viertes Kapitel.

Doch auch jetzt wurde ein Kampf zwischen ihnen vereitelt. Mikolaj aus Dlugolas hatte durch Jedrek aus Kropiwnic alles erfahren, was vorgegangen war. Infolgedessen verlangte er von den beiden Rittern das Wort, den Kampf erst dann zum Austrag zu bringen, wenn der Fürst und der Komtur die Erlaubnis dazu erteilt haben würden, andernfalls, so drohte er, werde er die Thore der Burg schließen lassen. Da nun aber Zbyszko vor allem Danusia so rasch wie möglich wiedersehen wollte, wagte er es nicht, sich dem Ansinnen zu widersetzen. De Lorche wiederum war kein blutdürstiger Mensch, wennschon er sich bereitwillig schlug, sobald sich ihm die Gelegenheit dazu bot. So gelobte er denn auch, ohne irgend welche Schwierigkeit zu machen, auf seine ritterliche Ehre, die Erlaubnis des Fürsten abzuwarten, dem er um nichts in der Welt zu nahe treten wollte. Dazu kam auch noch, daß dem Lothringer, der fortwährend von den Ritterspielen hatte singen und sagen hören, ein solch glänzendes Fest, eine solch prächtige Schaustellung nur erwünscht sein konnte, um vor versammeltem Hofe, vor Würdenträgern und Frauen seine Waffenkünste zu zeigen – hoffte er doch durch einen siegreichen Kampf auf eine größere Ausbreitung seines Ruhmes, hoffte er doch dadurch leichter die goldenen Sporen zu erringen. Abgesehen davon aber widersetzte er sich einem Aufschub schon deshalb nicht, weil es ihm auch sehr darum zu thun war, Land und Leute kennen zu lernen – vornehmlich aus dem Grunde, weil Mikolaj aus Dlugolas, der ein ganzes Jahr bei den Deutschen in Haft gewesen war und sich sehr gut mit den Fremden zu verständigen vermochte, Wunderdinge von den glänzenden fürstlichen Jagden, die man in den westlichen Gebieten noch nicht kannte, zu erzählen gewußt hatte.

Um Mitternacht befand er sich schon gemeinsam mit Zbyszko auf dem Wege gen Przasnysz. Ihr wohlbewaffnetes Gefolge zog mit ihnen, sowie verschiedene Mannen, mit Pechpfannen ausgerüstet, zum Schutze gegen Wölfe, die des Winters in zahllosen Rudeln umherstreifend, selbst der streitbarsten ritterlichen Schar gefährlich werden konnten. Die dichten Gehölze jenseits von Ciechanow grenzten unweit von Przasnysz an die riesige kurpische Waldwildnis, die sich gen Westen zu den undurchdringlichen Wäldern von Podlachien, bis tief nach Litauen hinzogen. Vor nicht gar langer Zeit hatten die barbarischen Litauer, das Gebiet der gefürchteten Kurpen umgehend, fortwährend Einfälle in Masovien unternommen und waren im Jahre 1337 bis nach Ciechanow gelangt, das sie völlig zerstörten. Voll Spannung lauschte de Lorche der Erzählung des greisen Führers Macko aus Turoboje. Sein Herz hatte vor Begierde gebrannt, sich mit den Litauern zu messen, welche von ihm wie von den andern westlichen Rittern für Sarazenen gehalten worden waren. Seine Fahrt in diese Länder betrachtete er wie einen Kreuzzug, auf dem er Ruhm, auf dem er ewiges Seelenheil zu erringen hoffte, ja er hatte sich unterwegs der festen Hoffnung hingegeben, der Kampf mit den Masuren, mit diesem halb heidnischen Volke, werde ihm völligen Ablaß gewähren. Kaum glaubte er daher seinen Augen trauen zu dürfen, als er, in Masovien angelangt, die Kirche in den Städten, die Kreuze auf den Türmen, die Geistlichen, die Ritter mit den heiligen Zeichen auf den Waffen wahrnahm, als er zu einem Volke kam, das zwar, wild und aufbrausend, sich jederzeit zu Kampf und Streit bereit zeigte, das aber zu dem Christentum übergetreten und ganz und gar nicht raubsüchtiger war als die Deutschen, mit denen sich der junge Ritter auf der Fahrt befand. Er wußte daher selbst nicht mehr, was er von den Kreuzrittern denken sollte; als er nun gar noch hörte, daß jenes Volk seit vielen Jahren Christus verehre und als er schließlich vernahm, daß die Litauer schon zu Lebzeiten der verstorbenen Königin getauft worden waren, da kannte sein Staunen, zugleich aber auch sein Kummer keine Grenzen.

Ohne Säumen forschte er nun Macko aus Turoboje darüber aus, ob sich in den Wäldern, die sie durchziehen würden, nicht wenigstens Drachen befanden, denen die Menschen Jungfrauen darbringen mußten und die er bekämpfen konnte. Allein die Antwort Mackos raubte ihm auch diese Hoffnung.

»Viel wildes Getier, wie Wölfe, Bisons, Auerochsen und Bären treibt sich in den Wäldern umher, sodaß man seine liebe Not damit hat,« erklärte der Masur. »In den Sümpfen halten sich wohl auch böse Geister auf, von Drachen habe ich aber noch nie etwas gehört; wenn sich solche zeigten, dann würden wir ihnen keine Jungfrauen opfern, sondern in geschlossener Schar gegen sie ziehen. Und, traun, wenn es Drachen gäbe, hätten ihnen die Kurpen längst die Haut in Streifen vom Leibe gezogen!«

»Was ist das für ein Volk?« fragte de Lorche. »Könnte ich vielleicht gegen diese Kurpen ziehen?«

»Wohl könnt Ihr mit ihnen kämpfen, aber es wird nicht zu Euerm Heile gereichen,« entgegnete Macko. »Uebrigens ziemt sich dies auch nicht für Ritter, denn jene sind ein Bauernvolk.«

»Auch die Schweizer nennt man ein Volk von Bauern! Sind denn die Kurpen schon zum Christentum übergetreten?«

»Es giebt nur Christen in Masovien – die Fürsten und alles Volk sind Christen, Ihr saht doch die Bogenschützen auf der Burg? Nun, das sind Kurpen, denn bessere Bogenschützen als diese giebt es in der ganzen Welt nicht.«

»O doch! Die Engländer und Schotten, mit denen ich am burgundischen Hofe zusammentraf.«

»In Marienburg habe ich auch die gesehen. Tüchtige Bursche sind dies alle, doch Gott möge sie davor schützen, daß sie sich mit den Kurpen messen müssen! Bei den Kurpen erhält ein siebenjähriges Kind nur dann zu essen, wenn es sich seine Nahrung von dem höchsten Wipfel der Fichte herabschießt.«

»Wovon ist die Rede?« fragte Zbyszko plötzlich, nachdem mehrere Male das Wort »Kurpen« an sein Ohr gedrungen war.

»Von den kurpischen und englischen Bogenschützen. Dieser Ritter hier behauptet, die Engländer sowohl wie die Schotten seien als Bogenschützen über alle andern zu stellen.«

»Bei Wilna habe ich sie kennen gelernt. Hei, fürwahr, ich hörte ihre Pfeile um die Ohren sausen. Aus aller Herren Länder waren dort Ritter versammelt, welche sich rühmten, mit uns hätten sie leichtes Spiel. Gar bald verloren sie aber die Lust dazu, denn mehr als zweimal versuchten sie es nicht, mit uns anzubinden.«

Schmunzelnd verdolmetschte Macko dem Herrn de Lorche die Worte Zbyszkos.

»An verschiedenen Höfen hörte ich davon reden,« bemerkte der Lothringer. »Allenthalben lobte man die Tapferkeit Eurer Ritter, dagegen verargte man es ihnen, daß sie die Heiden gegen die Kreuzritter zu schützen suchen.«

»Wir schützen ein Volk, das sich taufen lassen wollte, gegen Ueberfälle und Ungerechtigkeit. Die Deutschen wollen es im Heldentum beharren lassen, um einen ständigen Vorwand zum Kriege zu haben.«

»Gott wird darüber richten!« warf de Lorche ein.

»Und vielleicht in nicht gar zu langer Zeit!« bemerkte Macko aus Turoboje.

Kaum hatte indessen der Lothringer gehört, daß Zbyszko bei Wilna gewesen war, so wurde er nicht müde, Macko über alle Einzelheiten zu befragen, war doch die Kunde von den dort stattgefundenen ritterlichen Fehden und Kämpfen durch die ganze Welt gedrungen. Vornehmlich jener Kampf, in dem sich vier polnische und vier französische Ritter gegenüberstanden, hatte die Phantasie der Kämpen des Westens stark erregt. War es daher zu verwundern, daß de Lorches Achtung vor Zbyszko, als vor einem Menschen, der an solch ruhmreichen Kämpfen teilgenommen hatte, immer mehr wuchs, daß er sich darob freute, sich mit einem solchen Ritter messen zu können.

Infolgedessen ritten die beiden in scheinbarem Einvernehmen weiter. An den Haltestellen erwiesen sie sich alle möglichen Höflichkeiten und tranken sich wechselseitig mit dem Wein zu, von welchem de Lorche einen großen Vorrat auf den Wagen mit sich führte. Als indessen schließlich aus dem Gespräche zwischen dem Lothringer und Macko hervorging, daß Ulrika de Elner keine Jungfrau, sondern eine vierzigjährige verheiratete Frau und Mutter von sechs Kindern war, steigerte sich Zbyszkos Entrüstung aufs höchste. Jener wunderliche Fremde hatte es also gewagt, so sagte er sich, »ein altes Weib« mit Danusia zu vergleichen, es über diese zu stellen. Ein solcher Mensch konnte doch unmöglich bei klarem Verstande sein, ihm würden daher eine dunkle Zelle und Stockprügel weit zuträglicher sein, als eine Fahrt in die weite Welt, und dieser Gedanke allein hielt ihn zurück, seiner Entrüstung sofort Ausdruck zu verleihen.

»Glaubt Ihr nicht, daß der Lothringer den Verstand verloren hat?« fragte er den greisen Führer. »Vielleicht sitzt auch, wie der Wurm in der Nuß, ein Teufel in ihm, der sich des Nachts auf uns stürzt. Jedenfalls müssen wir ein wachsames Auge auf jenen Ritter haben.«

Wenn nun aber auch Macko aus Turoboje anfänglich den Worten Zbyszkos nur ungläubig lächelnd Gehör schenkte, schaute er doch schließlich etwas ängstlich auf den Lothringer, indem er bemerkte: »Wohl trifft es sich zuweilen, daß einer oder der andere von einem Teufel, ja von mehr als hundert Teufeln besessen ist. Und wird es diesen allgemach zu enge, dann suchen sie sich freilich bei einem andern Menschen einen angenehmeren Aufenthalt aus. Am schlimmsten fährt man aber mit einem Teufel, den man von einem alten Weibe über den Hals geschickt bekommt.«

Plötzlich wandte er sich hierauf zu de Lorche und sagte: »Gelobt sei Jesus Christus!«

»Auch ich preise ihn!« erwiderte de Lorche mit sichtlichem Staunen.

Auf Mackos Antlitz spiegelte sich große Zufriedenheit.

»Nun werdet Ihr Euch überzeugt haben,« sagte er wieder zu Zbyszko gewendet. »Wenn der lothringische Ritter vom Bösen besessen wäre, würde ihm Schaum auf den Mund getreten, oder er würde zu Boden geworfen worden sein, als ich ihm plötzlich so scharf zu Leibe ging. Wir können ruhig weiter ziehen.«

Und das thaten sie auch. Von Ciechanow nach Przasnysz war es nicht allzu weit. Während des Sommers hätte ein Bote auf gutem Pferde den Weg zwischen den beiden Plätzen leicht in zwei Stunden zurücklegen können. Jetzt aber kamen die beiden Ritter mit ihrem Gefolge trotz des guten Führers nur langsam vorwärts, wie dies in dunkler Nacht und bei den im Wald liegenden Schneemassen nicht anders zu erwarten war. Sie erreichten daher, trotzdem sie um Mitternacht ausgebrochen waren, erst um die Morgendämmerung den fürstlichen Jagdhof, welcher nahe bei Przasnysz am Rande des Waldes lag. Vor dem aus Holz erstellten, langgestreckten Bau mit Fensterscheiben aus runden Glasstückchen befanden sich ein Ziehbrunnen und zwei Schuppen für die Pferde. Rings um den Jagdhof standen Hütten, die rasch aus Fichtenzweigen errichtet worden waren, und Zelte aus Fellen. Weithin war der Glanz des vor den Zelten lodernden Feuers sichtbar, um welches Treiber in Schafpelzen, in Pelzen von Füchsen, Wölfen und Bären standen. Dem Herrn de Lorche dünkte es, er sehe zweibeinige wilde Bestien vor dem Feuer, denn die Mehrzahl jener Leute trug Mützen, aus Tierköpfen verfertigt. Etliche der Männer stützten sich auf Speere, andere auf ihre Armbrust, verschiedene waren damit beschäftigt, Stricke in ungeheuere Netze zu ziehen, mehrere brieten am Feuer mächtige Stücke von Auerochsen und Elentieren, die augenscheinlich als Morgenimbiß dienen sollten. Der Schnee glitzerte in dem Schein der Flammen. Grell beleuchtet wurden auch zuweilen die wilden Gestalten, die zeitweise von dem Rauche des Feuers, von dem Dunste und Brodem der saftigen Fleischstücke gänzlich verhüllt waren. Im Hintergrunde stiegen, rötlich schimmernd, riesige Fichtenstämme empor, zwischen denen sich eine weitere Schar von Männern aufhielt. Die große Zahl der aufgebotenen Mannen setzte den eines solchen Jagdgetriebes ungewohnten Lothringer in höchstes Staunen.

»Eure Fürsten scheinen sich ja wie zu einem Kriegszuge ausgerüstet auf die Jagd zu begeben.«

»Ihr könnt nun sehen,« antwortete Macko aus Turoboje, »daß es ihnen weder an Jagdgeräten, noch an Leuten fehlt. Die meisten sind fürstliche Treiber, doch fehlt es auch nicht an solchen, welche sich des Marktes wegen in dieser Wildnis eingefunden haben.«

»Was soll ich beginnen?« warf jetzt plötzlich Zbyszko ein. »In dem Jagdhof schläft noch alles.«

»Ei nun, wir warten geduldig auf das Erwachen,« entgegnete Macko. »Ich werde doch nicht an das Thor klopfen und den Fürsten, unsern Herrn, erwecken!«

So sprechend führte er sie an das Feuer, vor dem ihnen Kurpen Felle von Auerochsen und Bären ausbreiteten, dann wurden die Ankömmlinge rasch mit dampfendem Fleische bewirtet. Kaum hatten jedoch die Kurpen die fremde Sprache vernommen, so traten sie zusammen und starrten unentwegt auf den Deutschen. Als sie aber gar von Zbyszkos Mannen vernahmen, daß jener Ritter von »weit überm Meere« herstamme, da drängten sie sich so nahe an den Lothringer heran, daß der Herr aus Turoboje sein ganzes Ansehen aufbieten mußte, um den Fremdling vor allzu großer Neugierde zu schützen. De Lorche, der zu seinem Staunen bemerkte, daß sich inmitten der Männerschar auch Frauen befanden, die fast alle mit Pelzen bekleidet waren und sich durch ihren schönen Wuchs, ihre blühende Gesichtsfarbe auszeichneten, fragte sofort den greisen Führer, ob sich denn auch Weiber an der Jagd beteiligten. Macko verneinte dies, erklärte aber, daß die Frauen sich teils aus Neugierde den Treibern anschlössen, teils des Marktes wegen, auf dem sie städtische Waren kauften und die Erträgnisse ihrer Wälder verkaufen konnten. Dies war auch thatsächlich der Fall. Das fürstliche Gehöfte bildete selbst zur Zeit der Abwesenheit des Fürsten den Mittelpunkt für die Verkaufsstellen der Städter und Wäldler. Die Kurpen verließen gar ungern ihre Wälder, war es ihnen doch nur wohl, wenn die Wipfel der Bäume über ihren Häuptern rauschten. Infolgedessen führten die Bewohner von Przasnysz nicht nur ihr berühmtes Bier an den Waldesrand, sondern auch das in den Windmühlen der Stadt oder in den Wassermühlen Ungarns gemahlene Mehl, das in jener Wildnis schwer zu bekommende und sehr begehrte Salz, eiserne Geräte, Lederwerk, kurz alle möglichen Erzeugnisse menschlichen Fleißes. Dagegen erhielten sie im Tausche Felle, kostbare Pelze, getrocknete Pilze, Nüsse, heilsame Kräuter oder Stücke von Bernstein, an denen es unter den Kurpen nicht mangelte. Stets ging es daher sehr lebhaft auf dem Jahrmarkte zu, der während der fürstlichen Jagden noch an Ausdehnung gewann, weil dann die Stadtbewohner ebenso häufig durch Neugierde, wie durch die zwingende Notwendigkeit des Handels in die Waldwildnis getrieben wurden.

Nachdem de Lorche die Antwort Mackos vernommen hatte, beobachtete er ununterbrochen die hohen Gestalten der Jäger, welche, in einer gesunden, von Harzgeruch erfüllten Luft lebend und sich, wie fast alle damaligen Bauern vornehmlich von Fleisch nährend, schon mehr als einmal die ankommenden Fremdlinge durch ihre Größe, durch ihre Kraft in Staunen versetzt hatten. Von Ungeduld gequält, vermochte Zbyszko hingegen kaum am Feuer still zu sitzen. Er verwandte kein Auge von dem Thore und von den Fenstern des fürstlichen Gebäudes. Nur eines dieser Fenster war indessen beleuchtet, augenscheinlich das der Küche, denn zwischen den Spalten der ganz ungenügend schließenden Scheiben drang dichter Rauch heraus. Alle andern waren dunkel oder schimmerten in dem Glanze des anbrechenden Tages, der immer lichter wurde und auf den schneebedeckten Wald einen silbernen Schein warf. Zeitweise traten aus einem oder dem andern niedrigen Seitenpförtchen Diener, in die fürstlichen Farben gekleidet, heraus, um mit den an Trägerstangen hängenden Eimern oder Kübeln Wasser am Brunnen zu schöpfen. Ein jeder dieser Leute antwortete auf die Frage, ob denn alles noch schlafe, daß der ganze Hofstaat, ermüdet von der stattgefundenen Jagd, länger als sonst der Ruhe pflege, daß aber schon der Morgenimbiß zur Stärkung vor dem Aufbruche bereitet werde.

