Philosophie Wörterbuch

Werturt

Werturteil

Das eine Bewertung ausdrückende Urteil nennt man Werturteil.

Nach Otto Liebmann wirken Werturteile im menschlichen Leben als Wirklichkeitsfaktoren.

In ihrer Auffassung, dass Werturteile Ausdruck von Gefühlszuständen sind, die also sinnvollerweise nicht als wahr oder falsch bezeichnet werden können (Wertnihilismus), gleicht die Uppsala-Schule dem logischen Positivismus.

Dem Emotivismus zufolge Werturteile keine Behauptungen oder Feststellungen, sondern bloß Ausdruck von Gefühlen, Haltungen u. a. Werturteile bezeichnen also kein empirisch aufweisbares Merkmal von Gegenständen, sie haben keine deskriptive oder kognitive, sondern lediglich emotive Bedeutung. Daher können sie auch nicht wahr oder falsch sein.


Wesentl

Wesentliche Ursache

Wesentliche Ursachen nennt man jene mitwirkende Ursachen, die eine notwendige Bedingung (oder evtl. eine INUS-Bedingung) der Wirkung ist.

Widerdef

Widersprüchlichkeit der Definition

Eine Definition ist widersprüchlich, wenn aus ihr ein widersprüchliches Paar von Sätzen folgt, d. h. Sätze, von denen der eine bestreitet, was der andere behauptet.

Betrachten wir ein Beispiel. Den elementaren Begriff der Quadratwurzel einer Zahl beschreibt man in der Schule häufig folgendermaßßen: Die Quadratwurzel einer Zahl x ist eine solche Zahl y, deren Quadrat der Zahl x gleicht, d. h. sqrt(x) = y genau dann, wenn y2 = x. Diese Definiton bestimmt den Begriff der Quadratwurzel für beliebige Zahlen x und y. Durch Einsetzen von 4 für x und 2 bzw. -2 für y erhalten wir:

4 = 2 genau dann, wenn 22 = 4
4 = -2 genau dann, wenn (-2)2 = 4

Aus den Sätzen folgt 4=2 und 4 = -2 und damit 2 = -2. Widerspruch.

In dieser Weise haben wir gezeigt, dass die Einführung der Definition der Quadratwurzel in der genannten Art zu Widersprüchen führt. Wir müssen die angegebene Definition daher als widersprüchlich ablehnen.

Widerleg

Widerlegung

Als Widerlegung (lat.: refutatio) bezeichnet man den Nachweis der Falschheit oder Unhaltbarkeit einer Behauptung in Gestalt einer Aussage oder eines Aussagensystems.

Die Widerlegung einer Aussage p ist im Rahmen der klassischen zweiwertigen Logik identisch mit dem Beweis von &;p. Bei der Reduktion der Widerlegung von p auf den Beweis von &;p wird der Satz vom ausgeschlossenen Dritten benutzt. Man nennt diese Methode auch die direkte Methode zur Widerlegung von Urteilen.

Komplizierter gestaltet sich das Problem der Widerlegung in der intuitionistischen und den parakonsonstenten Logiken.

Im praktischen wissenschaftlichen Nachweis der Falschheit einer Aussage erhalten wir eine Revision einer auf reduktivem Weg gewonnenen Allaussage, nachdem eine Tatsache bekannt geworden ist, die dieser logisch widerspricht.

Es stehen sich also gegenüber:

&;(x) P(x) und &;(x)&;P(x)

Rein logisch gesehen, stehen die beiden Aussagen im Verhältnis des aussagenlogischen Dritten zueinander.

Ist die Allaussage durch umfassendes Tatsachenmaterial bestätigt, so besteht das praktische Verfahren der Wissenschaft darin, diese Hypothese nicht einfach für falsch zu erklären, sondern sie so zu ändern, dass die geänderte Hypothese sowohl das bisher bekannte Tatsachenmaterial erklären kann als auch mit der alten Hypothese widersprechenden Aussage verträglich ist.