Der aus der Küche aufsteigende Geruch von Fett und Safran verbreitete sich auch thatsächlich mit einem Male bis zu den um das Feuer Lagernden. Einen Einblick in den hell erleuchteten Flur gewährend, öffnete sich dann plötzlich knirschend das Hauptthor, und ein Mann trat auf die Schwelle, in dem Zbyszko auf den ersten Blick einen der fahrenden Schüler erkannte, die er seiner Zeit in dem fürstlichen Gefolge in Krakau gesehen hatte. Ohne irgendwelche Rücksicht auf Macko aus Turoboje oder auf de Lorche zu nehmen, sprang nun Zbyszko so eilig auf das Thor zu, daß der darüber erstaunte Lothringer fragte: »Was ist denn diesem jungen Ritter zugestoßen?«

»Nichts ist ihm zugestoßen,« erwiderte Macko aus Turoboje. »Er liebt eines der Mägdlein, die zum Hofstaate der Fürstin gehören, und möchte es so rasch wie möglich sehen.«

»Ah!« rief de Lorche aus, indem er beide Hände aufs Herz drückte und, die Augen gen Himmel erhebend, einmal ums andere so tief seufzte, daß sich Macko insgeheim fragte: »Ob er wohl nach seiner alten Geliebten so seufzt, oder ob er wohl nicht völlig bei Verstand sein mag?«

Er geleitete indessen den Lothringer in den Jagdhof und betrat gemeinsam mit ihm die geräumige Halle, die mit Geweihen von Auerochsen, Elentieren und Hirschen geschmückt war und durch die Flamme der dürren, in dem mächtigen Kamine brennenden Holzscheite erhellt ward. In der Mitte der Halle stand ein mit einem groben Tuche bedeckter Tisch, auf dem bereits die zum Essen nötigen Schüsseln prangten. Nur wenige Hofherren waren bis jetzt anwesend. Zbyszko unterhielt sich mit ihnen, und Macko aus Turoboje stellte ihnen den Herrn de Lorche vor. Da sie aber nicht gut deutsch sprechen konnten, mußte jener dem Lothringer nach wie vor Gesellschaft leisten. Allmählich vermehrte sich die Zahl der Hofleute, größtenteils kräftige, blondhaarige Männer von etwas ungeschlachtem Aeußern, aber von hohem Wuchse und mit breiten Schultern. Sie waren schon vollständig zur Jagd ausgerüstet. Die, welche Zbyszko kannte und von dessen Krakauer Erlebnissen wußten, begrüßten ihn wie einen alten Freund mit sichtlichem Wohlwollen. Die andern betrachteten ihn mit der Bewunderung, die man einem Menschen zollt, über dessen Nacken schon das Schwert des Scharfrichters gezückt gewesen war. Immer wieder wurden die Worte laut: »Gewiß, die Fürstin befindet sich hier und Jurands Tochter ist hier; gleich wirst Du das arme Ding zu sehen bekommen. Selbstverständlich gehst Du aber mit uns auf die Jagd.« Inzwischen waren zwei Gäste, Kreuzritter, eingetreten, Bruder Hugo de Danveld, der Starost aus Ortelsburg, oder vielmehr aus Szczytno, dessen Verwandter dereinst die Marschallswürde bekleidet hatte, und Zygfryd de Löwe, der Vogt von Johannesburg, aus einem um den Orden hochverdienten Geschlechte stammend. Ersterer, der trotz seines ziemlich jugendlichen Alters schon sehr feist war, fiel durch die listige Miene seines Gesichtes auf, und machte mit seinen wulstigen feuchten Lippen vollständig den Eindruck eines Schlemmers, letzterer hingegen zeichnete sich durch seine Wohlgestalt und durch seine zwar strengen, aber edlen Züge aus. Zbyszko dünkte es, er habe Danveld schon bei dem Fürsten Witold gesehen, und er glaubte sich zu erinnern, daß jener von Henrik, dem Bischof von Plock, im Turniere vom Pferde geworfen worden sei. Doch gleich darauf wurde er durch den Eintritt des Fürsten Janusz aus seinem Sinnen gerissen, vor welchem sich die Kreuzritter und die Hofherren grüßend neigten und dem sich de Lorche, die Komture und Zbyszko sofort näherten. Er erwiderte die Begrüßung höflich, aber mit einem gewissen Ernste auf seinem bartlosen, schlichten Gesichte, das von auf der Stirne kurz geschnittenen und auf beiden Seiten bis auf die Schultern herabwallenden Haaren umrahmt war. Plötzlich ertönten vor den Fenstern die Hörner zum Zeichen, daß sich der Fürst zu Tisch setze, sie ertönten ein-, zwei-, dreimal, mit der dritten Fanfare öffnete sich die auf der rechten Seite der Halle gelegene große Thüre und auf der Schwelle zeigte sich die Fürstin Anna und mit ihr ein reizendes, goldhaariges Mägdlein, die Laute über der Schulter.

Als Zbyszko es sah, trat er vor, legte die Hände wie bittend am Munde zusammen und sank auf die Knie, das verkörperte Bild der Verehrung, der Bewunderung.

Bei diesem Anblick erhob sich ein Murmeln in der Halle. Das Verhalten Zbyszkos rief bei den Masuren nicht nur Staunen hervor, sondern bei etlichen sogar Aergernis. »Wahrlich,« sagten sich die älteren Leute, »diese Sitte hat er wohl bei fremden Rittern jenseits des Meeres oder wohl gar bei den Heiden kennen gelernt, denn unter den Deutschen hat sie sicherlich nie geherrscht.« Die Jüngeren hingegen dachten bei sich: »Das ist nicht zu verwundern; dem Mägdlein dankt er ja sein Leben.« Im ersten Augenblick erkannten aber weder die Fürstin noch Jurands Tochter den jungen Ritter, der mit dem Rücken gegen das Feuer kniete, so daß sich sein Gesicht vollständig im Schatten befand. Die Fürstin glaubte sogar, irgend einer der Hofherren habe sich ihrem erlauchten Gemahl gegenüber eines Fehlers schuldig gemacht und bitte um ihre Fürsprache, Danusia aber, die schärfere Augen besaß, trat plötzlich, ihr blondes Köpfchen vorbeugend, einen Schritt vor, indem sie mit ihrer zarten Stimme den Ruf ausstieß: »Zbyszko! Zbyszko!«

Und ohne daran zu denken, daß der ganze Hofstaat sowie die ausländischen Gäste Zeugen ihres Gebarens waren, sprang sie gleich einem Rehe auf den jungen Ritter zu, schlang ihre Arme um dessen Hals, schmiegte sich an ihn und küßte ihm, ganz außer sich vor Freude, solange Augen Mund und Wangen, bis die Masuren in ein schallendes Gelächter ausbrachen und die Fürstin sie an ihrem Halskragen wieder zu sich heranzog. Wie aus einem Traum erwachend blickte nun Danusia erschreckt umher. Dann versteckte sie sich hinter der Fürstin und barg ihr errötendes Antlitz in deren faltenreichem Gewande.

Zbyszko umfaßte jetzt die Füße der hohen Frau. Diese jedoch hob ihn sofort empor, begrüßte ihn aufs herzlichste und fragte unverweilt, ob Macko gestorben sei oder noch lebe und ob er, wenn er noch lebe, auch nach Masovien komme. All diese Fragen beantwortete der junge Ritter ganz mechanisch, neigte er sich doch fortwährend von einer Seite zur andern, in dem Bestreben, Danusia zu sehen, die einmal um das andere ihr Köpfchen aus dem Gewande der Fürstin hervorstreckte, um es dann wieder rasch in dessen Falten zu verbergen. Bei diesem Schauspiel hielten sich die Masuren die Seiten vor Lachen, ja, sogar der Fürst konnte sich des Lachens nicht erwehren. Da nun aber die dampfenden Schüsseln aufgetragen wurden, erklärte die frohgelaunte Fürstin zu Zbyszko gewandt: »Du sollst uns dienen, viel lieber Knecht! Doch nicht nur beim Mahle sollst Du uns Deine Dienste weihen, nein, Gott gebe es, fürs ganze Leben.«

»Du aber, kleiner Quälgeist,« rief sie hierauf Danusia zu, »Du kommst jetzt hervor, sonst reißest Du mir noch das ganze Gewand ab.«

Diesem Gebote leistete Danusia sofort Folge. Verschämt und tief errötend trat sie vor, und als sie ihre kindlichen Augen scheu und doch neugierig auf Zbyszko richtete, da erstrahlte sie in so wunderbarer Schönheit, daß nicht nur das Herz des jungen Ritters vor Bewunderung überfloß, sondern daß ihr alle anwesenden Männer insgeheim huldigten. Herr de Lorche streckte vor Staunen beide Arme empor und fragte hastig: »Beim heiligen Jakob aus Compostella, wer ist diese Jungfrau?«

Daraufhin erhob sich der Starost aus Szczytno, der bei seiner Feistigkeit auch noch klein war, auf die Zehen und flüsterte dem Lothringer ins Ohr: »Die Tochter des Teufels!«

Mit den Augen blinzelnd schaute de Lorche auf den Redenden, dann runzelte er die Stirne und sprach näselnd also: »Unwürdig ist es eines Ritters, die Schönheit zu schmähen.«

»Ich trage die goldenen Sporen, und ich bin ein Ordensritter!« entgegnete Hugo de Danveld voll Hochmut.

So groß war die Ehrfurcht vor den gegürteten Rittern, daß der Lothringer unwillkürlich das Haupt senkte, gleich darauf jedoch antwortete: »Und ich bin ein Blutsverwandter des Fürsten von Brabant.«

» Pax! Pax!« rief nun der Kreuzritter: »Ehre und Ruhm sei dem mächtigen Fürsten, dem Freunde des Ordens, aus dessen Hand Ihr, o Herr, in Bälde die goldenen Sporen erhalten möget! Nicht die Schönheit des Mägdleins will ich bestreiten, doch hört erst, wer dessen Vater ist.«

Dies auseinanderzusetzen vermochte er indessen nicht mehr. Fürst Janusz ließ sich in diesem Augenblick am Tisch nieder und da ihm zuvor der Vogt von Johannesburg über die hohen Blutsverwandten des Herrn de Lorche berichtet hatte, gab er letzterem ein Zeichen, neben ihm Platz zu nehmen. Die Sitze gegenüber waren für Anna Danuta und Danusia bestimmt, hinter deren Lehnstühlen Zbyszko, wie damals in Krakau, zum Dienste bereit stand. Danusia beugte zwar das Köpfchen so tief wie möglich auf ihre Schüssel, denn sie schämte sich noch immer vor den Anwesenden, hielt aber das Haupt ein wenig zur Seite geneigt, damit Zbyszko ihr Gesicht sehen konnte. Und voll Sehnsucht, voll Entzücken schaute dieser auf ihr goldhaariges Köpfchen, auf die rosenroten Wangen, auf ihre jungfräuliche Gestalt in dem eng anschließenden Gewande, an der nichts mehr an die eckigen Formen des Kindes erinnerte. Staunend empfand der junge Ritter, daß er plötzlich Danusia auf eine ganz andere Weise liebe wie früher, daß eine ganz neue Liebe ihm die Brust schwelle. Noch brannten ihm ihre Küsse auf Augen, Mund und Wangen. Wie anders war dies sonst gewesen! Wie eine Schwester den Bruder, so hatte sie ihn früher geküßt, und er hatte ihre Zärtlichkeiten wie die eines geliebten Kindes erwidert. Jetzt aber ergriff ihn die gleiche Erregung, in die ihn das Zusammensein mit Jagienka zu versetzen pflegte. Ein Zittern überkam ihn, er fühlte sich wie gelähmt, aber in seinem Innern loderte eine Glut gleich einer Flamme, die mit Asche bedeckt ist. Danusia war zur Jungfrau erblüht, das ließ sich nicht mehr bezweifeln, und da vor ihr fortwährend von Liebe gesprochen ward, glich sie einer Blütenknospe, welche, durch die Sonne erwärmt, sich immer prächtiger entfaltet. Sie wußte nun, was Liebe war, sie fühlte und dachte ganz anders wie früher. Der Zauber, der Reiz, die von ihr ausgingen; wirkten ebenso belebend und berauschend wie die Flamme des Feuers, wie der Duft der Rose.

All dies empfand Zbyszko sehr wohl, vermochte sich aber keine Rechenschaft darüber zu geben, denn er befand sich wie in einem Traume. Er dachte ebensowenig daran, daß er bei Tische aufwarten müsse, als daß er bemerkte, wie die Hofleute ihn beobachteten, sich mit dem Ellenbogen anstießen, auf ihn und auf Danusia mit den Fingern zeigten und unaufhörlich lachten. Weder das vor Staunen fast starr gewordene Antlitz des Herrn de Lorche nahm er wahr, noch die hervorstehenden Augen des Kreuzritters aus Szczytno, die dieser fortwährend auf Danusia gerichtet hielt und die im Scheine des Kaminfeuers so rot und funkelnd wie die Augen eines Wolfes aussahen. Erst dann kam er wieder zur Besinnung, als die Trompeten abermals erklangen, zum Zeichen, daß man zur Jagd aufbrechen müsse, und als die Fürstin Anna Danuta, sich zu ihm wendend sagte: »Du reitest mit uns. Das wird Dir doch Freude bereiten, und Du kannst dem Mägdlein von Liebe sprechen, was ich auch gar gern höre.«

Nach diesen Worten entfernte sie sich mit Danusia, da sich beide zur Jagd umkleiden mußten. Zbyszko eilte ins Freie, wo man schon die mit Reif bedeckten, wiehernden Pferde für das Fürstenpaar, die Gäste und die Hofleute bereit hielt. Doch ging es nicht mehr so lebhaft her wie zuvor, weil die Treiber sich mit den Netzen schon auf den Weg gemacht hatten und in die Waldwildnis eingedrungen waren. Die Feuer glimmten nur noch. Ein klarer aber kalter Tag brach an. Der Schnee knirschte unter den Tritten, und von den durch einen leisen Luftzug bewegten Bäumen fielen glänzende Eisstückchen herab. Der Fürst ließ nicht lange auf sich warten. Rasch stieg er zu Pferd. Hinter ihm ritt ein Knecht mit der Armbrust und einem so langen und schweren Speere, daß ihn nur wenige hätten werfen können. Der Fürst handhabte ihn indessen mit Leichtigkeit, besaß er doch auch wie die andern masovischen Piasten eine außergewöhnliche Kraft. Diesem Geschlechte gehörten sogar Frauen 20 an, die, sich mit ausländischen Großen vermählend, während des Hochzeitsmahles breite eiserne Schwerter mit den Fingern zusammenbogen. In der Nähe des Fürsten Janusz hielten sich zwei Mannen, um ihm, wenn es notthun sollte, Hilfe zu leisten. Diese waren unter allen Edeln aus dem Gebiete von Warschau und Ciechanow ausgewählt worden und sahen durch ihren hohen Wuchs, durch ihre stämmigen Glieder und breiten Schultern so furchterregend aus, daß Herr de Lorche sie voll Staunen betrachtete.

Mittlerweile war auch die Fürstin mit Danusia erschienen, beide in Kapuzen aus weißen Wieselfellen gehüllt. Die nicht aus der Art geschlagene Tochter Kiejstuts verstand weit besser den Bogen als die Nadel zu führen, und so trug man denn auch ihr eine schön gearbeitete, aber etwas leichtere Armbrust nach. Auf den Schnee kniend, hielt Zbyszko die flache Hand aus, auf welche die Fürstin, das Pferd besteigend, den Fuß setzte, dann hub er Danusia, ganz so empor, wie er dies bei Jagienka in Bogdaniec gethan hatte. Wenige Sekunden darauf setzte sich alles in Bewegung. In langer, schlangenförmiger Reihe zog das Gefolge, rechts vom Jagdhofe abbiegend, schillernd und schimmernd, gleich einem farbigen Streifen am Rande eines dunklen Stoffes, am Saume des düsteren Waldes dahin, um dann allmählich in dem Dickicht zu verschwinden.

Erst nach geraumer Zeit – sie befanden sich schon ziemlich tief im Walde – wandte sich die Fürstin abermals zu Zbyszko und fragte: »Weshalb redest Du nichts? So sprich doch mit ihr.«

Allein trotz dieser Aufforderung schwieg der junge Ritter noch eine ganze Weile. Eine plötzliche Schüchternheit hatte sich seiner bemächtigt, und es dauerte länger als ein oder zwei Vaterunser, bevor er also anhub: »Danuska!«

»Was ist Dein Begehr, Zbyszko?«

»Ich liebe Dich so …«

Umsonst nach Worten ringend, hielt Zbyszko plötzlich inne. Wohl war er wie ein fremdländischer Ritter vor dem Mägdlein auf die Knie gesunken, wohl bemühte er sich jetzt, ihr seine Verehrung durch schön gesetzte Worte zu beweisen, allein vergeblich strengte er sich an, der höfischen Sitte gerecht zu werden. Mit seinem von Liebe überströmenden Herzen vermochte er nur ganz schlicht zu reden und so setzte er denn schließlich hinzu: »Ich liebe Dich so sehr, daß mir der Atem stockt.«

Das von der Kälte rosig angehauchte Gesichtchen Danusias strahlte vor Glück und unter ihrer Kapuze aus Wieselfellen mit ihren blauen Augen zu dem Geliebten emporschauend, antwortete sie eilig: »Und ich Dich, Zbyszko!«

Rasch senkte sie aber dann sofort wieder die Augen, denn nun wußte sie, was Liebe ist.

»Hei, Du mein süßes Schätzelein, hei. Du mein Mägdlein, hei!« rief nun Zbyszko, abermals von Glück und Rührung dermaßen übermannt, daß er nichts weiter zu sagen wußte. Allein die gütige und dabei ein wenig neugierige Fürstin kam ihm von neuem zu Hilfe.

»Erzähle ihr doch,« begann sie, »wie Du Dich nach ihr sehntest, und kommen wir in ein tiefes Waldesdickicht, kannst Du sie auf ihr Mäulchen küssen. Ich gebe Dir die Erlaubnis dazu, denn ein Kuß ist der beste Ausdruck für Deine Liebe.«

Ohne lange Umschweife zu machen, schilderte er ihr nun, wie ihn die Pflege des Ohms in Bogdaniec zurückgehalten hatte, wie er aber trotz seiner Anhänglichkeit an diesen, trotz seines Verkehrs mit den Nachbarn, von einer verzehrenden Sehnsucht nach ihr ergriffen worden war. Wenn nun aber auch der arglistige Schalk Jagienkas mit keinem Worte gedachte, wich er doch nicht von der Wahrheit ab, denn jetzt liebte er die reizende Danusia in einer Weise, daß er sie gern in die Arme genommen, sie vor sich auf das Pferd gesetzt und sie an seine Brust gedrückt hätte.

Er wagte aber nicht, dies zu thun. Sobald sie indessen die erste dichte Waldesstelle erreicht hatten, die sie, seiner Ansicht nach, vor den hinter ihnen reitenden Hofherren und Gästen verbarg, neigte er sich zu Danusia, umfaßte sie und drückte sein Gesicht tief in die Kapuze aus Wieselfellen, um in solcher Weise seine Liebe zu bethätigen.

Doch da im Winter die Haselnußstauden bekanntlich keine Blätter haben, waren Hugo de Danveld, Fulk de Lorche und alle Hofleute Zeugen seiner That.

»Vor der Fürstin hat er sie geliebkost!« sprach nun einer zu dem andern. »Sicherlich wird ihnen die hohe Frau baldigst das Hochzeitsfest ausrichten lassen müssen.«

»Ein feuriger Bursche ist er,« meinte ein zweiter, »doch in den Adern von Jurands Tochter fließt auch heißes Blut.«

»Stein und Zunder sind die beiden, wenngleich das Mägdlein wie die liebe Unschuld aussieht,« ließ sich ein dritter vernehmen. »Hegt nur keine Sorge, da wird’s Funken sprühen! Er klebt ja an ihr wie eine Klette in der menschlichen Haut!«

Alle lachten, der Kreuzritter aus Szczytno aber wandte sein Gesicht mit tückischem Blick dem Herrn de Lorche zu und fragte: »Wünschet Ihr nicht, o Herr, daß Euch irgend ein Merlin durch seine Zauberkünste in jenes Ritterlein 21 verwandelt?«

»Und Ihr, o Herr?« entgegnete de Lorche.

Daraufhin zog der Kreuzritter, in dem sich augenscheinlich Eifersucht regte, ungeduldig den Zügel seines Pferdes fester an und rief: »Bei meiner Seele!«

Dann blickte er ängstlich forschend auf den Lothringer, fürchtete er doch, ein Lächeln auf dessen Antlitz wahrzunehmen. Ueber die Tugend der Kreuzritter herrschte keine allzu gute Meinung, und besonders Hugo de Danveld stand in ganz schlechtem Rufe. Er war vor wenigen Jahren als Gehilfe dem Vogte von Sambia zuerteilt worden. Die Klagen gegen ihn hatten sich aber derart gehäuft, daß man ihm, trotz der Strenge, mit der in Marienburg ähnliche Dinge behandelt wurden, die Führung der Burgbesatzung in Szczytno übertrug. In geheimen Aufträgen an den Hof des Fürsten Janusz entsandt, hatte er kaum die schöne Tochter Jurands erblickt, als er von der heftigsten Liebe zu ihr ergriffen ward. Da de Danveld jedoch wußte, welchem Geschlechte das Mädchen entstammte, da der Name Jurands schon allein dazu diente, die entsetzlichsten Erinnerungen in ihm wachzurufen, vermischte sich das heiße Verlangen mit einem Gefühle des wildesten Hasses.

Fulk de Lorche begann ihn aber unverweilt über die Geschehnisse auszufragen: »Ihr nanntet das schöne Jungfräulein, ›Tochter des Teufels‹!« hub er an. »Weshalb nanntet Ihr es so?«

Danveld schilderte die Begebenheit in Zlotorja, er erzählte, wie während des Wiederaufbaus der Burg der Fürst mitsamt dem Hofstaate gefangen genommen worden, wie dabei Danusias Mutter zu Grunde gegangen war, und wie von dieser Zeit an Jurand sich auf die grausamste Weise an allen Ordensrittern zu rächen suche. Vor etwa zwei Jahren war es zwischen de Danveld und Jurand zu einem Zusammenstoß gekommen, und als jener dem Schauder erregenden »Eber aus Spychow« zum ersten Male gegenüber stand, pochte ihm das Herz so, daß er zwei seiner Blutsverwandten, seine Leute und alle Beute im Stiche ließ und wie sinnlos einen ganzen Tag hindurch bis nach Szczytno floh, wo er vor Furcht lange Zeit krank darnieder lag. Nach seiner Genesung beschied ihn der Großmarschall des Ordens vor ein Rittergericht. Da aber de Danveld beteuerte, sein Pferd sei scheu geworden und sei mit ihm von dem Kampfplatze gejagt, wurde durch den Urteilsspruch zwar seine Unschuld erklärt, aber gleichzeitig ihm auch der Weg zu den höheren Aemtern des Ordens verschlossen. All diese Erlebnisse verschwieg der Kreuzritter wohlweislich dem Herrn de Lorche gegenüber, statt dessen erging er sich aber in solch schweren Klagen über Jurands Grausamkeit, sowie über die dreiste Verwegenheit des polnischen Volkes, daß der Lothringer ganz verblüfft ward.

»Wir befinden uns aber doch,« warf er nach kurzem Schweigen ein, »bei den Masuren und nicht bei den Polen?«

»Die gehören alle einem Volke an,« antwortete der Starost, »wenn sie auch unter besonderen Fürsten stehen. Und alle gleichen sich in ihrer Ehrlosigkeit, alle gleichen sich in ihrem Hasse gegen die Ordensbrüder. Gott gebe, daß das deutsche Schwert den ganzen Stamm vertilge.«

»Ihr sprecht wahr und gerecht, o Herr! Denn wie konnte dieser Fürst, dessen ganze Erscheinung doch einen so wohlthuenden Eindruck macht, es wagen, auf Eurem Grund und Boden eine Burg gegen Euch zu errichten. Von einem solchen Unding habe ich selbst unter den Heiden niemals gehört.«

»Die Burg errichtete er wohl gegen uns, allein Zlotorja liegt auf seinem, nicht auf unserem Gebiete.«

»Lob und Preis sei Christus dafür, daß er Euch den Sieg verliehen hat. Doch wie endigte der Krieg?«

»Einen Kriegszug hatten wir damals nicht unternommen.«

»Und Euer Sieg bei Zlotorja?«

»Gott erwies uns eine ganz besondere Gnade. Der Fürst hatte keine Mannen um sich gesammelt. Nur die Hofleute und die Frauen waren in der Burg.«

Voll Staunen vernahm de Lorche diese Rede, doch er vermochte nichts mehr zu sagen, weil die ganze Jagdgesellschaft auf einem großen, ausgerodeten, mit Gestrüpp und Schnee bedeckten Platze angelangt war, auf welchem der Fürst vom Pferde stieg und alle andern seinem Beispiel folgten.

  1. Cymbarka, welche mit Ernst dem Eisernen von Habsburg vermählt war.
  2. Für die tugendhafte Igerna, die Gemahlin des Fürsten Gorlas, entbrannte der Ritter Uter in heißer Liebe. Mit Hilfe Merlins nahm er die Gestalt Gorlas an und aus seiner Verbindung mit Igerna entstammt König Artus.

Fünftes Kapitel.

Die erfahrenen Forstleute ordneten unter der Leitung des Oberjägermeisters die Jäger in eine lange Reihe am Waldessaume, so daß sie, selbst halb versteckt, vor sich einen weiten, freien Raum hatten, wodurch ihnen die Handhabung der Armbrust und des Bogens erleichtert wurde. Die zwei Schmalseiten des Platzes waren mit Netzen bespannt, hinter welchen sich im Walde die Leute bargen, denen es oblag, die Tiere den Schützen zuzutreiben, oder wenn ihnen dies nicht gelang und die Tiere sich in den Netzen verwickelten, diese mit dem Speere zu töten. Die unzähligen Scharen von Kurpen, die in einem ungeheuern Kreis günstig aufgestellt worden waren, sollten alle lebenden Tiere aus dem Waldesdickicht auf den freien Platz jagen. Hinter den Jägern war ein zweites Netz gezogen, damit jedes Tier, das die Reihe durchbrach, aufgehalten und in den verhängnisvollen Maschen getötet werden konnte.

Der Fürst stand in der Mitte der Reihe in einer kleinen Vertiefung, welche sich über die ganze Breite des Platzes zog. Der Oberjägermeister hatte diesen Platz für ihn ausgewählt, weil er wußte, daß die größten Tiere der Waldwildnis in diese Vertiefung getrieben werden würden. Der Fürst selbst hatte die Armbrust in der Hand, und dicht neben ihm stand, an einen Baum gelehnt, der schwere Speer. Einige Schritte hinter ihrem Herrn befanden sich die beiden »Schützer«, in ihrer riesenhaften Größe den Baumstämmen des Waldes vergleichbar. Außer mit den Beilen, die sie auf den Schultern trugen, waren sie mit bereits gespannten Armbrusten bewaffnet, um sie dem Fürsten im Notfalle zu überreichen. Weder die Fürstin noch Jurands Tochter stieg von dem Pferde ab. Der Fürst gestattete dies niemals, war es doch leichter, sich vor den wütenden Bisons und Auerochsen in Fällen der Gefahr zu Pferde als zu Fuß zu retten. So bat denn auch de Lorche, trotzdem er von dem Fürsten aufgefordert worden war, sich zu seiner Rechten zu stellen, zum Schutze der Damen zu Pferde bleiben zu dürfen, und hielt, einer schmalen Klinge ähnlich, unweit der Fürstin hoch zu Roß, in der Hand die ritterliche Lanze, über welche, als eine für die Jagd wenig geeignete Waffe, die Masuren verstohlen lachten. Zbyszko, der seinen Speer unverweilt in den Schnee gestoßen und die Armbrust von der Schulter genommen hatte, blieb bei Danusias Pferde stehen. Zuweilen blickte er zu ihr empor, zuweilen flüsterte er ihr etwas zu, dann wieder umfaßte er ihre Füße und küßte ihre Knie, scheute er sich doch nicht mehr, seine Liebe vor aller Welt zu zeigen. Erst dann verhielt er sich ruhig, als der Oberjägermeister, der hier in der Wildnis es sogar wagte, über den Fürsten zu brummen, ihm aufs strengste zu schweigen befahl. Mit einem Male erklangen fern, fern aus der Tiefe der Wälder die Hornsignale der Kurpen, denen sofort der kurze laute Schall der Jagdhörner antwortete. Dann trat fast völlige Stille ein. Nur zeitweise ertönte das Gekrächze eines Eichelhähers auf den Wipfeln der Tannen, oder einer der als Treiber aufgestellten Leute krächzte wie ein Rabe. Angestrengt hielten die Jäger ihren Blick auf den freien Platz geheftet, auf welchem der Wind das mit Reif bedeckte Gestrüpp und die blätterlosen Gesträuche bewegte. Ein jeder harrte voll Spannung, was für ein Tier wohl zuerst in Schußweite kommen werde. Alle aber versprachen sich eine reiche, ergiebige Jagdbeute, weil die Wälder von Auerochsen, Bisons und Ebern wimmelten. Die Kurpen hatten außerdem auch mehrere Bären aus ihren Lagern aufgestört, welche nun wild und hungrig in den Wäldern umhertrappten, instinktmäßig witternd, daß ihnen binnen kurzem ein Kampf bevorstehe, bei dem es sich nicht um ruhigen Winterschlaf, sondern um Leben und Tod handelt.

Die Jäger mußten indessen lange warten, weil die Leute, welche die Tiere auf den ausgerodeten Platz in den engeren Kreis treiben sollten, eine gewaltige Strecke Waldes in so weiter Entfernung umstanden, daß zu den Ohren der Harrenden nicht einmal das Bellen der Hunde drang, die nach dem Ertönen der Hornsignale von der Koppel gelassen worden waren. Nur ein Hund der Meute, den man augenscheinlich früher freigelassen, oder der sich ungefesselt umhergetrieben hatte, lief, die Nase an der Erde, quer über den Platz, um schließlich zwischen den Jägern hindurch wieder davonzurennen. Dann trat abermals so lange vollständige Ruhe ein, bis mit einem Male die hinter den Netzen stehenden Treiber wie die Raben krächzten zum Zeichen, daß nun die Jäger auf ihrer Hut sein müßten. Noch wenige Minuten, und am Saume des Waldes zeigte sich ein Rudel Wölfe, diese wachsamsten aller Tiere, die daher auch als die ersten versuchten, aus dem sie umschließenden Kreise zu entkommen. Inmitten des freien Platzes angelangt und auch hier die Menschen witternd, verschwanden sie rasch wieder, indem sie sich offenbar einen andern Ausweg aus dem Dickicht bahnen wollten. Eine schwarze Kette bildend, tauchten gleich darauf mächtige Eber auf dem schneebedeckten Platze auf, von weitem einer Viehherde ähnlich, welche, dem Lockrufe der fürsorglichen Hausfrau folgend, mit gespitzten Ohren den Ställen zustrebt. Schnüffelnd und aufhorchend blieben sie plötzlich stehen, machten Kehrt, horchten wieder auf, näherten sich, die Treiber witternd, behutsam und grunzend den Jägern, bis mit einem Male das Knirschen der eisernen Schneller der Armbruste, das Zischen der Pfeile ertönte und die weiße Schneedecke mit dem ersten Blute befleckt ward.

Mit durchdringendem Gequieke stoben die Eber wie von einem Blitzstrahle getroffen auseinander: einige rannten blindlings davon, andere stürzten dem Netze zu, mehrere liefen vereinzelt hin und her, etliche mengten sich unter die anderen Tiere, die sich inzwischen auf der Waldeslichtung angesammelt hatten. Immer deutlicher ertönten jetzt die Hornsignale, Hundegekläff ward laut, sowie das verworrene Gemurmel einer sich nähernden großen Menschenschar. Aber auch die Zahl der vierfüßigen Waldbewohner, die von allen Seiten, weit und breit, aufgescheucht worden waren, mehrte sich in einer solchen Weise, daß schließlich der freie Platz dicht gefüllt war. Etwas Aehnliches konnte weder in fremden Ländern, noch in andern polnischen Gebieten vorkommen, da es dort nicht solche Waldwildnisse gab wie in Masovien. Wenn nun auch die Kreuzritter häufig in Litauen gewesen waren, wo es zuweilen vorkam, daß das Anstürmen von Auerochsen eine ganze Söldnerschar in Verwirrung 22 gesetzt hatte, erfüllte sie doch dieses Schauspiel ebenso wie den Herrn de Lorche mit dem größten Staunen. Einem Kraniche ähnlich bei der Fürstin und den Hofdamen Wache haltend, hatte der Lothringer sehnlichst dem Beginne der Jagd entgegengesehen, denn er fror nicht nur tüchtig in seiner eisernen Rüstung, sondern er fing auch schon an, sich zu langweilen, da er sich ja nicht verständlich machen konnte. Nun aber sah er mit einem Male ganze Rudel von leichtfüßigen Rehen, von fahlgelben Hirschen und von Elentieren mit ihren unförmigen Geweihen, voll Schrecken, sinnlos vor Angst, dahinstürmen, umsonst einen Ausweg suchend. Die Fürstin, in der sich, als Tochter von Kiejstut, bei diesem Anblick das väterliche Blut regte, schoß Pfeil auf Pfeil auf die buntscheckige Schar ab, jedesmal vor Freude jubelnd, wenn ein Hirsch oder ein Elentier sich zuerst hoch aufbäumte, um dann, zu Tode getroffen, rücklings auf den Schnee zu stürzen. Aber auch ein Hoffräulein nach dem andern hielt jetzt das Gesicht an die Armbrust, denn alle, samt und sonders, wurden von der Jagdlust ergriffen. Zbyszko allein bildete eine Ausnahme. Mit den Armen auf den Knien Danusias lehnend, das Haupt auf beide Hände gestützt, schaute er ihr in die Augen, sie hingegen versuchte, halb lächelnd, halb verschämt, ihm die Lider mit den Fingern zu schließen, gerade als ob sie seinen Blick nicht zu ertragen vermöge.

Nun aber wurde die Aufmerksamkeit des Herrn de Lorche durch einen gewaltigen, an Genick und Schaufeln grauen Bären erregt, der ganz in der Nähe der Jäger unvermutet aus dem Gestrüppe hervorbrach. Der Fürst schoß sofort die Armbrust gegen ihn ab, sprang dann unverweilt mit dem Speere auf ihn zu und tötete das Tier, das sich, furchtbar brüllend, auf die Hinterpfoten erhob, so rasch und gewandt vor den Augen des ganzen Hofstaates, daß keiner der beiden »Schützer« das Schwert gebrauchen mußte. Unwillkürlich sagte sich nun der junge Lothringer, daß wohl wenige der Herren auf den Höfen, in denen er unterwegs Rast gemacht hatte, sich einen derartigen Zeitvertreib erwählen würden, und daß mit einem solchen Fürsten, mit solchem Manne anzubinden, es wohl dereinst dem Orden schwer fallen würde. Und wenige Augenblicke darnach war de Lorche Zeuge, wie durch andere Jäger ganz auf die gleiche Weise ein grimmiger, mächtiger Eber mit großen weißen Hauern zu Tode getroffen ward, ein Tier, größer und gewaltiger als all‘ die, auf welche in den Gehölzen Nieder-Lothringens oder in den deutschen Wäldern Jagd gemacht wurde. Ein ähnliches Vertrauen in die eigene Kraft, eine so geschickte Führung des Speeres hatte der Lothringer noch nie zuvor bei Jägern gesehen. Wie dies aber gewöhnlich zu sein pflegt, ließen sich die Kraft und die Gewandtheit darauf zurückführen, daß alle die inmitten der unermeßlichsten Wälder ansässigen Menschen vom zehnten Jahre an Armbrust und Speer handhaben mußten und sich dadurch die größte Fertigkeit erwarben.

Der freie Platz war schließlich mit den Kadavern aller möglichen Tiere bedeckt. Von keiner Seite wurde indessen daran gedacht, die Jagd zu beendigen, sollte diese doch jetzt erst recht gefährlich und somit besonders aufregend werden. Von den Treibern gejagt, zeigten sich nämlich mit einem Male eine große Schar von Auerochsen und Bisons. Nicht getrennt, wie dies im Walde der Fall zu sein pflegte, sondern untereinander vermengt, trabten sie daher, weit eher Furcht erregend, als von Furcht oder Schrecken verblendet. Sie überstürzten sich auch nicht; nein, in ihrer ungeheuren Kraft zogen sie siegesgewiß dahin, überzeugt daß sie alle Hindernisse überwinden und einen Ausgang finden würden. Die Erde dröhnte geradezu unter der Schwere ihrer Tritte. Die Spitze des Zuges bildeten die bärtigen Bullen.

Mit zur Erde gesenkten Köpfen hielten sie zuweilen an, als ob sie darüber nachdächten, auf welcher Seite sie entkommen könnten. Gleich einem unterirdischen Getöse entrang sich ihren ungeschlachten Lungen ein dumpfes Gebrüll, ihre Nüstern dampften, und mit den Vorderfüßen den Schnee aufwerfend, schienen sie mit ihren blutrünstigen, von der Mähne fast ganz bedeckten Augen nach dem Feinde zu spähen.

Mittlerweile stießen die hinter den Netzen verborgenen Treiber laute Rufe aus, denen von allen Seiten hunderte von Stimmen in donnerähnlichem Geschrei antworteten. Die Hörner, die Pfeifen erklangen. Bis in seine tiefste Tiefe ward der Wald von dem Lärm erschüttert. Doch nicht genug daran! Mit entsetzlichem Geheule jagten die kurpischen Hunde, der Spur folgend, auf die Lichtung. Bei diesem Anblick wurden besonders die Weibchen, welche ihre Jungen bei sich hatten, nahezu rasend. Während sich die Tiere bis jetzt ruhig zu der Herde gehalten hatten, zerstreuten sie sich nun plötzlich in wahnsinniger Flucht über den ganzen Platz. Einer der Auerochsen, ein fahlgelber, gewaltiger Bulle, an Größe die Bisons überragend, raste in schwerfälligen Sprüngen auf die Reihe der Jäger zu. Dann aber machte er plötzlich gegen die rechte Seite der Lichtung Kehrt, blieb jedoch gleich darauf, in geringer Entfernung die Pferde inmitten der Bäume wahrnehmend, stehen und schien sich, brüllend und die Erde mit den Hörnern aufwühlend, zum Sprunge, zum Kampfe zu rüsten.

Bei diesem Entsetzen erregenden Anblick schrien die hinter den Netzen stehenden Treiber noch lauter auf, aus der Reihe der Jäger aber ertönte der Schreckensruf: »Die Fürstin, die Fürstin! Rettet die Herrin!« Zbyszko riß seinen in dem Schnee steckenden Speer an sich und sprang an den Waldessaum. Ihm folgten etliche Litauer, bereit zum Schutze der Fürstin das eigene Leben zu lassen. Da knirschte die Armbrust in deren Hand, ein Pfeil fuhr zischend über den gesenkten Kopf des Tieres hinweg und drang tief in dessen Genick ein.

»Bleibt zurück!« rief Anna Danuta, »kommt nicht …«

Ihre weiteren Worte verklangen indessen ungehört, denn ein solch entsetzliches Gebrüll wurde laut, daß sich die Pferde vor Schrecken aufbäumten. Wie ein Sturmwind raste der Auerochs auf die Fürstin zu. Doch siehe da, im Galoppe kam der tapfere Herr de Lorche einher gesprengt und warf sich, tief über das Pferd gebeugt, mit der Lanze wie bei einem ritterlichen Turniere zum Stoße ausholend, dem Tiere entgegen.

Die Anwesenden waren Zeugen, wie die Lanze blitzesschnell in das Genick des Bullen eindrang, wie sie sich dann aber sofort gleich einem Haken bog und in kleine Stücke zerbrach. Da mit einem Male verschwand der mit riesigen Hörnern versehene Kopf des Tieres fast vollständig unter dem Bauche von Herrn de Lorches Roß, und bevor noch irgend jemand einen Entsetzensschrei ausstoßen konnte, flog der treffliche türkische Renner mitsamt dem Reiter vogelschnell in die Luft.

Auf die Seite stürzend, schlug das Pferd mit den im letzten Todeskampfe zuckenden Beinen wild um sich, wobei es sich in die eigenen hervorquellenden Eingeweide verwickelte, während Herr de Lorche in nächster Nähe bewegungslos wie ein eiserner Keil auf dem Schnee lag. Einige Minuten lang schien der Auerochs zu schwanken, ob er sich nicht abwenden und auf das andere Pferd stürzen solle, doch da er sein erstes Opfer dicht vor sich hatte, griff er dieses aufs neue an. Der beklagenswerte Renner diente zur Zielscheibe seiner Wut. Er zermalmte dessen Kopf, er bohrte die ungeheuren Hörner in den offenen Bauch.

Von allen Seiten ritten die Mannen aus dem Gefolge zur Rettung des fremden Ritters herbei. Zbyszko aber, dem es hauptsächlich darum zu thun war, die Fürstin und Danusia zu schützen, stieß als erster den spitzen Speer unter die Schaufel des Auerochsen. Er that dies jedoch mit einer solchen Kraft, daß ihm der Speer bei einer plötzlichen Wendung des Bullen aus der Hand entglitt, und er selbst auf das Gesicht in den Schnee stürzte.

»Er ist verloren! Er ist verloren!« schrien die zu Hilfe eilenden Masuren auf, als sie sahen, wie der Kopf des Tieres sich auf Zbyszko senkte, der dadurch auf der Erde festgehalten wurde. Jetzt stürmten auch die beiden riesigen Schützer des Fürsten herbei, allein ihre Hilfe wäre zu spät gekommen, wenn nicht zum Glücke der Böhme Hlawa, der ja auf Wunsch Jagienkas über Zbyszko wachen sollte, einen Vorsprung vor ihnen gewonnen hätte. Das breite Beil mit beiden Händen fassend, versetzte der Böhme dem Auerochsen einen wuchtigen Hieb in das Genick dicht bei den Hörnern.

So gewaltig war der Schlag, daß der Bulle, wie vom Donner gerührt, mit durchhauenem Genicke krachend zur Erde stürzte, bei seinem Falle Zbyszko unter sich begrabend. Blitzesschnell befreiten die beiden »Schützer« den jungen Ritter von dem schweren Tiere, während die Fürstin und Danusia von den Pferden sprangen und angsterfüllt herbeieilten.