Häufig werden auch Argumente einer Kritik unterzogen, die von einem Opponenten zur Begründung einer These aufgestellt werden. Man muss in diesem Fall jedoch berücksichtigen, dass die Widerlegung der Argumente nicht schon eine Widerlegung der These des Opponenten liefert und auch keineswegs die Wahrheit einer eigenen These beweist. Die These des Opponenten kann durchaus bessere Argumente für sich haben als die widerlegten. Darum muss man zur endgültigen Widerlegung einer fremden These nicht nur die Haltlosigkeit der vorgebrachten Argumente beweisen, sondern auch die Haltlosigkeit der These selbst.


Wiederg

Wiedergutmachungsimperativ

Als Wiedergutmachungsimperativ (contrary-to-duty-imperative) bezeichnet man einen Imperativ der besagt, was zu tun sei, wenn eine Pflicht verletzt worden ist.

Wiedergutmachungsimperative sind die Grundlage der Paradoxie von Chisholm.

Willkuer

Willkür

Willkürlich ist eine Handlung, der keine intersubjektive Regel und keine subjektiv und intersubjektiv verbindlichen, über eine konkrete Situation hinausreichenden Normen zugrundeliegen.

Willkürlichen Handlungen liegen daher weder äußeren Ursachen noch die begründete Wahl zwischen alternativen Möglichkeiten zugrunde.

Eine unbegründete Wahl, die lediglich Ausdruck des rational unbegründeten Handelns des Subjekts ist, ist damit eine spezielle Form der Willkür.

Kant unterschied zwei Formen der Willkür:

  1. die Willkür, die durch die sinnliche Affizierung angetrieben ist [KrV A 534];
  2. der vernünftige Wille des Menschen, d. h. die Willkür, der ein Vermögen des Menschen innewohnt, sich unabhängig von der Nötigung durch sinnliche Antriebe selbst zu bestimmen.

Nach Kuno Fischer gibt es zwei Willensarten: die Willkür, die durch Erkenntnis geleitet ist, und das allem Erkennen und bewussten Handeln vorausgehende, unbewusste Wollen.


Wirkung

Wirkung

Wirkung (engl. effect; franz. effet; lat. effectus) nennt man eine Erscheinung, die auf eine andere Erscheinung, die Ursache, folgt und durch diese hervorgerufen wird.

Untersucht wird der Wirkungsbegriff in der Kausaltheorie.

Wissen R

Reines Wissen

Als reines Wissen bezeichnet Hegel das Wissen, dessen Gegenstand das in seiner Vielfalt zu bestimmende Wissen selber ist. Das System der Wissenschaften ist nach Hegel eine Darstellung des reinen Wissens.

Wende

Kopernikanische Wendung

Als kopernikanische Wende (auch: kopernikanische Wendung, kopernikanische Revolution) bezeichnet man die von Kopernikus mit seinem Werk De revolutionibus orbium coelestium (1543) eingeleitete Entwicklung der Auffassung, dass die Erde nicht der Zentralkörper des astronomischen Weltsystems sei.

Die Bezeichnung geht auf eine Bemerkung Kants in der Vorrede zur zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft zurück, in der Kant seine neue erkenntnistheoretische, nämlich transzendentale Einstellung, wonach sich "die Gegenstände […] nach unserer Erkenntnis richten" müssen [KrV, B XVI], durch Hinweis auf Kopernikus erläutert, "der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen, und dagegen die Sterne in Ruhe ließ" [KrV, B XVI].

"Kopernikanisch“ stellt sich Kant in seiner Transzendentalphilosophie auf den Standpunkt, dass die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt […] zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung" sind [KrV, A 158; vgl A 111].


Wert

Wert

Wert nennt man die zwischen einem Gegenstand und einem Maßstab durch den wertenden Menschen hergestellte Beziehung.

Die Lehre von den Werten nennt man Wertphilosophie, Axiologie, Timologie, Werttheorie oder Wertlehre.