Bleich und über und über sowohl von dem eigenen wie von dem Blute des Auerochsen bedeckt, richtete sich Zbyszko ein wenig in die Höhe. Er versuchte, sich zu erheben. Allein schwankend fiel er auf die Knie, und sich mit den Händen stützend, vermochte er nur das eine Wort hervorzubringen: »Danuska …«

Dann trat Blut auf seine Lippen, Dunkelheit umnachtete ihn. Wohl umschlang ihn Danusia mit ihren Armen, allein sie vermochte nicht, ihn aufrecht zu erhalten und rief verzweifelt um Hilfe. Ihrem Rufe wurde von allen Seiten Folge geleistet. Man rieb Zbyszko mit Schnee, man flößte ihm Wein ein und bettete ihn schließlich, wie es der Jägermeister Mrokota aus Mocarzewa anordnete, auf einen Mantel, um das Blut mittels zarter Waldschwämme zu stillen.

Die Kreuzritter

Das breite Beil mit beiden Händen fassend, versetzte der Böhme dem Auerochsen einen wuchtigen Hieb in das Genick dicht bei den Hörnern.

»Wenn er nur die Rippen und nicht das Rückgrat gebrochen hat, wird er wieder zu sich kommen!« erklärte der Jäger, sich zu der Fürstin wendend.

Inzwischen waren die Hoffräulein gemeinsam mit einigen Jägern um Herrn de Lorche bemüht. Sorgsam untersuchte man dessen Rüstung, um zu sehen, ob sich nicht irgendwo ein Loch oder wenigstens eine schadhafte Stelle vorfinde, allein außer den Spuren des Schnees konnte nichts entdeckt werden. Augenscheinlich hatte der Bulle seine ganze Wut an dem Pferde ausgelassen, das entsetzlich zugerichtet, leblos, tot auf der Erde lag. Ohne eine Wunde davongetragen zu haben, war Herr de Lorche nur durch den schweren Sturz ohnmächtig geworden, durch den er sich auch, wie es sich später herausstellte, das Gelenk der rechten Hand verrenkt hatte. Kaum hatte man ihn daher von dem schweren Helm befreit, kaum waren seine Lippen mit Wein benetzt worden, so schlug er die Augen auf und flüsterte, als sein Blick auf die beiden jungen schönen Mädchen fiel, die sich bekümmert über ihn beugten, in deutscher Sprache: »Gewiß bin ich im Paradiese und die Englein umstehen mich.«

Wenn nun aber auch die jungen Mädchen nicht verstanden, was er sagte, waren sie doch glücklich darüber, daß er wieder das Bewußtsein erlangte. Sie lächelten ihm daher zu und richteten ihn mit Hilfe der Jäger empor.

Stöhnend vor Schmerz in seiner rechten Hand, stützte er sich mit der Linken auf einen der »Engel«, blieb aber dann unbeweglich stehen, weil er sich nicht sicher auf den Füßen fühlte. Den noch immer etwas verschleierten Blick umherschweifen lassend, gewahrte er den fahlgelben Körper des Auerochsen, der in der Nähe einen noch gewaltigeren Eindruck machte, er gewahrte Danusia, er gewahrte Zbyszko, welchen jene, sich über ihn beugend, mit ihren Armen umschlungen hielt.

»Dieser Ritter hier ist mir wohl zu Hilfe gekommen?« fragte er nach kurzem Schweigen. »Lebt er noch?«

»Er hat schwere Verletzungen davongetragen!« entgegnete einer der Hofherren, welcher der deutschen Sprache mächtig war.

»Nicht gegen ihn, sondern für ihn werde ich von nun an kämpfen!« erklärte jetzt der Lothringer.

In diesem Augenblicke trat die Fürstin von Zbyszko hinweg auf ihn zu, um ihm ihre Bewunderung über sein kühnes Vorgehen auszusprechen. Sie selbst wie auch die andern Frauen habe er vor dräuender Gefahr, ja vor dem Tode gerettet, erklärte sie, und dadurch sei ihm nicht nur ritterlicher Ruhm gewiß, sondern jetzt und immerdar werde er dafür gepriesen werden. »In unserer heutigen verweichlichten Zeit,« fügte sie hinzu, »steht es gar schlimm mit der Tapferkeit der Ritter, welche die Welt durchziehen. Weilt daher recht lange bei uns als Gast, oder siedelt ganz nach Masovien über, denn meiner Huld seid Ihr gewiß, und die Liebe der Menschen erringt Ihr Euch leicht durch heldenmütige Thaten.«

Das nach Ruhm dürstende Herz des Lothringers floß bei diesen Worten geradezu über vor Wonne, und als er sich auch noch zum Bewußtsein brachte, daß solch mutige, ritterliche Thaten zu den Seltenheiten gehörten, daß er sich das ihm gespendete Lob in jenen fernen polnischen Landen errungen hatte, von denen man die wunderbarsten Mären im Osten erzählte, da fühlte er vor Freude kaum noch Schmerzen in dem verletzten Arme. Wenn ein Ritter an dem brabantischen oder burgundischen Hofe zu erzählen vermochte, er habe auf der Jagd das Leben der masovischen Fürstin gerettet, dann wandelte er fürderhin im Strahlenkranze der Ehre und des Ruhmes dahin, darüber konnte kein Zweifel herrschen. Von diesem Gedanken getragen, wollte er vor der hohen Frau auf die Knie fallen und ihr treuen Dienst geloben, allein die Fürstin war schon wieder mit Danusia um Zbyszko bemüht. Für wenige Minuten hatte dieser aufs neue das Bewußtsein gewonnen. Er lächelte Danusia zu, fuhr mit der Hand an die mit kaltem Schweiß bedeckte Stirn und verlor abermals die Besinnung. Als die erfahrenen Jäger bemerkten, wie sich seine Hände zusammenkrampften, wie er mit offenem Munde dalag, hielten sie ihn für verloren. Die noch erfahreneren Kurpen aber, von denen fast ein jeder die Spuren von Bärentatzen, von Eberhauern oder von Hörnern der Auerochsen an sich trug, behaupteten, die Hörner des Tieres seien zwischen den Rippen des jungen Ritters eingedrungen, er habe eine, höchstens zwei seiner Rippen gebrochen, das Rückgrat müsse indessen unversehrt geblieben sein, denn sonst hätte er sich selbst nicht auf einen Augenblick emporrichten können. Sie wiesen auch darauf hin, daß Zbyszko an einer Stelle gestürzt war, auf welcher der Schnee hochgetürmt lag, ein Umstand, dem er hauptsächlich seine Rettung verdanke, weil er, unter der Schwere des Tieres immer tiefer in den Schnee sinkend, davor bewahrt blieb, daß ihm Brust und Rückgrat völlig eingedrückt wurden. Unglücklicherweise hatte sich der Arzt des fürstlichen Paares, Pater Wyszoniek, von der Jagd ferngehalten, trotzdem er gewöhnlich dabei zu sein pflegte, weil er gerade in der Zeit mit der Herstellung von Oblaten beschäftigt war. Als dies dem Böhmen zu Ohren kam, machte er sich spornstreichs auf den Weg zu ihm, während Zbyszko von einigen Kurpen auf dem Mantel in den Jagdhof getragen ward.

Danusia wollte zu Fuß neben ihm hergehen, diesem Vorhaben widersetzte sich jedoch die Fürstin, weil der Weg sehr weit und infolge des tiefen Schnees sehr beschwerlich war. Man schickte sich indessen an, dem Leidenden zu Pferde zu folgen. Der Starost Hugo de Danveld beeilte sich, Danusia in den Sattel zu helfen, dann ritt er, sich mit ihr dicht hinter den Leuten haltend, die Zbyszko trugen, neben ihr her und sagte ihr auf polnisch in eindringlichem Tone, aber doch so, daß er nur von ihr gehört werden konnte: »Ich habe in Szezytno einen wunderthätigen, heilenden Balsam, den ich von einem Einsiedler in dem hereynischen Walde erhielt. Wenn Ihr es wünscht, soll davon längstens in drei Tagen in Euern Händen sein.«

»Gott möge Euch dafür lohnen!« antwortete Danusia.

»Der Herr gedenkt jeder barmherzigen That! Doch welchen Dank darf ich von Euch erhoffen?«

»Wie soll ich Euere Güte vergelten?«

Der Starost schwieg einige Minuten, um dann zaudernd zu antworten: »Eine Frau wird Euch den heilenden Balsam bringen. Später wollen wir dann von Euerem Danke reden.«

  1. Von ähnlichen Vorkommnissen erzählt Wigand aus Marburg.

Achtes Kapitel.

Der alte Edelmann täuschte sich nicht, als er behauptete, Zbyszko und Jagienka seien gern zusammen. Doch nicht nur das, eines sehnte sich sogar nach dem andern. Unter dem Vorwande, den kranken Macko zu besuchen, stellte sich Jagienka, entweder mit dem Vater oder allein, immer häufiger in Bogdaniec ein, während Zbyszko zu jeder Zeit, selbstverständlich aus Dankbarkeit, Zgorzelic heimsuchte. Mit jedem kommenden Tag entwickelte sich daher zwischen ihnen ein traulicherer Verkehr, eine innigere Freundschaft. Der junge, wunderbar schöne Zbyszko flößte aber auch dem Mägdlein große Bewunderung ein, und wenn sie ihn mit einem Cztan aus Rogow oder mit einem Wilk aus Brzozowa verglich, ihn, der sich nicht nur schon im Kriege hervorgethan, an ritterlichen Spielen teilgenommen hatte, sondern auch in den königlichen Gemächern sich zu bewegen wußte, da dünkte ihr, er sei der wahre höfische Ritter, er stehe keinem Königssohne nach. Zbyszko seinerseits wurde stets aufs neue durch die herrliche, kraftstrotzende Erscheinung Jagienkas in Staunen versetzt. Wohl dachte er in Treuen an Danusia, jedesmal aber, wenn er unverhofft, sei es im Walde, sei es im Hause, mit jener zusammentraf, sagte er sich unwillkürlich: »Hei, sie ist wie eine junge Hindin.« Hielt er sie aber gar in den Armen, um sie auf das Pferd zu heben, so ergriff ihn eine plötzliche Unruhe, ein Rieseln lief ihm durch alle Glieder, um dann einer Mattigkeit Platz zu machen, die ihn wie der Schlaf lähmte.

Die von Natur sehr stolze Jagienka, die stets nur dazu bereit war, zu spotten und zu lachen und mit jedem anzubinden, ward dem schönen Jüngling gegenüber immer demütiger, ja, sie las ihm alle seine Wünsche an den Augen ab. Wie dankbar erkannte er aber auch dies an! Das Zusammensein mit ihr ward ihm immer mehr zum Bedürfnis.

Wohlgemut schickten sie sich zur Biberjagd an. Sie bewaffneten sich mit der Armbrust, setzten sich zu Pferd und ritten über Moczydoly, welches die zukünftige Mitgift Jagienkas bilden sollte, bis an den Waldessaum, wo sie die Pferde einem Knechte übergaben, um von hier aus zu Fuße weiter zu gehen; war es doch ein Ding der Unmöglichkeit, durch das Dickicht oder über die Sümpfe zu reiten. Unterwegs wies Jagienka auf einen dichten Wald, der sich hinter einer großen, mit Sumpfgewächsen bedeckten Wiese hinzog, und sagte: »Dieser Wald gehört Cztan aus Rogow.«

»Dem, der Dich gern zum Weibe nehmen möchte?«

Sie fing an zu lachen.

»Er würde mich schon nehmen, wenn ich mich nehmen ließe.«

»Du wirst Dich schon vor ihm schützen können, da Dir Wilk beisteht. Wie ich gehört habe, sollen sie ja wie Hunde fortwährend die Zähne gegen einander fletschen. Ich möchte nur wissen, weshalb sie sich noch nicht auf Leben und Tod gefordert haben.«

»Weil das Väterchen, als es in den Krieg zog, also zu ihnen sprach: ›Wenn Ihr Euch schlagen werdet, dann kommt mir keiner von Euch mehr unter die Augen.‹ Was sollten sie daher machen? Und dann! Was schnauben beide vor Wut, wenn sie in Zgorzelic zusammentreffen, später aber trinken sie in der Schenke gemeinsam so lange, bis sie unter den Tisch fallen.«

»Das sind einfältige Burschen!«

»Warum denn?«

»Nun, wenn Zych nicht zu Hause war, hätte doch der eine oder der andere in Zgorzelic einfallen und Dich mit Gewalt entführen können.«

Jagienkas blaue Augen funkelten mit einem Male. »Glaubst Du denn, daß ich mir dies gefallen ließe? Als ob es in Zgorzelic keine Knechte gäbe, als ob ich den Speer und die Armbrust nicht zu führen wüßte! Sie sollen es nur einmal probieren, die beiden! Schön würde ich einen jeden nach Hause jagen, um dann noch selbst Nogow, oder Brzozowa anzugreifen. Das Väterchen wußte, daß es ruhig in den Krieg ziehen konnte.«

Bei diesen Worten blickte sie so wild um sich her und schüttelte so drohend die Armbrust, daß Zbyszko lachend erklärte: »Ei, ei. Du solltest ein Ritter und nicht ein Mädchen sein!«

Sie aber beruhigte sich sofort wieder und entgegnete: »Ja, ja, Cztan schützte mich vor Wilk, und Wilk vor Cztan. Zudem stand ich auch unter der Obhut des Abtes, und den Abt zu reizen, ist nicht geraten.«

»Ach was, alle fürchten sich vor dem Abte, aber ich – und ich sage die Wahrheit, so wahr mir der heilige Jerzy beistehen soll – fürchtete mich weder vor dem Abte noch vor Zych, weder vor den Zgorzelicer Knechten noch vor Dir, wenn ich Dich haben möchte.«

Auf diese Worte hin blieb Jagienka plötzlich stehen, schaute den Sprechenden prüfend an, und fragte langsam und in seltsam weichem Tone: »Möchtest Du mich haben?«

Mit glühenden Wangen und weit geöffnetem Munde harrte sie dann auf seine Antwort.

Doch er hatte augenscheinlich nur davon gesprochen, was er an Stelle von Wilk oder von Cztan thun würde. So schüttelte er denn nach kurzem Schweigen sein goldblondes Haupt und erklärte: »Wozu soll es dienen, wenn ein Mädchen sich den Burschen widersetzt, da sie einmal heiraten muß? Findet sich kein dritter Bewerber, bleibt Dir ja doch nichts anderes übrig, als einen der beiden zu wählen. Oder vielleicht nicht?«

»In der Weise solltest Du nicht mit mir reden!« warf das Mädchen traurig ein.

»Weshalb denn nicht? Ich bin lange von hier fort gewesen, ich weiß daher nicht, ob es in der Nähe von Zgorzelic jemand giebt, welcher Dir besser gefallen würde.«

»Ach,« meinte nun Jagienka, »laß mich in Frieden.«

Schweigend gingen sie weiter. Nur langsam kamen sie durch das Gehölz, das immer dichter wurde, weil Bäume und Sträucher mit wildem Hopfen bewachsen waren. Zbyszko, voranschreitend, bahnte den Weg, indem er teils das Gestrüpp auseinander riß, teils die hindernden Aeste zurückbog. Jagienka, der Jagdgöttin ähnlich, folgte ihm mit der Armbrust auf der Schulter.

»Hinter diesem Gehölze werden wir an einen reißenden Bach kommen,« bemerkte das Mädchen nach einiger Zeit, »doch kenne ich eine Stelle, wo eine Furt ist.«

»Meine Lederschuhe reichen bis zu den Knien, wir werden also trocken hinüber gelangen,« antwortete Zbyszko.

Bald darauf standen sie an dem Bache. Mit Leichtigkeit fand Jagienka die Furt, kannte sie doch die Wälder von Moczydoly ganz genau. Es zeigte sich indessen bald, wie stark das Bächlein durch den Regen angeschwollen war, denn die ganze Furt stand unter Wasser. Da nahm Zbyszko, ohne lange zu fragen, das Mädchen auf die Arme.

»Laß mich, ich kann allein hinüber gehen!« rief Jagienka.

»Faß mich um den Hals!« lautete indessen Zbyszkos Antwort.

Behutsam schritt er über die überschwemmte Furt, vorsichtig mit dem Fuße immer wieder probierend, ob er auch sicheren Boden unter sich habe. Jagienka aber schmiegte sich jetzt, wie er es gewünscht hatte, dicht an ihn an. Ehe sie jedoch das andere Ufer erreichten, sagte sie plötzlich: »Zbyszko!«

»Ja, was willst Du?«

»Ich nehme weder Cztan, noch Wilk!«

Fest hielt er sie inzwischen in seinen Armen, ließ sie dann achtsam auf das Geröll herabgleiten und erwiderte nach einer Weile etwas verwirrt: »Möge Dir Gott das zu teil werden lassen, was das Beste für Dich ist. Dann wird es Dir nicht schlimm ergehen.«

Sie befanden sich jetzt nicht mehr sehr weit von dem Ostapange-See. Jagienka ging nun voran. Von Zeit zu Zeit wandte sie sich um und legte, ihrem Begleiter Schweigen gebietend, den Finger auf den Mund. Aus feuchtem, morastigem Grunde führte sie ihr Weg zwischen Gestrüpp und grauen Weiden hindurch. Von rechts her drang ein merkwürdiges Geräusch zu ihnen, das nur von Vögeln herrühren konnte und welches Zbyszko mit Staunen erfüllte, da um diese Zeit die Zugvögel gewöhnlich schon nach dem Süden gezogen waren.

»Dort ist eine nie zufrierende Stelle,« flüsterte Jagienka, »wo sich Enten aufhalten. Aber auch der See gefriert selbst bei der größten Kälte nur längs des Ufers. Sieh nur, welch ein Dunst hier aufsteigt.«

Zbyszko schaute durch das Gestrüpp. Sein Blick fiel auf eine graue Nebelwand, die den See vor ihren Blicken verbarg.

Abermals legte Jagienka den Finger auf den Mund; schon nach wenigen Sekunden hatten sie ihr Ziel erreicht. Behutsam kroch das Mädchen unter eine alte Weide, deren Aeste fast in das Wasser hingen. Zbyszko folgte dem Beispiele Jagienkas. Geraume Zeit hindurch verhielten sich die beiden völlig still. Durch den dichten Nebel vermochten sie nichts zu unterscheiden, nur über ihren Köpfen ertönte in regelmäßigen Zwischenräumen das klagende Piepen der Kiebitze. Schließlich jedoch erhob sich ein Wind; die Gesträuche, das gelb gefärbte Laub der Weiden rauschten, der Nebelschleier senkte sich langsam und die leicht bewegte, völlig verödete Oberfläche des Sees ward sichtbar.

Die Kreuzritter

Der Jüngling ergriff mit der einen Hand die Zöpfe, mit der andern preßte er das Wasser heraus …

»Ist nichts zu sehen?« flüsterte Zbyszko.

»Nichts. Verhalte Dich ruhig!«

Der Luftzug ließ jedoch bald wieder nach, eine tiefe Stille trat ein. Da mit einem Male zeigte sich auf der Oberfläche des Wassers ein dunkler Kopf, ein zweiter ward sichtbar und endlich, endlich tauchte ganz in der Nähe der Lauernden ein großer Biber, einen frischgebrochenen Zweig im Maule, vom Ufer ins Wasser. Die Schnauze in die Höhe haltend, den Zweig mit sich ziehend, schwamm er zwischen den Wasserlinsen und den Enten umher. Zbyszko, der näher am Stamm lag als Jagienka, bemerkte plötzlich, wie diese vorsichtig den Arm hob und das Haupt weit vorsteckte: augenscheinlich zielte sie auf das Tier, welches, die Gefahr nicht ahnend, die es bedrohte, kaum einen Pfeilschuß von dem kahlen Ufer entfernt, hin und her schwamm.

Da schwirrte die Sehne einer Armbrust und gleichzeitig ertönte der Ruf Jagienkas: »Wir haben ihn, wir haben ihn!«

Zbyszko fuhr blitzesschnell empor und blickte durch die Aeste auf das Wasser: der Biber tauchte unter, erschien wieder auf der Oberfläche und zeigte, sich überschlagend, seinen hellen glänzenden Bauch.

»Gut getroffen! Bald wird es aus sein!« sagte Jagienka.

Und sie hatte Recht, die Bewegungen des Tieres wurden immer matter und matter, so daß es nach Verlauf eines Vaterunsers leblos auf dem Rücken lag.