Das eine Bewertung ausdrückende Urteil nennt man Werturteil.

Ist der Wertmaßstab ein subjektives Lustgefühl durch die Befriedigung eines Bedürfnisses, so kommt es zu einer psychologischen Werttheorie. Einen zentralen Platz nimmt dieser Begriff des Wertes u. a. in der subjektiven Wertethik ein.

Die Vielheit der menschlichen Bedürfnisse und Gefühlsweisen erklärt die Verschiedenartigkeit der Wertung. Was dem einen von hohem Wert ist, besitzt für den anderen geringen Wert.

Wertrelativismus nennt man die Ansicht, die den Werten nur relative Geltung zuschreibt, d. h. nur für einen bestimmten Menschen oder für eine bestimmte Rasse oder für eine bestimmte Zeit. Werte, die unabhängig von all diesen Sonderbedingungen oder absolut gelten, gibt es danach nicht.

Der Zweig der Psychologie, in dem die seelischen Vorgänge bei Wertungen untersucht werden heißt Wertpsychologie.

Ursprünglich wurde das Wort ausschließlich im ökonomischen Sinn als Wert eines Dings verwendet. Ende des 19. Jh. führten H. Lotze u. a. den Begriff in die Philosophie ein, wo er eine umfassendere Bedeutung erhielt.

Der Wertbegriff wurde von Lotze in Verbindung mit dem Begriff der Geltung verwendet. Außerdem spielt der Wertbegriff bei Nietzsche, Meinong, Windelband, Rickert, Eisler, Münsterberg, Scheler, W. Stern, J. Cohn und N. Hartmann ein große Rolle.

Die Neukantianer der Badischen Schule verstehen unter Wert nur das allgemeine formale Element, das ungefähr dem Sollen gleichgesetzt wird und sich vom rein empirisch aufgefaßten Sein als transzendentale Bestimmung unterscheidet.

Sie gehen von dem Unterschied zwischen der Natur (die aus Gesetzen erklärt werden kann) und der geschichtlichen Kultur (die aus leitenden Werten verstanden werden muss) aus. So steht neben dem wertfreien Wirklichen das eigenständige Reich der Werte, die unbedingt gelten, nicht aber existieren, weshalb sie auch als irreal oder unwirklich bezeichnet werden. Beide Sphären treffen sich in dem Weltknoten, d. h. in den wertenden Akten des Menschen, die dann auch Werte dem Wirklichen einprägen und so Kulturgüter schaffen.

Die Wertphänomenologie, wie sie u. a. Scheler in seiner materialen Wertethik ausführt, geht vom Wertfühlen aus.

Das unmittelbare Bewußtwerden der Werte, die sich zunächst im Gefühl durch Lieben und gefühlsmäßiges Vorziehen des Wertvoll, durch Hassen und Verabscheuen des Wertwidrigen ankündigen, ehe ihr Wesen geistig erfaßt wird, nennt man in der phänomenologischen Wertlehre Wertgefühl.

Die Absolutheit der Werte ist durch ihre Unabhängigkeit vom Sein gesichert, weshalb die Werte ein Reich materialer Qualitäten bilden. Wegen der Trennung der Werte vom Sein können diese nicht vom Verstand erkannt werden, sondern nur durch intentionales Fühlen erfaßt werden.

Das Fehlen des Gefühls für bestimmt Werte wird mitunter auch Wertblindheit genannt.

Besteht zwischen zwei Werten ein Widerstreit, der es unmöglich macht, sie beide zugleich zu verwirklichen, spricht man von einer Wertantinomie.

Nietzsche machte die überragende Bedeutung der Werte und der Wertschätzungen für die Weltanschauung sichtbar. Wertschätzungen sind für ihn "physiologische Forderungen zur Erhaltung einer bestimmten Art von Leben". In der Wertschätzung drückt sich der Wille zur Macht aus.

Nietzsche verlangt und versucht eine Umwertung aller Werte und eine Rangordnung der Werte. Den höchsten Wert verkörpert der große Mensch.