»Ich hole ihn!« rief nun Zbyszko.

»Nein, das geht nicht. Hier am Ufer ist der Morast unermeßlich tief. Wer die gangbaren Stellen nicht genau kennt, versinkt unrettbar.«

»Wie sollen wir aber das Tier bekommen?«

»Schon am Abend wird es in Bogdaniec sein. Zerbrich Dir Deinen Kopf nicht darüber. Für uns aber ist es Zeit zur Heimkehr.«

»Du hast aber gut gezielt!«

»Bah, das ist nicht der erste!«

»Andere Mädchen fürchten sich sogar davor, die Armbrust anzusehen, aber mit Dir möchte ich mich das ganze Leben hindurch im Walde umhertreiben!«

Als Jagienka dies Lob vernahm, errötete sie vor Freude, allein sie erwiderte nichts, sondern schlug sofort den Rückweg durch das Gestrüpp ein. Zbyszko stellte allerlei Fragen über die Baue der Biber, Jagienka aber erzählte ihm, daß sowohl in Moczydoly wie in Zgorzelic unendlich viele Biber seien und wie diese Tiere auf den Hügeln, auf allen Wegen herumschwärmten.

Plötzlich griff sie mit der Hand an die Seite. »Ach!« rief sie, »nun habe ich meine Pfeile an jener Weide zurückgelassen. Warte einen Augenblick!«

Und ehe er antworten konnte, daß er zurückgehen wolle, sprang sie wie ein Reh davon, so daß sie in wenigen Minuten seinen Augen entschwunden war. Der junge Ritter wartete und wartete; er vermochte sich nicht auszudenken, weshalb sie solange nicht zurückkehrte.

»Vielleicht hat sie einen Pfeil nach dem andern verloren und muß jeden einzelnen suchen,« sagte er sich, »doch am besten ist’s, ich folge ihr nach. Es könnte ihr etwas zugestoßen sein.«

Kaum war er indessen einige Schritte gegangen, als das Mädchen vor ihm stand, die Armbrust in der Hand, lachend, mit geröteten Wangen, den Biber über den Schultern.

»Um Gottes willen!« rief Zbyszko. »Wie hast Du das Tier herausgezogen?«

»Wie? Ich kroch ins Wasser, das ist alles! Für mich ist dies nicht das erste Mal gewesen; Dich aber wollte ich es nicht thun lassen, weil Du die gangbaren Stellen nicht kennst.«

»Und ich wartete hier wie ein rechter Tölpel! Welch schlaues Mädchen Du bist!«

»Nun, was hätte ich sonst thun sollen?«

»So hast Du die Pfeile gar nicht liegen lassen?«

»Ach nein, ich wollte Dich nur vom Ufer fern halten.«

Aber um dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, sagte sie gleich: »Winde meine Zöpfe aus, denn ich fühle die Nässe, bis auf die Haut.«

Der Jüngling ergriff mit der einen Hand die Zöpfe, mit der andern preßte er das Wasser heraus, indem er sagte: »Am besten wäre es, sie aufzuflechten, dann würde sie der Wind rasch trocknen.«

Davon wollte sie jedoch nichts wissen. Sie fürchtete das Gestrüpp, durch welches ihr Weg führte. Zbyszko trug jetzt den Biber über der Schulter, Jagienka schritt voraus.

»Nun wird Macko rasch gesunden,« erklärte sie. »Es giebt nichts Besseres, als das Bärenfett als innerliches Heilmittel und das Biberfett, um es auf die Wunden zu legen. Schon nach zwei Wochen wird er wieder zu Pferde steigen können.«

»Das gebe Gott!« entgegnete Zbyszko. »Darauf harre ich schon längst wie auf eine Erlösung. Den Kranken wollte ich nicht verlassen, und doch verdrießt es mich, hier sitzen zu müssen.«

»Es verdrießt Dich, hier sitzen zu müssen?« fragte Jagienka. »Weshalb denn?«

»So hat Dir Zych nichts von Danusia gesagt?«

»Wohl hat er mir von ihr erzählt. Ich weiß, sie hat Dich mit ihrem Schleier umhüllt. Ich weiß es. Er sagte mir auch, jeder Ritter müsse gewisse Gelöbnisse erfüllen, wolle er seiner Herrin in Treue dienen. Doch er behauptete, das sei von keiner Bedeutung … ein solches Gelöbnis … weil zuweilen sogar verheiratete Männer irgend einer Herrin dienen. Und mit Danusia, Zbyszko, wie ist’s mit ihr? Sprich! Wie ist’s mit Danusia?«

Bei diesen Worten trat sie ganz nahe auf ihn zu und schaute ihm mit großen, angstvollen Augen prüfend in das Antlitz. Ohne sich jedoch irgend welchen Gedanken über die zaghafte Stimme des Mädchens, über dessen erschreckten Blick zu machen, entgegnete der junge Ritter: »Danusia ist nicht nur meine Herrin, sondern sie ist mir die Liebste auf der ganzen Welt. Noch mit keinem Menschen habe ich darüber gesprochen, Dir aber sage ich es, denn Dich betrachte ich wie meine Schwester, kennen wir uns doch von Kindheit auf. Um Danusias willen ginge ich über neun Flüsse und über neun Meere, zu den Deutschen und zu den Tataren, denn eine zweite wie sie giebt es nicht mehr auf der ganzen Welt. Möge der Ohm in Bogdaniec bleiben, mich treibt es zu ihr … Was ist mir Bogdaniec ohne die Geliebte, was gilt mir aller Viehstand, Hab und Gut, was gilt mir der Reichtum des Abtes ohne sie? Das Roß besteige ich nun und ziehe in den Krieg, und so mir Gott beisteht, erfülle ich mein Gelöbnis, es sei denn, daß ich zuvor selbst darniedergeworfen werde.«

»Das alles wußte ich nicht …« warf Jagienka fast tonlos ein.

Zbyszko aber begann ihr nun zu erzählen, wie er in Tyniec zum ersten Male Danusia gesehen und wie er sich sofort ihrem Dienste geweiht habe. Alles berichtete er dann, was hierauf geschehen war, er sprach von seiner Gefangennahme, von seiner Rettung durch Danusia, von Jurands abweisendem Ausspruch, von dem Abschiede, von der ihn verzehrenden Sehnsucht und schließlich von der unaussprechlichen Freude darüber, daß ihn nach Mackos Gesundung nichts mehr davon abhalte, zu der Geliebten zu wandern und das Gelöbnis zu erfüllen, das er abgelegt hatte. Mittlerweile waren sie wieder an dem Waldessaum und an der Stelle angelangt, wo der Knecht mit den Pferden ihrer harrte.

Jagienka bestieg sofort ihr Roß und erklärte zu Zbyszko gewendet: »Nimm Du den Knecht mit Dir, damit er Dir den Biber trage. Ich kehre nach Zgorzelic zurück.«

»Wie, Du gehst nicht mit mir nach Bogdaniec? Zych ist ja dort.«

»Nein. Der Vater könnte doch zurückgekehrt sein und mich nötig haben.«

»Nun, so möge Dir Gott für den Biber lohnen.«

»Mit Gott …«

Einen Augenblick darauf befand sich Jagienka allein. Ueber die Heide den Heimweg einschlagend, schaute sie immer wieder so lange nach Zbyszko zurück, bis er hinter den Bäumen verschwunden war, dann aber barg sie plötzlich das Gesicht in den Händen, gerade als ob sie sich vor den Sonnenstrahlen schützen wolle.

Noch war aber keine Minute verstrichen, da rannen heiße Zähren über ihre Wangen und fielen, eine nach der andern, Perlen gleich, auf den Sattel, auf die Mähne ihres Rosses.

Neuntes Kapitel.

Nach der Unterredung mit Zbyszko zeigte sich Jagienka drei Tage lang nicht in Bogdaniec, am vierten indessen erschien sie mit der Nachricht, daß der Abt in Zgorzelic angelangt sei. Diese Kunde brachte eine gewisse Erregung in Macko hervor. Zwar besaß er hinreichende Mittel, nun den Pfandschilling zu bezahlen, ja, er hatte ausgerechnet, daß ihm noch genug blieb, um mehr Ansiedler heranzuziehen, um einiges Vieh und manches andere, zur Landwirtschaft Notwendige anzuschaffen, aber zuvörderst hing alles von der Gnade des reichen Verwandten ab. Konnte dieser doch die Bauern, welche er selbst zur Ansiedelung veranlaßt hatte, je nach Bedürfnis mit sich fortführen oder auch zurücklassen, und dadurch den Wert des Gutes entweder erhöhen oder vollständig vernichten.

Daher forschte Macko das junge Mädchen sehr eingehend nach dem Abte aus, er wollte wissen, wie er angekommen war, ob er heiter oder finster aussehe, auf welche Weise er von ihnen spreche und wann er nach Bogdaniec kommen werde – sie aber beantwortete seine Fragen sehr vorsichtig, indem sie ihn aufzurichten und über alles zu beruhigen suchte.

Sie berichtete, der Abt sei wohl und vergnügt mit einem ansehnlichen Gefolge eingetroffen, worunter sich außer bewaffneten Knechten auch einige vagierende Kleriker, sowie fahrende Schüler befanden, er singe mit Zych und lausche gern nicht nur geistlichen, sondern auch weltlichen Gesängen. Sie fügte hinzu, er habe mit großer Besorgnis nach Macko gefragt und die Erzählung Zychs von Zbyszkos Erlebnissen in Krakau aufmerksam angehört.

»Was Ihr zu thun habt, wißt Ihr selbst am besten,« sagte das kluge Mädchen schließlich, »doch glaube ich, es schickt sich, daß Zbyszko sogleich aufbricht, um den älteren Verwandten zu begrüßen, und es nicht abwartet, bis dieser nach Bogdaniec kommt.«

Dieser Rat gefiel Macko. Er befahl daher, Zbyszko herbeizurufen, und sagte ihm: »Kleide Dich schön und geh‘ dann, des Abtes Füße zu umfassen und ihm Deine Verehrung zu bezeigen, damit auch er Dich liebgewinnt.«

Zu Jagienka gewendet bemerkte er: »Ich würde mich nicht wundern, wenn Du eine Thörin wärst, denn dafür bist Du ein Weib, aber daß Du Verstand hast, dies wundert mich. Sage mir nun, wie ich den Abt am besten bewirten, und womit ich ihn erfreuen kann, wenn er kommt.«

»Was die Speisen anbelangt, so sagt er selbst, wozu er Lust hat – er ißt gern gut, und viel Safran muß bei allem sein, dann ist er zufrieden.«

Macko griff sich an den Kopf, als er dies hörte.

»Woher soll ich Safran für ihn nehmen?«

»Ich habe mitgebracht,« versetzte Jagienka.

»O wenn doch solche Mädchen auf freiem Felde wüchsen,« rief Macko erfreut aus. »Den Augen bist Du wohlgefällig, und sparsam bist Du und klug und freundlich gegen jedermann. Ei! Wäre ich noch jung, Dich und keine andere würde ich zum Weibe nehmen.«

Da blickte Jagienka wie von ungefähr auf Zbyszko und leise seufzend fuhr sie fort: »Auch Würfel und Becher und ein Stück Tuch habe ich mitgebracht, denn nach jedem Mahle ergötzt er sich gerne mit den Würfeln.«

»Diese Gewohnheit hatte er schon früher, und dabei pflegte er immer furchtbar heftig zu werden.«

»Heftig ist er gar oft. Zuweilen wirft er den Becher ärgerlich auf den Boden und eilt zur Thüre hinaus. Aber dann kehrt er lachend zurück und wundert sich selbst am meisten über seinen Zorn. Nun, Ihr kennt ihn ja! Fügen muß man sich ihm, doch giebt es keinen bessern Menschen auf der Welt!«

»Und wer sollte sich ihm nicht fügen, da er auch vermöge seines Verstandes alle andern überragt!«

So plauderten sie miteinander, während Zbyszko sich im Nebenzimmer ankleidete und schmückte. Als er dann hereintrat, sah er so schön aus, daß Jagienka vollständig geblendet war, gerade wie damals, als er zum erstenmal in seiner weißen »Jacke« nach Zgorzelic gekommen war. Aber diesmal empfand sie tiefes Leid bei dem Gedanken, daß das Herz dieses Jünglings nicht ihr gehörte, und daß er eine andere liebte.

Macko indessen betrachtete ihn voll Vergnügen, denn er sagte sich, der Abt werde sicherlich Wohlgefallen an Zbyszko finden und bei den Unterhandlungen dann keine Schwierigkeiten machen. Dieser Gedanke bereitete ihm so große Freude, daß er beschloß, seinen Bruderssohn zu begleiten.

»Laß einen Wagen für mich rüsten – laß Heu darin aufschütten,« sagte er zu Zbyszko, »wenn ich mit einer Pfeilspitze zwischen den Rippen von Krakau bis nach Bogdaniec fahren konnte, kann ich jetzt gewiß ohne Pfeilspitze bis nach Zgorzelic fahren.«

»Wenn Ihr nur nicht allzusehr dabei leidet,« sagte Jagienka.

»Ei, es schadet mir nichts, denn ich fühle mich kräftig genug. Und wenn ich auch ein wenig leide, wird doch der Abt sehen, wie gern ich ihn begrüße, und dann wird er sich um so freigebiger zeigen.«

»Eure Gesundheit ist mir aber lieber als seine Freigebigkeit,« rief Zbyszko aus.

Doch Macko blieb hartnäckig und ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Unterwegs stöhnte er zwar ein wenig, doch gab er dabei seinem Bruderssohn fortwährend gute Lehren, wie er sich in Zgorzelic betragen sollte, besonders empfahl er ihm, sich dem mächtigen Blutsverwandten gegenüber demütig und gehorsam zu zeigen, weil dieser nicht den geringsten Widerstand ertragen könne.

In Zgorzelic angelangt, trafen sie Zych und den Abt in der Vorhalle. Die beiden schauten in die schöne Landschaft hinaus und thaten sich mit Wein gütlich. Hinter ihnen, auf einer Bank an der Wand, saßen sechs Leute aus dem Gefolge in einer Reihe, darunter zwei fahrende Schüler und ein Pilger, der sich durch seinen gekrümmten Stab, den ausgehöhlten Kürbis am Gürtel und durch die auf den Mantel genähten Muscheln besonders auszeichnete. Daß die andern Kleriker waren, sah man an der Tonsur, doch trugen sie weltliche Kleidung, einen Gürtel aus Ochsenhaut und ein Schwert an der Seite.

Beim Anblick Mackos, der zu Wagen gekommen war, eilte Zych lebhaft auf ihn zu, der Abt hingegen, offenbar seiner geistlichen Würde eingedenk, blieb ruhig an Ort und Stelle und begann mit den Klerikern zu sprechen, zu denen sich noch andere gesellten, welche durch die offene Thüre der Stube heraustraten. Zbyszko und Zych faßten den Kranken unter den Arm und geleiteten ihn in die Vorhalle.

»Meine Gesundheit kann ich noch nicht loben,« sagte Macko, dem Abt die Hand küssend, »aber ich bin gekommen, um Euch, meinem Wohlthäter, meine Verehrung zu bezeigen, für die Bewirtschaftung von Bogdaniec zu danken und um Euern priesterlichen Segen zu bitten, denn einem sündigen Menschen ist er vonnöten.«

»Ich hörte, Ihr hättet Eure Gesundheit wiedererlangt und der hochseligen Königin ein Gelöbnis gethan?«

»Ich wußte nicht, an welchen Heiligen ich mich wenden sollte, deshalb wendete ich mich zu ihr.«

»Daran thatet Ihr wohl!« rief der Abt eifrig, »sie ist weit besser als andere Heilige, mag dies bestreiten, wer es wagt.«

Zorn und Aerger malten sich auf seinem Antlitz, seine Wangen färbten sich dunkelrot, seine Augen funkelten.

Zych, der wie die andern Anwesenden seine Heftigkeit kannte, lachte laut auf und rief: »Wer an Gott glaubt, muß Euch beistimmen.«

Der Abt aber betrachtete die Anwesenden nach der Reihe, worauf er plötzlich in ein Gelächter ausbrach. Mit einem Blick auf Zbyszko fragte er dann: »Dies ist also Euer Bruderssohn und mein Verwandter?«

Zbyszko beugte sich herab und küßte seine Hand.

»Ich sah ihn, als er noch klein war, jetzt hätte ich ihn nicht erkannt,« sagte der Abt. »Nun, laß Dich anschauen.«

Mit durchdringenden Blicken betrachtete er ihn vom Kopf bis zu den Füßen und schließlich bemerkte er: »Nur allzu schön ist er! Das ist ein Jungfräulein, kein Ritter!«

Macko erwiderte: »Die Deutschen luden dies Jungfräulein zum Tanze, aber der’s zum Tanze führte, sank hin und stand nicht mehr auf.«

»Und die Armbrust kann er ohne Kurbel spannen,« rief plötzlich Jagienka.

Der Abt wandte sich zu ihr: »Was hast Du hier mitzureden?«

Da errötete sie dermaßen, daß sogar ihr Hals und ihre Ohren wie in Glut getaucht waren, und sie entgegnete in der höchsten Verwirrung: »Weil ich … gesehen habe …«

Mittlerweile hatte sich Macko mit Hilfe Zychs auf die Bank niedergelassen, und als dieser befahl, Wein zu bringen, entfernte sich Jagienka hastig.

Nun wendete der Abt seine Augen wieder auf Zbyszko und sprach folgendermaßen: »Genug des Scherzes! Nicht um Dich zu kränken, habe ich Dich einem Jungfräulein verglichen, sondern nur, weil ich in besonders guter Laune war, und auch Deiner Schönheit wegen, um welche Dich manches Mädchen beneiden könnte. Weiß ich doch, daß Du Lob verdienst. Ich hörte von Deinen Thaten bei Wilna, ich hörte von jenen Friesen und von Deinen Erlebnissen in Krakau. Zych erzählte mir alles, verstehst Du?«

Bei diesen Worten schaute er Zbyszko durchdringend an, und nach einer Weile begann er wieder: »Da Du gelobt hast, drei Pfauenbüsche zu erwerben, mußt Du auch darnach ausziehen. Denn die Verfolgung unserer Feinde ist eine lobenswerte und Gott wohlgefällige That. Aber was Du auch sonst noch gelobt haben magst, so wisse, daß ich Dich von Deinem Schwur entbinden kann, denn einer solchen Befugnis darf ich mich wohl rühmen.«

»Ei!« rief Zbyszko aus, »welche Macht kann einen Menschen von einem Schwur entbinden, den er dem Herrn Jesus abgelegt hat?«

Als Macko diese Worte vernahm, blickte er voll Angst auf den Abt, doch war dieser sichtlich in vortrefflicher Laune, denn er ward nicht zornig, sondern drohte Zbyszko nur schalkhaft mit dem Finger und sagte: »Seht nur den klugen Jungen! gieb wohl acht, daß Dir nicht zustößt, was einem deutschen Ketzer zugestoßen ist.«

»Und was ist ihm zugestoßen?« fragte Zych.

»Auf dem Scheiterhaufen wurde er verbrannt.«

»Aus welchem Grunde?«

»Weil er behauptete, ein weltlich gesinnter Mensch könne ebenso gut die göttlichen Geheimnisse ergründen wie ein Geistlicher.«

»Dafür ist er hart bestraft worden.«

»Aber nur wie recht und billig war, da er sich an dem heiligen Geist versündigte!« donnerte der Abt. »Was denkt Ihr selbst darüber? Kann ein weltlich Gesinnter in die göttlichen Geheimnisse eindringen?«

»Keiner vermag dies!« ließen sich die fahrenden Kleriker einmütig im Chore vernehmen.

»Auch Ihr ›Spielleute‹ müßt stille sein!« sagte der Abt, »denn Ihr seid keine Geistlichen, wenn schon Eure Häupter geschoren sind.«

»Weder Spielleute sind wir, noch Landstreicher, sondern einzig nur Euer Gnaden Hofkavaliere,« erwiderte einer von ihnen, der gerade aufmerksam nach einem großen Faß blickte, woraus der Geruch von Malz und Hopfen drang.

»Schaut diesen an! Er spricht, wie wenn er sich in einem Fasse befände,« rief der Abt. »Ei Du komischer Kauz! Weshalb schaust Du denn in jenes Faß hinein? Dein Latein findest Du nicht auf dem Grunde.«

»Mein Latein suche ich auch nicht darin, sondern nur Bier, doch sehe ich keines.«

Der Abt wendete sich jetzt zu Zbyszko, der voll Verwunderung auf diese Hofherren blickte, und sagte: »Dies sind » Clerici scholares«, und jeden verlangt darnach, seine Bücher wegzuwerfen, die Laute zu nehmen und damit durch die Welt zu ziehen. Ich sammle sie um mich und sorge für ihren Unterhalt, denn was soll ich machen? Taugenichtse sind es und echte Landstreicher, doch verstehen sie zu singen, haben auch einen Begriff vom Gottesdienst, so daß der Kirche doch ein gewisser Nutzen erwächst, und im Notfalle gewähren sie mir Schutz, denn manche unter ihnen sind tapfere Bursche. Dieser Pilger hier sagt, er sei im heiligen Lande gewesen, aber Du würdest ihn vergeblich fragen, an welchem Meere oder in welcher Gegend, da er es nicht weiß; ebenso wenig kennt er den Namen des griechischen Kaisers und die Stadt, worin dieser wohnt.«

»Ich wußte es ganz gut,« versetzte der Pilger mit heiserer Stimme, »aber als mich auf der Donau das Fieber schüttelte, vergaß ich alles wieder.«

»Am meisten wundere ich mich über die Schwerter,« sagte Zbyszko, »denn an fahrenden Klerikern habe ich bis jetzt noch keine gesehen.«

»Es ist ihnen nicht untersagt, Waffen zu tragen, da sie die Weihen noch nicht empfangen haben,« entgegnete der Abt, »und daß ich auch ein Schwert bei mir führe, darüber darf man sich nicht wundern. Den Wilk aus Brzozowa forderte ich letztes Jahr zum Kampf auf festgetretener Erde, wegen der Wälder, durch welche Ihr nach Bogdaniec kamt; doch stellte er sich nicht.«

»Wie hätte er sich einem Geistlichen stellen können?« unterbrach ihn Zych.

Da geriet der Abt in Zorn, er schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: »Wenn ich in der Rüstung stecke, bin ich kein Geistlicher, sondern nur ein Edelmann. Und er stellte sich nicht, weil er es vorzog, mich mit Bewaffneten in Tulcza zu überfallen. Das ist der Grund, weshalb ich ein Schwert an der Seite trage. » Omnes leges omniaque iura vim vi repellere cunctisque sese defendere permittunt.« 18 Das ist der Grund, weshalb ich auch ihnen Schwerter gab.«

Als sie den lateinischen Spruch vernahmen, verstummten Zych, Macko und Zbyszko, und gerade weil sie kein einziges Wort verstanden, neigten sie sich tief vor der Weisheit des Abtes, er aber sah noch eine Weile mit zornigen Blicken im Kreise umher und sagte schließlich: »Wer bürgt mir denn dafür, ob er mich nicht auch hier überfällt?«

»Mag er nur kommen!« riefen die fahrenden Kleriker, indem ein jeder die Hand an den Griff seines Schwertes legte.

»Mag er einen Einfall versuchen! Langweile ich mich doch schon, weil es keine Gelegenheit zum Kampfe giebt.«

»Dies wird er nicht thun!« sagte Zych. »Eher kommt er, um sich Euch zu unterwerfen. Auf die Wälder hat er schon verzichtet, aber um seinen Sohn handelt es sich jetzt. Wißt Ihr … Aber erleben wird er das nicht!«

Mittlerweile hatte sich der Abt wieder beruhigt und sagte: »Den jungen Wilk sah ich, als er mit Cztan aus Rogow im Gasthaus zu Krzesnia zusammensaß. Sie erkannten mich nicht sogleich, weil es dunkel war und da machten sie fortwährend Anschläge wegen Jagienka.«

Hier wendete er sich an Zbyszko: »Und wegen Dir!«

»Und was verlangen sie von mir?«

»Sie verlangen nichts von Dir, nur ist es nicht nach ihrem Sinne, daß noch ein Jüngling in der Nähe von Zgorzelic weilt. Deshalb sprach Cztan also zu Wilk: ›Wenn ich ihm die Haut einmal gerbe, wird sie so bald nicht mehr glatt sein!‹ Und Cztan sagte: ›Vielleicht fürchtet er uns, wenn er uns aber auch nicht fürchtet, zerschmettere ich ihm doch die Knochen im Leibe.‹ Und dann beteuerte einer dem andern, daß Du Furcht vor ihnen hegst.«

Als sie diese Worte hörten, schaute Macko auf Zych, Zych auf diesen, und ein schalkhafter Ausdruck malte sich in ihren Zügen. Keiner von ihnen wußte zu sagen, ob der Abt wirklich ein solches Gespräch mit angehört, oder es nur erfunden hatte, um Zbyszko anzuspornen, doch begriffen beide, und vornehmlich Macko, der ja Zbyszko am besten kannte, daß es auf der ganzen Welt kein besseres Mittel gab, um des Jünglings Interesse für Jagienka zu erhöhen.

Und wie absichtlich fügte der Abt noch hinzu: »In der That, es sind recht tüchtige Burschen.«

Zbyszko zeigte keinerlei Erregung, aber mit einer Stimme, die ganz fremd klang, fragte er Zych: »Und morgen ist Sonntag, nicht wahr?«

»Ja!«

»Und Ihr geht wohl zur Messe?«

»Getroffen!«

»Wohin? Nach Krzesnia?«

»Das liegt am nächsten. Wohin sollten wir sonst gehen?«

»Gut.«

  1. Alle Gesetze, alle Rechte gestatten, der Gewalt Gewalt entgegenzusetzen und sich selbst zu verteidigen. Anmerkung der Uebersetzerinnen

Zehntes Kapitel.

Zbyszko folgte Zych und Jagienka, die sich in Gesellschaft des Abtes und seiner Kleriker nach Krzesnia begaben, und als er sie eingeholt hatte, gesellte er sich zu ihnen, denn er wollte dem Abte zeigen, daß er sich weder vor Wilk aus Brzozowa noch vor Cztan aus Rogow fürchtete und nicht daran denke, sich vor ihnen zu verstecken. Nur war er im ersten Moment überrascht von der Schönheit Jagienkas. Sie trug ein rotes Tuchgewand, mit Hermelin besetzt, rote Handschuhe und eine goldgestickte Mütze, unter der zwei Zöpfe auf die Schultern herabfielen. Diesmal saß sie nicht wie ein Mann zu Pferde, sie thronte auf einem hohen Sattel mit einer Lehne und einem Bänkchen für die Füße, welche unter dem langen in gleichmäßige Falten gelegten Rocke kaum zu sehen waren. Zych, welcher dem Mädchen gestattete, zu Hause einen Schafspelz und kalblederne Stiefel zu tragen, wünschte vornehmlich, daß alle vor der Kirche Versammelten erkannten, hier habe man es mit einem Jungfräulein aus mächtigem Rittergeschlechte, nicht aber mit der Tochter des ersten besten Edelmanns oder Neugeadelten zu thun. Deshalb ließ er auch ihr Pferd von zwei jungen Burschen führen, deren Röcke oben weit und faltig, unten eng anliegend waren, in der Art, wie sie gewöhnlich von den Pagen getragen wurden. Dicht hinterher gingen vier Hofleute, hinter diesen die Kleriker des Abtes mit Schwertern und Lauten am Gürtel.

Zbyszko staunte über dies große Gefolge, besonders aber über Jagienka, die aussah wie ein Bild, und über den Abt, der ihm in seinem roten Gewande mit den ungeheuern Aermeln erschien wie irgend ein reisender Fürst.

Am einfachsten von allen war Zych, der Glanz und Pracht an andern liebte, dem es aber für sich selbst nur um ein bescheidenes, frohes Leben und um Gesang zu thun war.

Nach ihrem Zusammentreffen ritten der Abt, Jagienka, Zbyszko und Zych in einer Reihe. Anfänglich befahl der Abt seinen Spielleuten geistliche Lieder zu singen, indessen schien er bald genug davon zu haben, denn er begann sich mit Zbyszko zu unterhalten, der lächelnd des Geistlichen mächtiges Schwert betrachtete, das so groß war, wie der zweischneidige Hirschfänger der Deutschen.

»Ich sehe,« sagte der Abt mit ernster Würde, »Du wunderst Dich, daß ich ein Schwert trage, wisse also, daß die Synoden den Geistlichen das Tragen eines Schwertes gestatten und sogar auch das Tragen von Ballisten und Katapulten auf der Reise, und wir sind ja immer auf der Reise. Wenn übrigens der Heilige Vater den Geistlichen das Tragen der Schwerter und des roten Gewandes untersagte, so dachte er gewiß nur an jene aus niederem Stande, denn den Edelmann hat Gott für Waffen erschaffen, und wer ihn derselben berauben wollte, der würde dem Willen des Ewigen entgegenhandeln.«

»Ich habe es schon mit angesehen, wie der masovische Fürst Henryk sich innerhalb der Schranken in einen Kampf einließ,« bemerkte Zbyszko.

»Nicht darob ist er zu tadeln, daß er sich in einen Kampf einließ,« entgegnete der Abt, den Finger erhebend, »wohl aber darob, daß er sich verheiratete und noch dazu unglücklich, denn er nahm fornicariam et bibulam mulierem, welche, wie man sagt, Bacchum von ihrer Jugend an adorabat und zudem auch adultera war, wodurch diese Ehe nicht gut ausgehen konnte.«

Hier hielt er sogar sein Pferd an und begann abermals in noch würdevollerem, belehrendem Tone zu sprechen: »Wenn Du Lust hast, Dich zu vermählen, oder uxorem zu wählen, mußt Du darauf achten, daß sie gottesfürchtig ist, gute Sitten hat, sparsam, schmuck und häuslich ist, was Dir nicht nur die Kirchenväter raten, sondern was Dir auch noch ein gewisser heidnischer Weiser Namens Seneca anempfiehlt. Und wie kannst Du es wissen, ob Du es gut getroffen hast, wenn Du das Nest nicht kennst, aus welchem Du Dir die Lebensgefährtin geholt hast? Denn ein anderer großer Weiser sagt: Pomus nam cadit absque arbore. 19 … Wie der Ochse, so die Häute, wie die Mutter, so die Tochter … Und daraus kannst Du, sündiger Mensch, die Lehre ziehen, daß Du Deine Ehegattin nicht in der Ferne, sondern in der Nähe suchen sollst, denn wenn Du eine böse, buhlerische bekommst, mußt Du zuweilen um sie weinen wie jener Philosoph, als ihm sein zanksüchtiges Weib im Zorn aquam sordidam über das Haupt goß.«

» In sæcula sæculorum, amen!« riefen die fahrenden Kleriker einstimmig, welche dem Abte immer auf diese Weise antworteten, ohne darauf zu achten, ob ihre Antwort auch einen Sinn hatte.

Dicht aneinander gedrängt lauschten alle den Worten des Abtes, über seine Beredsamkeit und seine Schriftgelehrtheit staunend, er aber wendete sich absichtlich nicht unmittelbar an Zbyszko, sondern mehr an Zych und Jagienka, als ob es ihm besonders um deren Erbauung zu thun gewesen wäre. Indessen begriff Jagienka offenbar, um was es sich handelte, denn unter ihren langen Wimpern hervor schaute sie aufmerksam auf den Jüngling, welcher die Stirne runzelte und das Haupt senkte, wie wenn er eifrig über das nachdenke, was er gehört hatte. Nach einer Weile setzte sich das ganze Gefolge wieder in Bewegung, doch alle waren jetzt verstummt, und erst als Krzesnia schon zu sehen war, tastete der Abt nach seinem Gürtel, zog ihn zurecht, so daß der Griff seines Schwertes leicht zu fassen war, und sagte: »Der alte Wilk aus Brzozowa kommt gewiß auch mit ansehnlichem Gefolge.«

»Wohl möglich,« bestätigte Zych, »aber die Knechte haben erzählt, er sei schwer erkrankt.«

»Einer meiner Kleriker hörte, daß er uns nach dem Gottesdienste zur Schenke folgen wolle.«

»Ohne Herausforderung wird er dies schwerlich thun, vornehmlich nicht nach der heiligen Messe.«

»Gott gebe, daß er in sich gehe! Ich fange mit niemand gerne Streit an, und eine Kränkung ertrage ich geduldig.«

Hier wendete er sich nach seinen Spielleuten um und sagte: »Laßt Euere Schwerter in der Scheide, bedenkt, daß Ihr Diener des Herrn seid, und erst wenn jene zu den Waffen greifen, geht auf sie los.«

Zbyszko, der neben Jagienka ritt, suchte sie indessen über das auszuforschen, was ihm am wichtigsten vorkam.

»Cztan und den jungen Wilk werden wir unfehlbar in Krzesnia treffen,« sagte er. »Zeige sie mir, sobald Du sie in der Ferne siehst, damit ich sie kenne.«

»Gut, Zbyszko,« entgegnete Jagienka.

»Vor dem Gottesdienst und nach dem Gottesdienst werden sie Dich gewiß aufsuchen. Und was werden sie dann thun?«

»Dann werden sie mir schönthun, so gut sie es verstehen.«

»Heute aber sollen sie Dir nicht schönthun, verstehst Du?«

Und wieder entgegnete sie fast demütig: »Gut, Zbyszko!«

Ihr Gespräch wurde durch den Schall des hölzernen Klöppels unterbrochen, denn eine Glocke war in Krzesnia noch nicht vorhanden. Bald darauf hatten sie ihr Ziel erreicht. Aus der vor der Kirche auf den Beginn der Messe harrenden Menge traten sofort der junge Wilk aus Brzozowa und Cztan aus Rogow hervor; doch Zbyszko hinderte sie, ihre Absicht auszuführen, sprang vom Pferde, und bevor sie noch herangelangen konnten, umfaßte er Jagienka und hob sie vom Sattel herab. Dann nahm er ihre Hand, und herausfordernd auf jene beiden schauend, geleitete er sie nach der Kirche.

In der Vorhalle wurden sie indessen aufgehalten. Cztan und Wilk waren an den Weihkessel geeilt, hatten ihre Hände benetzt und streckten sie dem jungen Mädchen entgegen. Aber Zbyszko that dasselbe und sie berührte dessen Finger, bekreuzte sich und trat mit ihm zugleich in die Kirche. Nun dachte sich nicht nur der junge Wilk, sondern auch Cztan aus Rogow, der keinen besonders scharfen Verstand hatte, daß all dies absichtlich geschehen war – und die beiden ergriff ein so heftiger Zorn, daß sich ihnen die Haare sträubten. Soweit blieben sie indessen ihrer Sinne mächtig, daß sie aus Furcht vor der Strafe Gottes in dieser Stimmung nicht in die Kirche gehen wollten. Wilk stürzte sofort zur Vorhalle hinaus und lief wie wahnsinnig über den Kirchhof und zwischen den Bäumen umher, ohne zu wissen wohin. Cztan lief hinter ihm her, wußte aber ebensowenig, warum er dies that.

Erst an einer Biegung des Gottesackers hielten sie an, wo große Steine für das Fundament eines Glockenstuhles umherlagen, der hier aufgestellt werden sollte. Wilk, der mit aller Gewalt den Groll zu ersticken suchte, der ihm die Brust beinahe zersprengte, ergriff einen der Steine und begann ihn mit aller Macht zu schütteln, Cztan sah dies und streckte ebenfalls seine Hand darnach aus, worauf beide ihn mit wahrer Wut durch den ganzen Kirchhof bis zum Thore des Gotteshauses wälzten.

Die Leute betrachteten sie erstaunt, in der Meinung, sie hätten irgend ein Gelübde abgelegt und wollten auf diese Art beim Bau des Glockenstuhles helfen. Aber diese Anspannung aller Kräfte gewährte ihnen offenbar Erleichterung, so daß beide wieder zum Bewußtsein kamen, jedoch bleich vor Erschöpfung, schwer atmend und einander mit unsicheren Blicken anschauend, da standen.

Cztan aus Rogow brach zuerst das Schweigen.

»Was nun?« fragte er.

»Was nun?« wiederholte Wilk.

»Wollen wir sogleich auf ihn losgehen?«

»Wie kannst Du in der Kirche auf ihn losgehen?«

»Nicht in der Kirche, aber nach der Messe!«

»Er ist mit Zych zusammen – und mit dem Abte. Und hast Du vergessen, daß Zych sagte, im Falle es zum Kampfe komme, werde er uns beide aus Zgorzelic hinauswerfen? Wäre das nicht, so hätte ich Dir längst die Knochen entzwei geschlagen.«

»Oder vielleicht ich Dir!« versetzte Cztan, seine mächtigen Fäuste schüttelnd.

Ihre Augen begannen in unheilverkündender Weise zu funkeln, doch begriffen beide auch sofort wieder, daß ein einträchtiges Zusammengehen jetzt vorteilhafter für sie wäre als je. Wohl hatten sie schon miteinander gekämpft, doch versöhnten sie sich dann immer wieder, denn, wenngleich ihre Liebe zu Jagienka sie innerlich schied, konnten sie doch nicht ohne einander leben, und einer sehnte sich immer nach dem andern. Zudem hatten sie nun einen gemeinschaftlichen Feind, und beide fühlten, daß es ein furchtbar gefährlicher Feind war.

Daher fragte Cztan nach einer Weile: »Was ist zu thun? Wollen wir ihm eine Herausforderung zum Kampfe nach Bogdaniec schicken?«

Wilk, der Klügere von beiden, wußte diesmal auch nicht, was zu thun war. Zum Glück kamen ihm die Klöppel zu Hilfe, die verkündeten, daß der Gottesdienst begann. Deshalb erwiderte er: »Was zu thun ist? Gehen wir zur Messe, und dann wird geschehen, was Gottes Wille ist!«

Und Cztan aus Ragow freute sich über diese vernünftige Antwort.

»Unser Herr Jesu erleuchtet uns vielleicht,« sagte er.

»Und verleiht uns seinen Segen!« meinte Wilk. »Denn er ist gerecht.«

Sie traten in die Kirche, und nachdem sie voll Andacht die Messe gehört hatten, faßten sie wieder Mut. Auch verloren sie die Besinnung nicht, als sich Jagienka nach dem Gottesdienst in der Vorhalle wieder von Zbyszko das Weihwasser reichen ließ. Am Thor des Kirchhofes verneigten sie sich vor Zych, Jagienka und sogar vor dem Abte, obgleich dieser ein Feind des alten Wilk aus Brzozowa war. Zbyszko blickten sie zwar von der Seite an, doch wagte keiner, ihm die Zähne zu weisen, wennschon ihnen das Herz in der Brust vor Schmerz, Zorn und Eifersucht hämmerte, da Jagienka ihnen niemals noch so wunderschön erschienen war. Erst als das glänzende Gefolge den Rückweg antrat, als der fröhliche Gesang der Kleriker schon aus der Ferne herüber drang, wischte sich Cztan den Schweiß von seinem bärtigen Gesichte und schnaubte wie ein Pferd, Wilk aber rief zähneknirschend: »In die Herberge! In die Herberge! Und wehe ihm und mir!«

Sich dann erinnernd, was ihnen zuvor Erleichterung gewährt hatte, ergriffen sie den Stein wieder und wälzten ihn voll Zorn an den früheren Platz zurück.

Indessen ritt Zbyszko neben Jagienka her, indem er dem Gesange der Spielleute lauschte, doch kaum waren sie einige hundert Schritte weit gekommen, als er sein Pferd anhielt und sagte: »Traun! Ich wollte eine Messe für des Oheims Gesundheit lesen lassen, doch habe ich es vergessen, deshalb muß ich zurückkehren.«

»Kehre nicht zurück!« rief Jagienka, »von Zgorzelic aus können wir hinsenden.«

»Ich muß zurückkehren. Und wartet nicht auf mich!«

»Mit Gott!« rief der Abt. »Zieh hin!«

Frohe Genugthuung malte sich auf seinem Gesichte, und als Zbyszko aus ihren Augen verschwunden war, stieß er Zych, ohne daß Jagienka es merkte, ein wenig an und sagte: »Merkt Ihr nun?«

»Was meint Ihr?«

»So gewiß wie das Amen im Vaterunser vorkommt, so gewiß kämpft er in Krzesnia mit Wilk und Cztan, aber dies wollte ich und dazu habe ich ihn veranlaßt.«

»Ich kenne die beiden als tolle Burschen. Sie werden ihn verwunden, und was nützt das?«

»Was es nützt? Wenn er wegen Jagienka kämpft, wie kann er dann noch an die Tochter Jurands denken? Von nun an wird Jagienka seine Herrin sein – nicht jene. So aber will ich es, denn er ist mein Blutsverwandter und gefällt mir!«

»Und sein Gelübde?«

»Davon werde ich ihn entbinden. Hörtet Ihr nicht, daß ich ihm dies versprach?«

»Ihr wißt für alles Rat zu schaffen,« antwortete Zych.

Der Abt freute sich über dies Lob. Er ritt nun zu Jagienka heran und fragte: »Weshalb so ängstlich, so bekümmert?«

Da neigte sie sich tief auf den Sattel herab, ergriff die Hand des Abtes und drückte sie an ihre Lippen. »O mein Pate, wollt Ihr nicht einige der Spielleute nach Krzesnia senden?«

»Wozu? Damit sie sich in der Herberge recht betrinken?«

»Aber vielleicht könnten sie irgend einen Kampf verhindern!«

Der Abt schaute ihr tief in die Augen und plötzlich sagte er in schroffem Tone: »Und wenn sie ihn nun dort erschlügen?«

»Dann mögen sie auch mich erschlagen!« rief Jagienka aus.

All die Bitterkeit, all das Leid, das sich in ihrer Brust seit dem Gespräch mit Zbyszko angesammelt hatte, machte sich jetzt Luft und sie brach in einen Strom von Thränen aus. Als der Abt dies sah, umschlang er das junge Mädchen mit den Armen, sodaß seine weiten Aermel sie fast ganz verhüllten, und begann in leisem Tone: »Aengstige Dich nicht, mein Töchterchen. Zum Streite wird es vielleicht kommen, aber jene Leute sind auch von adeligem Stamme, daher werden sie ihn nicht überfallen, sondern nur nach ritterlicher Sitte zum Kampfe fordern, und da weiß er sich selbst Rat zu schaffen, wenngleich er dann mit beiden kämpfen muß. Und was die Tochter Jurands anbelangt, von der Du gehört hast, so sage ich Dir nur soviel, daß das Holz für das Brautbett jenes Mädchens noch in keinem Walde gewachsen ist.«

»Da er jene lieber hat, kümmere ich mich nicht um ihn!« antwortete Jagienka unter Thränen.

»Weshalb weinst Du dann?«

»Weil ich seinetwegen in Sorge bin!« antwortete Jagienka.

»Das ist ja der wahre Altweiberverstand,« sagte der Abt lachend. Und sich zum Ohr Jagienkas herabbeugend, begann er wieder: »Das merke Dir, Mädchen: wenn er Dich auch nimmt, wird er sich doch zuweilen in einen Kampf einlassen, denn dafür ist er ein Edelmann.«

Hier neigte er sich noch tiefer herab und fügte hinzu: »So wahr Gott im Himmel ist, er nimmt Dich – binnen kurzem!«

»Wie wäre dies möglich?« erwiderte Jagienka.

Doch lächelte sie unter Thränen und blickte den Abt an, als ob sie ihn fragen wollte, woher er dies wisse.

Unterdessen war Zbyszko in Krzesnia angelangt und ritt sofort zum Priester, denn er wollte in der That eine Messe für die Gesundheit Mackos lesen lassen; nach Erledigung dieser Angelegenheit aber begab er sich in die Herberge, wo er den jungen Wilk aus Brzozowa, sowie Cztan aus Rogow zu finden hoffte.

In der That traf er die beiden und außer ihnen noch viele andere Gäste, Edelleute, Neugeadelte, Freibauern und auch einige deutsche Possenreißer, die verschiedene Kunststücke ausführten. Im ersten Augenblicke konnte er indessen niemand unterscheiden, da die Fenster der Schenke mit den Scheiben aus Ochsenblase nur ein schwaches Licht durchließen, und erst als der Aufwärter ein Scheit Holz in den Kamin warf, erblickte er in einem Winkel die bärtige Schnauze Cztans und das grimmige, erregte Gesicht Wilks aus Brzozowa.

Da näherte er sich ihnen langsam, indem er sich gewaltsam einen Weg durch die Leute bahnte, und bei ihnen angelangt, schlug er dermaßen mit der Faust auf den Tisch, daß die ganze Stube dröhnte.

Sie aber erhoben sich schleunigst und drehten rasch ihre Ledergürtel herum, doch bevor sie noch ihre Schwerter ergriffen hatten, warf Zbyszko seinen Handschuh auf den Tisch und sprach in dem unter Rittern bei Herausforderungen üblichen näselnden Tone folgende Worte, die niemand überraschten: »Wenn einer von Euch beiden oder einer der andern hier versammelten Ritter bestreitet, daß Danuta, die Tochter Jurands aus Spychow, die schönste und tugendhafteste Jungfrau auf der ganzen Welt ist, dann fordere ich ihn zum Kampfe zu Pferd oder zu Fuß, und ich werde nicht aufhören, bis er um Gnade bittet oder den letzten Atemzug thut.«

Wilk und Cztan waren starr vor Staunen und nicht minder erstaunt wäre der Abt gewesen, wenn er dies gehört hätte. Während eines kurzen Augenblicks konnten sie kein Wort hervorbringen. Was war dies für eine Jungfrau? Für sie beide handelte es sich doch nur um Jagienka! Und wenn diesem Heißsporn nichts an Jagienka lag, was wollte er dann von ihnen? Weshalb hatte er sie vor der Kirche derart in Harnisch gebracht? Weshalb war er hierhergekommen, und weshalb suchte er Streit mit ihnen? Von all diesen Fragen war ihnen so wirr im Kopfe, daß sie mit weitgeöffnetem Munde dastanden, Cztan aber riß die Augen dermaßen auf, wie wenn er keinen Menschen, sondern irgend ein Wundertier vor sich hätte.

Aber der scharfsinnigere Wilk, welcher die ritterlichen Sitten ein wenig kannte und wußte, daß sich mancher Ritter der einen Frau angelobte und sich mit einer andern vermählte, dachte sich, in diesem Falle könne es ebenso sein, und wenn sich eine solche Gelegenheit biete, Jagienka zu dienen, müsse man sogleich Nutzen daraus ziehen.

Daher trat er hinter dem Tische hervor und sich Zbyszko mit unheilverkündender Miene nähernd, fragte er: »Wie, Du Großmaul, ist nicht Jagienka, die Tochter Zychs, die allerschönste?«

Hinter ihm trat Cztan hervor, und die Leute drängten sich dicht an ihn heran, denn alle sagten sich, daß diese Sache traurig ausgehen müsse.

  1. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Anm. d. Uebers.

Elftes Kapitel.

Zu Hause angelangt, schickte Jagienka sofort einen Knecht nach Krzesnia, um sich zu erkundigen, ob in der Herberge irgend ein Streit stattgefunden habe, oder ob jemand zum Zweikampf gefordert worden sei. Aber dieser Knecht, der einen Skotus zur Wegzehrung erhalten hatte, begann mit den Dienern des Priesters zu zechen und dachte nicht mehr an die Rückkehr. Ein zweiter, nach Bogdaniec abgesandter, der Macko den Besuch des Abtes ankündigen sollte, kam sofort nach Erledigung seines Auftrages mit der Botschaft zurück, daß er Zbyszko gesehen habe, als er mit dem alten Edelmann Würfel spielte.

Dies beruhigte Jagienka einigermaßen, zumal sie die Erfahrung und Gewandtheit Zbyszkos kannte und eine Herausforderung für ihn minder fürchtete, als irgend ein unheilvolles Zusammentreffen in der Schenke. Sie zeigte auch Lust, sich mit dem Abte nach Bogdaniec zu begeben, doch dieser war dagegen, weil er mit Macko wegen der Verpfändung des Gutes und über andere, noch wichtigere Angelegenheiten zu sprechen wünschte, wobei er Jagienka nicht als Zeugin haben wollte.

In der Nacht brach er auf. Da er Kunde von Zbyszkos glücklicher Rückkehr erhalten hatte, geriet er in vortreffliche Laune und er ließ seine Kleriker derart singen und lärmen, daß es weithin durch den Wald schallte und in Bogdaniec die Bauern aus ihren Hütten herausschauten, um zu sehen, ob es vielleicht brenne, oder ob der Feind einen Einfall gemacht habe. Doch der vorausreitende Pilger beruhigte die Leute, indem er ihnen bedeutete, daß hier ein hoher geistlicher Würdenträger komme; da neigten sie sich tief vor diesem und einige machten das Zeichen des Kreuzes, er aber ritt in stolzer Befriedigung weiter, weil er sah, wie sie ihn verehrten, und er freute sich über die schöne Gotteswelt, sein Herz war erfüllt von Wohlwollen für die Menschen.

Macko und Zbyszko, welche den Gesang und den Lärm gehört hatten, kamen dem Abte bis zum Thore entgegen.

Einige der Kleriker waren schon mit dem Abte in Bogdaniec gewesen, manche aber, die erst seit kurzem zu dem Gefolge gehörten, hatten das Gut noch niemals gesehen. Diesen ward das Herz schwer beim Anblick des elenden Hauses, das mit dem geräumigen Herrenhof in Zgorzelic nicht zu vergleichen war. Einigermaßen tröstete sie jedoch der über dem Strohdach emporsteigende Rauch, und vornehmlich schöpften sie wieder Mut, als ihnen beim Eintritt in die Stube der Geruch von Safran und verschiedenen Fleischspeisen entgegendrang und sie zugleich zwei Tische mit Zinnschüsseln erblickten, die zwar noch leer, aber so groß waren, daß sie jedes Ange erfreuen mußten. Auf einem kleineren Tische blinkten die für den Abt bestimmten Schüsseln aus lauterem Silber, sowie wundervoll getriebene Humpen, die alle mit anderen Schätzen von den Friesen erbeutet worden waren.

Macko und Zbyszko luden die Gäste sofort zu Tische, doch der Abt, welcher schon vor dem Aufbruch aus Zgorzelic gut gespeist hatte, lehnte ab, zumal ihn etwas anderes beschäftigte. Vom ersten Moment seiner Ankunft an blickte er aufmerksam, ja mit einer gewissen Erregung auf Zbyszko, wie wenn er erforschen wolle, ob wirklich ein Kampf stattgefunden habe, als er aber die Ruhe in des Jünglings Antlitz wahrnahm, ward er offenbar ungeduldig und konnte schließlich seine Neugierde nicht länger bezwingen.

»Gehen wir ins Nebenzimmer,« sagte er, »und laßt uns Rat halten. Widersetzt Euch nicht, sonst gerate ich in Zorn!«

Hier wendete er sich zu den Klerikern und rief mit Donnerstimme: »Ihr aber bleibt mir still sitzen und horcht mir nicht an der Thüre.«

Bei diesen Worten öffnete er die Thüre zu dem kleinen Nebenzimmer, durch welche er sich kaum durchdrängen konnte. Zbyszko und Macko traten hinter ihm ein. Nachdem jeder auf einer Truhe Platz genommen hatte, wendete sich der Abt zu dem jungen Ritter: »Du bist nach Krzesnia zurückgekehrt?« fragte er.

»Ja!«

»Und weshalb?«

»Für des Oheims Gesundheit ließ ich eine Messe lesen, das war alles!«

Der Abt rückte ungeduldig auf der Truhe hin und her.

»Ah!« dachte er, »demnach hat er weder mit Cztan noch mit Wilk gekämpft, vielleicht ist er nicht mit ihnen zusammengetroffen und vielleicht hat er sie gar nicht aufgesucht. Ich habe mich also getäuscht.«

Aber er war so ärgerlich darüber, daß er sich getäuscht, daß seine Voraussetzung ihn betrogen hatte, daß sein Gesicht dunkelrot wurde und er förmlich schnaubte vor Zorn.

»Reden wir nun von den Geschäftsangelegenheiten!« sagte er nach einer Weile. »Habt Ihr Geld? Wenn nicht, so ist das Gut mein.«

Nun erhob sich Macko schweigend, denn er wußte genau, wie man mit dem Abte verfahren mußte, öffnete die Truhe, worauf er saß, nahm einen offenbar schon bereit liegenden Beutel mit Münzen daraus hervor und sagte: »Wir sind zwar keine wohlhabenden Leute, aber etwas Geld haben wir, und was sich gebührt, das bezahlen wir wie es in der ›Schrift‹ steht und wie ich es selbst mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes beglaubigt habe. Und wenn Ihr auch für die Gerätschaften und das Vieh Bezahlung verlangt, werde ich sie nicht verweigern, sondern thun, was Ihr verlangt, und Eure Füße, mein Wohlthäter, will ich dann noch umfassen.«

Während er sprach, neigte er sich tief herab und Zbyszko folgte seinem Beispiele. Der Abt, welcher auf Widerspruch und Feilschen gefaßt gewesen war, sah durch dieses Verfahren seine Pläne einigermaßen vereitelt, und es machte ihm wenig Freude, da er vorgehabt hatte, noch verschiedene Bedingungen zu stellen, wozu er jetzt wohl keine Gelegenheit mehr fand.

Er gab daher die »Schrift«, das heißt den Pfandschein, worauf Macko sich mit einem Kreuze unterzeichnet hatte, zurück und sagte: »Was redet Ihr da von einer Bezahlung?«

»Ich will nichts umsonst nehmen,« entgegnete der schlaue Macko, der wohl wußte, sein Nutzen werde um so größer sein, je mehr er sich weigere.

In der That verfinsterte sich des Abtes Gesicht sofort.

»Seht mir die beiden an! Von einem Blutsverwandten wollen sie nichts umsonst nehmen! Sie sind zu stolz dazu! Eine Wüstenei habe ich aber nicht in Besitz genommen, deshalb gebe ich Euch auch keine Wüstenei zurück, und wenn ich diesen Beutel wegwerfen will, werfe ich ihn weg,«

»Dies werdet Ihr nicht thun!« rief Macko.

»Dies werde ich thun! Was liegt mir an dem Unterpfand! Was liegt mir an Euerm Gelde? Eine Vergünstigung wollte ich Euch erzeigen, und wenn mich nun die Lust anwandelt, Euch alles zum Geschenk zu überlassen, so könnt Ihr nichts dagegen einwenden.«

So sprechend, ergriff er den Beutel und schleuderte ihn auf den Fußboden, so daß das Gold heraus rollte.

»Gott lohne Euch dafür! Gott lohne Euch, mein Vater und Wohlthäter!« rief Macko, der nur auf diesen Augenblick gewartet hatte. »Von einem andern würde ich dies nicht annehmen, aber von einem Blutsverwandten, einem Geistlichen nehme ich es gern.«

Doch der Abt blickte noch einige Zeit drohend auf ihn und Zbyszko und schließlich sagte er: »Ich weiß wohl, was ich zu thun habe, wenn ich auch leicht zornig werde, daher behaltet, was Euch auf diese Weise zu teil geworden ist, denn ich kündige Euch jetzt schon an, daß Ihr keinen Skotus mehr von mir zu sehen bekommt.«

Die Kreuzritter

Da schlug ihm der Abt abermals auf die Schulter: »Dies Mädchen … dies Mädchen nimmst Du!«

»Wir erwarten dies auch nicht.«

»Aber wisset, daß Jagienka erhält, was ich hinterlasse.«

»Auch den Grund und Boden?« fragte Macko in seiner naiven Weise.

»Auch den Grund und Boden!« donnerte der Abt.

Mackos Gesicht verzog sich ein wenig, doch beherrschte er sich und sagte: »Ei, wozu denn an den Tod denken? Möge Euch unser Herr Jesus hundert Jahre oder auch mehr schenken, und Euch die hohe Bischofswürde verleihen!«

»Vielleicht kommt es dazu! Ich bin ja nicht schlimmer als die andern.«

»Nicht schlimmer, sondern besser!«

Diese Worte wirkten beruhigend auf den Abt ein.

»Nun, Ihr seid ja meine Blutsverwandten, und sie ist nur meine Tauftochter,« sagte er, »aber ich habe sie und Zych schon lange liebgewonnen. Einen besseren Menschen als Zych giebt es auf der ganzen Welt nicht, und auch kein besseres Mädchen als Jagienka. Wer könnte ihnen etwas nachsagen?«

Und er sah mit herausfordernden Blicken umher, doch Macko widersprach nicht und beeilte sich sogar, ihm zu bestätigen, daß im ganzen Königreiche kein angenehmerer Nachbar zu finden sei.

»Und was das Mädchen anbelangt,« fügte er hinzu, »so könnte ich meine leibliche Tochter nicht mehr lieben als ich sie liebe. Ihr danke ich es, daß ich wieder gesund geworden bin, und bis zu meinem Tode werde ich ihr dies nicht vergessen.«

»Verdammt wäret Ihr auch, wenn Ihr es vergäßet, sowohl der eine als der andere,« erwiderte der Abt, »und ich zuerst würde Euch verfluchen. Ein Unrecht will ich Euch aber nicht zufügen, weil Ihr mir verwandt seid, und deshalb habe ich ein Mittel ausgedacht, damit das, was ich hinterlasse, sowohl Jagienka als auch Euch zu teil werde, versteht Ihr?«

»Gebe Gott, daß es so komme, wie Ihr wünscht,« entgegnete Macko. »Du lieber Jesus! Zu Fuß würde ich dann gerne vom Grabe der Königin in Krakau bis zum Kahlenberg wandern, um vor dem heiligen Kreuze zu beten.«

Der Abt freute sich über Mackos Offenherzigkeit und lächelnd sagte er: »Das Mädchen hat ein Recht, wählerisch zu sein, denn sie ist schön, aus vornehmem Geschlechte, und ein reicher Brautschatz wird ihr zu teil werden. Doch wenn ich ihr jemand als Freiersmann vorschlage, wird sie ihn nehmen, weil sie mich liebt und weiß, daß ich ihr nicht schlecht rate.«

»Am besten wäre es, wenn ihr ein Freiersmann von Euch vorgeschlagen würde!« bemerkte Macko.

Aber der Abt wendete sich zu Zbyszko: »Und was meinst Du?«

»Nun, ich denke gerade so wie der Oheim.«

Das edle Gesicht des Abtes hellte sich immer mehr auf: er schlug Zbyszko mit der Hand auf die Schulter, daß es laut schallte, und fragte: »Weshalb hast Du denn vor der Kirche weder Cztan noch Wilk zu Jagienka herankommen lassen? Sprich!«

»Weil sie nicht denken sollten, daß ich mich vor ihnen fürchte, und weil auch Ihr es nicht denken solltet.«

»Und das Weihwasser hast Du ihr auch gereicht?«

»Ja!«

Da schlug ihm der Abt abermals auf die Schulter: »Dies Mädchen … dies Mädchen nimmst Du!«

»Dies Mädchen nimmst Du!« rief auch Macko wie ein Echo.

Doch Zbyszko strich seine Haare unter die Mütze und antwortete ruhig: »Wie kann ich sie nehmen, da ich mich Danusia, der Tochter Jurands, an dem Altar zu Tyniec angelobt habe?«

»Drei Pfauenbüsche hast Du ihr versprochen, die magst Du für sie zu erobern suchen. Jagienka aber kannst Du sofort zum Weibe nehmen.«

»Nein,« entgegnete Zbyszko, »damals, als Danusia ihren Schleier über mich warf, gelobte ich, daß ich sie zum Weibe nehme.«

Alles Blut stieg dem Abte zu Kopf, sein Gesicht nahm eine bläuliche Farbe an, und die Augen traten weit hervor. Er näherte sich Zbyszko und sagte mit einer durch den Zorn halb erstickten Stimme: »Dein Gelübde ist wie Spreu, und ich bin der Wind – verstehst Du?«

Dabei blies er ihm so stark auf den Kopf, daß die Mütze wegflog und seine Haare auf Schultern und Arme herabfielen. Doch Zbyszko runzelte die Stirne und dem Abte offen in die Augen schauend, erwiderte er: »An mein Gelübde bindet mich meine Ehre, und ich allein bin der Hüter meiner Ehre.«

Dem nicht an Widerspruch gewöhnten Abte ging förmlich der Atem aus, und er ward für eine Weile der Sprache beraubt, als er dies vernahm. Nun folgte ein unheilverkündendes Schweigen, das schließlich von Macko unterbrochen wurde.

»Zbyszko!« rief er aus, »besinne Dich doch! Was geht mit Dir vor?«

Der Abt aber erhob den Arm, und auf den Jüngling zeigend, schrie er: »Was mit ihm vorgeht? Ich weiß, was mit ihm vorgeht. Ein Hasenherz hat er, nicht das eines Ritters, eines Edelmannes. Vor Cztan und Wilk fürchtet er sich, das geht mit ihm vor.«

Zbyszko, der keinen Augenblick seine Kaltblütigkeit verlor, zuckte sorglos mit den Achseln und antwortete: »Ach was! Zu Krzesnia habe ich ihnen ja die Schädel beinahe eingeschlagen.«

Mit weit aufgerissenen Augen blickte nun der Abt Zbyszko einige Zeit an. Zorn und Staunen kämpften um die Oberhand miteinander und gleichzeitig sagte ihm sein natürlicher Verstand, daß er aus diesem Kampfe mit Wilk und Cztan vielleicht Nutzen für seinen Plan ziehen könne.

Nachdem sein Zorn ein wenig verraucht war, fuhr er daher Zbyszko an: »Weshalb sagtest Du nichts?«

»Weil ich mich schämte! Ich dachte, sie würden mich zum Kampfe zu Pferde oder zu Fuß fordern, wie dies bei Rittern gebräuchlich ist, aber das sind Straßenräuber, keine Ritter. Zuerst riß Wilk ein Brett vom Tische los, dann Cztan ein zweites, und damit gingen sie auf mich los. Was sollte ich also machen? Ich ergriff die Bank, und das übrige wißt Ihr!«

»Sie leben doch noch?« fragte Macko.

»Sie leben noch, nur besinnungslos sind sie geworden. Doch kamen sie in meiner Gegenwart wieder zu Atem.«

Als der Abt dies hörte, rieb er sich die Stirn, und von seinem Sitze aufspringend, rief er: »Höre, was ich Dir noch zu sagen habe!«

»Was habt Ihr mir zu sagen?« fragte Zbyszko.

»Wenn Du für Jagienka kämpfest und ihretwegen den Leuten die Knochen entzwei schlägst, bist Du in Wahrheit ihr Ritter, nicht der Ritter jenes Mädchens, und mußt sie folglich zum Weibe nehmen.«

Bei diesen Worten stemmte er die Hände in die Seiten und schaute Zbyszko triumphierend an, aber dieser lächelte nur und sagte: »Oh, ich weiß wohl, weshalb Ihr mich auf jene Burschen gehetzt habt, aber Ihr seid vollständig fehlgegangen!«

»Wieso fehlgegangen? Sprich!«

»Weil ich sie aufforderte, zu bezeugen, daß Danusia, die Tochter Jurands, die schönste und tugendhafteste Jungfrau auf der Welt ist, sie aber sich für Jagienka in die Schanze schlugen und es deshalb zum Kampfe kam!«

Als er dies vernahm, blieb der Abt eine Weile völlig regungslos und wie erstarrt auf einer Stelle stehen. Plötzlich drehte er sich um, stieß mit dem Fuße die Thüre des kleinen Nebenzimmers auf, stürmte in die Stube hinein, nahm den gekrümmten Stab aus der Hand des Pilgers und begann damit seine Spielleute durchzuprügeln, indem er zornerfüllt schrie: »Zu Roß, Ihr Gaukler! Zu Roß, Ihr Jammerseelen! Keinen Fuß setze ich mehr in dies Haus. Zu Roß, wer an Gott glaubt! Zu Roß!«

Und auch hier die Thür aufstoßend, lief er in den Hof hinaus, und die bestürzten Kleriker gingen hinter ihm her. So stürzten alle zusammen in den Schuppen, wo sie die Pferde sofort zu satteln begannen. Vergeblich eilte Macko dem Abte nach, vergeblich bat und flehte er, vergeblich schwur er bei Gott, daß er keine Schuld trage – es half nichts. Der Abt wetterte, verfluchte das Haus, die Bewohner, den Grund und Boden, und als sein Pferd vorgeführt ward, sprang er rasch hinauf, ohne sich der Steigbügel zu bedienen, und ritt im Galopp davon, wobei der Wind seine weiten Aermel aufblähte, sodaß sie aussahen wie riesenhafte rote Vögel. In Angst und Schrecken jagten die Kleriker hinter ihm her, gleich einer Herde, die nicht hinter dem Hirten zurückbleiben will.

Macko schaute ihm einige Zeit nach, bis sie im Walde verschwanden, dann kehrte er langsam in die Stube zurück und sagte zu Zbyszko, traurig das Haupt schüttelnd: »Da hast Du etwas Schönes angerichtet.«

»All dies hätte nicht vorfallen können, wenn ich zeitig weggeritten wäre, und daß ich es nicht that, daran seid Ihr schuld!«

»Wieso bin ich schuld?«

»Ei, weil ich Euch, den Kranken, nicht verlassen wollte.«

»Und wie wird es nun werden?«

»Jetzt mache ich mich auf den Weg.«

»Wohin?«

»Nach Masovien zu Danusia, und die Pfauenbüsche erobere ich mir bei den Deutschen.«

Macko schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Die Schrift übergab er mir ja, aber die Schuld ist auch im Pfandbuche eingetragen. Und er wird uns jetzt keinen Skotus schenken.«

»Mag er thun, was er will. Ihr habt ja Geld, und ich brauche unterwegs keines. Man wird mich überall aufnehmen und dem Pferde Futter geben, und habe ich nur einen Panzer auf dem Leibe, ein Schwert zur Hand, so kümmere ich mich um nichts!«

Macko erwog jetzt im Stillen das Geschehene. Nichts war nach seinem Sinne, nichts nach seinem Herzen gegangen. Wiewohl er aber von ganzer Seele wünschte, daß Jagienka Zbyszkos Weib werde, begriff er doch, daß dies eine vergebliche Hoffnung war. Auch dachte er, daß es wegen des Abtes, auch wegen Zych und Jagienka und schließlich wegen der Kämpfe mit Cztan und Wilk besser sei, wenn Zbyszko sich entferne, um nicht die Ursache weiterer Händel, weiterer Streitigkeiten zu sein.

»Ha,« sagte er schließlich, »gegen die Kreuzritter mußt Du ohnedies ausziehen, wissen wir uns also nicht anders Rat zu schaffen, so brichst Du sofort auf. Möge alles geschehen, wie es unser Herr Jesus will. Aber ich werde sogleich nach Zgorzelic fahren, vielleicht kann ich Zych und den Abt versöhnen. Besonders um Zychs willen beklage ich den Zwist.«

Hier blickte er Zbyszko scharf an und fragte plötzlich: »Und Du, beklagst Du ihn nicht um Jagienkas willen?«

»Möge ihr Gott Gesundheit verleihen und alles Gute zu teil werden lassen!« antwortete Zbyszko.

Erstes Kapitel.

Die Kreuzritter

Einige Tage wartete Macko geduldig auf Nachricht aus Zgorzelic, vornehmlich darüber, ob der Abt sich wieder beruhigt habe, bis er schließlich dieser Ungewißheit überdrüssig ward und beschloß, sich zu Zych zu begeben. Alles, was geschehen war, war ohne seine Schuld geschehen, indessen wollte er wissen, ob Zych auch gegen ihn Groll hege, denn was den Abt anbelangte, so zweifelte er nicht daran, daß dessen Zorn von nun an schwer auf Zbyszko und auf ihm lasten werde. Gleichwohl wollte er alles thun, was in seiner Macht stand, um seinen Verwandten zu besänftigen und den gestörten Frieden wieder herzustellen. So überlegte er denn schon unterwegs, was er in Zgorzelic sagen wolle, um das Mißverständnis aufzuklären und die alten nachbarlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten. Doch seine Gedanken schweiften immer ab, und er war froh, als er anlangte und Jagienka allein traf.

Sie empfing ihn ebenso freundschaftlich wie sonst, verneigte sich und küßte ihm die Hand, sah aber ein wenig traurig aus.

»Ist Dein Vater zu Hause?« fragte er.

»Er ist mit dem Abte auf die Jagd gegangen. Wann sie zurückkehren, weiß ich nicht.«

So sprechend, führte sie ihn in die Stube, wo sie schweigend einige Zeit beisammen saßen. Dann nahm sie zuerst wieder das Wort: »Ihr langweilt Euch wohl, seitdem Ihr allein in Bogdaniec seid?«

»Ja,« erwiderte Macko. »Und Du weißt also schon, daß Zbyszko wieder in die Ferne gezogen ist?«

Jagienka seufzte leise.

»Ich weiß es,« sagte sie. »Ich wußte es schon am nämlichen Tage, und ich glaubte, er werde bei uns eintreten, um noch ein Abschiedswort zu sagen, aber er ist nicht gekommen.«

»Wie hätte er anders handeln können?« entgegnete Macko, »der Abt hätte ihn ja dann in Stücke zerrissen, und auch Dein Vater würde ihn nicht freundlich aufgenommen haben.«

Sie aber schüttelte den Kopf und sagte: »O ich hätte es nicht zugelassen, daß er von jemand gekränkt worden wäre.«

Obwohl nun Macko nicht weichherzig war, rührte ihn dies tief; er zog Jagienka zu sich heran und rief: »Gott sei mit Dir, Mädchen! Deine Kümmernisse sind auch die meinen, denn ich sage Dir nur das eine, daß weder der Abt noch Dein leiblicher Vater Dich mehr lieben kann, als ich Dich liebe. Wie gerne würde ich an der Wunde sterben, welche Du geheilt hast, wenn er Dich nähme und keine andere.«

Für Jagienka aber war jener Augenblick gekommen, da man Kummer und Leid nicht länger in sich zu verschließen vermag, und sie antwortete: »Ich werde ihn niemals wiedersehen, und wenn ich ihn wiedersehe, wird er Jurands Tochter an seiner Seite haben, zuvor aber werde ich mir die Augen ausweinen.«

Und sie verhüllte ihr Gesicht mit der Schürze, in ihren Augen standen helle Thränen.

Aber Macko entgegnete: »Sei nur ruhig! Wohl ist er in die Ferne gezogen, weil er nicht anders konnte, doch Gott in seiner Gnade wird uns beistehen, so daß er nicht mit Jurands Tochter zurückkehrt.«

»Weshalb sollte er ohne sie zurückkehren?« fragte Jagienka unter ihrer Schürze hervor.

»Weil ihm Jurand die Tochter nicht geben will.«

Nun zeigte Jagienka plötzlich ihr Gesicht wieder und sagte lebhaft: »Er erzählte es mir! Aber ist es auch wahr?«

»So wahr wie Gott im Himmel ist!«

»Und warum?«

»Kein Mensch weiß es! Vielleicht ist er durch irgend etwas gebunden, vielleicht durch ein Gelübde, und dem ist nicht abzuhelfen. Zbyszko gefiel ihm, zumal er sich anheischig gemacht hatte, mit Jurand Rache an dessen Feinden zu nehmen, aber auch dies half nichts. Umsonst war auch die Brautwerbung der Fürstin Anna. Weder auf Bitten, noch auf Vorstellungen, noch auf Befehle wollte Jurand hören. Er sagte, er könne nicht anders. Nun, offenbar ist ein Grund vorhanden, daß er nicht anders kann, auch ist er ein starrsinniger Mensch, welcher das, was er einmal gesagt hat, aufrecht erhält. Also verliere Du nicht den Mut, Mädchen, und bleibe standhaft. Um seine Pflicht zu erfüllen, mußte der Knabe in die Ferne ziehen, denn die Pfauenbüsche hat er jener andern in der Kirche eidlich versprochen. Sie hat ihn mit ihrem Schleier bedeckt, zum Zeichen, daß sie ihn zum Gatten nehmen wolle, sonst hätte sein Haupt fallen müssen – dafür ist er ihr Dank schuldig – das ist nicht zu leugnen. Wenn es Gottes Wille ist, wird sie nicht die Seine werden, aber tatsächlich hat sie ein Recht auf ihn. Zych ist ihm nun gram, der Abt wird sich gewiß auf furchtbare Art rächen und ich selbst bin unwillig über den Burschen, aber alles in allem genommen, was sollte er machen? Da er jenem Mädchen verpflichtet ist, mußte er sich auf die Fahrt begeben. Er ist doch ein Edelmann. Und ich sage Dir nur dies: Wenn ihn die Deutschen nicht tüchtig durchhauen, so kommt er wieder zurück, wie er ausgezogen ist, und nicht allein zu mir, seinem alten Oheim, nicht nur nach Bogdaniec kehrt er zurück, sondern auch zu Dir, weil Du ihm lieb geworden bist.«

»Ich ihm lieb geworden?« wiederholte Jagienka. Zugleich aber trat sie dicht zu Macko heran, und ihn mit dem Ellbogen anstoßend fragte sie: »Woher wißt Ihr das? Nun? Es ist gewiß nicht wahr!«

»Woher ich es weiß?« antwortete Macko. »Ich sah ja, wie schwer es ihm ward, in die Ferne zu ziehen. Und es war so. Als beschlossen wurde, daß er ziehen solle, und ich ihn fragte: ›Ist es Dir nicht leid um Jagienkas willen‹? sprach er: ›Möge Gott ihr Gesundheit verleihen und alles Gute zu teil werden lassen!‹ Und dann begann er zu seufzen und zu ächzen wie der Blasebalg eines Schmiedes!«

»Das ist gewiß nicht wahr!« sagte Jagienka ganz leise – »doch erzählt mir weiter.«

»Es ist wahr, so gewiß ich Gott liebe! Da er Dich jetzt kennt, wird ihm die andere nicht mehr so gut gefallen, denn Du weißt ja selbst, daß auf der ganzen Welt kein so kraftstrotzendes, schönes Mädchen mehr zu finden ist wie Du. Fürchte nichts – durch den Willen Gottes fühlt er sich zu Dir hingezogen – vielleicht mehr als Du zu ihm.«

»O wenn es doch so wäre!« rief Jagienka aus.

Und sich plötzlich bewußt werdend, was ihren Lippen unwillkürlich entflohen war, bedeckte Sie ihr wie in Glut getauchtes Gesicht mit ihren Händen, Macko aber lächelte, strich seinen Schnurrbart und sagte: »Ei, daß ich doch jung wäre! Aber bleibe Du nur stark, denn ich sehe schon, wie es kommen wird. Er macht sich auf die Fahrt, um sich die Sporen am masovischen Hofe zu verdienen, da von dort die Grenze nicht weit ist und ein Zusammentreffen mit einem Kreuzritter leicht herbeigeführt werden kann. Wohl weiß ich, daß es auch unter den Deutschen tapfere Ritter giebt, daher wird er wohl nicht mit heiler Haut aus dem Kampfe hervorgehen, aber ich denke mir, daß mancher ihm gegenüber den Kürzeren zieht, weil der Schelm im Kampfe sehr gewandt ist. Du weißt ja, wie er sich mit Cztan aus Rogow und Wilk aus Brzozowa gerauft hat, obgleich man sagt, daß es tüchtige Burschen sind und so wild wie Bären. Die Pfauenbüsche wird er wohl bringen, aber Jurands Tochter wird er mir nicht zuführen, denn auch ich habe mit diesem gesprochen und weiß, wie die Sache sich verhält. Nun, und was wird dann geschehen? Dann kehrt er hierher zurück, denn wohin sollte er sich wenden?«

»Ach, ob er wohl je zurückkehrt?«

»Na, harrst Du nur aus, so wirst Du gut dabei fahren. Und erzähle Deinem Vater und dem Abte das, was ich Dir sage, damit ihr Zorn über Zbyszko etwas nachläßt.«

»Aber was soll ich denn sagen? Das Väterchen ist eher betrübt als ärgerlich, aber in der Gegenwart des Abtes ist es gefährlich, auch nur von Zbyszko zu reden. Wie hat er mir und dem Vater zugesetzt, weil wir einen unserer Mannen zu Zbyszko geschickt haben.«

»Einen Euerer Mannen habt Ihr zu ihm gesandt?«

»Ja, wißt Ihr, bei uns lebt ein Böhme, welchen der Vater bei Boleslawicz gefangen nahm, ein guter und treuer Knecht. Hlawa wird er genannt. Väterchen überließ mir ihn zur Bedienung, weil er sagt, er sei ein Edelmann, und ich habe ihn jetzt passend ausgerüstet und zu Zbyszko gesandt, damit er ihm treu diene, ihn bei unglücklichen Zufällen beschütze, und damit er es verkünde, wenn geschehen würde, was Gott verhüten möge. Ich habe ihm auch eine Geldkatze mit auf den Weg gegeben, und er schwur mir bei seinem ewigen Heil, er werde Zbyszko bis zum Tode treu dienen.«

»Mein liebes Mägdlein! Gott lohne Dir dafür! Und hatte Dein Vater nichts dagegen einzuwenden?«

»Was hatte er nicht alles dagegen einzuwenden! Anfangs wollte er es nicht gestatten, aber als ich ihn kniefällig darum bat, ließ er mich gewähren. Mit dem Väterchen hat man niemals einen schweren Stand, doch als der Abt davon erfuhr, schimpfte und wetterte er, und wir verlebten einen trüben Tag. Erst am Abend erbarmte sich der Abt meiner Thränen, und er schenkte mir sogar einen Rosenkranz. Aber ich leide gern, wenn ich nur Zbyszko ein größeres Gefolge verschaffen kann.«

»So wahr ich Gott liebe, ich weiß nicht, ob ich ihm mehr zugethan bin oder Dir, aber er wird ohnedies ein ansehnliches Gefolge mit sich führen – und Geld habe ich ihm auch gegeben, obgleich er es nicht zugeben wollte. Nun, Masovien liegt ja nicht hinter den Bergen.«

Das Gespräch wurde durch Hundegebell, laute Rufe und Hörnerschall unterbrochen. Als sie dies hörte, sagte Jagienka: »Da kommt der Abt mit meinem Vater von der Jagd zurück. Gehen wir in die Vorhalle, denn es ist besser, wenn Euch der Abt zuerst von weitem als ganz unvermutet im Zimmer sieht.«

So sprechend geleitete sie Macko in die Vorhalle, von der aus sie dann im Hofe einen Troß von Menschen, auch viele Pferde und Hunde erblickten und die auf der Jagd erlegten Elentiere und Wölfe auf dem Schnee liegen sahen. Der Abt, welcher Macko schon erschaut hatte, bevor er noch vom Pferde gestiegen war, faßte nach dem Jagdspieß an seiner Seite, aber nicht um Gebrauch von dieser Waffe zu machen, sondern um auf diese Weise unverhohlen seinem Haß gegen die Bewohner von Bogdaniec an den Tag zu legen. Doch Macko schwenkte seine Mütze, wie wenn er gar nichts wahrnehme, und Jagienka bemerkte in der That nichts, da sie voll Verwunderung ihre beiden Freier unter dem Gefolge gewahrte.

»Cztan und Wilk!« rief sie aus. »Sie müssen mit dem Vater im Walde zusammengetroffen sein.«

Bei ihrem Anblick war es Macko, als ob die alte Wunde von neuem schmerze. Der Gedanke schoß ihm plötzlich durch den Kopf, einer von ihnen könne Jagienka, und als ihre Morgengabe Moczydoly, sowie des Abtes Gut, Wälder und Geld erhalten. Kummer und Aerger überkamen ihn, zumal jetzt etwas Neues seine Aufmerksamkeit fesselte. Obwohl Wilks Vater erst vor kurzem von dem Abte zum Kampfe herausgefordert worden war, sprang der junge Kämpe jetzt herbei, um letzterem vom Pferde zu helfen und der Abt stützte sich mit sichtlichem Wohlgefallen auf Wilks Schulter.

»Vielleicht hat sich der Abt mit dem alten Wilk dadurch ausgesöhnt, daß er dem Mädchen die Wälder und sein Gut als Brautschatz mitgiebt,« dachte Macko.

Aus diesen unangenehmen Gedanken riß ihn die Stimme Jagienkas, welche in demselben Augenblick sagte: »Die Wunden, welche Zbyszko ihnen schlug, sind jetzt wieder geheilt, aber wenn sie auch jeden Tag hierherkommen, für mich sind sie nicht vorhanden!«

Macko blickte sie an – das Gesicht des jungen Mädchens war von Zorn gerötet, und ihre blauen Augen funkelten vor Unwillen, obschon ihr wohl bekannt war, daß Wilk und Cztan nur um ihretwillen jenen Angriff in der Schenke gemacht hatten und um ihretwillen verwundet worden waren.

Doch Macko sagte: »Du wirst thun, was der Abt Dich heißt!«

Und sie entgegnete: »Der Abt thut, was ich will.«

»Lieber Gott,« dachte Macko, »und solch ein Mädchen wird von dem dummen Zbyszko verschmäht!«